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Von Carl-Wolfgang Holzapfel

Berlin, Weihnachten 2023/cw – Nein, machen Sie sich bitte keine Sorgen! Noch bin ich Optimist und hoffe doch, z.B. meinen runden Geburtstag im nächsten Jahr putzmunter begehen zu können. Der „Abschied“ bezieht sich auf meine bisherige Funktion in der VEREINIGUNG 17. JUNI 1953, in der ich die Ehre habe, ihr seit 1962 anzugehören und die bewegende Dankbarkeit, davon Jahrzehnte im Rahmen des Vorstandes dienen zu dürfen. Mit diesen Zeilen zu Weihnachten möchte ich also nicht nur Segenswünsche für ein frohes Fest und einen gesunden Rutsch in das Neue Jahr 2024 aussprechen, sondern mich bei dieser Gelegenheit für die breite Kameradschaft und die vielfache Unterstützung unserer Anliegen bei Ihnen allen, ob Weggefährte, Freund oder Freundin, MdB oder MdA wie auch sonst tätigen Politikern bedanken! Dieser Dank gehört nicht zuletzt meinen verstorbenen Eltern, meinen Geschwistern, meinen Ehefrauen und meinen Kindern, die diese Aktivitäten getragen und ertragen haben.

Nach zwei Jahrzehnten als Vorsitzender in Nachfolge unseres unvergessenen Manfred Plöckinger, der für seine Teilnahme am Volksaufstand von 1953 als Bauarbeiter aus der Stalinallee harte Jahre Gefangenschaft hinnehmen mußte, und angesichts des bevorstehenden 80. Geburtstages war es an der Zeit, die ehrenvolle Aufgabe in jüngere Hände zu legen. Der 2021 unternommene Versuch, diesen notwendigen Schritt zu gehen, scheiterte leider. So mußte ich noch einmal in die entstandene Lücke springen, bis es 2023 zum 70. Jahrestag endlich gelang.

Erster Hungerstreik im Oktober 1962 am Mahnmal für Günter Litfin. Hier sprachen  Manfred Plöckinger und Friedrich Schorn den Achtzehnjährigen an – Foto: LyrAg-Press

Als mich 1962 Manfred Plöckinger und Friedrich Schorn, Letzterer war Aufstandsführer in den Leuna-Werken bei Merseburg, während eines Hungerstreiks am Mahnmal für Günter Litfin am Lehrter Bahnhof (heute: Hauptbahnhof) ansprachen, um mich für die Vereinigung zu werben, war ich mit meinen 18 Jahren bewegt: Zwei Helden des 17. Juni sprachen mich an, wollten mich für ihre 5 Jahre zuvor eingetragene, aus dem ursprüngliche Komitee 17. Juni hervorgegangene Vereinigung gewinnen. 1965, also nur drei Jahre später, wurde ich als Hauptgeschäftsführer bereits in den Bundesvorstand gewählt. Damals gab es noch Landesverbände und daher auch einen Bundesvorstand.

Nach mehreren Hungerstreik-Aktionen, zuletzt zehn Tage am zuvor von mir und Berthold Rubin erstellten Mahnkreuz für den am 1. Weihnachtsfeiertag 1963 hinter der Thomas-Kirche am Mariannenplatz in Kreuzberg,

Nach mehreren Hungerstreik-Aktionen, zuletzt zehn Tage am zuvor von mir und Berthold Rubin erstellten Mahnkreuz für den am 1. Weihnachtsfeiertag 1963 hinter der Thomas-Kirche am Mariannenplatz in Kreuzberg ermordeten Paul Schulz aus Neubrandenburg, hatten mir die Ärzte nach dem folgenden sechswöchigen Krankenhausaufenthalt empfohlen, mehr auf meine konstitutive Gesundheit zu achten. So beschloß ich, mich künftig aktiv für die Freilassung von „14.000 Politischen Gefangenen in der SbZ“ (Sowjetische besetzten Zone, der selbsternannten DDR) einzusetzen.

Bericht in „Corriere della Sera“ , Italien, v. 15.11.1964

Schlüsselerlebnis: Ich verlor die Angst

Am 14. November 1964 marschierte ich daher mit einem entsprechenden Schild zum Grenzübergang „Heinrich-Heine-Straße“ am Moritzplatz. Analog zu einer Demonstration meines zum Freund gewordenen Vorbildes und Gandhi-Anhängers T.N. Zutshi, der bereits 1960 am Alexanderplatz mutig für die Freiheit demonstriert hatte, wollte ich mit meinem Schild nach Ostberlin gehen. Etwa 30 Freunde aus der VEREINIGUNG 17. JUNI  und der APM (Außerparlamentarische Mitarbeit) begleiteten mich bis zum Übergang.

Dieser 14. November 1964 wurde für mich zum denkwürdigsten Tag, hatten mir doch meine Freunde die unmittelbar folgende Verhaftung und den Abschied „für mehrere Jahre“ prophezeit. Auch ich hatte natürlich das berühmte „Herzklopfen“. Als ich mich aber dem Kontrollpunkt näherte, sah ich keine „einfachen“ Grenzposten, sondern nur Offiziere ab Oberleutnant aufwärts. Und in diesem Moment, für mich ein Schlüsselereignis, fiel von mir jegliche Angst ab: „Die haben ja mehr Angst vor dir, als du vor denen.“

In einer Schrift hatte T.N. Zutshi seinen Gewaltlosen Kampf begründet . Oben links: Demonstration 1960 am Alexanderplatz in Ostberlin – Foto: LyrAg-Press

Zutshi hatte 1960 am Alexanderplatz mit einem Schild demonstriert: „Menschen hinter dem Eisernen Vorhang, der erste Weg zur Freiheit: Legt Eure Furcht ab und sprecht die Wahrheit.“

1989 hatten  die Menschen diesen Spruch umgesetzt und die Freiheit erkämpft. Schade, dass Zutshi diesen Triumph nicht mehr selbst erleben konnte.

Ein Offizier schubste mich vor der Mauer in Richtung Westen zurück, und ich brach diese erste Demo, nicht ohne die Botschaft „Nächstes mal bleibe ich länger“  ab. Später habe ich diese Demo noch zweimal wiederholt, am 17. Juni 1965 (eine Stunde) am Kontrollpunkt Heinrich-Heine-Strasse, und am 18. Oktober d.J. nach einer Unterschriftensammlung in zwölf Großstädten der (alten) Bundesrepublik am Checkpoint Charlie, wo ich dann verhaftet und am 7. April 1966 zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt wurde.

Für mich war diese Erfahrung des „Angst-Verlierens“ in der Folgezeit, also auch während meiner Inhaftierung einfach unschlagbar. Das vermittelte mir die Kraft des Überstehens. Und es erlaubte mir, auch nach meiner Entlassung (Ende Oktober 1966 wurde ich freigekauft) Angst-frei Demonstrationen „über den weißen Grenzstrich“ bis zum Fall der Mauer.

Würde ich hier alle Erfahrungen, Enttäuschungen (die es fraglos auch gab) wie aufbauende Begegnungen und Aktionen schildern, würde der Platz nicht reichen. In 62 Jahren sammeln sich viele Ereignisse an. Diese haben mich geprägt, meine Arbeit aber auch lebendig gehalten. Nunmehr ist der Zeitpunkt gekommen, zumindest kürzer zu treten. Auch fordert das Alter seinen Tribut, ich bemerke das bald jeden Tag.

