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Leipzig/Berlin, 18.03.2013/cw – In einer engagierten Stellungnahme reagierte SUPERillu-Chefreporter Gerald Praschl auf unseren Bericht über die Leipziger Buchmesse. In einer Mail an die ehemaligen Hoheneckerinnen Tatjana Sterneberg und Angelika Kanitz sowie an den Autor unseres Beitrages schreibt Praschl:
„Ich fand es schade, dass die Frauen aus Hoheneck am Freitag nicht geblieben sind – so blieb die kontroverse Diskussion leider aus. Natürlich kann man über die Beichte und Reue der Autorin geteilter Meinung sein – aber darüber reden schadet eigentlich nie. Ich kann ihre Position – als Menschen, die als Politische in den Zuchthäusern der SED-Diktatur saßen und dort gelitten haben – gut verstehen. Ich bin trotzdem der Meinung, dass man mit ehemaligen Tätern, die heute glaubwürdig und uneingeschränkt Reue zeigen, reden darf. Auch wenn man sich keineswegs mit ihnen “versöhnen” muss.
Ich bin ihrer Kritik aufgeschlossen und als jemand, der selbst als Journalist gerne Kritik austeilt, auch nicht so empfindlich, welche einzustecken. Gegen meine Positionen darf man demonstrieren und protestieren, und muss das auch nicht “stumm” tun wie die Damen in Weiß in Havanna, denn unser Land ist anders als Kuba frei. Und ich halte es sogar aus, wenn, wie am Wochenende geschehen, Falschinformationen über mich verbreitet werden – Frau Kanitz war doch tatsächlich der Meinung, ich sei in Wirklichkeit der Autor des Buches, wolle damit nur Geld verdienen – und verbreitete dies auch gleich mal großflächig per email, ohne vorher auch nur einmal bei mir zurückzufragen.
Wut ein schlechter Ratgeber
Wenn Sie aber Frau Hollitzer, die sich erst für die friedliche Revolution und nun in unermüdlichem Einsatz seit fast einem Vierteljahrhundert für diese Gedenkstätte und die Aufarbeitung insgesamt engagiert, in dieser Weise angreifen, habe ich dafür überhaupt kein Verständnis. Und noch weniger, wenn Sie sich auch noch über sie in dieser infamen Weise lustig machen. Irmtraut Hollitzer ist definitiv der falsche Prellbock, an dem Sie sich in ihrer Wut auf die in der Tat ungenügende Würdigung Opfer der Verfolgten des SED-Regimes – und der von den meisten Menschen bis heute nicht erkannten Dimension des kommunistischen Menschheitsverbrechens – abarbeiten sollten. Wut ist außerdem insgesamt ein schlechter Ratgeber.
Sie tragen mit diesem uninformierten, unsensiblen Vorgehen nicht gerade dazu bei, die Stimme der Verfolgten in der Gesellschaft hörbarer zu machen und die Gesellschaft für die Dimension der kommunistischen Diktatur insgesamt zu sensibilisieren – im Gegenteil.
Sie können dieses Statement gerne nach Belieben weiterverbreiten.
Gerald Praschl
Chefreporter Politik
Unmissverständliche Klarstellung
P.S. Zur unmissverständlichen Klarstellung: Ich bin nicht der Autor dieses Buches. Ich bin auf das Buch und den Fall im Rahmen der Vorstellung des Buches im Berliner “DDR-Museum” im Januar 2013 gestoßen und habe in der Folge Frau “Döhring” interviewt und darüber in SUPERillu berichtet. Ich kenne Frau “Döhring” in der Tat nicht mit Klarnamen, mein Kontakt ist ihr Mann und Verleger Ralf Reimann, ein in Köln tätiger Jurist (http://www.hartriegel-verlag.de/impressum-und-dse/). In der Anlage dieser Mail zur Kenntnis die Registrierkarte des IM “Jana Döhring”, gerne als Ansatz für weitere Recherchen.“
Anmerkung der Redaktion: Angelika Kanitz hatte Gerald Praschl in einer Mail unterstellt, das Buch „Stasi-Ratte“ verfasst zu haben.
V.i.S.d.P: Redaktion „Hohenecker Bote“, Tel.: 030-30207785
Sie sang im Museumsflur einst das Halleluja
Leipzig, 16.03.2013/cw – Seit einigen Jahren stellt das Museum „Runde Ecke“ in Leipzig, einstige Stasi-Zentrale, anlässlich der Buchmesse Räumlichkeiten für Lesungen und Buchvorstellungen zur Verfügung. Soweit ein ehrenvolles Unterfangen. Diesmal allerdings schien den Verantwortlichen jede Sensibilität für die Opfer der einstigen SED-Stasi-Diktatur abhanden gekommen zu sein. Ausgerechnet Lesungen zum Thema des Stasi-Unrechtes wurden in einem langen, engen Flur zu den Ausstellungsräumen veranstaltet.
