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„Gegen das Vergessen – Den Opfern ein Gesicht geben“

Berlin, 15.06.2021/cw – Die Vereinigung 17. Juni möchte die weißen Gedenkkreuze in der Ebert-Straße gegenüber dem Reichstag bis zum 60. Jahrestag des Mauerbaus am 13. August 2021 erneuern. Bisher wiesen die dortigen Erinnerungen an Mauer-Tote nur den Namen der Opfer und deren Todesdatum aus. Unter dem Signum „Gegen das Vergessen – Den Opfern ein Gesicht geben“ will der historische Verein nunmehr die bisherigen Kreuze erneuern. Auf diesen sollen neben dem Portrait der Toten Kurzbiografien über Leben  und Sterben der dort Geehrten ausgewiesen werden. Außerdem soll den Sterbedaten das Geburtsdatum beigefügt werden.

Knappe 10 Jahre nach dem 13. August 1961 errichtete der Bürgerverein und der Bund der Mitteldeutschen für diverse Opfer, die im Umkreis der Spree bei Fluchtversuchen ums Leben kamen, jeweils ein weißes Holzkreuz. Im Rücken der (damaligen) Reichstagsruine gegenüber der dortigen Mauer wurden die Kreuze aufgestellt. Nachdem der Bundestag seinen Sitz durch Beschluss von Bonn nach Berlin verlegt hatte, standen die Gedenkkreuze dem Bau eines Parkplatzes im Wege. Nachdem der Mauer-Aktivist Carl-Wolfgang Holzapfel 1992 bei einem Berlin-Besuch von dem Vorhaben der beabsichtigten Kreuz-Beseitigung erfuhr, protestierte er in einem Radio-Interview gegen diesen „unerhörten Frevel.“ Daraufhin erhielt er ein Schreiben des Bundestagsdirektors, der im Auftrag der damaligen Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth gegen diese Darstellung heftig protestierte: Niemand habe die Absicht, die Mauerkreuze wegen eines Parkplatzes zu beseitigen.

Ursprüngliche Kreuze waren aus „Planungsgründen“ beseitigt worden

Entgegen dieser Absichtserklärung wurden die Kreuze dennoch einige Zeit später „aus Planungsgründen“ zunächst beseitigt. Der Bürgerverein und der Bund der Mitteldeutschen protestierten als ursprüngliche Initiatoren gegen diese „Entfernung aus der öffentlichen Wahrnehmung“ und errichtete 15 weiße Kreuze am jetzigen Standort, der nachweislich von unzähligen Touristen besucht wird. Seither stehen diese Kreuze seit einem Vierteljahrhundert zwischen Brandenburger Tor und dem Reichstagsgebäude.

2003 wurden dann Kreuze im verkleinerten Umfang direkt am Spreebogen zwischen den neu erbauten Gebäuden des Bundestages platziert. Ein Ort, an den sich nur selten Touristen verlaufen. Seither wurde der Druck auf die Betreuer der Ursprungskreuze erhöht. 2004 kündigte schließlich das Bezirksamt Mitte „die Beseitigung“ der Gedenkstätte mit Hinweis auf den Spreebogen an. Selbst die BZ titelte im Oktober des Jahres: „Bloß nicht erinnern: Amt will Mauertoten-Kreuze vor dem Reichstag abreißen“ (Tomas Kittan).

Als erster Bundespräsident besuchte Horst Köhler (CDU) die Gedenkstätte

Einen Monat zuvor hatte Horst Köhler (CDU) als erster Bundespräsident in Begleitung des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD) die Gedenkstätte besucht. DIE WELT berichtete am 1.09.2004: „Juliane Kleinschmidt vom Bund der Mitteldeutschen ist begeistert.“

Die Vereinigung 17. Juni, einst hervorgegangen  aus dem nach dem Aufstand begründeten „Komitee 17. Juni“ hatte sich insbesondere nach dem Tod der Vorsitzenden des Bundes der Mitteldeutschen, Juliane Kleinschmidt († 2010) der Pflege der Gedenkstätte angenommen, nachdem deren Mitglieder Rudolf Schröder (†) und Gustav Rust diese nahezu tägliche Betreuung bereits seit den 90er Jahren aufgenommen hatten.

Der Verein hat nach entsprechendem Eingang von Spenden bereits acht der insgesamt sechzehn Kreuze erneuern lassen, diese können ab sofort vor Ort besichtigt und mit bisherigen (alten) Kreuzen verglichen werden. Bis zum August sollen die restlichen acht Kreuze ebenfalls erneuert werden. „Wir wollen die Erneuerung zum 60. Jahrestag abschließen und diese Erinnerungen an die Toten der Mauer am 13. August diesen Jahres um  11:00 Uhr im Rahmen einer Feierstunde der Öffentlichkeit übergeben,“ erklärte Vorsitzender Holzapfel. Man hoffe sehr, bis dahin die erforderlichen restlichen Spenden für dieses Vorhaben verbuchen zu können. Unter dem Stichwort „Den Opfern ein Gesicht geben“ oder schlicht „Mauerkreuze“ können Spenden ab sofort an die Vereinigung 17. Juni, IBAN DE27 7009 1600 0000 6329 02 –Ammerseebank- überwiesen werden.

Appell an die Fraktionen des Deutsche Bundestages

Der Verein hat sich inzwischen erneut an die Fraktionen des Bundestages mit der Bitte „um aktive Unterstützung“ des Vorhabens gewandt: „Dabei haben wir den Gedanken, dass die  Fraktionen im Deutschen Bundestag, quasi Partei-übergreifend, sich an der Finanzierung dieses Vorhabens beteiligen. Dies wäre ein deutliches und klares Signal seitens des gesamten Parlamentes, das Gedenken an die Toten der Mauer als immerwährende Pflicht anzusehen,“ hieß es in dem ursprünglichen Schreiben des Vorstandes. In seiner „Erinnerung an unsere Bitte“ ergänzte der Vorstand, dass er es bedauern würde, „wenn nur eine oder zwei Fraktionen oder Mitglieder aus diesen sich positiv zu diesem Vorhaben im Schatten des 60. Jahrestages äußern würden.“

Am Vorabend des 17. Juni wird der Vorstand am ebenfalls bereits erneuerten Kreuz, das vor Ort an den Volksaufstand von 1953 erinnert, um 11:00 Uhr einen Krenz niederlegen. „Ohne den 17. Juni und die dadurch verstärkt einsetzende Fluchtbewegung aus der SbZ hätte es vermutlich keinen Mauerbau gegeben. Beide Daten sind miteinander historisch verknüpft,“ erklärte der Verein am Abend.

V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin – Mobil: 0176-48061953 (1.653).

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