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Nr.065 – Einigkeit und Recht und Freiheit – 15. 05. 2017
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Hoheneck: Zukunft und Erinnerung
Stollberg/Hoheneck, 15.Mai 2017/cw – Die Stadt Stollberg hatte zu einem interessanten Event eingeladen. In Anwesenheit lokaler und überörtlicher Prominenz wurde am vergangenen Freitag auf dem Gelände des einstigen berüchtigten DDR-Frauenzuchthauses die Interaktive Lern- & Erlebniswelt Phänomenia eröffnet. An über 300 Exponaten wird eindrucksvoll gezeigt, wie „aus Staunen Wissen wird“, so das IWS Integrationswerk Westsachsen in seiner Werbung (www.phaenomenia.de). Für den durch Krankheit verhinderten hochbetagten ehem. Vorstandsvorsitzenden von VW, Prof. Dr. Carl H. Hahn sprach seitens der Sponsoren der Geschäftsführer von Porsche-Leipzig Dr. Joachim Lamla. Der ebenfalls von der Stadt eingeladene Vorstand des Frauenkreises der Hoheneckerinnen war nicht vertreten.
In seiner Eröffnungsansprache betonte Oberbürgermeister Marcel Schmidt (Freie Wähler) die Intention der Stadt, „Zukunft und Vergangenheit, Erinnerung und den Blick nach vorn“ am „Ort der schrecklichen Vergangenheit, wie es das DDR-Frauenzuchthaus darstellte“ miteinander zu verbinden. So werde neben der Phänomenia und der Umsetzung des Theaterprojektes die in der Planung befindliche Gedenkstätte die Neuausrichtung von Hoheneck dokumentieren. Das Theaterpädagogische Zentrum soll mit dem Kinder- und Jugendtheater burattino von seinem jetzigen Standort neben dem Kreiskrankenhaus nach Hoheneck verlegt werden, da der jetzige Standort in der Jahnsdorfer Straße für die Einrichtung eines dringend benötigten Medizinischen Versorgungs-Zentrums (MVZ) benötigt wird.
Im Gegensatz zu Schmidt ging der Bundestagsabgeordnete Marco Wanderwitz (CDU) als zweiter Redner so gut wie gar nicht auf die Vergangenheit des Ortes ein. Sein Grußwort wurde von vielen Gästen der ansonsten gelungenen Eröffnung eher als deplazierte Wahlkampfrede in seinem Wahlkreis empfunden, den der Abgeordnete mehrmals demonstrativ erwähnte. Möglicherweise stand im Hintergrund das Verhalten seiner Partei im Stadtrat Pate. Die Stadtratsfraktion der CDU stellte sich in der Vergangenheit immer wieder in Opposition zu den Aktivitäten der Stadt bei der Neugestaltung von Hoheneck und kritisierte insbesondere die bisherige Investition der Kommune i.H.v. 1,8 Millionen Euro als eine „bedenkliche Belastung“.
Auch der anwesende Landrat Frank Vogel (CDU) räumte auf Befragen des HB ein, dass der Landkreis sich an den durch den Umbau entstandenen Kosten bisher nicht beteiligt habe. Man habe allerdings vor, sich seitens des Landkreises an den Investitionen für das geplante Theaterprojekt zu beteiligen. Eine Mitverantwortung des Landkreises für die Schaffung einer Gedenkstätte an die Frauen von Hoheneck, die zwischen 1950 und 1989 bis im Einzelfall zu über einem Jahrzehnt aus politischen Gründen in den Mauern des DDR-Frauenzuchthauses gelitten haben, sieht der Landrat und mithin seine Partei wohl nicht.
Damit steht nach gegenwärtigem Stand die Eröffnung einer Gedenkstätte terminlich weiter im Ungewissen. Nach aktuellen Informationen des HB ist die Eröffnung planerisch wohl erst für 2019 vorgesehen. Dieser durchaus kritikwürdigen Zustandsbeschreibung in Sachen Erinnerung versucht die Stadt allerdings aktiv zu begegnen. So erwähnte Marcel Schmidt nicht nur mehrfach die „schmerzliche Vergangenheit von Hoheneck“. Für den am Samstag durchgeführten „Tag der Offenen Tür“ zur Phänomenia waren permanente (und gut genutzte) Führungen durch den einstigen Zellentrakt und eine Buchlesung für den Abend (18:00 Uhr) geplant, auf der das Buch von Nancy Aris „Das lässt einen nicht mehr los – Opfer politischer Gewalt erinnern sich“ vorgestellt wurde (Evangelische Verlagsanstalt Leipzig, 2017, ISDN 978-3-374-04935-6, 14,00 €, Paperback).
Fraglich bleibt in diesem Szenario die Rolle der „Stiftung Sächsische Gedenkstätten“ unter deren Geschäftsführer Siegfried Reiprich. Reiprich besuchte zwar kürzlich die Kreisstadt, hielt sich aber gegenüber Wünschen, die Stiftung an der Finanzierung der Gedenkstätte zu beteiligen, mehr als bedeckt, indem er auf Formalien (Projektförderung) pochte, die er im Fall Hoheneck als noch nicht erfüllt sah. Das sich diese reservierte Haltung nicht mit den Intentionen des novellierten Gedenkstättengesetzes des Freistaates deckt, in dessen Förderungskatalog Hoheneck ausdrücklich aufgenommen worden war, verdrängt der häufig selbstherrlich agierende Reiprich, wie einer der Vorwürfe gegen ihn lautet (siehe auch „Der Sonnengott von Dresden“ weiter unten).
Unabhängig davon wäre dem eindrucksvollen Projekt Phänomenia eine Verbreitung über Sachsen hinaus in weiteren Bundesländern zu wünschen. Sie bietet für Kinder und Jugendliche einen begeisterungsfähigen Einstieg in die Welt angeblich unerklärlicher Phänomene und ist geeignet, bislang unentdeckte Fähigkeiten bei dem/der einen oder anderen Heranwachsenden zu wecken. Die Phänomenia in Hoheneck ist Montags bis Freitags von 8:30 – 17:00, an Sonn- und Feiertagen von 12:00 – 19:00 Uhr geöffnet. Eintritt Kinder: 6,00 € (5,50); Erwachsene: 8,00 € (7,50); Familien: 26,00 € (23,00).
Ehemalige Hoheneckerin: Gut, aber gewöhnungsbedürftig *
Hohenecker Bote (HB): Tatjana Sterneberg, sie waren von 1974 bis 1976 im Frauenzuchthaus Hoheneck, weil sie den Wunsch hatten, auszureisen, um ihren Verlobten Antonio aus Italien heiraten zu können. Heute sind sie auf Einladung der Stadt Stollberg zur Eröffnung der Phänomenia eingeladen worden. Schmerzt sie die noch immer fehlende Gedenkstätte?
Tatjana Sterneberg (TSt): Natürlich schmerzt das. Immerhin ist es fast auf den Tag genau sechs Jahre her, als Bundespräsident Christian Wulff hier vor Ort eine Gedenkstätte an die Leiden der Frauen von Hoheneck forderte. Allerdings ist seither auch einiges Positives geschehen. Das Areal ist von privater in die öffentliche Hand übergegangen, eine Grundvoraussetzung für die inzwischen weithin sichtbare Umgestaltung des Areals.
HB: Ist der offensichtliche Vorrang anderer kultureller Projekte vor der Schaffung einer Gedenkstätte für sie oder die Frauen von Hoheneck denn akzeptabel?
TSt: Die Reihenfolge der Umsetzung richtet sich wohl nach der notwendigen Bereitstellung erforderlicher Mittel, ist wohl darum weniger eine Frage des Wollens als des Könnens. Man kann der Stadt, die sich in den vergangenen Jahren ungewöhnlich engagiert hat, wohl am Wenigsten vorwerfen. Fraglich und seltsam ist hier eher das Verhalten der Stiftung Sächsische Gedenkstätten, verkörpert durch Siegfried Reiprich, der seit dem Präsidentenbesuch augenscheinlich wohl eher die Rolle des Boykotts als die des Förderers eingenommen hat. Wenn Reiprich sich hier offensiv eingebracht hätte, wäre die Frage der Reihenfolge wohl kein Thema.
HB: Am Tag der Offenen Tür zeigte sich ja ein gewisser Trubel auf dem Innenhof des einstigen Zuchthauses, in dem ja auch sie Jahre ihres Lebens zubringen mussten. Erinnert dieses Treiben nicht eher an den einst vom Vorbesitzer Freiberger geplanten „Männertag im Frauenknast“ als an einen würdigen Umgang mit der Vergangenheit?
„Ode an die Freude“ zur Erinnerung an das Ende eines Traumas
TSt: Zunächst einmal müssen die Verantwortlichen mehr als Verständnis dafür aufbringen, wenn ehemalige, wohlgemerkt aus politischen Gründen Inhaftierte sich von Bierständen und buntem Treiben im Innenhof dieses traumatisierenden Bauwerks provoziert fühlen. Aber es ist aus meiner Sicht ein Unterschied, ob an diesem Ort nach einem fragwürdigen US-Vorbild Erlebnistage im Frauenknast als Klamauk veranstaltet werden oder ob man hier vor Ort Gedenken, also Vergangenheit, und Zukunft, wie es der OB bezeichnete, zusammenführen möchte. Es gibt immer verschiedene Sichten. Aber wer hat sich jemals in Zeiten der Haft vorstellen können, dass hier einmal junge Menschen herumtollen können oder sich zukunftsorientierten Experimenten widmen können? Und wer will denn ausschließen, dass auch ein Theater die Möglichkeit bieten kann, Dramen, die zum Beispiel die Verfolgung aus politischen Gründen thematisieren, hier am Ort des Schreckens aufzuführen? Man könnte im Theatersaal auch durchaus Aida oder Fidelio aufführen oder gar die „Ode an die Freude“ zur Erinnerung an das Ende des Zuchthauses erklingen lassen.
