You are currently browsing the category archive for the ‘Rentenbetrug’ category.

Berlin, 09.09.2019/cw – In diesen Tagen, am 11.09.2019, findet im Deutschen Bundestag eine Anhörung von Sachverständigen zur Novellierung der Rehabilitierungsgesetze bzgl. ehemaliger Opfer der DDR-Diktatur  statt. Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz tagt unter dem Vorsitz von Stephan Brandner (AfD) ab 14:00 Uhr im Paul-Löbe-Haus im Saal 2.600.

Als einziger Tagesordnungspunkt ist der Gesetzentwurf der Bundesregierung „eines sechsten Gesetzes zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR (BT-Drucksache 19/10817)“ angesetzt. Als Sachverständige sind nach ggw. Stand vorgesehen: Dieter Dombrowski, Bundesvorsitzender der UOKG, Berlin; Dr. Ruth Ebbinghaus, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, Würzburg; Guntram Hahne, OStA, Generalstaatsanwaltschaft Berlin; Dr. Anna Kaminsky, Geschäftsführerin der Bundesstiftung Aufarbeitung der SED-Diktatur, Berlin; Philipp Mützel, Assessor jur., München; Dr. Maria Nooke, Beauftragte des Landes Brandenburg zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur, Potsdam; Tom Sello, Beauftragter des Landes Berlin zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Berlin; Marie-Luise Tröbs, Präsidentin des Bundes der in der DDR Zwangsausgesiedelten, Erfurt und Dr. Johannes Wasmuth, Rechtsanwalt, München.

Unter den Sachverständigen nur ein betroffenes Opfer

In Vorfeld haben bereits einige Opfer der SED/DDR-Diktatur diese Zusammensetzung kritisiert, weil sich unter den benannten Sachverständigen mit Dieter Dombrowski nur ein nominelles Opfer der Diktatur befindet. Dombrowski war einst selbst politisch Verfolgter und hatte seine Haftstrafe u.a. in Cottbus verbüßen müssen. Dombrowski habe sich aber durch seine politischen Mandate eher auf die Ebene der offiziösen Politik zubewegt und damit die Repressionslinie seiner Partei, der CDU, gegen die Interessen der Diktatur-Opfer, zumindest indirekt unterstützt, so die kritische Anmerkung. Zuletzt hatte der Partei-Funktionär Unwillen erregt, als er eine Zusammenarbeit mit der in LINKE umbenannten SED in Brandenburg nach der (inzwischen erfolgten) Wahl nicht ausschloss. (Der bisherige Vizepräsident des Landtages konnte sein Mandat nicht verteidigen und gehört dem neuen Landtag nicht mehr an).

Immer wieder demonstrierten Ausgebürgerte und Unterstützer gegen den Rentenbetrug- Die Politik wehrte bis heute ab – Foto. LyrAg

Jetzt wandte sich auch Tatjana Sterneberg, einst Heimkind in der DDR und später politisch Verfolgte (Haft im Frauenzuchthaus Hoheneck) an den Ausschuss. Mit großer Aufmerksamkeit habe sie die „Liste der Sachverständigen“ für die 58. Sitzung zur Kenntnis genommen. Ihr fiel dabei auf, so die ehemalige Hoheneckerin, dass „neben den offensichtlich aus Gründen des Proporzes benannten Personen und den wenigen mit der Materie fachlich befassten Sachverständigen (Juristen, FA für Psychiatrie u. Psychotherapie) offensichtlich keine Anhörung von direkt betroffenen Heimkindern vorgesehen“ sei. Sie frage daher an, „welche Gründe für diese Nichtbeachtung direkt Betroffener“ vorliegen? Schließlich solle es in der Sitzung „thematisch auch um die Rehabilitierung ehem. DDR-Heimkinder“ gehen.

Sterneberg, die auch dem Vorstand der in Berlin ansässigen Vereinigung 17. Juni 1953 angehört, wies in ihrem Schreiben an den Ausschuss darauf hin, dass ihr Verein neben der gegebenen historischen Aufarbeitung nicht nur seit Jahrzehnten Beratungen für Betroffene von SED-Unrecht durchführt, sondern diese auch durch die Abfassung von Schriftsätzen unterstützt und gegenüber den  damit befassten juristischen Instanzen vertritt. Damit könnte auch ihr Verein inhaltlich zum fraglichen Thema sachkundig Stellung nehmen. „Wichtiger erscheint uns allerdings die Anhörung direkt Betroffener durch Ihren Ausschuss,“ so Sterneberg. „Die wichtige authentische Schilderung tatsächlicher aktueller Vorgänge im steten Kampf um Rehabilitierungen ergangenen Unrechtes im Leben dieser Betroffenen“ seien zweifellos eher geeignet, Sie und Ihre KollegInnen von den Notwendigkeiten beabsichtigter Korrekturen in der Rehabilitierung zu überzeugen, als Gutachten von Personen, die zwangsläufig von theoretischen Basissätzen ausgehen müssten, da diese selbst in der Praxis keine Verfolgung durchstehen mussten.

