Zum Tod von Hans-Eberhard Zahn
Berlin, 4.09.2013/cw – Nicht unerwartet aber tief erschüttert haben Freunde, Weggefährten und Verbände den Tod von Hans-Eberhard Zahn zur Kenntnis nehmen müssen. In einem Nachruf bezeichnete die Vereinigung 17. Juni in Berlin den Verstorbenen als „Freiheitskämpfer der alten Schule.“ Angesichts „trauriger Geschehnisse in den Reihen der einstigen Opfer der zweiten Diktatur habe Zahn unangefochten in allen Vereinen und Verbänden ein hohes, nahezu verehrtes Ansehen genossen,“ erklärte der Vorstand am Abend.
„Wir werden seinen Rat, seinen Sachverstand, seine Souveränität und seinen feinen Humor, der ihn trotz widriger Lebensumstände nie verlassen hatte, in dankbarer Erinnerung behalten. Hans-Eberhard Zahn war ein steter und verlässlicher Freund, er wird uns schmerzlich fehlen.“
Der Förderverein Hohenschönhausen hatte heute den Tod des einstigen Vorstandsmitgliedes (2003-2005) bekannt gegeben. Zahn war bereits am vergangenen Donnerstag nach schwerer Krankheit im Alter von 85 Jahren verstorben; der Beisetzungstermin steht derzeit noch nicht fest.
Der 1928 in Stettin geborene Zahn hatte nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges und der Gründung der Freien Universität im Westteil Berlins ein Psychologie- und Philologenstudium begonnen. Schon damals zeigte sich sein ausgeprägtes soziales Engagement, als er ein Netzwerk schuf, das Familien aus dem Osten Berlins geflüchteter Kommilitonen finanzielle Unterstützung vermittelte. 1953 wurde Zahn bei einer solchen Aktion in Ost-Berlin durch den Staatssicherheitsdienst verhaftet und im September des Aufstandsjahres (Volksaufstand vom 17. Juni) als Spion zu sieben Jahren Zuchthaus verurteilt. Hohenschönhausen (Lager X), Rummelsburg, Brandenburg, Cottbus und Bautzen waren die schrecklichen Stationen, in deren Mauern der junge Mann die auferlegte Strafe bis zum Ende verbüßen mußte. Nach seiner Entlassung im November 1960 vollendete Zahn sein Studium und war danach bis 1993 als Hochschullehrer an der FU Berlin tätig. Der Verstorbene beteiligte sich aktiv an der Auseinandersetzung gegen die auch an der FU stark werdenden kommunistischen Studenten und wurde schließlich 1983 in den „Notvorstand für eine Freie Universität“ gewählt. Nach dem Fall der Mauer wurde Zahn schließlich Vorsitzender des „Bundes Freiheit der Wissenschaft“ in Berlin-Brandenburg, dessen langjähriger Ehrenvorsitzender er danach war.
Unvergessen wird auch Zahns Mitwirkung in den Aufführungen des vielbeachteten Theaterstücks „Staatssicherheiten“ bleiben, das nach seiner Uraufführung am Otto-Theater in Potsdam in vielen Städten der Bundesrepublik große Beachtung fand. Seine bescheidenen Deklamationen von Shakespeare, die ihm während seiner Haft Kraft verliehen hatten, verliehen den Aufführungen bewegenden und klassischen Charakter. Man bedauerte, diesen Mann nicht schon längst in anderen Aufführungen erlebt zu haben.
Nachtrag (6.09.2013/cw): Der Förderverein Gedenkstätte Hohenschönhausen teilte auf seiner Homepage ergänzend mit, dass „Auf ausdrücklichem Wunsch von Hans‑Eberhard Zahn und seiner Familie die Beisetzung in aller Stille im engsten Familien‑ und Freundeskreis stattfinden“ wird.
V.i.S.d.P.: Vorstand der Vereinigung (AK) 17. Juni 1953 e.V., Berlin, Tel.: 030-30207785
4 Kommentare
6. September 2013 um 19:38
Barth
Ich durfte Herrn Zahn seit 2011 begleiten und habe ihn sehr geschätzt. Wir vermissen ihn und werden ihn nie vergessen! !
6. September 2013 um 12:25
Fritz Schüler
„Da werden zwei Paar Schuhe verwechselt …“
Da kann man nur zustimmen. Im SED-Staat galt für alle Ewigkeit jeder als „Staats- bzw. Klassenfeind, faschistischer Provokateur, subversives Element“ etc., wenn er auch nur leiseste Kritik an Korruption, Misswirtschaft, Versorgungskrisen, staatlicher Entmündigung, Bespitzelung äußerte.
Diese Bürger bekamen in der Regel die „geballte Faust der Staatsmacht“ zu spüren. Danach war für die Betroffenen nichts mehr, wie es einmal gewesen ist. Sie wurden sowohl beruflich wie persönlich diskriminiert:
Die Garantie „für einen sicheren Arbeitsplatz“ galt nicht mehr; Weiterbildung an Schulen oder höheren Bildungseinrichtungen, ja selbst der Erwerb einer modernen Neubauwohnung waren fast unmöglich. Oft durften sich besagte Leute nicht einmal innerhalb ihres Heimatkreises frei bewegen.
Auch die Angehörigen mussten unter diesen „Disziplinarmaßnahmen“ leiden.
Hingegen blieben die unglaublichen Randale der APO wie anderer linker Vereinigungen im Westen außer geringfügigen Ordnungsstrafen meist ohne Konsequenzen alle Beteiligten.
Selbst zu Adenauers Zeiten durfte gegen die neugeschaffene Bundeswehr demonstriert werden. Streiks und Demonstrationen waren erlaubt.
Auch später konnten Leute wie Herr Trittin, Herr Fischer u.a. mit vermummten Terroristen gegen die demokratische Ordnung randalieren, Polizisten verprügeln etc.. Frau Roth tat sich zusammen anderen grünlackierten (roten) Chaoten bei der Blockade von militärischen Einrichtungen oder Gleisanlagen für Castortransporte hervor.
Im Gegensatz zum einstigen Arbeiter-und-Bauernparadies genießen diese Leute heute alle Segnungen unserer Wohlstandsgesellschaft, sitzen sogar in Bundestag, den Ländervertretungen -, vollzogen den „Marsch durch die Institutionen“.
Herr Weber hat ganz offensichtlich die ideologischen Scheuklappen aus den Zeiten des Kalten Krieges noch nicht abgelegt.
5. September 2013 um 20:20
Weber
Ganz kurz. Ich kann mich nicht erinnern, dass in der Adenauerzeit Kommunisten, des Kommunismus verdächtigte oder gar denunzierte sogenannte Kommunisten, (die wurden auch als Staatsfeinde bezeichnet) die zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilte wurden, je ein Studium fortsetzen konnten geschweige denn als Hochschullehrer tätig sein konnten. Die Meisten fristeten ein ärmliches Leben.
5. September 2013 um 20:57
Vereinigung (AK) 17juni1953 e.V.
Da werden zwei Paar Schuhe verwechselt: Hans-Eberhard Zahn konnte sein Studium nach erlittener kommunistischer Haft im freien Teil Deutschlands fortsetzen – nicht in der DDR, wie hier suggeriert wird.
Ein Kommunist aus dem Westen konnte sein möglicherweise verhindertes Studium in der gelobten DDR fortsetzen – wenn es der Partei und ihrer Stasi gefiel. Wo liegt also das Problem?