HB: Also unkontrolliertes Treiben inmitten eines Leidensortes, in dem unzählige Tränen vergossen, an dem unzählige Biografien gewaltsam verändert wurden, an dem Menschen aus politischen Gründen sterben mussten?
TSt: Keineswegs. Natürlich müssen wir als ehemalige Betroffene drauf hinwirken, dass die Würde des Ortes gewahrt bleibt. Kein Mensch würde auf die Idee kommen, auf dem Gelände eines ehemaligen KZ Bier- oder Würstchenbuden aufzustellen. Andererseits hat ein KZ als Gedenkstätte keine sogen. gemischte Nutzung. Hier ist das anders. Wir haben in unserem ersten Konzept von 2011, das übrigens eine wichtige Grundlage für den Landtag war, Hoheneck in die Förderung aufzunehmen, ausdrücklich die unabweisbare Mischnutzung beschrieben, weil das die einzige Möglichkeit bot und bietet, eine „Begegnungs- und Gedenkstätte (BuG)“ in diesem riesigen Areal umzusetzen. Hier müssen sowohl die einstigen Frauen von Hoheneck wie die Betreiber der zukunftsorientierten Einrichtungen sensibel aufeinander zugehen und ihre Bedürfnisse und berechtigten Interessen austauschen und abwägen. Dass dabei den Frauen von Hoheneck ein besonderes Gewicht zukommt, darf nicht Außerfrage gestellt werden.
HB: Wie soll das geschehen? Haben die Frauen von Hoheneck denn noch eine Stimme? Hat sich denn der fragliche Verein nicht selbst aus der Mitsprache verabschiedet? Auch der aktuelle Förderverein ist wohl nicht mehr handlungsfähig?
Frauenkreis hat sich selbst durch Querelen blockiert
TSt: Das gehört auch zur Ehrlichkeit gegenüber den Betroffenen. Wir müssen natürlich dazu stehen, dass sich die einstigen Frauen von Hoheneck durch vielfältige Querelen einstweilen selbst um ihre Mitsprache gebracht haben. Dafür kann die Stadt nichts. Das gleiche gilt für die bereits zwei Versuche, einen Förderverein zu installieren. Der erste Verein wurde mit Hilfe von Siegfried Reiprich zerstört, obwohl dieser sich sofort in die sachliche Arbeit gestürzt hat. Der zweite Verein hat sich durch interne Auseinandersetzungen handlungsunfähig gemacht. Auch hier muss also ernsthaft daran gearbeitet werden, wieder arbeitsfähige Strukturen zu schaffen, um zumindest eine künftige und überaus notwendige Mitsprache zu sichern. Forderungen zu stellen, ist das Eine. Grundlagen zu schaffen, um als Gesprächspartner ernst genommen zu werden, das Andere.
HB: Vielen Dank für das offene Gespräch.
* Das Gespräch wurde in Hoheneck zum Tag der Offenen Tür am vergangenen Samstag aufgezeichnet. Tatjana Sterneberg war stellvertretende Vorsitzende des Frauenkreise der ehem. Hoheneckerinnen (2005 – 2007) und Vorsitzende des ersten Fördervereins „Begegnungs- und Gedenkstätte (BuG) Hoheneck“ (2011-2013). Sterneberg war an diesem Tag die einzige ehemalige Hoheneckerin vor Ort.
Der Sonnengott von Dresden
Dresden/Bautzen – Als Siegfried Reiprich seinerzeit zum Geschäftsführer der Stiftung Sächsische Gedenkstätten berufen wurde, galt der langjährige vormalige Geschäftsführer der inzwischen weltweit bekannten Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhausen in Berlin als kompetente Lösung für dieses Amt. Nicht abzusehen war von den für die Berufung Verantwortlichen die Metamorphose des einstigen SED-Kritikers zum zur Selbstherrlichkeit neigenden Entscheidungsdiktator. Nicht erst seit heute wird der Dompteur der Stiftung spöttisch und nicht ohne Bitterkeit als „Sonnengott von Dresden“ bezeichnet.
Jüngstes Beispiel der unsensiblen Reiprichen Vorgehensweise war das diesjährige am 11. und 12. Mai durchgeführte und weit über die Grenzen hinaus bekannte, inzwischen 28. Bautzen-Forum. Seit über zwei Jahrzehnten findet dieses vielbeachtete Treffen in Anwesenheit namhafter Politiker, Publizisten und Zeitzeugen an das DDR-Unrecht statt. Die sozialdemokratische Friedrich-Ebert-Stiftung gehörte nicht nur zu den maßgeblichen Sponsoren dieses wichtigen Treffens ehemaliger Bautzen-Häftlinge, sondern begleitete dieses mit ihren Möglichkeiten jeweils aktiv bei der jeweiligen Planung und Durchführung.
Traditionell fand die zentrale Veranstaltung in der Gedenkstätte Bautzen statt, in der sich der einstige Stasi-Knast für „besondere Häftlinge“ befand: Hier mussten DDR-Minister wie der hem. Justizminister Max Fechner (1892-1973) ihre zudiktierte Strafe ebenso absitzen, wie sonstige Geheimnisträger oder Oppositionelle, wie der Schriftsteller Karl-Wilhelm Fricke oder der im letzten Jahr verstorbene Xing–Hu Kuo.
Wie die Sächsische Zeitung am 12. Mai berichtete („Getrübtes Treffen der Stasi-Opfer“) hatte Reiprich dem Geschäftsführer der Friedrich-Ebert-Stiftung Sachsen, Matthias Eisel untersagt, eigenständig mit der Gedenkstätte Planungen für das Bautzen-Forum abzusprechen. Dies könne ausschließlich nur über ihn, Reiprich, erfolgen. Dieser Streit führte im Ergebnis dazu, dass das Bautzen-Forum erstmals ohne Einbeziehung der Gedenkstätte durchgeführt werden musste. „Seit 1990, also von Anfang an, haben wir unsere Zusammenarbeit im Rahmen des Bautzen-Forums immer direkt mit der Gedenkstätte Bautzen abgestimmt“, zitiert die SZ Matthias Eisel. Er sei bislang „den bewährten direkten Weg gegangen“. Nun habe Reiprich der Gedenkstätte und Eisel offiziell untersagt, miteinander zu sprechen. Eisel: „Das ist ein ernster Bruch des Vertrauensverhältnisses“. Da mache er nicht mit.
Eskalation der Auseinandersetzungen
Reiprich verschärft durch diese Eskalation offensichtlich seinen bisher unglücklichen Umgang mit den ihm formal zugeordneten Gedenkstätten. So führte er u.a. jahrelange heftige Auseinandersetzungen mit der vielseits geachteten Leiterin der Bautzen-Gedenkstätte, Silke Klewin. Auch andere Gedenkstättenleitungen klagen seit Jahren, wenn auch meist wegen befürchteter Repressalien unter vorgehaltener Hand über den eigenwilligen Reiprich.

Führung durch die Gedenkstätte Bautzen II im Schatten des Forums, ein ungeeigneter Ort für Provokationen – Foto: LyrAg
Der Vorsitzende des Bautzen-Komitees, Alexander Latotzky, reagierte bestürzt über die neueste Entwicklung: „Mit der „Aufkündigung der Zusammenarbeit von FES und Gedenkstätte sei ein Zustand erreicht, der die jahrelange und mühsame Arbeit vieler engagierter Mitarbeiter und Betroffener zunichte mache und konterkariert“, schrieb Latotzky in einem Brandbrief an Reiprich. Karl Wilhelm Fricke und Manfred Wilke reagierten „entsetzt“ auf die Selbstherrlichkeit des eigens vom Landtag berufenen Geschäftsführers der Sächsischen Gedenkstätten-Stiftung: „Aus fadenscheinigen Gründen verwehrt die Stiftung nicht nur jenen Menschen, die nach 1989 die Gedenkstätte auf den Weg gebracht haben, eine Veranstaltung im ehemaligen Stasi-Gefängnis.“ Sie verbiete der Gedenkstätte zudem „die Teilnahme am wichtigsten Treffen der Opfer“.
