Berlin, 22.07.2016/cw – Eigentlich war er gebürtig ein Indonesier, denn Xing-Hu Kuo wurde 1938 in Jakarta geboren. Aber sein Vater war ein chinesisch-stämmiger Verleger. Und auf diese chinesische Abstammung legte Kuo großen Wert, wie auch der wohl bekannteste Buchtitel „Ein Chinese in Bautzen II“ (Anita Tykve Verlag, 1990, ISBN 3-925434-35-6) belegen sollte.
Xing-Hu Kuo starb, wie erst jetzt bekannt wurde, am vergangenen Montag, 18.07.2016, in Berlin*. Um den in Verfolgtenkreisen der zweiten deutschen Diktatur einst bekannten und geachteten einstigen Fluchthelfer und ehem. politischen Häftling im berüchtigten DDR-Zuchthaus Bautzen II war es in den letzten Jahren stiller geworden. So still, dass die Nachricht von seinem Tod zunächst als Gerücht durch die diversen Vereine kursierte, ehe Nachforschungen der Vereinigung 17. Juni in Berlin traurige Gewissheit brachten.
Siebeneinhalb Jahre Zuchthaus
Kuo hatte zunächst Journalistik in Leipzig studiert und zog, 25jährig, nach Ost-Berlin, wo er in der Presseabteilung der Botschaft der Volksrepublik China arbeitete. Kuo geriet ab 1964 in das Blickfeld der DDR-Staatssicherheit, da er bereits einigen Menschen zur Flucht über den Diplomatenübergang Checkpoint Charlie verholfen hatte. 1965 wurde der am Sozialismus zweifelnde Kuo verhaftet, schwer misshandelt und schließlich in einem Geheimprozess von der DDR-Justiz zu siebeneinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt. Die zudiktierte Strafe mußte er fast vollständig im berüchtigten Zuchthaus Bautzen II absitzen. 1970 unternahm der in jahrelanger Isolationshaft Eingesperrte einen Selbstmordversuch, ehe er 1972 durch die Bundesrepublik freigekauft wurde. Kuo wurde zu einem der drängendsten und bekanntesten Anklägern der DDR-Diktatur und fundierten Kritiker am Kommunismus.
Kuo war zunächst als politischer Redakteur im Axel-Springer-Verlag (DIE WELT), ab 1979 in Stuttgart tätig. Sein Interessenschwerpunkt wandte sich der Diktatur in Nord-Korea zu, über diese Steinzeit-Diktatur veröffentlichte er mehrere Bücher und Publikationen. In den neunziger Jahren zog er von Sindelfingen zurück nach Berlin, wo er sich u.a. einige Jahre als Presse- und Öffentlichkeitsreferent in der Gedenkbibliothek zu Ehren der Opfer des Kommunismus im Nicolai-Viertel für die Interessen der Stalinismus-Opfer engagierte.
1992 erstritt Kuo als einer der ersten ehemaligen politischen Häftlinge der zweiten deutschen Diktatur seine Rehabilitation vor dem Landgericht Berlin. Im seinerzeitigen Urteil hieß es; daß die PDS als Nachfolgepartei der SED politische Häftlinge prinzipiell entschädigen müsse.
Die SED-PDS traktierte ihn nach dieser Rehabilitierung mit einem Zahlungsbefehl wegen entstandener Anwaltskosten in Höhe von über 10.000 DM, da Kuo nicht dezidiert nachweisen konnte, dass die SED seine Verfolgung gesteuert hatte.
Kuo erhielt neben anderen Auszeichnungen für seine Arbeiten 1981 den Journalistenpreis des Bayerischen Raiffeisenverbandes in München.
Ein aufrechter und unbeugsamer Kämpfer
In einer ersten Stellungnahme würdigte die Vereinigung 17. Juni in Berlin den „aufrechten und unbeugsamen Kämpfer gegen die Unmenschlichkeit, der sich jeder Versuchung, sich von diesem Kampf durch verlockende Vorteile abbringen zu lassen, beispielgebend widersetzte.
Mit Kuo haben wir einen streitbaren und mutigen Kameraden verloren,“ sagte der Vorstand. „Kuo wird uns fehlen. Wir werden ihn in ehrender Erinnerung behalten.“
Xing-Hu Kuo, der 78 Jahre alt wurde, hinterlässt einen Sohn, seine Frau starb vor gut einem Jahr. Ein weiterer Sohn kam vor 25 Jahren auf ungeklärte Weise ums Leben. Kuo hat diesen Tod nie überwunden und vermutete, dass es sich um einen Anschlag handelte, der eigentlich ihn treffen sollte. Der Beisetzungstermin stand bei Redaktionsschluss noch nicht fest und wird von der Familie rechtzeitig bekannt gegeben.
*Aktualisiert am 29.07.2016 (Todesdatum).
V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin, Tel.: 030-30207785 (1.134)
2 Kommentare
23. Juli 2016 um 15:02
Gustav Rust
Liebe Christa, lieber Bernd,
genauso ist es. Wir werden ihn nicht vergessen!
Kameradschaftliche Grüße,
Rust
23. Juli 2016 um 07:36
Bernd Stichler
Mit unserem Kameraden Kuo verstarb einer der Besten , mit ihm verstarb nicht nur ein Mensch sondern eine Institution. Sein Einsatz in der Berliner Landesgeschäftsstelle der VOS war vorbildlich , sein politischer Verstand war scharf , seine allgemeinpolitischen Kenntnisse überdruchschnittlich , seine Kameradschaft und Hilfsbereitschaft lobenswert . Wir waren jahrelang in der Berliner Landesgeschäftsstelle der VOS ein reibungslos funktionierendes Team . Persönlich haben wir mit unserem Kameraden Kuo nicht nur einen Mitstreiter sondern auch einen Freund verloren.
Christina und Bernd Stichler