Lesung im Zellen-Millieu
So beklagte auch Ellen Thiemann vor der Lesung zu ihrem jüngsten Buch „Wo sind die Toten von Hoheneck“ am Freitag, sie fühle sich zurückversetzt in die Enge der Zellen im einstigen Frauenzuchthaus Hoheneck. Sie sehe die Begründung für diese Verlegung der Veranstaltung in einen Ausstellungsflur als völlig deplaziert und unangemessen. Die anwesenden Vertreterinnen der Verlags-Gruppe Langen-Müller-Herbig aus München, in der das Thiemann-Buch verlegt wurde, zeigten sich ebenso entsetzt über diesen Skandal und erwogen sogar eine kurzfristige Absage der Lesung. Lediglich die Tatsache, daß rund zwölf ehemals politisch verurteilte Frauen aus Hoheneck eigens bis aus Bayern zur Buchvorstellung angereist waren, ließen den Verlag von einem Eklat Abstand nehmen.
Zuvor hatte die Mutter des Museums-Leiters Tobias Hollitzer in der Begrüßung in Vertretung ihres Sohnes die seltsame Auswahl des Flures damit begründet, ihr wären auch erst einige Bedenken gekommen, aber sie habe sich dann an das Leid in diesem Haus erinnert und daran, wie sie nach der Einrichtung des Museums gerade in diesem Flur mit voller Inbrunst oft das Halleluja aus dem Messias von Händel gesungen habe. Daran habe sie gedacht und gefunden, daß dieser Flur genau der richtige Ort für eine solche Veranstaltung sei.
Verlegene Ausrede wie Faust aufs Auge
Die nachfolgenden Schilderungen der bedrückenden Zustände im einstigen größten Frauenzuchthaus der DDR, die Ellen Thiemann auch nach den vielen Jahren oft mit vibrierender, von den Erinnerungen überwältigter Stimme aus ihrem Buch vorlas, passten denn wie die berüchtigte Faust aufs Auge zu den verlegenen Ausreden von Frau Hollitzer.
Als eine weitere Provokation empfanden nicht nur die ehemaligen Frauen von Hoheneck wie die Autorin die direkte Folge-Veranstaltung, auf der die einstige inoffizielle Mitarbeiterin (IM) der Stasi, Jana Döhring, so ihr bisher nicht gelüftetes Stasi-Pseudonym, ihr Buch „Stasi-Ratte“ vorstellte (HARTRIEGEL-Verlag Köln). Warum ausgerechnet der Chefreporter der Super-Illu, Gerald Praschl, die Moderation für diese Lesung übernahm, blieb nicht die einzige Denkwürdigkeit. Auch führende Redakteure aus dem Axel-Springer-Verlag (DIE WELT und BILD) ließen sich, ebenso wie der stv. Direktor der Gedenkstätte Hohenschönhausen in Berlin, erst zu dieser Veranstaltung blicken. Ein denkwürdiges Signal an die einst von der Stasi Gequälten und die Autorin, die in ihrem Buch unter anderem einige bisher nicht bekannte Stasi-IM entlarvte. Jedenfalls verließen die Hoheneckerinnen demonstrativ den Vorlesungsflur im Museum, um ihren „stummen Protest“ wenigsten sichtbar zu machen.
Erlöse aus „Stasi-Ratte“ für Stasi-Opfer?
Zuvor hatte bereits Bruni Grabow von der Initiative „SED-Opfer-Hilfe“ im Internet zahlreiche Unterschriften unter eine Protestresolution gegen diese Form der Förderung einstiger Stasi-Mitarbeiter gesammelt und veröffentlicht
(http://www.sed-opfer-hilfe.de/Protest%20Stasira.pdf).
Zwar soll „Jana Döhring“ in der Runden Ecke angekündigt haben, den Erlös aus ihrem Buch einer Hilfsorganisation für DDR-Verfolgte zu spenden. Ob sie dieses Versprechen nachweisbar umsetzt steht derzeit ebenso in den Sternen, wie die Person, die tatsächlich hinter dem propagierten IM-Namen steht. Selbst der Moderator gab sich offenbar mit dieser Denkwürdigkeit zufrieden und soll auch noch nach der Lesung der „Stasi-Ratte“ keine Ahnung von der tatsächlichen Identität der als Provokateurin empfundenen Bekennerin haben.
Impressionen von der Leipziger Buchmesse:
V.i.S.d.P.: Redaktion „Hohenecker Bote“, Tel.: 030-30207785
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