Berlin, 26.10.2010/cw – Im Jahre 20 nach der Wiederherstellung der Einheit schwelgt Deutschland in Jubelfeiern zu den Folgen der „Friedlichen Revolution“, die am 3. Oktober in die Wiedervereinigung mündete. Von der Öffentlichkeit bisher wenig beachtet, verliefen die Vorgänge im Jahre 1990 offenbar nicht ohne Seltsamkeiten, die heute ohne Weiteres schlicht als „Skandal“ eingestuft werden dürfen.
Tatjana Sterneberg, wegen Vorbereitung zur Republikflucht 1973 mit ihrem italienischen Verlobten verhaftet und 1974 zu vier Jahren Gefängnis verurteilt, verbüßte ihre Haft in der ehemaligen DDR-Frauen-Haftanstalt Hoheneck. Im Jahr 2008 deckte Sterneberg die Stasi-Verstrickung des seinerzeitigen „Leiters des Medizinischen Dienstes“ in der berüchtigten Haftanstalt auf. MUDr. Peter Janata hatte sich unter dem Decknamen „Pit“ der Stasi verpflichtet und über zehn Jahre der Stasi unter Umgehung der ärztliche Schweigepflicht über seine Patienten berichtet. Nach Beendigung seiner Tätigkeit in Hoheneck (1982) wurde Janata
Leiter der Medizinischen Dienste für alle Haft- und Untersuchungshaftanstalten der DDR im Innenministerium. Heute praktiziert Janata von seiner Vergangenheit unangefochten in einer gut gehenden Praxis in Ahrensfelde bei Berlin.
Nicht anders sein Kollege aus der ehemaligen Haftanstalt Rummelsburg, in der Sternebergs Verlobter seine Haft verbüßen musste. Auch Dr. Erhard Zels verpflichtete sich als IM „Nagel“ der Stasi und praktiziert ebenfalls von seiner Vergangenheit unberührt ausgerechnet nicht weit entfernt von der ehemaligen zentralen Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums für Staatssicherheit in Hohenschönhausen.
Beiden gemeinsam ist nicht nur ihre Tätigkeit für die Stasi, sondern die Beauftragung der Beurteilung über die Haftfähigkeit ihres ehemaligen „obersten Dienstherren“ Erich Mielke und hernach des ehemaligen SED-Partei- und DDR-Staats-Chefs Erich Honecker im Jahre 1990. Die Bemühungen Tatjana Sternebergs, die seit Jahren unermüdlich in der Aufarbeitung tätig ist, Einsicht in die seinerzeitigen Gutachten zu bekommen, wurden bisher von der zuständigen Staatsanwaltschaft abgeschmettert: Die Vorgänge bzw. Akten seinen geheim und daher der Öffentlichkeit nicht zugänglich.
Das war wohl in den Aufbruchjahren des wiedervereinigten Deutschland noch anders. Jedenfalls berichtete Peter Przybylski in seinem Bestzeller „Tatort Politbüro – Die Akte Honecker“ (Rowohlt, 1991) immerhin auszugsweise über die Begutachtung der ehemaligen DDR-Größen durch die beiden belasteten Ärzte. Was weder der Autor noch die Öffentlichkeit wahrnahm, war die durch Sterneberg inzwischen aufgedeckte Verstrickung der Gutachter als erfolgreiche Stasi-IM.
Peter Przybylski zitiert aus den Gutachten unter dem Kapitel „Mielkes Festnahme und Haft“ (Seite 27): „In einem ärztlichen Bulletin vom 19. Februar 1990 konstatierten die verantwortlichen Haftärzte Dr. sc. Zels und Dr. Janata: >Besonders am Abend kommt es zu Verwirrtheitszuständen, offenbar auch in Abhängigkeit von der vorausgegangenen psychischen Belastung des Tages. Die Perspektivlosigkeit im Falle einer Verurteilung ist M. dagegen voll bewusst. Sie führt zu einer depressiven Grundstimmung, die wiederum suizidale Tendenzen verstärken konnte… Aus ärztlicher Sicht ist die Fortsetzung der Untersuchungshaft bei dem Patienten nicht mehr vertretbar<.“ (Az.: 111-1-90, Bd. 03.1).