Rituale Gesetzformulierung einer lästigen Aufarbeitung

Sterneberg regte an, den sachlich bedingten Sachverständigenreferaten eine Anhörung betroffener Verfolgter und Heimkinder folgen zu lassen. „Wir und sicher auch andere Verfolgten-Organisationen wären in der Lage, Ihnen kurzfristig Betroffene zu benennen, die für eine Anhörung zur Verfügung ständen.“

In vorab veröffentlichten Stellungnahmen für den Ausschuss zeichnet sich aus Sicht der Betroffenen eine „rituale Gesetzformulierung ab, die eher den endlichen Abschluss einer für die Politik lästig gewordenen Aufarbeitung im Auge hat, als die ernsthafte Auseinandersetzung mit bisherigen schwerwiegenden Fehlern, die der Gesetzgeber in drei Jahrzehnten ursprünglich beabsichtigter Aufarbeitung gemacht hat.“ So sei letztlich der positive Entwurf des Bundesrates, der wegen der zwztl. erfolgten Neuwahlen zum Bundestag am 13.12.2017 formal erneut beschlossen werden musste (BTDrs. 19/261) durch den Bundestag vielfach negativ verändert worden. So kritisiert sogar auch Dombrowski, dass der aktuelle Referentenentwurf „diesen Gesetzentwurf (des Bundesrates) leider aus unverständlichen Gründen nicht aufnimmt.“

Errang  vor dem Verfassungsgericht Berlin einen ersten Erfolg, dennoch ist das Verfahren um eine Rehabilitierung noch nicht beendet: Heike Eichenmüller, heute Vorsitzende der Vereinigung 17. Juni. – Foto: L. Adler

So werden die lediglich als Zuhörer anwesenden ehemaligen politischen Gefangenen und betroffenen Heimkinder den Sachverständigen und den Diskussionen über deren Ausführungen sicherlich aufmerksam zuhören. Verstehen können sie ohnehin auch nicht, warum der Ausschuss für “Recht und Verbraucherschutz“ für die Durchsetzung der Rechte politischer Verfolgungsopfer zuständig sein soll. Schließlich gäbe es seit 1998 den ständigen Ausschuss für „Menschenrechte und humanitäre Hilfe“. Allein diese nicht unwichtige Zuordnung werde als Indiz dafür gesehen, daß auch 30 Jahre nach dem faktischen Ende der DDR-Diktatur deren Opfer nicht die Zuwendung erteilt wird, die diesen in der Tat als Vorreiter und Lastenträger der Deutschen Einheit zukomme.

Kommentar

Von Carl-Wolfgang Holzapfel

Wieder einmal wird der Eindruck erweckt: Wir kümmern uns. Tatsächlich handelt es sich hier auch wieder nur um einen weiteren Wurf von Nebelkerzen, um das unverantwortlich dürftige Handeln der maßgeblichen Regierungsparteien CDU und SPD hinter den marginalen Verbesserungen einer eigentlich selbstverständlichen Entfristung bisheriger ultimativer Antragstellungen erneut und vielleicht dauerhaft zu verschleiern. So hatten die Unions-Parteien mit Hilfe der FDP zunächst gegen den heftigen Widerstand der (in Opposition befindlichen) SPD klammheimlich den Rentenbetrug an einstigen DDR-Flüchtlingen durchgesetzt und verteidigt. Später folgte die SPD als nunmehriger Koalitionspartner willig nach (Was interessiert mich mein Geschwätz von Gestern?), als Grüne und LINKE eine Revision dieses Betruges forderten. Zuvor hatte die letzte bzw. erste frei gewählte DDR-Regierung der Kohl-Regierung bis zu drei Gesetzentwürfen zur Entschädigung einstiger DDR-Verfolgter zugeleitet, die sämtlich von Bonn (damaliger Sprech für die in Bonn residierende Bundesregierung) mit der Begründung abgewiesen worden waren: „Nicht finanzierbar!“ Dagegen war die in hinteren Absätzen einer Novellierung des Ministergesetzes verborgene Einführung einer „Ehrenpension“ für (längstens) 5 Monate Dienstzeit im letzten DDR-Kabinett in der Anfangshöhe von 600 € ohne Bedenken möglich, während den DDR-Opfern für die erlittene politische Haft unter Auflagen eine „Soziale Zuwendung“ von 250 € (aktuell 300 €) zugestanden wurde.