Formal macht Siegfried Reiprich mit dem „Einspruch“ zwar von seinem Hausrecht Gebrauch. Mit der 2014 verabschiedeten novellierten Stiftungssatzung wurde endgültig festgeschrieben, dass der Geschäftsführer „alleiniger Entscheider in Gestaltung und Koordinierung“ der Stiftungsaufgaben „einschließlich ihrer Gedenkstätten“ ist. Reiprich hält nun Eisel entgegen, dass dieser „dennoch darauf bestanden hätte, nur mit der Leiterin der Gedenkstätte Bautzen über Art und Umfang seiner Veranstaltungsplanung zu verhandeln.“
Ob der Sächsische Landtag mit seiner wohl parteipolitisch bestimmten Unterstützung des eigenwilligen und offensichtlich unsensiblen Herrschers über Sachsens Gedenken der dringenden Aufarbeitung wohlmöglich einen Bärendienst erwiesen hat, sollten die zuständigen Gremien nach Ansicht von Beobachtern der Szene dringend überprüfen. Auch wenn Reiprich sich formal auf durch die Satzung bestimmte Vollmachten berufen kann, sein Agieren wirkt nicht nur unprofessionell. Reiprich schadet bereits seit Jahren mit seiner Selbstherrlichkeit und der kontinuierlichen Diskreditierung von verdienten Mitarbeitern dem Ruf und Ansehen der Gedenkstätten in Sachsen. Dass dieses Verhalten auch im Widerspruch zu seiner feierlich zur Schau getragenen Rolle als (einstiger) Bürgerrechtler steht, ist offensichtlich. Der Sonnengott von Sachsen zelebriert sich selbst. Und bis zu seiner ansehnlichen Rente wird es wohl kein Politiker wagen, ihm vor den Karren zu springen und das unrühmliche Spiel zu beenden. Siegfried Reiprich, einst FDJ und dann über die SPD in der CDU gelandet, ist gut vernetzt. Nicht zuletzt gründet seine Selbstherrlichkeit auf dieser Gewissheit.
Auch Hoheneck verdankt nicht zuletzt seinen desolaten bis katastrophalen Zustand in Sachen Begleitung beim Aufbau einer überfälligen Gedenkstätte zu einem wesentlichen Teil der Einmischung aus der Dresdner Dülferstrasse 1, dem Sitz der Stiftung „Reiprich“.
VOS zelebriert Widersprüche und beschließt: Schlussstrich!
Friedrichroda/Berlin – Auf der Generalversammlung in Friedrichroda kamen die Probleme der Vergangenheit, die den ältesten und größten Opferverband Deutschlands an den Rand der Insolvenz gebracht hatten, auf den Tisch. Allerdings in anderer Form, als es sich treue Wegbegleiter des Verbandes für einen Neustart erhofft hatten. Der geschickten Regie des Geschäftsführers, der bereits seit geraumer Zeit als „Mister VOS“ gehandelt wird, war es zu verdanken, dass die desolate Situation zwar auf den Versammlungstisch gelegt wurde aber durch einen folgenden Kassenprüfungsbericht ad acta gelegt werden konnte.
In gewohnter Übung hatte der Vorstand die selbst eingebrockte Finanzmisere beklagt und dabei den Geschäftsführer ausführlich bedauert, weil dieser einen erheblichen Strafbefehl „selbst bezahlen“ musste, obwohl eigentlich der gesamte Vorstand hätte haften müssen. In der Vereinspostille „FG“ las sich das dann so: „Kamerad Hugo Diederich musste – indem ihm eine saftige Geldstrafe auferlegt wurde – allein haften. Ob das gerecht ist oder nicht, mag dahingestellt bleiben.“ Und: „Über die Ursachen der Entstehung des riesigen Schuldenberges ist berichtet worden, wobei wir uns als VOS schließlich einig waren, dass wir unter die Debatte „Wer hatte Schuld?“ einen Schlussstrich ziehen wollen.“ Durch die geschickte und unermüdliche Verhandlungsführung sei es aber dem Geschäftsführer gelungen, weiteren Schaden von der VOS abzuwenden und den Verband schließlich zu retten. FG: „Es ist fraglich, ob unser Verband ohne seine (Hugo Diederichs) Beharrlichkeit und sein Verhandlungsgeschick jetzt schon aus der Krise wäre.“
Nach dieser Wandlung des Schadens-Verursachers in Höhe von immerhin rund 130.000 Euro in eine Lichtgestalt des Retters folgte der Kassenprüfungsbericht. Trotz des zurückliegenden Verfahrens wegen „Vorenthaltung von Sozialbeiträgen“, der gerichtlich festgestellten Rückzahlungspflicht und dem zitierten Strafbefehl gegen den Geschäftsführer wurde eine „einwandfreie Kassenprüfung (im Berichtszeitraum 2014 – 2016) attestiert. Natürlich wurde „Mister VOS“ nach dieser Waschmaschinenkür in seiner Funktion als Geschäftsführer bestätigt. Kein Wunder, wenn unter diesen Parteitagsverhältnissen unseligen Angedenkens auch keine Fragen nach der Vergangenheit zum Beispiel im Stasi-Geflecht gestellt wurden. „Wir müssen nach vorn blicken,“ hatte schon vor Jahren ein Vorstandsmitglied zu den VOS-Verhältnissen gesagt. Und so beschlossen die Kämpfer gegen die „Schlussstrich-Forderungen“ ihrer einstigen Peiniger den Schlussstrich unter eigene Verfehlungen. Glaubwürdigkeit sieht allerdings anders aus.
Frauenkreis: Aktionstag soll Versäumnisse kaschieren
Hoheneck/Stollberg – Fast schon verzweifelt versucht der verbliebene Rumpfvorstand des Frauenkreises der ehemaligen Hoheneckerinnen die Reputation des einst unter Maria Stein und Margot Jann angesehenen Vereins zu retten. Mit dem für Juni d.J. geplanten „Aktionstag“ soll eine Kontinuität vermittelt werden, die längst nicht mehr existiert. Waren durch den gerichtlich durchgesetzten neuen Vorstand Hoffnungen auf eine Wiederbelebung geweckt worden, so wurden diese bisher enttäuscht. Anstatt an die notwendige Arbeit zu gehen, wurden neue Querelen auf den Weg gebracht, in deren Gefolge der jungfräuliche Vorstand kontinuierlich schrumpfte. Zwar wurden noch erfolgreich Fördermittel beantragt (Stiftung Aufarbeitung: 3.800 Euro für den Aktionstag), aber die bisherige Praxis der Kostenübernahme für Teilnehmer am geplanten Aktionstag auf „Mitglieder“ des Frauenkreises beschränkt. Auch bräuchten laut Einladung „nicht alle Mitglieder“ erscheinen, wenn diese ohnehin eine weite Anreise hätten. Auch die langjährige Vorsitzende und durch Mitgliederbeschluss zur Ehrenvorsitzenden berufene Margot Jann, Trägerin des Bundesverdienstkreuzes, wurde mir nicht dir nichts aus dieser Funktion gestrichen. Kann man so auf eine Wiederbelebung des Frauenkreises hoffen?
An Beratungen hat es gewiss nicht gefehlt. So war der jetzigen Vorsitzenden nach der erfolgreichen Gerichtsverhandlung u.a. empfohlen worden, den rechtlichen Sieg sensibel umzusetzen und – zum Beispiel – alle interessierten Frauen und augenblicklichen Kontrahenten zu einem „runden Tisch“ einzuladen. Dort sollte vorurteilsfrei auf neuer Grundlage (Urteil) die Zukunft debattiert und mögliche Gemeinsamkeiten, die schließlich auf gemeinsam erlittenem Unrecht und der dadurch entstandenen einstige Kameradschaft basierten, festgestellt werden. Die Reaktion: Mit „Denen“ setzen wir uns nicht an einen Tisch, die werden alle (aus dem Verein) rausgeschmissen. Zukunftsgestaltung sieht in der Tat anders aus.
Buchautorin Ellen Thiemann feiert 80. Geburtstag

Ellen Thiemann (Mitte) mit Bundespräsident Christian Wulff bei dessen Besuch in Hoheneck im Mai 2011 – Foto: HB-Archiv
Köln – Die ehemalige Ressortleiterin im Kölner Express und Autorin mehrerer vielbeachteter Bücher über das ehemalige Frauenzuchthaus Hoheneck feiert am Tag des Grundgesetzes, am 23. Mai, ihren 80. Geburtstag.
Thiemann, die ihren Ehrentag im Kreis der Familie verbringt, wurde durch ihre unermüdliche Arbeit um die Aufklärung der Geschehnisse im ehemalige Frauenzuchthaus Hoheneck bekannt. In dem Bestseller „Der Feind an meiner Seite“ (2005) schilderte sie die enttäuschende Entdeckung, dass ihr eigener Mann, einst ein bekannter Sportreporter, für die Stasi arbeitete.
Thiemann begleitete für den Kölner Express namhafte Politiker, wie Bundeskanzler Kohl, Justizminister Kinkel und dem Sächsischen Justizminister Heitmann 1992 nach Bautzen. Der geplante anschließende Besuch in Hoheneck scheiterte wegen eines Schneetreibens, der Hubschrauber konnte nicht nach Stollberg weiterfliegen. Allerdings war Thiemann später mehrmals mit der Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger und dem Sächsischen Justizminister Heitmann in Hoheneck (1992, 1993).
Die engagierte ehemalige Hoheneckerin malt neben ihren schriftstellerischen Arbeiten eindrucksvolle Bilder und ist nach wie vor in der Forschung nach weiteren Dokumenten des Unrechts engagiert. Allerdings hat sie sich weitgehend aus der Vereinsarbeit zahlreicher Opferverbände zurückgezogen. So trat sie wegen der zahlreichen internen Querelen nach 35 Jahren Mitgliedschaft 2010 aus der VOS aus. Dem Frauenkreis der ehemaligen Hoheneckerinnen gehörte Ellen Thiemann bis 2016 an. Der HB gratuliert herzlich und tröstet über die nach wie vor ausstehende öffentliche Ehrung der Lebensleistung mit dem Ausspruch von Inge Meisel hinweg: „Ein anständig gelebtes Leben braucht keinen Orden.“
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Nr.053 –Einigkeit und Recht und Freiheit– 15. 05. 2016
17. Juni 2016: Gedenken an den 60. Jahrestag des Ungarn-Aufstandes
Budapest/Berlin, 15.05.2016(cw – Die in Berlin ansässige Vereinigung 17. Juni hat zum bevorstehenden 63. Jahrestag des Volksaufstandes in der einstigen DDR daran erinnert, dass im Oktober der 60. Jahrestag der Ungarischen Revolution begangen wird.