Und im Kapitel „Ermittlungsverfahren gegen Honecker“ zitiert der Autor: „Dem Gericht lag nicht nur die Diagnose des behandelnden Arztes, Professor Althaus, sondern inzwischen auch die Stellungnahme der Haftärzte Dr. Janata und Dr. Zels vor. Beide hatten Honecker gleich nach der Vernehmung, die auf seine Wunsch hin abgebrochen wurde, untersucht. Fazit: > Nach den von uns vorgenommenen klinischen Untersuchungen bestätigen wir die Meinung von Professor Dr. Althaus, dass der Patient zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht haftfähig ist. Aus unserer Sicht ist eine psychische und physische Rehabilitation unter entsprechenden Bedingungen und ambulanter ärztlicher Betreuung für vorerst 4 Wochen erforderlich<.“ (Seiten 33/34 – Az. Bd. 01.1/1).
„Hier wurden die Böcke zu Gärtnern gemacht,“ stellte Sterneberg, Vorstandsmitglied der Vereinigung 17. Juni fest. „Die Beauftragung ehemaliger Stasi-Mitarbeiter mit der Begutachtung ihrer einstigen Auftraggeber reiht sich in den Katalog der Bevorzugung ehemaliger Täter gegenüber ihren einstigen Opfern ein.“ Die Opfer der SED-DDR-Stasi-Diktatur würden „im Schatten der Jubelfeiern zum 20. Jahrestag den berechtigten bitteren Beigeschmack einer schamlosen Verdrängung ihrer Belange“ nicht verlieren. Peter Janata und Erhard Zels würden „nach wie vor mit ihrer Reputation als Ärzte gutes Geld verdienen, während ihre Opfer, die seinerzeit nicht auf entsprechende Begutachtungen vertrauen konnten, mit einem sozialen Almosen abgespeist wurden und vielfach auch heute noch um die Anerkennung ihrer durch die Haft verursachten gesundheitliche und beruflichen Folgen kämpfen müssten,“ so die Sterneberg.
V.i.S.d.P.: Vereinigung 17. Juni (AK) 1953 e.V., Tel.: 030-30207785 oder 0176-48061953 Tatjana Sterneberg: Tel.: 030-30207778
1 Kommentar
7. Februar 2011 um 18:19
adamlauks11
Der folgende Brief mit meinen Fragen wurde an den Vorstand und Geschäftsführer der Bundesärztekammer in Berlin gerichtet und blieben bis jetzt ohne Antwort !??
Sehr geehrter Professor Dr. Fuchs !
Aus der Erfahrung mit der Ärztekammer Berlin mit Herrn Dr. Wimberg fand ich
das Sprichwort „Eine Krähe hackt der anderen Krähe kein Auge aus“
bestätigt, was mich dazu ermutigt, Sie persönlich anzuschreiben, um nicht dumm zu sterben:
1. Ist es den möglich.. und es scheint tatsächlich passiert zu sein- das:
Dr. Gunthar Schmidt war ein bekannter Radiologe in einem Klinikum am Rande Ostberlins. 1982 begegnete ich ihm im MED-Punkt des Gefängnisses Berlin-Rummelsburg, wo er als strafgefangener Arzt, verurteilt wegen sexuellen Missbrauch an der eigenen geistig behinderten Tochter (!!?)einsaß, und als willfähriger IM für den genauso als IM enttarnten Oberstleutnant Dr.Zels… heute niedergelassener Internist, Plauener Strasse 28, Berlin (nahe der Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhausen) Spitzeldienste leistete und Sprechstunden abhielt.