Angelika u. Gerhard W. wurde die Tochter elf jahre lang vorenthalten –
Keine Rehabilitierung? –
Foto: LyrAg

Wenn es dann durch die verquere Gesetzeslage Obersten Gerichten noch immer möglich ist, zum Beispiel eine Rehabilitierung für die elfjährige Geiselhaft eines Kindes mit der Begründung vorzuenthalten, dann müsse man 17 Millionen DDR-Bürgern eine Rehabilitierung zusprechen, weil auch diesen die Ausreise verwehrt worden sei, dann stimmt etwas in unserem Staat nicht. Nachweislich hatte die Stasi in den einschlägigen Akten ihre Hoffnung festgehalten, über die von ihren Eltern seit dem 13. August 1961 getrennte Tochter an den „Staatsverbrecher Gerhard W.“, einem Fluchthelfer und Vater des Kindes zu gelangen. Eine eindeutigere Beweislage für die politische Motivierung des offensichtlich von der Stasi gesteuerten Kindesentzuges ist nicht vorstellbar.

Man möchte wenige Wochen vor den weiteren „Jubeltagen“ am 3. Oktober und 9. November der Politik zurufen: Erspart Euch Eure jubelnden Heucheleien. Geht lieber in Euch und denkt darüber nach, wie vielen Menschen Ihr bereits den Glauben an einen Recht-schaffenden Staat geraubt habt und was sich an diesem Fehlverhalten noch korrigieren ließe. Wie viele Menschen dieser betroffenen Gruppe müssen noch hoffnungslos sterben, bis einem kleinen Rest von Überlebenden (vielleicht) ein Rest von Anstand durch einen demokratischen Staat zugestanden wird?

V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin – Mobil: 0176-48061953 (1.478).

Aachen/Berlin, 22.07.2018/cw – Erstmals hat ein Gericht der Klage eines ehem. DDR-Bürgers entsprochen und die Deutsche Rentenversicherung dazu verurteilt, einen ursprünglichen Rentenbescheid, der nach den Vorgaben des Fremdrentengesetzes (FRG) erstellt worden war, als Grundlage für die Rentenberechnung heranzuziehen (S 6 R 472/17).

Andreas L. hatte am 26.08.1985 von der BfA, Vorläufer der DRV) einen Bescheid erhalten, wonach ihm für seine in der DDR zurückgelegten Rentenversicherungszeiten vom 1.07.1969 bis zum 13.04.1984 die Anwartschaft nach § 15 FRG anerkannt wurde.

Sein Rechtsanwalt, der ehemalige CSU-Politiker Norbert Geis (von 1990 bis 2002 Rechtspolitischer Sprecher der CDU/CSU- Fraktion) weist in einer Stellungnahme zum Urteil allerdings darauf hin, dass mit dem Urteil keine grundsätzliche Entscheidung in der Auseinandersetzung um das FRG bzw. RÜG, von den Betroffnen als „Rentenbetrug“ bezeichnet, gefallen ist. Im vorliegenden Fall hätte es die Rentenversicherung versäumt, den ursprünglichen Bescheid (1985) aufzuheben.

In dem Urteil heißt es wörtlich (Seite 7): „An einer solchen Aufhebung des Bescheides vom 26.08.1985 fehlt es jedoch im vorliegenden Fall insgesamt. Weder im Schriftverkehr zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten und dem Kläger im Jahre 1997 noch in dem Rentenbescheid vom 22.12.2015 oder dem Widerspruchsbescheid vom 20.01.2016 wird der ursprüngliche Bescheid vom 26. 08.1985 aufgehoben.“ Nach Geis führte das Gericht in dem Urteil aus, dass weder durch einen Bescheid noch durch ein konkludentes Verhalten der Beklagten bzw. deren Rechtsnachfolgerin zum Ausdruck gebracht worden ist, dass der vormalige Bescheid vom 26.08.1985 aufgehoben werden sollte. Deshalb ist das Gericht davon ausgegangen, dass die Beklagte nach wie vor an dem Bescheid vom 26.08.1985 gebunden ist.