Seit 2013 ist der Platz vor dem einstigen „Haus der Ministerien“ nach dem Volksaufstand benannt. – Foto: LyrAg
„Spätestens mit dem Aufstand in Ungarn wurde die europäische Dimension des ersten Aufstandes gegen die kommunistische Diktatur in Europa nach dem 2. Weltkrieg sichtbar,“ heißt es dazu in einer Erklärung des Vereins. Der seinerzeitige Staatspräsident von Ungarn und einstige Teilnehmer am Aufstand, Arpád Göncz, hatte in seinem Beitrag für die Publikation des Vereins („Auf, Europa, zur Freiheit“ / Eigenverlag 1993) zum 40. Jahrestag des 17. Juni 1953 formuliert:
„Ich erachte es als außerordentlich wichtig, die Geschehnisse des Berliner Aufstandes … in allen verborgenen Nuancen darzustellen und ihre internationalen Auswirkungen zu bewerten. Mehr als irgend jemanden sonst interessieren diese Dinge uns Ungarn, (weil) das … Einfluss auch auf die Ereignisse in Ungarn gehabt hat.“ („Weisse Flecke unserer jüngsten Vergangenheit“).
Der Verein kritisiert „die bisher vertane Chance, diesen europäischen Bezug des 17. Juni“ in die Debatte einzubringen. Der 17. Juni habe unbestritten auch Auswirkungen auf die Ereignisse in Polen (1956 u. 1980) und die CSSR (1968) gehabt. „Gerade in einer Bewusstseinskrise um die Werte der europäischen Union kommt der Herausstellung der freiheitlichen Grundfesten und Ideale, die das heutige Europa erst möglich gemacht haben, eine nicht zu unterschätzende, weil herausragende Bedeutung zu,“ erklärte dazu der Vorsitzende Carl-Wolfgang Holzapfel. Nach seiner Meinung müsste gerade die Jugend wieder für diese Werte begeistert werden. „Wie anders, als durch die Vermittlung einst revolutionärer Ziele, die die Freiheit zum Inhalt gehabt hätten, lässt sich eine neue Aufbruchstimmung gegen den augenblicklich um sich greifenden Defaitismus erzeugen.“
Hoheneck: Gericht setzt Notvorstand ein
Berlin, 15.05.2016/cw – Das Registergericht (Amtsgericht) Darmstadt hat per Verfügung vom 29.04. (Zustellung 4.05.2016) für den Verein „Frauenkreis der ehemalige Hoheneckerinnen e.V.“ einen dreiköpfigen Notvorstand eingesetzt. Die ehemaligen Hoheneckerinnen Regina Labahn, Tatjana Sterneberg und Inge Naumann sollen nach dieser Verfügung gemeinsam den Verein mit der einzig übertragenen Aufgabe führen, bis zum 1.10. d.J. eine Mitgliederversammlung zum Zwecke der Wahl eines (ordentlichen) Vorstandes einzuberufen.
Nach dem Urteil des Landgerichtes vom 3.02.2016, in dem die Berufung des (vormaligen) Vorstandes gegen das Urteil des AG Darmstadt vom Mai 2015 verworfen worden war, hat der Verein nach vierjähriger Auseinandersetzung die Möglichkeit, sich durch die Ordnung seiner vereinsinternen Geschäfte wieder in den Diskurs um die Schaffung einer Gedenkstätte in Hoheneck einzubringen.
Die Auseinandersetzungen waren nach den Wahlen im Mai 2012 ausgebrochen, nachdem die seinerzeitige Vorsitzende Inge Naumann nicht mehr in den Vorstand gewählt worden war. Kritiker hatten dieser einen „rüden Umgang“ im Verein und „Alleinherrschaft“ vorgeworfen. Wenn auch die faktische Abwahl Naumanns Ausgangspunkt gewesen sein mag, so stand der Vorwurf durch den seinerzeitigen Wahlvorstand, die Wahlen nicht satzungsgemäß durchgeführt zu haben, im Vordergrund. Der seinerzeitige Vorsitzende des Wahlausschusses, Karl-Heinz Labahn, hatte daraufhin die Wiederholung der Wahlen gefordert.
Nachdem eine qualifizierte Minderheit trotz entsprechender Anordnungen durch das zuständige Registergericht mit dem Begehren auf Wahlwiederholung am Vorstand unter Führung von Anita Gossler zunächst gescheitert war, wurde 2013 ein neuer Vorstand unter der Führung von Edda Schönherz gewählt. Dieser setzte aber unmittelbar nach seiner Wahl ad hoc die Auflösung des Vereins durch. Daraufhin hatten einige Mitglieder die Ergebnisse der Versammlung wegen Verfahrensfehlern erfolgreich gerichtlich angefochten.
Aussteigerin des Monats: Tatjana Sterneberg
Hoheneck/Berlin, 15.05.2016/cw – Vierzehn Tage nach der Installierung eines Notvorstandes hat die ehemalige Hoheneckerin Tatjana Sterneberg überraschend das Amtsgericht um Entpflichtung als Mitglied des Notvorstandes gebeten und ihren Austritt aus dem Verein erklärt. Sterneberg gehörte Mitte des letzten Jahrzehntes dem Vorstand als Stellvertreterin an und war u.a. für den Besuch des Bundespräsidenten im Mai 2011 im ehemaligen Frauenzuchthaus verantwortlich. Der HB sprach anlässlich ihres Rückzuges mit Sterneberg.
Es geht nicht um Sieg oder Niederlage
HB: Frau Sterneberg, die vierjährige Auseinandersetzung juristisch gewonnen, den Sieg verspielt?
Tatjana Sterneberg (TST): Das ist ja gerade die falsche Definition. Hier geht es nicht um Sieg oder Niederlage. Hier ging es um die Klärung unterschiedlicher Rechtsauffassungen und dann um die Fortführung der Arbeit unseres Vereins. Nachdem geklärt wurde, dass die von Einigen betriebene Auflösung des Vereins ungültig war, müsste es jetzt darum gehen, die Auseinandersetzungen zu beenden und die prozessuale Gegenseite in die Fortsetzung der Arbeit einzubinden.
HB: Aber ist das nicht gerade die Aufgabe des Notvorstandes?
TST: Der Notvorstand hat die Aufgabe zugewiesen bekommen, eine Mitgliederversammlung mit dem Ziel der Wahl eines neuen Vorstandes zu organisieren und durchzuführen. Punkt. Neben diversen Handlungen, die ich hier in der Öffentlichkeit nicht ausbreiten will, ist u.a. sofort die Initiative ergriffen worden, einige benannte Mitglieder aus dem Verein auszuschließen. Dafür wurde ohne Rücksprache, also ohne mein Einverständnis, auch mein Name instrumentalisiert.
Versuch der Integration statt Ausschluss
HB: Was spricht gegen den Ausschluss von Mitgliedern, die dem Verein „geschadet“ haben?
TST: Erstens ist es nicht Aufgabe des Notvorstandes, den Ausschluss von Vereinsmitgliedern zu organisieren. Zweitens bin ich gegen Ausschlussverfahren in dieser Phase der Neufindung. Am Beginn eines Neustartes sollte zumindest der Versuch der Integration stehen. Wir haben alle ein gemeinsames Schicksal, haben Monate und vielfach Jahre zu Unrecht im Frauenzuchthaus Hoheneck gelitten. Dieses Band sollte stärker sein, als – in der Form bedauerliche – Auseinandersetzungen um den richtigen Weg.
HB: Warum gerade jetzt der Rückzug aus der aktiven Mitarbeit, hier dem Notvorstand?
TST: Neben dieser inakzeptablen Ausschlussgeschichte sind an mir vorbei weitere Initiativen eingeleitet worden, wie die Beauftragung eines Rechtsanwaltes, womit die Verursachung weiterer Kosten verbunden ist, oder die Hotel-Reservierung für eine Versammlung im Juli, obwohl der Termin noch nicht einmal ansatzweise im Notvorstand angesprochen oder diskutiert wurde. Das Registergericht hat aber eine g e m e i n s a m e Führung des Vereins durch den Notvorstand festgelegt. Wir können doch nicht erfolgreich gegen den alten Vorstand wegen dessen fragwürdigen Umgang mit Recht und Gesetz klagen, um dann eben genauso zu verfahren. Nach einer Kette von Aktionen n a c h der Berufung des Notvorstandes ohne jede interne Konsultation geschweige denn gemeinsame Vorbereitung bin ich zu dem Ergebnis gekommen, das meine Mitarbeit offenbar nicht erwünscht oder nicht erforderlich ist.
Ich habe Bedenken zu zaghaft formuliert
HB: Dann war die Berufung der drei Frauen offenbar nicht durchdacht?