So werde ich nicht mehr jeder Einladung folgen (können), werde ab 2024 nicht mehr jeden Tag Emails lesen, nicht mehr so viele Ereignisse kommentieren, wie bisher gewohnt. Dafür bitte ich um, danke ich ausdrücklich für das Verständnis! Meinen Verpflichtungen zu Vorträgen, z.B. für die „Berliner Unterwelten“ werde ich so lange wie möglich nachkommen. Meinen Kampf um die Anerkennung erlittenen Unrechtes – zum Beispiel an der Tochter meines verstorbenen Freundes, Tunnelbauers und Fluchthelfers Gerhard Weinstein durch 11 jährigen Entzug der Eltern durch den DDR-Terror – werde ich nicht aufgeben. So hat auch der Großvater von Gerhard, Bruno Weinstein, in Berlin einen Stolperstein verdient, weil er 1943 in Auschwitz ermordet wurde. Es gibt also nach wie vor viel zu tun (Anfragen beantworte ich in dieser Hinsicht gerne), aber ich werde künftig meine Arbeit den verbleibenden Möglichkeiten anpassen.

Vergeblicher Appell an die UNO: „Wir brauchen die Tat.“  Zehntägiger Hungerstreik 1963/64 am Mahnmal für den am 25.12.1963 erschossenen Paul Schulz – Foto: LyrAg-Press 

Gedenken an Paul Schulz am 25. Dezember, 17:00 Uhr

Dazu gehört unbedingt das Gedenken am 1. Weihnachtsfeiertag (25.12.2023, 17:00 Uhr, hinter der Thomas-Kirche am Mariannenplatz in Kreuzberg) an den vor 60 Jahren ermordeten Paul Schulz, zu dem Sie als Leser oder Leserin dieser Zeilen ganz herzlich eingeladen sind. Das Alter hindert uns an manchen Aktivitäten, es darf uns niemals daran hindern, Unrecht nie zu vergessen und sich der Opfer stets zu erinnern.

An dieser Stelle bitte ich nachdrücklich auch darum, dem neuen Vorstand  der VEREINIGUNG 17.JUNI, Mike Mutterlose, Andrea Rugbarth und Kathrin Albrecht-Gericke das gleiche Vertrauen wie mir in all den Jahrzehnten entgegenzubringen und diesen nach allen gegebenen Möglichkeiten zu unterstützen, in guten wie in weniger guten Tagen (was wissen wir schon, was uns noch bevorsteht?).

V.i.S.d.P.: C.-W. Holzapfel, Ehrenvorsitzender – Mobil: 0176-48061953 (1.806).

Berlin/Hanau, 03.11.2023/mm – Die in Berlin ansässige VEREINIGUNG 17. JUNI 1953 e.V. wird am 9. November 2023, 13:00 Uhr, an den Mauerkreuzen in der Ebertstraße Ecke Scheidemannstraße (zwischen Brandenburger Tor und Reichstag) anlässlich des Jahrestages des Mauerfalls von 1989 der Toten der Teilung Deutschlands, hier insbesondere der Opfer an der Berliner Mauer, gedenken.

Der ehem. Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (li.) bei der Einweihung der neuen Mauerkreuze am 13. August 2021 in der Ebertstraße – Foto: LyrAg-Press/Holzapfel

In einer Erklärung des Vorstandes zum 9. November betont die 1953 nach dem Volksaufstand vom 17. Juni als „Komitee 17. Juni“ gegründete und am 3. Oktober 1957 in das Vereinsregister unter ihrem jetzigen Namen eingetragene Vereinigung, daß „wir unter Berücksichtigung der Toten durch die aktuellen Terrorakte gegen den Staat Israel gleichzeitig und insbesondere des 85. Jahrestages der sogen. „Reichskristallnacht“ vom 9. November 1938 gedenken wollen. Wir mahnen und erinnern damit an die Ermordeten und die überlebenden Opfer des Holocaust.“D

Die voraussichtlichen Teilnehmer aus Politik und Verbänden werden, soweit diese bereits eine Teilnahme zugesagt haben, die Gelegenheit erhalten, kurze Ansprachen des Gedenkens zu halten.  Im Anschluß findet eine kurzes Gedenken (Niederlegung von Blumengebinden) an den Mahnsteinen für die Opfer des Nationalsozialismus und des Stalinismus auf dem Steinplatz in der Hardenbergstraße in Berlin-Charlottenburg statt (15:00 Uhr) statt.

Rückfragen  bitte an unsere aktuelle Geschäftsstelle.      

V.i.S.d.P.: VEREINIGUNG (AK) 17. JUNI 1953 e.V., Berlin – Tel.: 030-85607953 (1.767).

Strausberg/Berlin, 18.04.2023/cw – Erst jetzt erreichte uns die Nachricht: Irene Grünhagen (* 1934), Witwe des Strausberger Streikführers Heinz Grünhagen († 2012), ist am 30.12.2022 verstorben. Sie wurde am 23.01.2023 auf dem Waldfriedhof Strausberg/ Eggersdorf beigesetzt.

„Gerne hätten wir die Verstorbene auf ihrem letzten irdischen Weg begleitet,“ erklärte der Vorstand der VEREINIGUNG 17. JUNI 1953 in Berlin. „Ohne die tapfere Begleitung seiner Frau hätte Heinz Grünhagen, der Mitglied der VEREINIGUNG war, die schweren gesundheitlichen Probleme infolge seiner dem Aufstand folgenden politisch indizierten Haft in der DDR wohl schwerlich überstanden.“

Auch Grünhagens Kampf  „gegen das Vergessen“ wurde von seiner Frau mitgetragen, obwohl seine Reni stets im Hintergrund blieb, um ihrem Heinz in seinem nie nachlassenden Streit um ein würdiges Gedenken an den Volksaufstand gerade auch in seiner Heimatstadt Strausberg den Rücken zu stärken.

Wir nehmen den bevorstehenden 70. Jahrestag des Volksaufstandes vom 17. Juni 1953 zum Anlass, im Schatten des Todes von Irene Grünhagen an die Beiträge auf dieser Seite zu erinnern, in denen der nach der Wiedervereinigung aufgenommene  Kampf des Strausberger Streikführers um Würdigung und Anerkennung des Aufstandes von 1953 geschildert wurde:

Streikführer Heinz Grünhagen tot

Strausberg/Berlin, 24.07.2012/cw – Die Vereinigung 17. Juni 1953 teilte heute in  Berlin den Tod des Strausberger Streikführers vom 17. Juni, Heinz Grünhagen, mit. Grünhagen verstarb nach langer schwerer Krankheit am 11.07.2012 im Alter von 79 Jahren in den Armen seiner Frau.

Heinz Grünhagen,  der zwanzigjährige Bauarbeiter, hört  am Abend im Berliner Sender RIAS den Aufruf zum Streik: „Morgen am Strausberger Platz.“ Der Brigadier, der für zahlreiche Kollegen die Stunden erfasst und die Abrechnungen  erstellt, weiß um den Druck, der durch die vom Staat verordnete Normenerhöhung entstanden ist. Obwohl jung verheiratet, seine Frau ist schwanger, trifft er sich am Morgen  des 17. Juni auf der Baustelle. Schnell ist man sich einig und beteiligt sich am Streik. Eine Streikführung wird gewählt, Heinz Grünhagen gehört dazu.