Ursprünglicher Bescheid nach FRG muß aufgehoben worden sein

Der engagierte ehem. Politiker: „In den weiteren Fällen, die sich inzwischen bei mir gemeldet haben, kommt es also entscheidend darauf an, ob ein Feststellungsbescheid, dass die Rentenzeiten nach § 15 FRG anerkannt worden sind, vorliegt und  ob dieser Bescheid durch einen späteren Bescheid ausdrücklich aufgehoben wurde. Wurde er nicht ausdrücklich aufgehoben, hat er nach wie vor Bestand. Folglich muss sich die jeweilige Rentenversicherung an diesen fraglichen Bescheid, in welchem der Anspruch nach § 15 FRG bestätigt wurde, halten.“

Der Vorsitzende des Dachverbandes UOKG, Dieter Dombrowski (CDU), erklärte in einer erste Stellungnahme zu dem Urteil, dass diese Entscheidung dem Petitionsausschuss zugeleitet werden sollte. Die UOKG hatte mit der VOS und der IEDF die Petition in den Deutsche Bundestag eingebracht. Dombrowski befürchtet allerdings, dass viele Abgeordnete das Problem nicht verstehen. Das Urteil beruhe auf einem Fehler im Verwaltungsverfahren und sei keine Entscheidung in der Sache. Der Vizepräsident des Landtages in Brandenburg hält es für möglich, dass die Mitteilung über eine veränderte Rechtslage( RÜG) absichtlich unterblieben sei, um Wiedersprüchen und Klagen zu entgehen.

IEDF: Urteil „freudige Überraschung“

Der stv. Vorsitzende der IEDF, Helfried Dietrich, erklärte, das Urteil habe „eine freudige Überraschung ausgelöst.“ Das Sozialgericht Aachen habe „ohne Wenn und Aber unserem Mitglied Andreas L. Recht gegeben und die DRV zur Zahlung der Rente nach dem FRG verurteilt.“ Dietrich schränkte allerdings ein, das die DRV bis zum 23.07.2018 die Möglichkeit der Berufung habe. Bisher sei allerdings „eine Berufungsschrift nicht bekannt, und es scheint auch, dass die DRV das Urteil akzeptiert.“ Man wolle sich daher bis zur Rechtskraft mit einer „verallgemeinernden Schlussfolgerung“ zurückhalten, auch „auch wenn das Urteil auch für Nichtjuristen ziemlich eindeutig ist.

Die IEDF fordert daher alle Betroffenen auf, ihre Rentenunterlagen genau durchzusehen und zu prüfen, ob ein Bescheid von der BfA bzw. einer LVA (Bundesversicherungsanstalt für Angestellte bzw. Landesversicherungsanstalt) vorliegt, in dem Zeiten nach dem FRG anerkannt worden sind (Bescheide vor 1990). Entscheidend sei hier, ob der ursprüngliche Bescheid in einem späteren Bescheid aufgehoben wurde, was auch in einem späteren Rentenbescheid erfolgt sein könne. Die IEDF fordert alle Betroffenen auf, sich im Falle eines positiven Prüfungsergebnisses bei der Interessengemeinschaft und bei Rechtsanwalt Norbert Geis zur Koordinierung der weiteren Aktivitäten und natürlich einer möglichen Durchsetzung vorhandener Ansprüche unter Hinweis auf das ergangene Urteil zu melden.

Korrektur eines veritablen Skandals

Die VEREINIGUNG 17. JUNI verwies in diesem Zusammenhang noch einmal auf die Dringlichkeit, die eingereichte Petition trotz des positiven Urteils elektronisch zu unterzeichnen. Es ginge bei der Petition um die politische Korrektur eines nach wie vor veritablen Skandals. Nur durch entsprechende gesetzliche Korrekturen könne die notwendige Rechtssicherheit für jene Bundesbürger erreicht werden, die „durch einen Verwaltungsakt rückwirkend und damit rechtswidrig wieder zu DDR-Bürgern bürokratisiert wurden,“ erklärte der Vorstand.

Die Vereinigung sprach sich für eine „Initiative Ein Prozent für das Recht“ aus, um die notwendigen Unterschriften bis zum 14.August zu erreichen. Zuvor hatte die Vereinigung in den Raum gestellt, dass 800.000 Unterschriften ein Prozent der Bevölkerung der Bundesrepublik darstellen würden. Unter diesem Aspekt sollte es möglich sein, mehr als die erforderlichen 50.000 Unterschriften zu erzielen, damit das Anliegen zu einer Anhörung im Deutschen Bundestag führe. Unterschriften können ab sofort unter Petition mitzeichnen geleistet werden.

V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin – Tel.: 030-30207785 (1.412).