TST: Dem Gericht wäre allenfalls vorzuhalten, dass es durch entsprechendes Aktenstudium das mögliche und jetzt offenbar sichtbare Konfliktpotential durch die Berufung einer ehemaligen Vorsitzenden hätte erkennen können. Die Abwahl der einstigen Vorsitzenden war schließlich Ausgangspunkt der vierjährigen Auseinandersetzungen. Uns, den an dem Rechtszug beteiligten Frauen hingegen ist im Nachhinein ebenfalls vorzuwerfen, mögliche Konfliktpotenziale ausgeblendet zu haben, denn wir haben ja schließlich die ehemalige Vorsitzende – neben anderen Frauen – ebenfalls für den Notvorstand vorgeschlagen. Da nehme ich mich keinesfalls aus, auch wenn ich nicht diesen Vorschlag vorgebracht hätte. Aber ich habe meine Bedenken zu zaghaft formuliert und wohl mit anderen Beteiligten gehofft, dass durch eine Gerichtsentscheidung für den Notvorstand das Problem gelöst werden würde.
HB: Also ist die einstige Vorsitzende das aktuelle Problem?
TST: Auch die ehemalige Vorsitzende, die den Verein ja bereits vor Jahren verlassen hat, ist in erster Linie eine Leidensgefährtin, die insofern Schutz vor Ausgrenzung genießt. Aber ein gemeinsames Schicksal reicht für die Übernahme von Führungsfunktionen nicht aus. Dafür werden nicht nur Grundkenntnisse im Vereinsrecht benötigt. Noch wichtiger ist die Fähigkeit, Menschen mit unterschiedlichster Herkunft, Bildung und Vita so anzunehmen und einzubinden, wie diese sind. Mit einem Anspruch auf Alleinherrschaft, dem bewussten Übergehen anderer Meinungen oder flotten Sprüchen kann man nicht einen Verein führen, schon gar nicht einen Verein, der sich aus sensibilisierten und durch eine Diktatur leider auch vielfach geschädigten Menschen zusammensetzt.
HB: Warum aber jetzt auch der Austritt aus dem Verein?
TST: Es gibt Wegmarken und Zeitpunkte, wo man den richtigen Schritt erkennen sollte. Meine Arbeit über ein Jahrzehnt für den Frauenkreis habe ich engagiert und sehr gerne gemacht. Die lange andauernden Konflikte haben aber nicht nur mich zermürbt. Ich möchte für meinen Teil einer Neuorientierung nicht im Wege stehen.
HB: Auf deutsch ein Ausstieg. Wird da nicht etwas fehlen, nach so vielen Jahren Engagement und Mitarbeit?
TST: Das ist sicher gewöhnungsbedürftig. Aber ich freue mich auf die Wiederbelebung meiner Privatsphäre, auf die Umsetzung von Wünschen, die in den letzten Jahren zu kurz gekommen waren. Außerdem stehen noch einige soziale Problemlösungen an; da hat man Zusagen gemacht und steht noch in der Pflicht, hier für die beteiligten Manschen einen verträglichen Abschluss zu finden.
Unrecht gestattet nicht, selbst unrechtmäßig zu handeln
HB: Sind denn die Konflikte um den Frauenkreis Hoheneck einmalig?
TST: Sicherlich nicht. Diverse Verfolgtenverbände, -vereine und –Initiativen machen seit Jahren Krisen durch. Das ist ja gerade die Krux: Man verliert sich in interne Auseinandersetzungen und hat keine Kraft mehr, die Interessen der Verfolgten der zweiten Diktatur wirksam zu vertreten. Der Politik kann diese Selbstzerlegung nur recht sein, weil ihr dadurch unangenehme, weil kampagnefähige Gesprächspartner abhanden kommen. Auf der anderen Seite ist die Altersstruktur in den Verbänden so hoch, dass die Betroffenen immer weniger in der Lage und Willens sind, sich gegen Funktionäre durchzusetzen, die die Sicherung eigener Interessen schon lange über die Anliegen ihrer Mitglieder stellen.
Man kann allerdings nicht permanent das Unrechtssystem einer erlittenen Diktatur anklagen und selbst permanent gegen Recht und Gesetz verstoßen. Erlittenes Unrecht gestattet eben nicht, selbst unrechtmäßig zu handeln.
HB: Vielen Dank für das Gespräch.
Frauenkreis: Neuwahlen zum Vorstand im Juli?
Hohnstein/Wülfrath/Zwönitz, 15.05.2016/cw – Nach drei Jahren soll wieder eine Mitgliederversammlung des Vereins „Frauenkreis der ehemalige Hoheneckerinnen e.V.“ durchgeführt werden, nachdem das AG Darmstadt zu diesem Zweck einen dreiköpfigen Notvorstand berufen hat (siehe Berichte zuvor). Nach der Reservierungsbestätigung an Inge Naumann (Mitglied im Notvorstand) vom 6.Mai, die der Redaktion vorliegt, soll die Versammlung zwischen dem 8. und 10. Juli im Hotel Stadt Zwönitz im gleichnamigen Ort bei Stollberg stattfinden.
UOKG will Fonds für Haftzwangsarbeit auflegen
Berlin, Pfingsten 2016(cw – Die Opferverbände der zweiten deutschen Diktatur wollen jetzt selbst aktiv werden und sobald als möglich einen eigenen Fonds auflegen. Das kündigte UOKG-Vorsitzender Dieter Dombrowski (CDU) gegenüber der Süddeutschen Zeitung , WE-Ausgabe Pfingsten 2016) an. „Wir werden den Mitgliedsverbänden noch in diesem Sommer vorschlagen, in Eigeninitiative selbst eine Stiftung zu gründen“, sagte Dombrowski gegenüber der Zeitung.
Die Süddeutsche hatte im Wirtschaftsteil auf Seite 30 über „Die Leiden im Knast“ berichtet
(http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/zwangsarbeit-leiden-im-knast-1.2992980) und kritisch angemerkt, dass „Politik und Wirtschaft“ nach wie vor gegen jegliche Entschädigungen mauern. Zwar werden die schwedische Möbelhauskette IKEA und die Deutsche Bahn als beispielgebend angeführt, weil diese bereits einige tausend Euro in die Aufklärung eigener Verstrickungen investiert hätten, aber an Entschädigungen wollten sich die Konzerne nicht beteiligen. So beklagt denn auch UOKG-Chef Dombrowski, dass die Zwangsarbeit der auf 300.000 geschätzten politischen Gefangenen in den Zuchthäusern der DDR in der öffentlichen Wahrnehmung bisher keine Rolle spielten.
Dombrowski, selbst einstiger politischer Häftling und auch Vorsitzender des Menschenrechtszentrums in Cottbus, ist enttäuscht über die Behandlung der Opfer von Stasi und SED durch die Politik. Dass er selbst seit Jahrzehnten dieser „Politik“ in führenden Funktionen angehört, blendet er zumindest an dieser Stelle aus. Dennoch will der UOKG-Chef jetzt Nägel mit Köpfen machen und an die Stelle fruchtloser Debatten Taten setzen. Im Sommer soll nach seinen Vorstellungen der Startschuss für einen „Fonds der Opferverbände“ fallen. Immerhin hat sich der Kaufhof-Konzern lt. SZ-Bericht als erste betroffene Firma bereit erklärt, in einen solchen Fonds einzuzahlen.
In einer ersten Stellungnahme begrüßt die Vereinigung 17. Juni in Berlin die angekündigte Initiative des CDU-Politikers: „Wir haben die Hoffnung, dass die Zeit des fruchtlosen Geschwafels nun einer überzeugenden Aktivität zu Gunsten der Betroffenen weicht.“ Genau die jetzt ins Gespräch gebrachte Form der Entschädigung hatte die Vereinigung seinerzeit gegenüber IKEA gefordert, ehe der Dachverband dieses Thema vereinnahmte und sich mit der Forschungsfinanzierung durch den schwedische Konzern zufrieden gab.
„Jetzt scheint sich unter der neuen Führung auch iim Dachverband der Opfer Kommunistischer Diktatur ein Wandel zu vollziehen, weg von theoretischen Attitüden und egoistischen Kassen-Strategien zum eigenen Nutzen zur Umsetzung realistischer Vorgaben zu Gunsten der vertretenen Klientel. Das ist ausnahmslos zu begrüßen,“ stellte der Vorstandssprecher des Vereins zu den Ankündigungen des Dachverbandes fest.
ZDF-Fernsehrat: Amnesie?
Mainz/Berlin, 15.05.2016/cw – Leidet der Geschäftsführer der VOS, Hugo D., an Amnesie? D., der seit Jahren die Vereinigung der Opfer des Stalinismus u.a. im ZDF-Fernsehrat gegen ein monatliches Salär vertritt, bestritt auf Anfrage ggüb. unserer Redaktion, dass der Verband über sein Verbandsorgan Freiheitsglocke im Januar/Februar-Heft angekündigt habe, über die bevorstehende (und inzwischen stattgefundene) Verhandlung vor dem Landessozialgericht Berlin zu berichten. D.: „Das ist eine Lüge!“
Inhaltlich wurde die Klage der VOS gegen die Deutsche Rentenversicherung wegen eines Bescheides verhandelt. Dieser hatte die Vorenthaltung von Sozialbeiträgen über ca.100.000 Euro zum Inhalt (Wir berichteten).
„Der genannte Termin (Anmerkung HB: vor dem Sozialgericht) findet im März statt, so dass die nächste Fg-Ausgabe über das Ergebnis informieren könnte. Bundesvorstand/Redakteur“ (Freiheitsglocke, Januar/Februar 2016, Nr.759/60, Seite 4).