Man bemächtigt sich mehrerer LKW der Bau-Union und fährt enthusiastisch von einem  Betrieb zum anderen in Strausberg, um  zum Streik aufzurufen. Im Zementwerk Rüdersdorf fordern die Streikenden die Freilassung der politischen Gefangenen. Angesichts der vor Ort schwer bewaffneten  Polizei ziehen sich die Arbeiter nach Strausberg zurück.

Nach dem Mittagessen beschließen die Streikenden: Wir fahren nach Berlin. Doch Kasernierte Volkspolizei und sowjetische Militärs sichern die Stadtgrenze. In der heutigen Hennickendorfer Chaussee stadtauswärts sichten Grünhagen und seine Freunde Panzerspähwagen der Roten  Armee. Als die Arbeiter vorrücken, werden Warnschüsse abgefeuert. Die Strausberger Streikenden ziehen sich zurück.

Fünf Jahre Zuchthaus für Streik-Beteiligung

Noch in der Nacht wird Grünhagen von der Stasi aus dem Bett geholt. Am 25. Juni 1953 findet bereits der Prozess gegen die „Aufrührer“ statt. Grünhagen ist der jüngste Angeklagte, wird zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt. Das Gericht wirft ihm vor, Wortführer der Streikenden gewesen zu sein und begründet damit seine besondere Schuld an dem „Aufruhr“.

Bis 1956 verbüßt Heinz Grünhagen seine Haft im  Zuchthaus Luckau. Als er entlassen wird, bleibt er seiner Frau zuliebe in der DDR. Von den Arbeiten im Steinbruch ist er gesundheitlich schwer gezeichnet, später wird eine Staublunge diagnostiziert. Trotzdem arbeitet er notgedrungen  im Straßenbau, jeglicher Aufstieg wird dem einstigen  Streikführer  verwehrt.

Nach dem Fall der Mauer lebt Grünhagen wieder auf. Mit einer seine vielen Freunde erstaunenden Energie setzt er sich nunmehr für das Gedenken an die Vorgänge im Juni 1953 ein. In der nach wie vor rot regierten  Stadt hat er keinen  leichten  Stand, findet aber immer wieder Verbündete, so in dem Landtagsabgeordneten  und späteren Mitglied des Stadtrates der Partei Bündnis90/DIE GRÜNEN, Detlef Grabert. Nach langem Ringen erkämpft Grünhagen die Errichtung eines Gedenksteines, allerdings außerhalb der Stadt, vor dem Kasernentor an der Hennickendorfer Chaussee. Wieder nach Jahren erreicht Grünhagen mit seiner Beharrlichkeit die Anbringung einer Gedenktafel mit den Namen der seinerzeit Streikenden auf dem Gedenkstein.

Sein  innigster Wunsch, noch zu Lebzeiten einen Kilometer der Hennickendorfer Chaussee in „Straße des 17. Juni“ umzubenennen, scheiterte bisher am hartnäckigen Widerstand der roten Mehrheit aus SPD und LINKE im Strausberger Rathaus. Im letzten Jahr erfolgte auf sein maßgebliches Drängen eine symbolische Umbenennung durch das zeitweise Überkleben von drei Straßenschildern am Bahnhof Strausberg in Anwesenheit der Brandenburgischen  Landesbeauftragten  für die Unterlagen der Staatssicherheit, Ulrike Poppe, die damit ihre Sympathie und Unterstützung des Anliegens unterstreichen wollte. Die Stadt antwortete mit einer Geldstrafe von über 300 €, eine Strafanzeige wurde jedoch eingestellt. Heinz Grünhagen, der sich an der Begleichung der Geldstrafe maßgeblich beteiligte, gab sich auch nach dieser „Niederlage“ kämpferisch. So lange er lebe, werde er für diese angemessenen Erinnerung an den Volksaufstand von 1953 kämpfen.

„Straße des 17. Juni“ in Strausberg?

 „Die Stadt Strausberg hätte nun die Gelegenheit, sich vor dem großen Sohn  der Stadt zu verneigen und zum  bevorstehenden 70.* Jahrestag des Aufstandes die Hennickendorfer Chaussee stadtauswärts umzubenennen. Es wäre ein später Dank an Heinz Grünhagen und die Frauen und Männer vom 17. Juni 1953, die auch in  Strausberg Kampfesmut für einen  besseren Staat zeigten“, sagte heute der Vorstandssprecher in Berlin.

* Ursprünglich „60.“ Jahrestag; wurde aktuell abgeändert. Die Redaktion. Der ursprüngliche Artikel unter: https://17juni1953.wordpress.com/2012/07/24/strausberg-streikfuhrer-heinz-grunhagen-tot/

Aus Anlass der Beisetzung von Heinz Grünhagen veröffentlichten  wir am 27.Juli 2012 nachfolgenden Beitrag:

Strausberg: Eine Stadt zieht den Vorhang zu

Strausberg, 27.07.2012/cw – Das Foto ging um  die Welt: Der – späte – Bundeskanzler Adenauer erst Tage nach dem Mauerbau in Berlin, und Willy Brandt, der Regierende Bürgermeister, blickt bei der Begrüßung zur Seite. „Eine Stadt blickt an ihm vorbei.“ Mag es so oder eher ein Zufallsfoto gewesen sein, die darin zum  Ausdruck gekommene Enttäuschung einer Stadt blieb zeitlebens an Adenauer hängen.

Die wenigen Trauergäste, die heute in Strausberg einen der letzten Streikführer des 17. Juni von 1953 auf seinem  letzen Weg begleiteten, fühlten sich ungewollt an diese Parabel erinnert. Kein einziger offizieller Vertreter der Stadt war zum Heimgang des Strausberger Streikführers Heinz Grünhagen (79) erschienen, nicht einmal zu einem  Blumengruß hatte es gereicht. Kaum  zu glauben, wie kaltschnäuzig hier eine Kommune ein Jahr vor dem 60. Jahrestag des Volksaufstandes mit dem Tod des letzten  Streikführers aus der eigenen Stadt umgeht. Eine Stadt zieht den Vorhang zu. Pietät sieht anders aus. Ehrung und Anerkennung einer Lebensleistung ohnehin.

So vermerkt die Bundesrepublik Deutschland am 27. Juli anno 2012 die Beisetzung eines der letzten, vielleicht auch des letzten Streikführers von 1953 in einem anonymen Grab. In wenigen Jahren optisch auch auf dem Friedhof vergessen, wenn die Stelen mit den unzähligen Namen durch neue ersetzt sein werden.

Die Stadt entzieht sich der Frage nach einem möglichen Ehrengrab, so wie sie sich dem hartnäckigen Wunsch von Grünhagen entzogen hat, noch zu seinen Lebzeiten einen  Kilometer der Hennickendorfer Chaussee in „Straße des 17. Juni 1953“ umzubenennen. Das es auch anders geht, zeigt die nahe gelegene Hauptstadt. Zu Zeiten einer ebenfalls linken Koalition beschloss der Berliner Senat die Beisetzung von Teilnehmern am Volksaufstand in einer Ehrengrabanlage seitlich der Gedenkstätte vom 17. Juni auf dem Friedhof Seestraße.

Anders Strausberg. Mit einer unglaublichen Hartnäckigkeit verteidigt die Stadtverordnetenversammlung die kilometerlange Ernst-Thälmann-Straße durch die Stadt ebenso vehement wie die einzige Straße in einer deutschen Kommune, die an einen ehemaligen Mauerschützen erinnert.