Berlin, 21.07.2018/cw – Die Interessengemeinschaft ehemaliger DDR-Flüchtlinge e.V. (IEDF), die Vereinigung der Opfer des Stalinismus e.V. (VOS) und der Dachverband Union der Opfer Kommunistischer Gewaltherrschaft e.V. (UOKG) haben dem Deutschen Bundestag eine Petition (Beschwerde) wegen der Nichteinhaltung der Festlegungen zum Rentenrecht in den beiden Staatsverträgen mit der DDR übergeben. Der Bundestag hat vor wenigen Tagen die Petition (Nr.81823) zur elektronischen Unterschrift freigeschaltet. Damit können Betroffene  u n d BürgerInnen, die sich gegen diese „beispiellose und grobe Rechtsverletzung“ aussprechen, diese Petition bis zum 14.08.2018 online mitunterzeichnen.

Ausgangspunkt der Petition ist der sogen. „Rentenbetrug“. Ohne Befassung des Bundestages wurde die in den Staatsverträgen mit der DDR vereinbarte Rentenregelung für einstige DDR-Bürger auf dem Verwaltungsweg abgeändert. In den Verträgen war festgelegt worden, dass DDR-Bürger, die zuvor (vor dem Mauerfall) die DDR verlassen hatten (Republikflüchtige und Übersiedler), rentenrechtlich so behandelt werden, als hätten sie ihre Arbeitsleistungen in der (alten) Bundesrepublik erbracht. Eine Regelung, die im Übrigen zuvor jedem Flüchtling und Übersiedler bei Ankunft in der Bundesrepublik durch die Übergabe eines Merkblattes zugesichert worden war. Gesetzlich geregelt wurde diese Praxis durch das sogen. Fremdrentengesetz (FRG), das nach der Wiedervereinigung durch das Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) den Realitäten angepasst wurde, weil es dieser Zusicherung wegen nicht mehr gegebener Republikfluchten oder Übersiedlungen nicht mehr bedurfte.

Durch eine eigenmächtige Interpretation des RÜG durch das Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ggüb. der (nachfragenden) Deutschen Rentenversicherung wurde die in der Sache neue Regelung, weil auf ehemalige DDR-Bürger  n a c h   der Wiedervereinigung bezogen, auf die sogen. „Altfälle“ ausgedehnt. Die Rentenversicherung korrigierte daraufhin ihre auf dem FRG beruhenden Rentenberechnungen für den gen. Personenkreis, wodurch diese Rentenverluste von mehreren hundert Euro hinnehmen mussten.

Rechtspolitischer Skandal

Nach Auffassung der VEREINIGUNG 17. JUNI in Berlin handelte es sich hier um einen „rechtspolitischen Skandal erster Ordnung, der im Normalfall zum Staatsskandal werden müsste.“ Durch diese rechtswidrige Praxis wurden nämlich Bundesbürger rückwirkend wieder zu DDR-Bürgern gestempelt. „Hier fand eine verfassungsrechtlich unzulässige Ausbürgerung von Bürgern der (alten) Bundesrepublik statt, die „par ordre du mufti“ wieder zu DDR-Bürgern erklärt wurden,“ sagte seinerzeit der Vorstand. Die Vereinigung hatte nicht zuletzt aus diesem Grund 2017 eine Spontan-Demo vor dem einstigen zentralen Untersuchungsgefängnis der DDR-Staatssicherheit in Hohenschönhausen initiiert, um der vor der letzten Bundestagswahl dort erschienenen Bundeskanzlerin die Empörung der Opfer vorzutragen. Angela Merkel sagte zwar den erschienenen ehem. politischen Häftlingen spontan (in Anwesenheit der Presse) eine nochmalige Überprüfung zu, ließ diesen dann aber 2018 endgültig übermitteln, dass nach Auffassung der Bundesregierung seinerzeit alles rechtlich einwandfrei, also ohne Beanstandungen geregelt worden sei.

Die Petenten stellen u.a. fest, dass „die rückwirkende Zuordnung zum Beitrittsgebiet durch keinen gesetzgeberischen Akt legitimiert (ist). Die Folge ist, dass der DDR-Flüchtling infolge seiner Flucht im Rentenrecht schlechter gestellt ist, als wäre er in der DDR geblieben.“ Und weiter: „In der bundesdeutschen Rechtsgeschichte ist kein Fall bekannt, in dem rückwirkende Rechtsänderungen eines solchen Ausmaßes zum Nachteil einer konkreten Personengruppe vorgenommen wurden. Mehrere Grundgesetzartikel stehen dem entgegen.“

Mit allen zugänglichen einschlägigen amtlichen Dokumenten zum Beitritt der DDR (Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung) weisen die Petenten nach, dass die rückwirkende Umwidmung der Überleitungsgesetze durch Exekutive und Judikative willkürlich und rechtsstaatlich unzulässig ist.