In der Freiheitsglocke März/April 2016, Nr.761/62, Redaktionsschluss: 15. April 2016 (!), siehe Vermerk letzte Seite) war kein Bericht über die gen. Verhandlung (S 28 KR 631/14) vom 16.03.2016 erschienen, noch wurde der Vorgang überhaupt erwähnt.
Lüge, Herr D.? Amnesie? Oder hat der Geschäftsführer, vormalige Schatzmeister und Bundesvorsitzende oder die VOS etwas vor den Mitgliedern und der Öffentlichkeit zu vertuschen? (Das Angebot, eine eigene Darstellung über den Vorgang „Vorenthaltung von Sozialbeiträgen“ und die Verhandlung im HB zu veröffentlichen, wurde mit der Beendigung des Gesprächs durch Auflegen des Hörers beantwortet.)
MdB Wanderwitz: Entscheidung über BStU aussetzen
Berlin, 15.05.2016/cw – Auf einer Veranstaltung in der Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhau-sen in Berlin hat sich der CDU-Abgeordnete im Deutschen Bundestag, Marco Wanderwitz, engagiert für eine Aussetzung eines möglichen Beschlusses über die Beendigung der BStU-Arbeit ausgesprochen. Ein eigens eingesetzter Ausschuss des Bundestages hatte u.a. empfohlen, die BStU-Akten in das Bundesarchiv zu überführen (2019) und einen Ombudsmann für die Anliegen der Diktatur-Opfer einzusetzen. Die Empfehlung des Ausschusses war u.a. auf heftige Kritik der Opferverbände gestoßen. Lediglich Hildigund Neubert hatte im Ausschuss ein Minderheitenvotum abgegeben und sich für die Beibehaltung der BStU ausgesprochen.
Wanderwitz verspricht sich von einer Vertagung (unter Beibehaltung des IST-Zustandes) die notwendige und angemessene Zeit, über Veränderungen für die Zukunft nachzudenken. Der MdB (Wahlkreis Chemnitzer Umland/Erzgebirgskreis II, in dem das einstige berüchtigte Frauenzuchthaus Hoheneck liegt und Sprecher seiner Fraktion für Kultur und Medien ist) erhielt für seine Vorstellungen kräftigen Beifall.
Zuvor hatte Marianne Birthler in einer Anhörung im Bundestag die Empfehlungen der Experten-Kommission scharf als nicht zielführend kritisiert und ihrem Nachfolger Roland Jahn am Rande der Sitzung ob seiner Haltung in der aktuellen Diskussion heftige Vorwürfe gemacht. Jahn hatte sich im Gegensatz zu den Verfolgtenverbänden und anderen namhaften Kritikern für die Empfehlung der Experten-Kommission verwandt und die „ausschließliche Fokussierung auf die Staatssicherheit“ in der Aufarbeitung als Fehler bezeichnet.
Auch der Direktor der Gedenkstätte Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, wandte sich in der Anhörung vehement gegen die Empfehlungen der Kommission. Experten und Kenner der Szene räumen einer Umsetzung durch das Parlament nach der überwiegenden Kritik kaum noch Chancen ein. Daher werden den Vorstellungen von Marco Wanderwitz durchaus Erfolgsaussichten zugesprochen, da sie dem Parlament „unangenehme Entscheidungen“ ersparen (Aufgeschoben ist nicht aufgehoben).
Aussprache mit UOKG
Potsdam/Berlin, 15.Mai 2016/cw – Der Vorsitzende der UOKG und Vizepräsident des Brandenburger Landtages empfing in seinem Büro im Landtag den Vorstand der Vereinigung 17. Juni zu einem Meinungsaustausch. In dem eineinhalbstündigen Gespräch wurden offen alle Fragen angesprochen, die beide Seiten tangieren. Über den Inhalt wurde Stillschweigen vereinbart. Beide Seiten kamen überein, das als konstruktiv empfundene Gespräch bei Bedarf oder Gelegenheit fortzusetzen.
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Hohenstein/Ernstthal/Erzgebirge, 24.02.2016/cw – Bekannt ist die kleine Stadt im Erzgebirge (15.000 Einwohner) im Osten des Landkreises Zwickau u.a. durch den Sachsenring, auf dem spektakulär das Deutschlandrennen der Motorradweltmeisterschaft ausgetragen wird Aber auch der weltberühmte Schriftsteller Karl May ist hier geboren worden.
Im Oktober letzten Jahres hatte die CDU-Fraktion in Hohenstein/Ernsttahl die 22 amtierenden Stadträte aufgefordert, in eine Überprüfung einer möglichen Tätigkeit für die Stasi einzuwilligen. Das sollte auf freiwilliger Basis geschehen. Wie zu erwarten, verweigerten die vier Stadträte von DIE LINKE ihre Zustimmung. Erstaunen löste hingegen die Weigerung eines Stadtrates der Pro HOT-Fraktion aus. Während seine zwei Fraktions-Kollegen dem Beschluss zustimmten, weigerte sich Rudi Stößel, sich einer freiwilligen Überprüfung zu unterziehen, 26 Jahre nach dem Fall der Mauer mache das keinen Sinn mehr. Stößel ist in der Stadt nicht Irgendwer. Er war einst bei der Wahl zum Oberbürgermeister Gegenkandidat des Kluge-Vorgängers Erich Homilius.
Wanderwitz: Eingeständnis ohne juristische Folgen
Der Bundestagsabgeordnete Marco Wanderwitz (CDU), der auch dem Stadtrat angehört, äußerte sich dazu eher trocken/sachlich: „Wird einem Stadtrat eine Mitarbeit für das MfS nachgewiesen, hat er allerdings keine juristischen Konsequenzen zu befürchten.“ Der einstige Bürgerrechtler Jörg Hilbig, der heute als Beigeordneter des OB im Rathaus von Aue arbeitet, meint dazu: „Ja, das ist ein Manko, dass eine Stasi-Mitarbeit keine Auswirkungen hat.“

Die Opfer der zweiten Diktatur: Noch längst nicht alle Fragen beantwortet – z.B. nach den Toten von Hoheneck. Cover: Das letzte Buch von Ellen Thiemann
Nachdem sich auch im Stadtrat herumgesprochen hatte, dass für eine Überprüfung keine Freiwilligkeit Voraussetzung ist, kam Bewegung in die Sache. Jetzt soll der Stadtrat im März einer entsprechenden neuen Vorlage zustimmen, wonach sich alle Mitglieder des Stadtrates einer Stasi-Überprüfung stellen sollen. CDU, GRÜNE, SPD und FREIE WÄHLER haben bereits Zustimmung signalisiert.
Angesichts dieser neuen Konstellation in der Überprüfungsdebatte zog Stadtrat Stößel jetzt Konsequenzen und erklärte sich gegenüber der FREIEN PRESSE. In dem gestern verbreitetem Interview gab der Pro-HOT-Stadtrat zu, seit 1982 für die DDR-Staatssicherheit gearbeitet zu haben. Er sei „als 21-Jähriger während meines Maschinenbau-Studiums in Dresden“ dazu angesprochen worden. „Ich habe mir dabei nichts Schlimmes gedacht, sodass ich einer Mitarbeit zustimmte.“ Aus heutiger Sicht sei dies ein Fehler gewesen.
Stößel verharmloste nach Auffassung einstiger Stasi-Opfer in gewohnter Manier seine Tätigkeit. Er habe als Leiter in einem großen Studentenklub in Dresden gearbeitet. Da sei ihm die „Aufgabe“ gestellt worden, „über die Veranstaltungen zu berichten und einer bekannten Zahl an Stasimitarbeitern den Zutritt zu den Veranstaltungen zu gewähren.“ Für seine Tätigkeit habe er in gewissen Abständen Geld bekommen. Und: „Sonstige Vorteile wurden mir nicht versprochen.“ Es folgte die in vergleichbaren Fällen übliche Behauptung: Er habe mit seiner Tätigkeit für das MfS auch „keinen Menschen geschadet.“
Stadtrats-Antrag Versuch, dreckige Wäsche zu waschen
Auch zum Zeitpunkt seiner jetzigen Offenbarung erklärte sich der einstige OB-Kandidat: „Wir sollten in einer früheren Stadtratssitzung eine Erklärung abgeben, welche die Formulierung enthielt, man habe „zu keiner Zeit als inoffizieller oder hauptamtlicher Mitarbeiter (der Stasi) gearbeitet. Das wäre eine Falschaussage gewesen.“ Immerhin.
Zur aktuellen Debatte im Stadtrat hat Stößel eine dezidierte Meinung: „Ich habe das Gefühl, dass hier einige Personen versuchen, dreckige Wäsche zu waschen und einzelne Ratsmitglieder in Misskredit zu bringen.“ Für den Stadtrat, für den sein spätes und wohl nicht ganz freiwilliges Bekenntnis nach seiner Meinung „keine Folgen“ hat und der darum auch sein Mandat nicht niederlegen will, macht es keinen Sinn, „nach so langer Zeit dieses jetzt wieder aufzurufen.“
Und abschließend: „Sollten Verstöße gegen die Menschlichkeit aufgetreten sein, dann hätten die Behörden schon viel früher reagiert.
Kommentar:
Schluss der Debatte!