Dr. Schmidt hatte für seine Stasi-Dienste vorzeitige Entlassung und Rückkehr in seinen Arztberuf als Gegenleistung in Aussicht gestellt bekommen! Und er ist tatsächlich vorzeitig entlassen worden und soll tatsächlich wieder – oder noch immer – als Arzt tätig sein!??
Als Mithäftling und somit auch als sein Zellenkamerad im Haus 8 wurde Dr. Dietmar Mai aus der ehemaligen Stomatologie der Charite Berlin, der nach gescheitertem Fluchtversuch (mit seiner Frau) verurteilt worden war und auf den Freikauf wartete, von seinem Zellenkameraden Dr. Gunthar Schmidt in unzähligen IM Berichten an die STASI verraten.
Aus dem Gespräch mit Dr. Dietmar Mai, der in den Westen entlassen wurde und jetzt eine ansehnliche Praxis betreibt, erfuhr ich, dass die IM-Tätigkeit des Dr.Schmidt auch nach der Entlassung weiter fortgesetzt wurde .
Frage: Arbeitet Dr. Gunthar Schmidt tatsächlich unbehelligt als Arzt in unserem Deutschland weiter!?? Wie steht die Ärzteschaft zu solchen Biografien? Gibt es noch eine ethische Verpflichtung für „Weißkittel“ oder gilt ausschließlich nur noch das Streben nach möglichst dicken Bankkonten, egal um welche Preis?
2. Bis vor 8 Wochen scheine ich von einem Arzt (Nervenarzt und Neuropsychiater) und zugelassener Gerichtgutachter Dr. Horst B. bis ins tiefste meiner Seele ausgespäht, ausspioniert worden zu sein, wie nicht mal von der STASI. Er wurde mir anempfohlen von dem Vorstand der GEP Gesellschaft für Ethik und Neuropsychiatrie e.V.aus Garmisch-Partenkirchen. Dr.B. wurde zum Arzt meines Vertrauens und begleitete mich sogar treu bei den Montagsdemonstrationen in Potsdam.
Er gewann den tiefstdenkbaren Einblick in meine Seele, in meinen Zustand, erfuhr alle Einzelheiten der Zeit nach der Folter, über meine Aktivitäten, auch hinsichtlich meiner Internetagentur http://www.adriaapartments.eu und alle meine geplanten Bestrebungen in Richtung Aufarbeitung der vorhandenen Akten und Rehabilitierungsanträge. Er begleitete mich sogar am 28.4.2010 in das ehemalige Haftkrankenhaus Meusdorf und wohnte der Aktenübergabe bei, die unter der Aufsicht des Staatschutzes-Referates des Datenschutzbeauftragten des Landes Sachsens stattfand…Und brach dann jeglichen Kontakt zu mir ab, reagierte auch nicht mehr auf meine Nachrichten! Er weiß über mich mehr als mein bester Freund, mehr als meine Frau.
Dieser Kontaktabbruch hatte ich hingenommen und er hat mich bis vor drei Tagen nicht weiter beschäftigt. Bei einer Veranstaltung der Historikerin Francesca Weil im Frankfurt/Oder – Ärzte als IM im Dienste des MfS – sprach mich Frau Dr.Claudia K. an und teilte mir mit, Dr. Horst B. zu kennen. Sie habe ihn zu Rede gestellt, als sie in meinem Manuskript http://www.zersetzungsopfer.de auf den Namen von Dr. B. stieß. „Warum kleben Sie, Dr. B., an Adam Lauks!??“ Danach scheint Dr. B. den Kontakt zu mir abgebrochen zu haben. Womöglich weil er vermutete, dass die Frau K., die ich nicht kannte, sich über ihn mit mir ausgetauscht hatte !?
Bitte helfen Sie mir, wenn es in Ihrer Macht steht: Was wollte Dr. B. eigentlich von mir !?? Ob er mich und an wen verraten hatte, ist mir bis jetzt nicht bekannt. Wenn es die STASI war, wäre es womöglich schlimm, wenn es der BND ist, wäre es mir recht.
In Erwartung Ihrer Antwort
Adam Lauks