Der vollständige Text der Petition kann unter https://epetitionen.bundestag.de/content/petitionen/_2018/_06/_26/Petition_81823.html (Bundestag) und unter http://www.flucht-und-ausreise.info/dokumente/upload/cd8a6_2018-03-15_Gemeinsame_Beschwerde_komplett.pdf eingesehen werden.

Widerstand gegen diesen Rechtsbruch

Die VEREINIGUNG 17. JUNI hat in einer Erklärung vom 20.Juli „zum Widerstand gegen diesen Rechtsbruch der Verfassung“ aufgerufen und   a l l e   BürgerInnen aufgefordert, „diesen notwendigen Protest gegen die Verletzung einschlägiger Rechtsnormen“ durch ihre Unterschrift zu unterstützen. Jede Unterschrift wäre „auch ein DANKE an jene Millionen Menschen, die durch ihren Schritt in die Freiheit oder ihren mutigen Widerstand, der diesen häufig hohe Zuchthausstrafen eingebracht hat, den Sturz der DDR-Diktatur eingeleitet haben. Diese Menschen waren die eigentliche Lastenträger der Teilung Deutschlands. Sie dürfen in der Folge nicht zu Lastenträgern der Wiedervereinigung gestempelt werden. Nur ein Prozent Beteiligung von 80 Millionen Einwohnern würden 800.000 Unterschriften erbringen. Das sollte in einem Land möglich sein, in dem selbst die Berliner Mauer friedlich zum Einsturz gebracht und die Teilung Europas beendet wurde,“ sagte der Vorstandsprecher in Berlin.

Unterschriften können geleistet werden unter Petition mitzeichnen. Die Mitzeichnungsfrist läuft vom 17.07. – 14.08.2018.

V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin – Tel.: 030-30307785 (1.411).

 

Berlin, 3.06.2018/cw – Nach einem Bericht der B.Z. (https://www.bz-berlin.de/liveticker/stasi-gedenkstaette-rechtfertigt-rauswurf) hat der  Vorsitzende des Beirates der Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhausen, Dieter Dombrowski,  die Trennung von dem Zeitzeugen Siegmar Faust  gerechtfertigt. Grund seien „AfD-nahe und den Holocaust relativierende Äußerungen, die geeignet seien, das Anliegen der Aufarbeitung der SED-Diktatur insgesamt und damit auch die Arbeit der Gedenkstätte und ihrer Mitarbeiter massiv zu beschädigen.“

Pikant an der Stellungnahme: Der – in Personalunion – Vorsitzende des Dachverbandes „Union der Opfer Kommunistischer Gewaltherrschaft“(UOKG) und Vizepräsident des Landtages in Brandenburg hat offenbar keine Einwände gegen die Mitgliedschaft im Förderverein der Gedenkstätte durch den Fraktionsvorsitzenden der AfD im Abgeordnetenhaus von Berlin oder gegen den (amtierenden) Vorsitzenden der „Christen in der AfD“, Dr. Christian Fuchs, der in der UOKG als „Vorstandsbeauftragter“ fungiert. Fuchs ist auch Präsident der „Inter-Asso“ (Internationale Assoziation ehemaliger politischer Gefangener und Opfer des Kommunismus e.V.). Der CDU-Politiker Dombrowski hat offenbar auch keine Probleme mit dem Vorsitzenden des Fördervereins, der nach Darstellung eines Vereinsmitgliedes in den Medien Artikel in der Zeitung „JUNGE FREIHEIT“ verfasst, in denen die AfD als in freien Wahlen demokratisch gewählte Partei positiv dargestellt wird.

Der agile Politiker, der selbst schon mal als seinerzeitiger Vorsitzender der JUNGEN UNION (Berlin) wegen des Absingens der NS-Hymne „Horst-Wessel-Lied“ („Die Fahne hoch…“) durch JU-Mitglieder auf einer Fahrt nach Hambach 1988 vor Gericht erscheinen mußte und auch mit Komsomolzen aus der einstigen UdSSR in den achtziger Jahren am Ehrenmal der Roten Armee in Tiergarten nahe dem Brandenburger Tor einen Kranz niederlegte, sollte der Öffentlichkeit schon erklären, warum er einem ehemaligen Haft-Kameraden dessen „AfD-Nähe“ zum ausschließenden Vorwurf macht, während er in seinem Umkreis offenbar nichts gegen Engagements in der im Bundestag und fast allen Länderparlamenten vertetenen AfD einzuwenden hat. Dombrowski saß wie Siegmar Faust aus politischen Gründen in der DDR-Haftanstalt Cottbus ein, die als eine der schlimmsten Haftanstalten der DDR galt.