Es macht keinen Sinn, nach so langer Zeit die Vergangenheit wieder aufzurufen, meint der Hohensteiner Stadtrat Rudi Stößel. Er liegt damit im Dauertrend der Ewiggestrigen, die stereotyp nach einem Ende der „unsäglichen Debatte“ um die Verbrechen im „Ersten Arbeiter und Bauernstaat“ rufen. Und die selben eigenwilligen Vergangenheitsbewältiger, die die verbrecherische Vergangenheit der DDR „nach 26 Jahren“ endlich aus dem öffentlichen Diskurs verbannen wollen, werden nicht müde, auch 71 Jahre nach dem endlichen Zusammenbruch des Nationalsozialistischen Staates die immerwährende Aufarbeitung des Nazi-Unrechtes zu fordern. Das liegt durchaus im Trend gewisser Geschichts-Ideologen: Was Verbrechen, was Unrecht war, bestimmen wir. Basta.
Auch so kann man – als ANTIFA, als LINKE oder als kleiner Stadtrat aus dem Erzgebirge – eine Wiederbelebung der angeblich bekämpften Neo-Nazi-Ideologie befördern. Was einstigen Dienern der Mauer-Mörder Pflicht war, darf den Dienern der Nazi-Mörder nicht Unrecht sein. Schluss der Debatte(n)? Niemals! cw
V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin, Tel.: 03030207785 (1.079)
Nr.049 – Einigkeit und Recht und Freiheit – 15. 01. 2016
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Ausstellung DER DUNKLE ORT in Brandenburg

Auch Roland Jahn und Ulrike Poppe waren der Einladung gefolgt
(v.li. n. re.): Zeitzeugin Matz-Donath, Poppe, Jahn, Stark u. Sterneberg – Foto: LyrAg
Potsdam, 12.01.2016/cw – Unter großer Beteiligung eröffnete die Präsidentin des Landtages von Brandenburg, Britta Stark (SPD), im Foyer des Landtages am vergangenen Dienstag die Ausstellung DER DUNKLE ORT: „Die Auseinandersetzung mit der eigenen Historie ist ein Prozess, dem sich eine demokratische Gesellschaft immer wieder stellen muss. Nur durch Erinnerung und Aufarbeitung verhindern wir, dass sich dunkle Kapitel der Vergangenheit wiederholen. Ein Besuch dieser Ausstellung hinterlässt Spuren – er weckt nicht nur Empathie, sondern auch weiterführendes Interesse,“ führte Stark aus.
In der von der Heinrich-Böll-Stiftung Berlin konzipierten Ausstellung nach dem gleichnamigen im bebra-Verlag Berlin erschienenen Fotoband werden 25 Portraits ehemaliger Hoheneckerinnen gezeigt, die Jahre ihres Lebens im DDR-Frauenzuchthaus Hoheneck (Stollberg/Erzgebirge) unter oft unmenschlichen Bedingungen zubringen mußten (Fotos: Dirk von Nayhauß, Texte: Maggie Riepl).
Zur Eröffnung kamen u.a. Roland Jahn, Chef der BstU-Behörde, Ulrike Poppe, Landesbeauftragte Potsdam, Wolfgang Wieland, ehem. Senator für Justiz und Bürgermeister von Berlin und (zeitweilig) Landtagsvizepräsident Dieter Dombrowski, seit November 2015 auch Vorsitzender der UOKG. (Siehe auch: http://www.hz-tv.com/)
In einem Eingangsreferat gab der Doktorand Sebastian Lindner einen eindrucksvollen Einblick in seine Forschungsergebnisse zum Thema Hoheneck. So seien zwischen 1950 und 1989 über 8.000 Frauen aus politischen Gründen in dem Gemäuer eingesperrt gewesen. Den 1950 überstellten über 1.000 Frauen, die durch sowjetische Militär-Tribunale (SMT) zu langen Freiheitsstrafen verurteilt worden waren, folgten sehr rasch Verurteilte wegen krimineller Delikte, aber eben auch tausende Frauen, denen von der DDR politische Delikte vorgehalten worden waren. Da es in der DDR auch qua Gesetz keine politischen Delikte mehr gab, waren die vorgehaltenen Straftaten (Feindliche Verbindungsaufnahme, Republikflucht etc.) durch die Partei-gelenkte Justiz auch als kriminell eingestuft worden.
In dem nachfolgenden, von dem freien Journalisten Carl-Wolfgang Holzapfel (Redaktion Hoheneck) moderierten Zeitzeugengespräch mit der hochbetagten einstigen SMT-Verurteilten Annerose Matz-Donath aus Erftstadt und der DDR-Verurteilten Eva Aust aus Berlin kamen ansatzweise die furchtbaren Bedingungen an diesem dunklen Ort zur Sprache. Leider scheiterte die geplante ausführliche Fragestellung am „Zeitdiktat“ des Veranstalters, da bereits zu Beginn des Gesprächs die offiziell vogesehene Zeit für die Eröffnunsveranstaltung bereits überschritten war.

Das Zeitzeugengespräch mit Anner. Matz-Donath (li.) u. Eva Aust (re.) moderierte – C.W.Holzapfel (Mi.) von der Redaktion Hoheneck – Foto: LyrAg
Während Matz-Donath („Ein Zeitzeugen-Juwel“, so der Moderator) auf die unglaubliche Solidarität der SMT-Verurteilten verwies, die sich „leider deutlich von der Haltung der DDR-Verurteilten“ abgehoben hätten und damit einen alten Konflikt ansprach, der leider aufgrund der Zeitenge nicht hinterfragt werden konnte, stellte Eva Aust die offenen und damit ungeregelten Probleme für die einst Verfolgten in den Mittelpunkt ihrer kurzen Ausführungen. So kritiserte Aust das „unselige Fremdrentengesetz (FRG)“, nachdem einstige und vor der Einheit in die alte Bundesrepublik geflüchtete Personen quasi im Handstreich in den Status von DDR-Bürgern zurückversetzt worden seien und „damit bis zu 600 Euro weniger Rente bezögen, als die „alten“ BRD-Bürger.“
Musikalisch begleitet wurde die Eröffnung von Detlef Jablonski, einem einstigen politischen Gefangenen, der sich seit vielen Jahren als Musik-Barde in der Szene einen Namen gemacht hat. Seine selbst getexteten und vertonten Lieder (hier „Wenn ich ein Stasi-Spizel wär´“ und „Anna und Giovanni“) berührten sehr. Abschließend bedankte sich der Moderator bei der Präsidentin für die Präsentation der Ausstellung, der Böll-Stiftung und den vielen ehemaligen Hoheneckerinnen, die den Weg
nicht gescheut hätten und im Anschluss „für Fragen gerne zur Verfügung ständen.“ Ein besonderer Dank galt der ehemaligen Hoheneckerin Tatjana Sterneberg, die sich seit 2012 unermüdlich um eine Präsentation „dieser wichtige Ausstellung in Potsdam bemüht“ hatte.
Die Ausstellung ist bis zum 29. Februar Montags bis Freitags von 8:00 bis 18:00 Uhr für Besucher geöffnet; der Eintritt ist frei. Das Potsdamer Schloss, in dem der Landtag residiert, ist gut über den Hauptbahnhof Potsdam erreichbar (zu Fuß über die Brücke, ggüb. dem Hotel Mercur).
Siehe auch:
http://www.landtag.brandenburg.de/de/aktuelles/aktuelle_ausstellung/397159 und
http://www.landtag.brandenburg.de/de/Bildergalerie/735343?skip=7
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MdB Wanderwitz: Förderverein Hoheneck ist faktisch tot
Stollberg/Berlin, 15.01.2016/cw – Marco Wanderwitz (CDU), Bundestagsabgeordneter und seit dem Besuch des Bundespräsidenten im Mai 2011 in Hoheneck am Geschehen um das einstige Frauenzuchthaus interessiert und engagiert, hat jetzt gegenüber der Stollberger Zeitung (Freie Presse) den Förderverein Hoheneck für „faktisch tot“ erklärt. Er sehe auch keine „realistische Möglichkeit“, diesen „wiederzubeleben“.
Quelle: http://www.freiepresse.de/LOKALES/ERZGEBIRGE/STOLLBERG/Bundestagspolitiker-Verein-fuer-Gedenkstaette-Hoheneck-ist-tot-artikel9406851.php

Während in Potsdam das Gedenken Thema war, wurde in Stollberg der Förderverein, der das Gedenken zum Ziel hat, für „tot“ erklärt – Foto: LyrAg
Wanderwitz, der seit einiger Zeit dem Förderverein als Mitglied angehört, trifft nach Meinung der Zeitung „tief ins Schwarze“. Der Bundestagsabgeordnete ist nicht der Einzige, der jetzt offensichtlich nach den schweren Auseinandersetzungen in und um den Verein in Stollberg resigniert hat. Bereits zum Jahresende 2015 hatten zwei der drei gewählten Vorstandsmitglieder den Verein verlassen: Jens Franz, bisher amtierender Vorsitzender und Heike Opitz, bisher Schatzmeisterin. Auch Theo Schreckenbach, Urgestein der Stollberger Polit-Szene, hat seine Mitgliedschaft gekündigt, nachdem er vergeblich auf der letzten Mitgliederversammlung im November seinen Hut in den Ring geworfen hatte, um den Verein „in letzter Minute“ zu retten. Die internen Gegner aber wollten die hingereichte Hand nicht ergreifen. Zu tief saß wohl der Unmut über den engagierten Kritiker, der keinen Hehl aus seiner Verstimmung über die Vorgänge im Verein gemacht hatte.