So blieb es der Landesbeauftragten für die Bewältigung der Diktatur-Folgen, Ulrike Poppe, vorbehalten, durch ihre Anwesenheit und ihren letzten Blumengruß ein  Zeichen gegen diese Wand des Verdrängens zu setzen. Begleitet wurde sie von Detlef Grabert, einst Landtagsabgeordneter, später Stadtverordneter von Bündnis 90/Die Grünen und Wegbegleiter des Verstorbenen in  den letzten Jahren und zwei ehemaligen  Stadträten der CDU. Am Urnengrab betonte der Vorsitzende der Vereinigung 17. Juni 1953 noch einmal das „unglaubliche Engagement von Heinz Grünhagen, der beispielhaft wie kaum  ein anderer der seinerzeitigen  Teilnehmer am Volksaufstand um die Erinnerung an diesen großen Tag in der Deutschen Geschichte gekämpft“ habe.

Ohne die lebenslange und mutige Begleitung durch seine Ehefrau besonders in den schweren letzten Jahren wäre dieses Engagement allerdings nicht möglich gewesen. Holzapfel, der in Begleitung des Vorstandsmitgliedes Tatjana Sterneberg an der Trauerfeier teilnahm, versicherte, Heinz Grünhagen „niemals zu vergessen und sein Anliegen der Erinnerung auch in  Strausberg zu bewahren.“

Der ursprüngliche Beitrag unter: https://redaktionhoheneckerbote.wordpress.com/2012/07/27/strausberg-eine-stadt-zieht-den-vorhang-zu/

Weitere Beiträge zu Heinz Grünhagen und Strausberg im Netz unter: http://www.nachrichtenbetriebsamt.de/17Juni.htm

Interviews mit Heinz Grünhagen: https://www.rbb-online.de/kontraste/ueber_den_tag_hinaus/diktaturen/um_das_leben_betrogen.html und: https://www.bpb.de/517994/heinz-gruenhagen-ueber-den-streik-am-17-juni-1953/

V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck / VEREINIGUNG 17.JUNI 1953 – Berlin  (1.761).

Berlin, 19.12.2022/cw – Am heutigen Tag ehrte die Vereinigung 17. Juni 1953 am Ehrengrab auf dem Friedhof Seestraße ihren einstigen Vorsitzenden Manfred Plöckinger, der vor 20 Jahren, am 19.12.2002 nach langer schwerer Krankheit, eine Folge seiner DDR-Haft, in Bayern verstorben war. Die Urne Plöckingers war nach Bemühungen des Vorstandes 2005 von Bayern überführt und auf einer Erweiterung der Ehrenfeld-Anlage beigesetzt worden.

Plöckinger, zur Zeit des Aufstandes vom 17. Juni 1953 Bauarbeiter an der Stalin-Allee, gehörte nach seiner DDR-Haft zu den Gründern der Vereinigung, die als Nachfolgerin des unmittelbar nach dem Aufstand gegründeteen Kommitees „17.Juni“ am 3. Oktober(!) 1957 in das Vereinsregister eingetragen wurde. Von 1982 bis zu seinem Tod war Plöckinger als Nachfolger von Friedrich Schorn (Aufstandsführer in den Leuna-Werken bei Merseburg) Vorsitzender.

Zum Gedenken an ihn hatte die Vereinigung a l l e Fraktionen im Berliner Abgeordnetenhaus eingeladen. Der amtierende Vorsitzende Carl-Wolfgang Holzapfel hatte bereits seit Jahrzehnten im Vorstand durchgesetzt, keine in demokratischen Wahlen gewählte Partei im Parlament als mögliche Ansprechpartner auszuschließen. In früheren Jahrzehnten war es durchaus zu Konflikten gekommen, weil die seinerzeitigen Vorstände in ihrer Arbeit „unliebsame“ Parteien von ihren Kontakten ausgeschlossen hatten.

Lediglich eine Fraktion, die AfD, folgte der in allen Schreiben gleichlautenden Einladung und beteiligte sich an der Ehrung mit einer Kranzniederlegung. Die anderen Parteien, CDU, SPD, FDP und Bündnis90/GRÜNE reagierten überhaupt nicht, während sich die Fraktionsvorsitzenden der LINKEn immerhin wegen „anderweitiger Termine“ entschuldigen ließen.

In einer kurzen Ansprache am Grab Plöckingers sprach der Nachfolger im Vorstand sein „Bedauern über die seit Jahrzehnten in Gang gesetzte Vernachlässigung des 17. Juni 1953 als historischen ersten Aufstand nach dem Krieg im kommunistischen Machtbereich.“ Man könne hier durchaus eine politische Linienführung erkennen, die darauf abziele, „den Volksaufstand an den Rand der Geschichte zu schieben.“ Es würden sich immer mehr „politisch einseitig orientierte“ sogen. Historiker aus dem ehem. Umfeld der SED-DDR-Geschichte oder der entsprechenden politischen Orientierung dafür einsetzen, die ursprüngliche Charakterisierung bzw. Verleumdung des Aufstandes im Sinne der einstigen SED als „vom Westen bezahlten Putsch von Halbstarken und Kriminellen“ zu übernehmen. Dazu gehörte die nicht erst heute praktizierte Verleumdung von Menschen, die sich für eine Bewahrung der ehrenvollen und für Europa bedeutenden Historie des Aufstandes einsetzten.

Manfred Plöckinger auf einer Demonstration zum 10. Jahrestag des Mauerbaus 1971 in Berlin

Holzapfel führte zwei Beispiele an: So hätte das Magazin DER SPIEGEL 1986 im Zusammenhang mit einer Affäre um den damaligen Innensenator Heinrich Lummer Manfred Plöckinger als Dieb und Halbkriminellen bezeichnet. Nachdem Plöckinger in einem Leserbrief diese Behauptungen als nachweisliche, durch ein Gericht überprüfte Verleumdungen zurückgewiesen hatte, kommentierte die Redaktion: „Manfred Plöckinger hat Recht.“

Als zweites Beispiel führte der Redner das 2003 vorgelegte Standardwerk zum Volksaufstand „Die verdrängte Revolution“ (Edition TEMMEN, 848 Seiten) an, die maßgeblich von dem belannten Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk (neben Bernd Eisenfeld und Ehrhart Neubert) bearbeitet worden war. Die darin enthaltenen Lügen z.B. über Carl-Wolfgang Holzapfel, der danach „Mitglied der NPD“gewesen sei, mussten durch eine vereinbarte Errata, die jeder Auslieferung beigefügt werden muß, richtig gestellt werden. Kowalczuk, selbst bis zum Ende der DDR systemimmanent beschäftigt, begründete gegenüber Holzapfel diese „Unrichtigkeiten“ damit, dass die Autoren „aufgrund der Schwierigkeiten um den Verlegungstermin keine Zeit mehr gehabt hätten, die zugänglichen Unterlagen (Akten) der Staatssicherheit auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen.“ Man habe „die dort aufgespürten Aktenvermerke ungeprüft“ übernommen.