Kommentar:

„DD“ steht in eingeweihten Kreisen nicht nur als Kfz-Zeichen für Dresden, sondern in der Szene auch für Dieter Dombrowski. Dieser hat als ehemaliger politischer Gefangener der DDR nach seinem Umzug in die Freiheit eine beachtliche politische Karriere in der CDU gemacht, erst in (West-)Berlin, dann  – nach der Wende – in Brandenburg. Das ist respektabel und aller (Be-)Achtung wert. Nachdem der (Auch-)Vorsitzende des Menschenrechtszentrums Cottbus 2015 zum Nachfolger des wegen umstrittener Äußerungen zurückgetretenen Predigers Rainer W. als Vorsitzender der UOKG gewählt wurde, versprachen sich viele ehemalige politische Gefangene eine aktive Unterstützung ihrer Anliegen, darunter auch eine offensive Verteidigung gegen Angriffe und Eingriffe in deren Rechte, wie die verfassungswidrige Rückstufung von Flüchtlingen zu DDR-Bürgern im Rentenrecht, von diesen seither als „Rentenbetrug“ bezeichnet. Stattdessen beeilt sich DD, seinem ehemaligen Haftkameraden Siegmar Faust in den Rücken zu fallen, statt sich demonstrativ hinter dessen Credo für die Meinungsfreiheit zu stellen.  Von einer Rücksprache mit dem ehemaligen Haftkameraden Faust  v o r  dem DD-Statement ist jedenfalls nichts bekannt. Könnte es sein, dass DD die weitere eigene Karriere wichtiger erscheint als die Solidarität mit einem einstigen DDR-Opfer? „Jedenfalls gehen derartige Verletzungen des Anstandes langfristig oft anders aus, als dubiose Abrechnungsvorgänge mit der Landtagsverwaltung in Potsdam, die jüngst gegen eine Auflage nach § 153a StPO i.H.v. 7.500 Euro „aus der Welt geschafft“ wurden.“ * Das müsste eigentlich auch DD wissen (1.389).

* Dieter Dombrowski: Berichtigung 

Berlin, 5.06.2018/RH – In dem vorstehenden Artikel „Siegmar Faust: Stasi-Gedenkstätte rechtfertigt Rauswurf“ vom 3.06.2018 wurde im anschließenden Kommentar von Carl-Wolfgang Holzapfel formuliert, dass „dubiose Abrechnungsvorgänge mit der Landtagsverwaltung in Potsdam … jüngst mit einem Strafbefehl aus der Welt geschafft wurden.“ Die Behauptung „mit einem Strafbefehl “ ist unrichtig.

Kein Strafbefehl sondern Auflage

Richtig  ist, dass „dubiose Abrechnungsvorgänge mit der Landtagsverwaltung …  jüngst gegen eine Auflage nach § 153a StPO i.H.v. 7.500 Euro aus der Welt geschafft wurden.“

Wir bedauern das redaktionelle Versehen (Strafbefehl statt Auflage) und bedanken uns bei Herrn Dombrowski für den rechtlichen Hinweis.

§ 153 a StPO

Der § 153a StPO ermöglicht es der Staatsanwaltschaft und später im Verfahren (nach Erhebung der Anklage) auch dem Gericht das (eingeleitete) Verfahren vorläufig einzustellen und dem Beschuldigten Auflagen und Weisungen zu erteilen. Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen oder kommt den Weisungen nach, wird das Verfahren endgültig eingestellt. Voraussetzung für die Einstellung nach § 153a StPO ist, dass ein hinreichender Tatverdacht gegen den Beschuldigten besteht, da ansonsten das Verfahren bereits wegen § 170 Abs. 2 StPO eingestellt werden müsste.

Siehe auch: https://17juni1953.wordpress.com/2017/12/06/dieter-dombrowski-ermittlungen-wegen-abrechnungsbetrugs-eingestellt/

V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin – Tel.: 030-30207785 (1.390).

 

Ein Kommentar von Christa Ladendorf *

Berlin, 17.04.2018 – Worte können trösten, freundlich sein, aber auch verharmlosen, beleidigen und sogar tödlich werden. Betrachten wir die gegenwärtige Wahl der Wörter in Berichten, Zeitungsartikeln und beim eigenen Sprachgebrauch, da fällt auf, dass es oft schwer fällt, die richtige und die den Tatsachen gerechte Bezeichnung zu finden.

Am Anfang war das Wort, schreibt die Bibel, aber mit jedem Wort verbindet sich eine bestimmte Vorstellung. Welches Bild hat jemand vor Augen, wenn von einem „DDR-Übersiedler“ die Rede ist? Oder „von Wohnsitz genommen“, wie in den Gesetzen formuliert? Was oder wer ist ein Flüchtling?

