Hohenstein/Ernstthal/Erzgebirge, 24.02.2016/cw – Bekannt ist die kleine Stadt im Erzgebirge (15.000 Einwohner) im Osten des Landkreises Zwickau u.a. durch den Sachsenring, auf dem spektakulär das Deutschlandrennen der Motorradweltmeisterschaft ausgetragen wird Aber auch der weltberühmte Schriftsteller Karl May ist hier geboren worden.

Im Oktober letzten Jahres hatte die CDU-Fraktion in Hohenstein/Ernsttahl die 22 amtierenden Stadträte aufgefordert, in eine Überprüfung einer möglichen Tätigkeit für die Stasi einzuwilligen. Das sollte auf freiwilliger Basis geschehen. Wie zu erwarten, verweigerten die vier Stadträte von DIE LINKE ihre Zustimmung. Erstaunen löste hingegen die Weigerung eines Stadtrates der Pro HOT-Fraktion aus. Während seine zwei Fraktions-Kollegen dem Beschluss zustimmten, weigerte sich Rudi Stößel, sich einer freiwilligen Überprüfung zu unterziehen, 26 Jahre nach dem Fall der Mauer mache das keinen Sinn mehr. Stößel ist in der Stadt nicht Irgendwer. Er war einst bei der Wahl zum Oberbürgermeister Gegenkandidat des Kluge-Vorgängers Erich Homilius.

Wanderwitz: Eingeständnis ohne juristische Folgen

Der Bundestagsabgeordnete Marco Wanderwitz (CDU), der auch dem Stadtrat angehört, äußerte sich dazu eher trocken/sachlich: „Wird einem Stadtrat eine Mitarbeit für das MfS nachgewiesen, hat er allerdings keine juristischen Konsequenzen zu befürchten.“ Der einstige Bürgerrechtler Jörg Hilbig, der heute als Beigeordneter des OB im Rathaus von Aue arbeitet, meint dazu: „Ja, das ist ein Manko, dass eine Stasi-Mitarbeit keine Auswirkungen hat.“

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Nachdem sich auch im Stadtrat herumgesprochen hatte, dass für eine Überprüfung keine Freiwilligkeit Voraussetzung ist, kam Bewegung in die Sache. Jetzt soll der Stadtrat im März einer entsprechenden neuen Vorlage zustimmen, wonach sich alle Mitglieder des Stadtrates einer Stasi-Überprüfung stellen sollen. CDU, GRÜNE, SPD und FREIE WÄHLER haben bereits Zustimmung signalisiert.

Angesichts dieser neuen Konstellation in der Überprüfungsdebatte zog Stadtrat Stößel jetzt Konsequenzen und erklärte sich gegenüber der FREIEN PRESSE. In dem gestern verbreitetem Interview gab der Pro-HOT-Stadtrat zu, seit 1982 für die DDR-Staatssicherheit gearbeitet zu haben. Er sei „als 21-Jähriger während meines Maschinenbau-Studiums in Dresden“ dazu angesprochen worden. „Ich habe mir dabei nichts Schlimmes gedacht, sodass ich einer Mitarbeit zustimmte.“ Aus heutiger Sicht sei dies ein Fehler gewesen.

Stößel verharmloste nach Auffassung einstiger Stasi-Opfer in gewohnter Manier seine Tätigkeit. Er habe als Leiter in einem großen Studentenklub in Dresden gearbeitet. Da sei ihm die „Aufgabe“ gestellt worden, „über die Veranstaltungen zu berichten und einer bekannten Zahl an Stasimitarbeitern den Zutritt zu den Veranstaltungen zu gewähren.“ Für seine Tätigkeit habe er in gewissen Abständen Geld bekommen. Und: „Sonstige Vorteile wurden mir nicht versprochen.“ Es folgte die in vergleichbaren Fällen übliche Behauptung: Er habe mit seiner Tätigkeit für das MfS auch „keinen Menschen geschadet.“

Stadtrats-Antrag Versuch, dreckige Wäsche zu waschen

Auch zum Zeitpunkt seiner jetzigen Offenbarung erklärte sich der einstige OB-Kandidat: „Wir sollten in einer früheren Stadtratssitzung eine Erklärung abgeben, welche die Formulierung enthielt, man habe „zu keiner Zeit als inoffizieller oder hauptamtlicher Mitarbeiter (der Stasi) gearbeitet. Das wäre eine Falschaussage gewesen.“ Immerhin.

Zur aktuellen Debatte im Stadtrat hat Stößel eine dezidierte Meinung: „Ich habe das Gefühl, dass hier einige Personen versuchen, dreckige Wäsche zu waschen und einzelne Ratsmitglieder in Misskredit zu bringen.“ Für den Stadtrat, für den sein spätes und wohl nicht ganz freiwilliges Bekenntnis nach seiner Meinung „keine Folgen“ hat und der darum auch sein Mandat nicht niederlegen will, macht es keinen Sinn, „nach so langer Zeit dieses jetzt wieder aufzurufen.“

Und abschließend: „Sollten Verstöße gegen die Menschlichkeit aufgetreten sein, dann hätten die Behörden schon viel früher reagiert.

Kommentar:

Schluss der Debatte!

Es macht keinen Sinn, nach so langer Zeit die Vergangenheit wieder aufzurufen, meint der Hohensteiner Stadtrat Rudi Stößel. Er liegt damit im Dauertrend der Ewiggestrigen, die stereotyp nach einem Ende der „unsäglichen Debatte“ um die Verbrechen im „Ersten Arbeiter und Bauernstaat“ rufen. Und die selben eigenwilligen Vergangenheitsbewältiger, die die verbrecherische Vergangenheit der DDR „nach 26 Jahren“ endlich aus dem öffentlichen Diskurs verbannen wollen, werden nicht müde, auch 71 Jahre nach dem endlichen Zusammenbruch des Nationalsozialistischen Staates die immerwährende Aufarbeitung des Nazi-Unrechtes zu fordern. Das liegt durchaus im Trend gewisser Geschichts-Ideologen: Was Verbrechen, was Unrecht war, bestimmen wir. Basta.

Auch so kann man – als ANTIFA, als LINKE oder als kleiner Stadtrat aus dem Erzgebirge – eine Wiederbelebung der angeblich bekämpften Neo-Nazi-Ideologie befördern. Was einstigen Dienern der Mauer-Mörder Pflicht war, darf den Dienern der Nazi-Mörder nicht Unrecht sein. Schluss der Debatte(n)? Niemals! cw

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