Geforderte Berichtigungen zur Person Manfred Plöckingers wurden von den Autoren wie der BStU (!) mit der Begründung abgelehnt, dieser sei verstorben, der Vorstand habe „keine Rechte, Berichtigungen anstelle des Verstorbenen“ zu verlangen.“

V.i.S.d.P.: Vereinigung 17. Juni 1953 e.V., C.W. Holzapfel – Berlin, Mobil: 0176-48061953 (1.714)

Berlin, 14. Dezember 2022/cw – Vor 20 Jahren, am  19. Dezember 2002, erreichte uns die traurige Nachricht von seinem Tod: Manfred Plöckinger, der einstige Bauarbeiter von der Stalinallee und jahrzehntelanger Vorsitzender der Vereinigung 17. Juni hatte uns genau einen Monat vor seinem 71. Geburtstag für immer verlassen. Dabei hatte er bis wenige Tage zuvor gehofft, noch an den Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag des Volksaufstandes teilnehmen zu können. Danach wollte er den Stab des Vorsitzes an mich weitergeben. Es kam anders.

Zum 20. Todestag, am kommenden Montag, dem 19.12., wollen wir an seinem Ehrengrab auf dem Friedhof Seestraße im  Berliner Bezirk Wedding um 10:00 Uhr seiner gedenken. Aus diesem Anlass geben wir nachfolgend auszugsweise einen Artikel von Johannes Reck wieder. Der seinerzeitige Beitrag ist in unserer Schrift „Helden der Menschlichkeit“ zum 50. Jahrestag des 17. Juni vollständig nachzulesen. Vereinigung (AK) 17. Juni 1953 e.V.

Manfred Plöckinger

Der Ursprung / Vergleiche des Totalitarismus

Von Johannes Reck **

Manfred Plöckinger wurde am 19. Januar 1945 13 Jahre alt. Er befand sich zu diesem Zeitpunkt in einem Oberschul-Hitlerjugend-Lager im Warthegau. Der Lagermannschafts-führer hieß Schabowski, Günter Schabowski.* Damals ahnte dieser Junge mit dem gutmütigen Gesicht noch nicht, das dieser knapp 45 Jahre später in das Rampenlicht der Geschichte rücken würde, indem er in der berühmten Pressekonferenz die Mauer für quasi geöffnet erklärte.

 „Die Merkmale des roten Regimes waren am Anfang zwar noch nicht so totalitär, doch im Grunde hat das rote Regime das Braune abgelöst, das kann man so formulieren“, sagt mir Plöckinger am Telefon. Es entsteht eine Stille. „Kann man aus heutiger Sicht den Diktator

* Hinweis der Redaktion: Günter Schabowski hat in einem Gespräch (Foto Schabowski und Holzapfel) dieser Darstellung widersprochen. Er habe sich „nie“ in einem solchen Lager aufgehalten.

Ulbricht mit dem Diktator Hitler vergleichen?“ frage ich leise. „Wissen Sie, es sind verschiedene Arten von Diktaturen gewesen und ich war noch sehr jung, als Hitler an der Macht war, doch das Ergebnis war, glaube ich, in beiden Fällen vergleichbar. Ich bin 70 Jahre alt und habe die Vertreter des Kommunismus im Kampf um Berlin gesehen. Da gab es mehr als nur grausige Geschichten.“

Plöckinger erinnert sich, dass sehr früh Verhaftung und Bespitzelungen durch die Volkspolizei einsetzten. Man traute sich nicht mehr, in der Öffentlichkeit seine Meinung zu sagen. Ein Zustand, der in nicht allzu ferner Vergangenheit vorherrschte.  Vorerst nahmen die Menschen den Kommunismus nicht so ernst, da er sich ja als human und arbeiterklassenfreundlich darstellte.

Die Vorläufer des 17. Juni

„Natürlich gab es Gespräche auf den Baustellen, wegen der Normen und wegen der schlechten Verhältnisse. Wir hatten eine Mangelwirtschaft. Dass das Regime von Einzelnen angegriffen wurde, das war damals nicht so. Durch diese Normenfrage haben sich am 16. Juni (1953) so 150-200 Arbeiter, zu denen ich gehörte, zusammengefunden und demonstriert“, so Plöckinger.

Die SED hatte nach Kürzungen im sozialen Bereich und einer Preiserhöhung von Lebensmitteln die Normen um 10% erhöht. Die Arbeitergruppe rund um den Bauarbeiter Manfred Plöckinger lehnte die vom Politbüro geforderte Anhebung der Produktivität zu Gunsten der Bevölkerung des Landes ab. Sie sahen, dass der Westberliner sich gut kleiden konnte und wohlriechende amerikanische Zigarette rauchte, während der Ostberliner in seinen zerknitterten Sonntagshosen meistens in den Ostberliner Tanzlokalen mit weniger Erfolg auftrat. Am Prenzlauer Berg beispielsweise, Plöckingers Wohnort, bildeten sich Subkulturen, die ihren Unmut lauter äußerten. Man brandmarkte sie als Provokateure.

Am 16. Juni fragte ihn ein Kollege von der Baustelle: „Manfred, du kommst doch auch mit?“ Mit einem „Ja klar!“ stürzte er sich hinein in den breiten Enthusiasmus der kleinen Revolte. Zwischen 16.00 und 17.00 Uhr befand er sich auf der Friedrichstrasse in einem Meer von aufgebrachten und schimpfenden Mitbürgern, die sich alle lauthals immer wieder die selbe Frage stellten: „Warum müssen wir anders leben als die im Westen? Wir haben doch alle den Krieg verloren!“

Die SED hatte einen Gegendemonstrationszug organisiert. Laut Plöckinger zählte dieser aber nur noch ein Drittel seiner anfänglichen Stärke, nachdem er „Unter den Linden“ den Zug der Demonstranten kreuzte. Viele beobachtende Volkspolizisten warfen ihre Jacken demonstrativ weg und schlossen sich unter großem Applaus der Masse an. Gegen Abend hörte Plöckinger das erstemal von einem Treffen am nächsten Tag um fünf auf dem Strausberger Platz in Verbindung mit dem Wort „Generalstreik“. Von einem unbekannten Glücksgefühl beseelt, ging er durch leere Straßen nach Hause. Der jetzt Volljährige spürte etwas Großes kommen.

Popstars und Träume

In der Tat verbreitete sich die Nachricht vom geplanten Generalstreik, wie sich heute die Kunde nach dem Kommen eines Popstars verbreitet. Die Nachricht ging wie ein Lauffeuer um. Was träumten die Menschen in Ostdeutschland in der Nacht vom 16. auf den 17. Juni?

Mit der Wetterlage entsprechenden gemischten Gefühlen zog Plöckinger mit seinen Arbeitskollegen vom Alexanderplatz in Richtung Regierungsviertel. Mannschaftswagen fuhren durch die Menge. Die Atmosphäre der Gewalt, die von den allmählich auftretenden Sicherheitskräften der Regierung ausging, sprang auf die Reihen der  Demonstranten über.

Das Phänomen der Masse kam vollends zum Tragen. Wie ein Lauffeuer verbreitete sich die Kunde vom Tod eines jungen Mannes, der bei der Humboldt Universität unter die Ketten eines Russenpanzers geraten war. Plöckinger selbst war noch beim Alexanderplatz, als er schon davon hört.