Ich erinnere mich an eine Abgeordnete, die, als es um das FRG-Rentenproblem ging, mehr oder weniger genervt sagte: „Ach ja, die Flüchtlinge.“ Es handelte sich also um etwas Lästiges, das man lieber loswerden würde. Merkels Aussage „Wir schaffen das“ gab es seinerzeit noch nicht. Obwohl, man hätte das vermeintliche Problemfeld, betreffend die DDR-Flüchtlinge, ebenso bis in die Gegenwart hinein positiv besetzen können, doch das Gegenteil war und ist der Fall. Das Wort „Flüchtlinge“ hat, schaut man auf die Politik, demnach zwei gegensätzliche Bedeutungen.

Klarheit in der Ausdrucksweise

Da wir ganz offensichtlich in den politisch gewollten Negativbereich fallen, wird es notwendig, bestimmte Worte abzulehnen und andere zu finden, die der Wahrheit näher stehen. Das Bild vom Flüchtling, beziehungsweise das Wort selbst, ist für uns unbrauchbar geworden. Ich persönlich werde es nicht mehr benutzen.

Klarheit in der Ausdrucksweise und differenzierter Umgang mit der Sache an sich verlangen, dass Begriffe wie „DDR-Übersiedler“ oder „DDR-Altübersiedler“ neu zu durchdenken und auszutauschen sind. Abgesehen davon, dass sich mit diesen ein DDR-Sprech etabliert hat, indem man den Antragsteller auf Entlassung aus der DDR-Staatsbürgerschaft als Übersiedlungsersuchenden bezeichnete, geben die Worte ein völlig falsches Bild ab.

Da ist also jemand, der seine Koffer packt, übersiedelt und irgendwo seinen Wohnsitz nimmt. Harmlos, ganz einfach, eben mal so und ohne jegliches Problem. Grad so, wie es die DDR-Diktatur dargestellt haben wollte. Und das hat sich bis heute gehalten, diese Vorstellung vom Übersiedler ist in den Köpfen verankert und das Drumherum wird vergessen.

Ich bin kein „Übersiedler“

Wer meine Beiträge zu diesem Thema gelesen hat, der/die wird wissen, dass ich in den letzten Jahren immer ein „sogen.“ vor  „Übersiedler“ gesetzt habe. Heute nun lehne ich gänzlich ab, als Übersiedler benannt zu werden, weil das abseits der Wahrheit ist. Denn für Übersiedler, solche die „nur“ umgezogen sind, gibt es keine staatsbürgerschaftsrechtlichen Verwaltungsverfahren. Bei der Entlassung aus der DDR-Staatsbürgerschaft und dem bundesrepublikanischen Aufnahmeverfahren jedoch sehr wohl.

Betreffs Rente wurden und werden die Bundestagsprotokolle von Anfang der 90er Jahre nach dem Wort „Übersiedler“ durchsucht. Wer ist damit gemeint? Wir? Zum Fremdrentengesetz bzw. konkret zu Entgeltpunkten nach Werten 1-16 gemäß dem FRG, dem wir aufgrund anderer Gesetze unterfielen, findet man mehr. Ist es dann nicht so, dass man aufgrund des „falschen“ Begriffes an der falschen Stelle sucht?

Ein Problem ist nach meiner Überzeugung ebenfalls das Wort „Opfer“. Die Betroffenen werden herabgewürdigt und klein gemacht, womit sie etwas Schwaches darstellen. Zumeist handelt es sich allerdings um ziemlich starke Charaktere, die den Begriff „Opfer“ nicht verdienen und auch nicht annehmen sollten. Es sind, mich eingeschlossen, definitiv Verfolgte des DDR-Regimes, welchem sie sich entzogen haben und das wiederum ist eher Stärke denn Schwäche.

Wir können und sollten nunmehr dazu beitragen, dass die Begriffe den Tatsachen entsprechen!

* Die Autorin gehört zu den Aktivisten der „ersten Stunde“ und engagiert sich seit vielen Jahren besonders in Sachen Rentenkürzung.

© 2018 Die Autorin, Flucht und Ausreise u. Redaktion Hoheneck, Berlin – Tel. 030-30207785 (1.375).

 

 

Juni 2023
M D M D F S S
 1234
567891011
12131415161718
19202122232425
2627282930  

Blog Stats

  • 776.183 hits

Um neue Beiträge per E-Mail zu erhalten, hier die E-Mail-Adresse eingeben.

Schließe dich 133 anderen Abonnenten an