Rätselhaft bleibt nach wie vor die Rolle, die möglicherweise der Geschäftsführer der Stiftung Sächsische Gedenkstätten, Siegfried Reiprich, in dem von vielen Beteiligten als „offenes Drama“ bezeichneten Vorgang um eine künftige Gedenkstätte gespielt hat. Reiprich stand nach dem Präsidentenbesuch zunächst der Gründung eines eingetragegen Vereins positiv gegenüber, weil dies die „unablässige Voraussetzung für jedwede Förderung“ sei. Nachdem die ehemalige Hoheneckerin Tatjana Sterneberg diesen Gedanken aufgegriffen und mit der im Herbst 2011 erfolgten Gründung eines Fördervereins Begegnungs- und Gedenkstätte Hoheneck (BuG) und dessen Eintragung in das Vereinsregister umgesetzt hatte, ging Reiprich wohl aus bisher nur vermuteten Gründen auf Gegenkurs. So soll er noch vor dem Jahresende 2011 die Stollberger Mitglieder durch die Androhung der Verweigerung von Fördermitteln zum Austritt aus dem neuen Verein veranlasst haben. Zunächst ohne Erfolg, denn das bereits verbreitete AUS des neuen Vereins blieb aus: Sterneberg konnte nach dem Austritt der Stollberger Gründungsmitglieder mehr Mitglieder vermelden als zuvor.

Bundespräsident Christian Wulff hatte vor fünf Jahren den Anstoss für eine Gedenkstätte gegeben. Soll nun alle Anstrengung umsonst gewesen sein? – Foto LyrAg
In der Folge gründete Dietrich Hamann mit seinen Stollberger Gefolgsleuten einen weiteren Förderverein, dem Reiprich sein Platzet gab. Das Angebot von BuG, sich zur Vermeidung doppelter Arbeit und gegenseitiger Behinderung zu vereinen und bei der angestrebten Schaffung der Gedenkstätte an einem Strick zu ziehen, wurde seinerzeit brüsk abgelehnt. BuG löste sich nach einigem Abwarten schließlich 2015 ordnungsgem. auf. Sterneberg, die einstige Gründungsvorsitzende: „Wir wollten dem neuen Verein nicht im Wege stehen. Unsere Absicht war schon im Gründungszweck verankert. Wir wollten eine Stollberger Lösung, weil vor Ort am Besten unter Einbeziehung der Zeitzeuginnen über die Geschicke einer Begegnungs- und Gedenkstätte entschieden werden kann. Leider bleiben nun Bemühungen, wie die Vorlage eines umfänglichen Gedenkstättenkonzeptes (2011) auf der Strecke. Wir hatten das Machtgerangel vor Ort offensichtlich unterschätzt.“
Sterneberg erneuerte ihren Vorschlag, an einem „Runden Tisch“ die Beteiligten zusammenzuführen und mögliche Lösungen für die Konflikte vor Ort zu finden. Schließlich sei das Vorhaben der Schaffung einer Gedenkstätte von überragender Bedeutung, die jeden Versuch rechtfertige, neu „durchzustarten.“
Jan Oechsner, Redakteur und Verfasser auch des letzten Faktisch-tot-Artikels über den Verein hatte zum Jahreswechsel für erhebliche Aufregung gesorgt, als er hypothetisch über eine „geheime Mitgliederversammlung“ berichtete, die an einem „geheimen Ort“ stattgefunden habe und auf der sich die Mitglieder zusammengerauft hätten, um erfolgreich die Zukunft des Vereins zu retten. Diverse Mitglieder hatten daraufhin auch die Rechtmäßigkeit der Mitgliederversammlung infrage gestellt, ehe diese – auch durch unsere Redaktion – auf die beabsichtigte Glosse hingewiesen wurden. Letztlich auch dies ein Hinweis mehr für die Nervosität in einem Verein, der seine internen Querelen bisher nicht in den Griff bekommen hat.
Kommentar
Von Carl-Wolfgang Holzapfel
Das auch einem gestandenen Bundestagsabegordneten mal die Hutschnur reißt, ist nachvollziehbar. Aber ist es immer richtig? Und vor allem: Ist dieser Totengesang auf den eigenen Verein tatsächlich einer tiefen Verbitterung über die Querelen vor Ort entsprungen oder ist diese Erklärung wohlmöglich Bestandteil eines Masterplans, der auf eine ganz andere Lösung zielt? Wenn Hoheneck sich als wichtigen und zentralen Gedenkort selbst das Wasser abgräbt, bleibt da nicht „zwangsläufig“ der Ausweg Kaßberg? Schon lange pfeifen es die Spatzen von den Stollberger Dächern, dass der Förderverein in Kaßberg eine eigene Hoheit anstrebt und zentraler Gedenkort (mit der Unterodnung von Hoheneck) werden will. In dem urspünglichen Konzept des ersten Fördervereins war Kaßberg noch als wichtiger Gedenkort bezeichnet, aber einer Begegnungs- und Gedenkstätte Hoheneck zugeordnet worden. Das scheint nun wohl Schnee von Gestern zu sein. Kaßberg hat bisher jedenfalls professioneller als die Stollberger agiert. Trotzdem wäre es schade, wenn nun mit Hilfe politischer Strippenzieher die Gewichte von Stollberg nach Chemnitz verlagert werden würden. Das hat weder Hoheneck mit seiner historischen Vergangenheit verdient noch wird es dem Andenken an jene Frauen gerecht, die viel zu lange und oft sogar über ein Jahrzehnt in dem Gemäuer über der großen Kreiststadt Stollberg haben zubringen müssen.
V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin, Tel.: 030-30207785 (1.062)
Aus Krankheitsgründen erscheint dieser HB nur in gekürzter Fassung. Die Redaktion bittet um Ihr Verständnis.
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Stollberg/Hoheneck, 23.07.2015/cw – Stollbergs Oberbürgermeister Marcel Schmidt (Unabhängig) zieht jetzt offenbar die Notbremse, um das Projekt „Gedenkstätte Stollberg“ nicht zu gefährden. Gegenüber der örtlichen Presse erklärte Schmidt, die Stadt habe jetzt die bisherigen Aufgaben des Fördervereins an sich gezogen, da die anhaltenden Querelen im Verein und die bisher nicht erfolgte Eintragung des neu gewählten Vorstandes in das Vereinsregister keine andere Alternative zuließen. Der Verein sei gegenwärtig nicht einmal in der Lage, notwendige Förderanträge zu stellen.
Zuvor kursierten in der Großen Kreisstadt im Erzgebirge Gerüchte, nach denen der neue und alte Vorsitzende Dietrich Hamann erneut seinen Rücktritt erklärt habe. Auch solle er aus diesem Anlass Finanzen und Unterlagen des Vereins an die Stadt übergeben haben. OB Schmidt wollte sowohl den Rücktritt Hamanns als auch eine Übergabe vereinsinterner Unterlagen an die Stadt auf Anfrage weder bestätigen noch dementieren. Die Redaktion hatte u.a. nachgefragt, auf welcher rechtlichen Grundlage die Übergabe basieren würde, falls diese denn erfolgt ist.
Sterneberg kritisiert Doppelgleisigkeit der CDU
Unterdessen gehen die Arbeiten am ehemaligen Frauenzuchthaus Hoheneck im Rahmen der bereits bewilligten Finanzierungsmittel in Höhe von rund 5.6 Millionen Euro zügig weiter. Erst kürzlich hatte der Stadtrat gegen die Stimmen der CDU die Vergabe der Bauleistungen für den Parkplatz in Höhe von 378.000 Euro beschlossen. CDU-Fraktionsvorsitzender Raphael Jenatschke hatte „nicht überschaubare Kosten“ moniert und ein Gesamtkonzept und eine Kostenplanung angemahnt. Die Informationen der Stadtverwaltung reichten nicht aus, so die Stadtratsfraktion. Jenatschke verglich den Prozess mit einem „Fahren auf Sicht“.
Nachdem die wichtigsten Akteure des Fördervereins sämtlich der CDU angehören – so u.a. die stv. Vorsitzende Uta Windisch (MdL a.D.), MdB Marco Wanderwitz, Siegfried Reiprich von der Stiftung Sächsische Gedenkstätten – löst die kritische Haltung der christdemokratischen Stadtratsfraktion wohl nicht nur in der Stadt Irritationen aus. Tatjana Sterneberg, Vorsitzende des ersten Fördervereins: „Die Haltung der CDU torpediert die zweifellos engagierten Bemühungen des Oberbürgermeisters, der von Beginn an mehr für die Umsetzung einer Gedenkstätte getan hat, als es seine Funktion bedingt. Wir als ehemalige Hoheneckerinnen sind für dieses Engagement sehr dankbar und hoffen, daß die CDU ihre hier gezeigte Doppelgleisigkeit aufgibt und sowohl den OB nachdrücklich unterstützt als auch im Förderverein auf dieses gemeinsame Ziel hinwirkt.“
Der erste Förderverein, 2011 u.a. von Tatjana Sterneberg und Dietrich Hamann gegründet, hat sich aufgelöst und in diesen Tagen beim Registergericht die Löschung aus dem Vereinsregister beantragt. (1.015)
V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin, Tel.: 030-30207785
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