Plöckinger: „Wissen Sie, das ist so: Der Kopf kocht und dann kommt dieses kleine bisschen dazu, und dann kocht er über. Genauso hat es sich entwickelt. Bis 1953 hat sich niemand groß getraut, den Mund aufzumachen. Dann sagten alle auf einmal: ‚Mensch, da tut sich doch was.’“

Emotionen in der Masse

Der Alltagsfrust über die wachsende Kluft zwischen West- und Ostberlin brauchte ein Ventil. Manfred Plöckinger, der übrigens die Version von Erich Loest zurückweist, die besagt, dass westliche Spitzel die Masse aufputschten, lief an diesem Tag auch mit beschwingtem Glücksgefühl die „Straße unseres nationalen Schicksals“,  Unter den Linden, hinunter. Das Gefühl der Unsicherheit vom Vorabend hatte sich gelöst und in einen gesteigerten extrovertierten Freudentaumel gewandelt. Er und seine Kollegen von der Stalinallee ließen sich mitreißen von der Menge, die Fahne der Bundesrepublik schwingend und die Nationalhymne singend. Doch sie sangen immer nur die erste Strophe, weil noch keiner die Dritte auswendig konnte.

Der Kommunismus verstummt

„Wir fordern freie und geheime Wahlen!“ schrie einer und es hallte aus allen Mündern wieder. Auch nicht die von den Seitenstraßen her kommenden Panzer der Roten Armee konnten die nun tobende Masse von ihrem wilden Tanz für die Wiedervereinigung von Ost und West und dem ausdrücklichen Wunsch auf ein schnelles Ende des kommunistischen Terrors abhalten. Zu tief saß unter anderem auch der Eindruck des getöteten jungen Mannes bei der Humboldt Universität, an dem auch Plöckinger vorbeischritt. Die Blutlache des Jugendlichen war nur notdürftig mit Sand bedeckt.

„Ich hatte gegen die Leute in den Uniformen nichts einzuwenden. Nur das System habe ich kennen gelernt, als Berlin von der Roten Armee eingenommen worden ist,“ wiederholt Plöckinger mir gegenüber eindringlich.

Natürlich war die Propaganda der scheinbar reumütigen Regierung Hohn angesichts des von Panzern überrollten Jungen bei der Humboldt Universität. In diesem Falle nahm die Heuchelei aber ein sehr schnelles Ende. Ein Kollege von Manfred Plöckinger, der neben ihm stand, fragte ihn, ob er bereit wäre, die an die Masten verknoteten Lautsprecher abzulösen. Jeder der beiden übernahm einen Mast. Der Mann schien einige Kenntnis von Technik zu haben, denn im Augenblick, in dem sie die Schleifen der Verknotung der Lautsprecher an den Masten lösten, verstummte die propagandistische Stimme. Die Aufständischen zogen weiter!

Das Foto

Das Motorengeheule der Panzer intensivierte sich, und in zügigem Tempo wurden die Demonstranten in Richtung Brandenburger Tor getrieben. Diese Zickzack fahrenden Bolliden, die mitten in die Menge hineinfuhren, lösten eine große Panik aus. Den Menschen blieb keine andere Möglichkeit mehr, als die der symbolischen Flucht durch das Wahrzeichen Berlins in den Westen.

Manfred Plöckinger auf dem historischen Foto (Kreis)

Genau in diesem Moment, da sie fahnenschwenkend, singend und tanzend hindurch kamen, wurde auf den Auslöser gedrückt und das Foto gemacht, das wohl das bedeutendste im Zusammenhang mit dem 17. Juni werden sollte. Das besondere an dieser Momentaufnahme ist, dass man kein einziges russisches Militärfahrzeug sieht. Eine Analogie zum 9. November 1989. Ich glaube, dies ist auch der Grund, warum der 17. Juni 1953 bis heute noch ein so markantes Datum ist und warum er als einer der großen Auslösungsfaktoren für den weiteren Widerstand gegen den Kommunismus stalinistischer Prägung gilt.

Die Rote Fahne fällt

Auf der anderen Seite des Tores bewunderte die Spitze des Zuges, zu der Manfred Plöckinger gehörte, wie der 23jährige LKW-Fahrer Horst Ballenthin unter Beschuss auf das Tor kletterte, die Rote Fahne herunterholte und unter tosendem Applaus in die Menge warf . Unten zerriss man sie mit großer Genugtuung und feierte Ballenthin als Helden des Tages.

In Westberlin gelangten Plöckinger und viele andere Demonstranten in ein Auffanglager in einer Hinterhoffabrik in der Spänerstraße in Moabit. Dort mussten sie auf Strohsäcken schlafen, auch die sanitären Anlagen waren notdürftigst. Doch an diesem Ort war es, dass ein Mitstreiter ihm die Zeitung in die Hand drückte, auf der jenes große Titelfoto der Helden des 17. Juni abgedruckt war, die gerade durch das Brandenburger Tor marschierten. Zwar war Plöckinger nur im Hintergrund auf diesem Foto zu sehen, doch immer noch erkennbar.

Das Foto sollte ein zentrales Bild zum 17. Juni werden und mehr noch, ein Symbol für den Freiheitskampf des deutschen Volkes. Immer wieder wurde es das Leitbild zu Zeitungsartikeln. Manfred Plöckinger bezahlte allerdings seine Präsenz auf dem Bild sehr bitter.

Er kam nach 10 Tagen zurück an den Prenzlauer Berg, um wieder auf einer richtigen Matratze schlafen zu können.  Plöckinger lebte sich wieder in seinen Alltag ein. Ulbricht und Genossen versuchten zu besänftigen, während die Emigrationszahlen aus den östliche Sektoren stiegen.

Jeden Mittwoch ging Plöckinger zu einem Schachabend, an dem er lange Partien gegen einen Freund spielte. Diesem Freund zeigte er auch mit ein wenig Stolz das Foto vom 17. Juni unter dem Brandenburger Tor. Dies war der Anfang der Katastrophe, denn wenig später stand sein Schachrivale mit seinen Arbeitskollegen von der Stasi vor Plöckingers Tür. Sie verhafteten ihn und brachten ihn zum Polizeipräsidium, wo man ihn bis zum Prozess, der in einem Eilverfahren ablief, festhielt.

Gefangen

Über die folgende Geschichte spricht Plöckinger nicht gerne. Vom April 1954 bis zum April 1956 verbüßte Plöckinger eine Haftstrafe wegen der Beteiligung am Arbeiteraufstand des 17. Juni. Als der Zug für ihn einfuhr, um ihn in ein Arbeitslager zu transportieren, zeigte keine gelbe Digitaltafel an, wohin es denn gehe. Und das Einzige, was er durch das Fenster  seiner Waggonzelle erkennen konnte, war ein Bahnhofsschild: „Vogelsang“.

Gegen Ende September 1955 wurde er zusammen mit anderen Gefangenen in den „Grotewohl Express“ gesteckt. Den Namen bekam der Zug vom Portrait des damaligen DDR- Ministerpräsidenten, das am Ende eines jeden Waggonflures hing. Die Provokateure und Staatsfeinde wurden in Hundezwingergroße Kabinen geworfen. Man gab ihnen zwei Scheiben Brot mit Fett und etwas Wurst. Durch schmale Luftritzen schimmerte hinein, was vom Tageslicht übrig blieb.

Übernachten mussten die Häftlinge im Gefängnis Frankfurt/Oder. Plöckinger: „Unwürdig“. Der ganze Transport erinnert wohl nicht umsonst an die Beschreibungen der Züge nach Dachau, Bergen-Belsen, Auschwitz und wie die Orte des Schreckens noch alle hießen.

Die Resozialisierung/ Häftlingslager ‚Vogelsang’

Die Reise endete vor ein paar Baracken. Sie mussten sich in Reih und Glied aufstellen, noch einmal wurden ihre Namen aufgerufen. Dann führte man sie durch das Tor, und Manfred Plöckinger erblickte ein viereckiges Areal, das mit Stacheldraht umzäunt war und das durch einen Mittelgang in zwei Teile unterteilt war. An den vier Ecken des Geländes standen Wachtürme, im Zentrum des Mittelganges erhöht ein  kleiner Steinbau, den man nur über einige Stufen erreichen konnte: Das Offiziers- und Wachtmeisterbüro. Auf beiden Seiten dieses Steingebildes standen Baracken. Wenn man sich das Bild vor Augen führt, wird einem schlecht. Nicht zuletzt deswegen, weil dieser Aufbau so haargenau dem eines KZs gleicht.

Die Häftlinge trugen alte gestreifte Uniformen, zu denen eine Mütze ohne Schirm gehörte, die Plöckinger als lächerlich beschreibt. Die Aufsicht in den Baracken hatte jeweils ein Häftling ‚mit Schirm’ und Armbinde, der ‚Barackenälteste’. Dieser besaß das Recht, die Zigaretten zu deponieren, die sich die Häftlinge verdienten. Ferner wurde Geld verdient, mit dem man sich Zusatznahrung und sechs Zigaretten pro Tag kaufen konnte. Plöckingers Barackenältester Mallagoudera und weitere Funktionäre betraten des öfteren die engen Stuben, in denen jeweils sechs Häftlinge in drei Hochbetten untergebracht waren. Sie rissen willkürlich die kleinen Metallspinde auf und warfen die Habe der Häftlinge mit der Bemerkung: „Schlamperei“ zu Boden. Plöckinger widersetzte sich und warnte Mallagoudera, nicht das selbe mit seinen Sachen zu machen. Es sollte nicht das letzte unfriedsame Aufeinandertreffen der beiden gewesen sein. Eines Tages, nach einem Konflikt, rief man Plöckinger in den Steinbau zum wachhabenden Offizier. Da er mit einem „Guten Abend“ und mit der Frage „Sie wollen mich sprechen?“ den Raum betrat, ohne vorher anzuklopfen und ohne Meldung zu machen, empfing ihn nur wütendes Geschrei. Drei Männer wurden gerufen, die ihn gewaltsam hundert Meter in Richtung Bahnhof Vogelsang zerrten, wo eine gerade fertiggestellte, umzäunte Zweizellenhütte stand. Man zwang ihn, sich zu entkleiden und sperrte ihn in eine der beiden Hütten. Es war bereits Oktober, die Wände waren feucht.

 „Es war entwürdigend bis zum Letzten. Wenn man sich ein wenig die Würde behielt, sei es auch nur durch Gestik, wurde man gleich in Dunkelarrest gesperrt“, sagt mir Plöckinger. Über seine gesamte Haftzeit zusammengerechnet war er ca. drei Monate in Dunkelarrest.

Am nächsten Morgen um 6 Uhr betraten drei Offiziere die Zelle und forderten ihn  auf, sich endlich als sozialistischer Mitbürger zu resozialisieren. Plöckinger forderte jedoch nur einen Arzt und einen Staatsanwalt. Er wurde zu einem sogenannten Arzt geführt. Dieser befand, dass der Häftling gutes Essen brauche und schickte ihn zurück in die Zelle. Immerhin durfte Plöckinger nun 20 bis 30 Minuten am Tag unter Bewachung eines Volkspolizisten ‚Gassi gehen’. Als am 20. April 1956 seine Haft regulär endete, war ihm der Hafttag durch Normerfüllung nicht vergütet worden.

„Der erste Hochofen in Stalinstadt und die ersten Infrastrukturen dort sind von Häftlingen, auch von politischen Häftlingen, zwangserrichtet worden. Der Zwang ergab sich aus dem Versprechen von Haftverkürzungen und besserer Verpflegung, aus entwürdigender Disziplinierung wie Gleichschritt, Strammstehen, totaler Unterordnung und der Befehlsgewalt von Häftlingsfunktionären“, so resümiert Plöckinger heute.

Mit Tbc und Zuckerkrank in der Freiheit

Nach dem Ende seiner Haft war Manfred Plöckinger ein gezeichneter Mann. Er hatte eine offene Tuberkulose, zu der später eine schwere Diabetes hinzukam. Mit letzter Kraft schleppte er sich in den westlichen Sektor von Berlin. Jahrelang durfte er dort wegen der Tbc nicht offiziell arbeiten. Um sich trotzdem über dem Existenzminimum zu halten,  jobbte er als LKW-Fahrer. Seinen kritischen Geist behielt er aber und griff (nach dem Mauerbau am 13.08.1961) jedes Mal den Berliner Senat an, wenn es zu Ermordungen von Flüchtlingen an der Mauer kam.

Als es einen erschossenen Flüchtling am Teltow Kanal gab, ohne dass die Westberliner Polizei eingriff, warf er dem damaligen Westberliner Bürgermeister Albertz Versagen vor. Man entzog ihm in der Folge „plötzlich“ mit der Begründung den LKW Führerschein, seine Diabetes würde es ihm nicht erlauben, zu fahren.  Wie Plöckinger mir berichtete, tat er es trotzdem und setzte sogar die Polizei davon in Kenntnis. Man schwieg dazu. Ebenso plötzlich erhielt Plöckinger die Fahrerlaubnis nach zehn Jahren ohne nähere Begründung zurück.

Anfang der siebziger Jahre wurde Plöckinger nach dem Besuch einer Fachschule Versicherungsfachwirt und später sogar Versicherungsdirektor. Er heiratete und seine Frau gebar ihm zwei Kindern. Als die Versicherung, für die er arbeitete, aufgekauft wurde, lehnte man eine Übernahme mit Bezug auf seine Diabeteserkrankung ab. Er stand auf der Straße.

Roman Herzog: Verfassungsbeschwerde berechtigt, aber…

Seitdem prozessiert er erfolglos um die Anerkennung der Diabetes als Folge eines Haftschadens. Ihm ist bis zu seinem Tod jede Entschädigung versagt geblieben. Einmal fällten sie im Bundessozialgericht ein Urteil, ohne ihn vorher anzuhören. Plöckinger klagte daraufhin beim Bundesverfassungsgericht sein Grundrecht auf rechtliches Gehör ein. Sein Freund Carl-Wolfgang Holzapfel erzählte mir, dass Roman Herzog als eine seiner letzten Amtshandlungen folgende Entscheidung unterschrieb:

Ihre Verfassungsbeschwerde ist berechtigt. Sie kann gleichwohl nicht zur Entscheidung angenommen werden, weil Sie es versäumt haben, in ihrer Verfassungsbeschwerde deutlich zu machen was sie denn vorgetragen hätten, wenn man ihnen rechtliches Gehör eingeräumt hätte.

Plöckinger wurde verbittert, zeichnete sich der Kampf gegen die Bürokratie des westlichen Staates, den er sich in den langen Nächten im Dunkelarrest als so paradiesisch vorgestellt hatte, als ein Kampf gegen Windmühlen ab.

Die Vereinigung 17. Juni 1953

Plöckinger begründete mit einigen Weggefährten die Vereinigung 17. Juni 1953, die am 3. Oktober 1957 als Verein eingetragen wurde. „In Anbetracht der Tatsache, dass der 3. Oktober faktisch den 17. Juni abgelöst hat, schreibt das Leben doch immer wieder die besten Geschichten“, sagt mir Carl-Wolfgang Holzapfel, Pressesprecher und seinerzeit 2. Vorsitzender der Vereinigung. Die Vereinigung, deren jahrzehntelanger 1. Vorsitzender Manfred Plöckinger war, hatte noch lange politische Brisanz, denn sie wirkte sehr aktiv an der kritischen Bewegung gegen die DDR in Westberlin mit und setzte oft die Westberliner Regierung unter Druck. Aus den Stasi-Dokumenten, die der Vereinigung später aus dem Archiv zugänglich wurden, geht sogar hervor, dass es konkrete Überlegungen gab, die Stammkneipe, in der sich die Mitglieder regelmäßig trafen, in die Luft zu sprengen. Wegen ihrer eindeutigen Position gerieten sie oftmals zwischen die Fronten. Noch nach der Deutschen Einheit stellte es sich heraus, dass es in der Vereinigung Doppelagenten gab, die für die westliche und die östliche Seite spionierten. Einer von ihnen war ein Plöckinger-Biograph, der sogar schon ein komplettes Buchskript verfasst hatte, als seine wahre Identität ans Tageslicht kam.

Die Ziele der ‚Vereinigung 17. Juni 1953’ heute sind, die Ereignisse des 16. und 17. Juni 1953 im öffentlichen Bewusstsein zu halten, sie als ein herausragendes geschichtliches Datum zu etablieren und die dafür zuständigen Institutionen dahin zu bewegen, den 17. Juni wieder als nationalen Gedenktag anzuerkennen. Ebenso steht die immerwährende Ehrung der Opfer des 17. Juni, auf sowjetischer und deutscher Seite im Vordergrund, wie die Erhellung noch unbekannter Schicksale. 

Das Erbe Manfred Plöckingers

Weihnachten 1989 verbrachte Manfred Plöckinger, seit vielen Jahren in Bayern wohnhaft, in Berlin. Erstmals konnte er wieder die Strassen seiner Kindheit entlanggehen. „Davon hatte ich Jahrzehnte lang geträumt“, berichtet er.

Hartnäckig kritisierte er, hinterfragte er. In der DDR hatte er sich nicht den Mund verbieten lassen, er tat es auch in Westdeutschland nicht. Man kann ihm vorwerfen, ein Don Quijote gewesen zu sein. Doch konnte man nicht genauso diesen Kritikern vorwerfen, den Traum von Einigkeit, Recht und Freiheit nicht geträumt zu haben?

Zu schnell vergessen wir den großen Kampf, der 1953 angefangen hat und dessen Träume 1990 Wirklichkeit wurden. Zu schnell wenden wir uns von den Idealisten ab, um über sinnlosen Streitereien und politischem Kalkül die große Traglast unseres gesamtdeutschen Erbes zu verdecken.

Wir dürfen es nicht zulassen, dass Manfred Plöckinger auch nur eine Minute umsonst in seinem dunklen Verlies frieren musste. Wir sind ‚ein Volk’ und müssen begreifen, dass jetzt die Zeit gekommen ist, um ein neues Kapitel in der deutschen Geschichte aufzuschlagen. Die Zeit der totalitären Herrschaft ist vorbei, und wir haben gelernt. Die heutige Generation darf nicht mehr mit den Erbschulden gebrandmarkt werden. Dank Manfred Plöckinger kann man uns nicht generalisieren. Das muss uns Luft zum Atmen geben.

Luft, die wir brauchen, um auf dem erwähnten Grundstein ein Haus zu bauen. Ein Haus, in dem eine neue Generation von Deutschen wohnt, die nicht den Krieg und die Unterdrückung erlebt hat und trotzdem das Gut der Freiheit zu schätzen weiß und die Kämpfer für jene Freiheit würdigt.

Wir dürfen es nicht dazu kommen lassen, dass diese Menschen, die für die Freiheit unseres Vaterlandes aufgestanden sind, verbittern. Vielmehr sollten wir uns für sie einsetzen und ihnen nicht nur am 17. Juni aufrichtig und ehrlich dankbar sein.

Nachwort

Knapp drei Wochen nach unserem zweiten ausgiebigen Telefonat im November erlitt Manfred Plöckinger einen weiteren schweren Herzinfarkt. Erst als ich aus meinen Weihnachtsferien mit geschriebener Arbeit wiederkehrte, erfuhr ich von seinem Tode am 19. Dezember 2002. Er wurde vorerst in Bayern beigesetzt.

Ich wollte an dieser Stelle Manfred Plöckinger, der niemals materiell für seinen Kampf entschädigt worden ist, für das Bundesverdienstkreuz vorschlagen, um ihm eine staatliche Würdigung zuteil werden zu lassen. Leider kann ihm diese Anerkennung nicht mehr in dieser Form gewährt werden. Ich bin trotzdem zuversichtlich, dass Manfred Plöckinger seine Gerechtigkeit, die ihm zeitlebens nicht vergönnt war, bekommen wird. Indem wir uns als junge Generation mit ihren Schicksalen auseinandersetzen, geraten Manfred Plöckinger und seine Mitstreiter nicht in Vergessenheit.

Es ist unsere Verantwortung ihnen ein Denkmal zu setzten. Carola Plöckinger sagte mir, dass ihr Mann vielleicht eines Tages vom Himmel herunterschaut und von dort oben sehen könnte, dass langsam die alten Narben des deutschen Volkes verheilen und wir mit der Geschichte Auge in Auge treten können. Ich denke, ihm würde diese Entwicklung mehr bedeuten als jedes Verdienstkreuz.

Durch diese Arbeit, an die ich mehr aus Zufall als durch wissenschaftliches Kalkül geraten bin, habe ich einen tiefen Einblick in diesen Abschnitt der Geschichte unseres Landes bekommen. Viele Menschen haben mich positiv unterstützt und  in schwierigen Phasen motiviert, besonders hervorheben möchte ich Manfred Plöckinger, Carl-Wolfgang Holzapfel, Carola Plöckinger, Frau Bomhoss vom Ullstein Bilderservice, meine Eltern, sowie meine Großmutter Dr. Grete Schmidt. Ich bin nicht nur einer spannenden Biografie, sondern auch meiner Identität als Deutscher ein Stück näher gekommen.

Speziell in Erinnerung an Manfred Plöckinger möchte ich diesem den vorliegenden Text aus Wilhelm Tell von Friedrich Schiller widmen:

„Eine Grenze hat Tyrannenmacht:

Wenn der Gedrückte nirgends Recht kann finden,

wenn unerträglich wird die Last,

greift er hinauf getrosten Mutes in den Himmel

und holt herunter seine ew’gen Rechte,

die dort droben hangen unveräußerlich

und unzerbrechlich wie die Sterne selbst.“

** Johannes Reck beteiligte sich am Schul-Wettbewerb der Körber-Stiftung, der 2003 den „17.Juni 1953“ zum Thema hatte. Reck stellte seine Arbeit der Vereinigung 17. Juni zur Veröffentlichung für die Schrift zum 50. Jahrestag „Den Helden der Menschlichkeit“ zur Verfügung.

V.i.S.d.P.: Vereinigung 17. Juni 1953 e.V., Berlin – Mobil: 0176-48061953 (1.713)

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