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Von C.W. Holzapfel
Was sich da die Hamburger Morgenpost leistete (http://www.mopo.de/news/politik-wirtschaft/blut-an-den-haenden-so-heftig-attackiert-rechtspopulist-merkel-auf-twitter-24461472) und jetzt auch Eingang zumindest in ein in Internet-Forum ehemaliger Verfolgter der zweiten deutschen Diktatur fand, wirft die Frage nach den Grenzen des demokratischen Diskurses auf.
Mein Herz als Kritiker (und freier Journalist) an manchen Mißständen in diesem Land (und manchen Vereinen der Verfolgten-Szene) ist für diverse Formen der Kritik sehr weit. Aber jede Kritik hat da ihre Grenzen, wo sie geeignet erscheint, die Menschenwürde des Kritisierten mit Füßen zu treten.
Es hätte gereicht, die Veröffentlichung eines entsprechenden Fotos zu zitieren (zu beschreiben), das lt. der Zeitung auf eine getwitterte Montage des niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders zurück geht. Die Hamburger Morgenpost hat das veröffentlichte Foto kritisch betextet, da hätte die Redaktion sich die Verbreitung des Fotos ersparen sollen. Dieses Foto allerdings ohne jede Kritik daran zu übernehmen und weiter zu verbreiten, wie dies zumindest in einem Forum der Verfolgten-Szene praktiziert wurde, macht den Kritiker zum Teilhaber einer Diffamierung, die unter jeder Gürtellinie liegt.
Man kann die Bundeskanzlerin mögen, man kann ihre Politik ablehnen, das ist legitim. Sie blutverschmiert zu zeigen, wie in diesem Forum geschehen, ist nicht nur unter jeder Gürtellinie. Das ist eine Beleidigung, widerspricht jeder Menschenwürde (auf die auch eine kritisierte Bundeskanzlerin Anspruch hat), ist sogar Volksverhetzung!
Wie weit wollen wir uns als Verfolgte einer Diktatur an dieser Form der Auseinandersetzung in einer Demokratie, die sich bestimmten Regeln verpflichtet weiß, noch beteiligen? Wie weit wollen wir unsere notwendige (und teilweise sehr berechtigte) Kritik noch treiben?
Wir verzichten an dieser Stelle auf die Wiedergabe der besagten Fotomontage, das die Bundeskanzlerin mit blutverschmiertem Gesicht und blutbefleckten Händen zeigt. Wir meinen: Das geht zu weit.
V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin, Tel.: 030-30207785 (1.137)
Schwerstedt/Weimarer Land, 6.04.2015/cw – „Du wirst dort geprägt, lebenslang verändert. Dir wird dein lebenswürdiges Leben genommen. Du bist nur noch Dreck.“
Ob Karin N. (Name geändert) an diese Worte gedacht hat, als sie vor drei Tagen von der Polizei festgenommen wurde? Sie hatte vor einem Jahr als Zeitzeugin über ihre Zeit (1983) als Fünfzehnjährige im Jugendwerkhof Torgau berichtet und dabei fast schon resignierend diese Sätze gesagt.
Am 2. April rückte die Polizei an und durchsuchte ihren Bauernhof. Dort wurde nach Presseberichten in der Scheune eine riesige Hanfplantage entdeckt und abgepackte Drogen in einem Wert von mehreren hunderttausend Euro beschlagnahmt. Karin N. wurde verhaftet und sitzt seither in U-Haft. Ihr Ex-Freund wurde in Berlin festgenommen.
Häufung von Skandalen in Opfer-Szene
Die jetzige Festnahme einer gefragten Zeitzeugin über die DDR-Vergangenheit kommt für die Opfer- und Verfolgten-Szene zur Unzeit. In den letzten Jahren häufen sich die Skandale in diesem Bereich. So flog in Nordrhein-Westfalen zum Jahresbeginn ein weiterer ehemaliger Stasi-IM im Zeitzeugenprogramm des bislang größten und ältesten Verfolgtenverbandes auf. Zuvor hatten sich bereits zwei Zeitzeugen in diesem staatlich finanzierten Programm als ehem. Mitarbeiter des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit geoutet. Allerdings erst, nachdem sich die Indizien unwiderlegbar verdichtet hatten.
In Berlin gehörte dem Bundesvorstand dieses Verbandes viele Jahre der einstige Fluchthelfer Werner F. (Name geändert) an, der in der DDR-Haft mindestens drei Theologie-Studenten an die Stasi verraten hatte. Alle drei wurden verhaftet und zu hohen Freiheitsstrafen verurteilt. Ein Pfarr-Anwärter überlebte diese Tortur nicht. Werner F. beteiligte sich überdies an unzähligen, bislang nahezu zwanzig Vereinsgründungen oder inszenierte diese selbst, um vermutlich von den zahlreichen Fördergeldern aus diversen staatlichen Quellen seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Auf der letzten Generalversammlung des Verbandes (2014) wurde ihm sogar die Fälschung von Stimmunterlagen vorgeworfen.
Dem langjährigen Bundesgeschäftsführer, zeitweiligen Bundesvorsitzenden und Bundesschatzmeister des Verbandes Dieter H. (Name geändert) wurde (neben weiteren Vorstandsmitgliedern) vorgeworfen, der Sozialversicherung Beiträge in sechsstelliger Höhe vorenthalten zu haben. Jahre zuvor war er mit dem Vorwurf konfrontiert worden, über eine zu diesem Zweck gegründete Scheinfirma einen rechtswidrigen Vertrag mit dem Bundesvorstand geschlossen zu haben, der ihm ein mtl. Salär von über 1.000 Euro sicherte. Der amtierende Fernsehrat einer öffentlich-rechtlichen Anstalt (Monatspauschale über 500 Euro zzgl. Aufwandspauschalen) bestreitet bis heute trotz vorgelegten Gutachtens ein illegales Handeln. Dem Verband droht durch die lässige Arbeit des vormaligen Bundesschatzmeisters und die dadurch nachgeforderten Sozialbeiträge die Insolvenz. Trotz dadurch bedingter Einschränkungen wie der verzögerten Herausgabe der monatlichen Verbandspublikation. Ob die vor nahezu zwei Jahren in die Wege geleitete Neugründung von selbstständigen Landesverbänden und die „angeregte Verlagerung“ von Vereinsgeldern in die nun „selbstständigen“ Vereine diese Insolvenz verhindern kann, steht derzeit in den Sternen, zumal unter vorgehaltener Hand bereits von versuchter Insolvenzverschleppung gesprochen wird.
Als wäre diese Bündelung handfester Vorwürfe nicht genug wählte die Generalversammlung des Verbandes vor einem Jahr den einzig kandidierenden hauptberuflichen Religionspädagogen und ehrenamtlichen Chef des Dachverbandes UOKG zum Bundesvorsitzenden. Der Theokrat muss sich seit Jahren ebenfalls mit harten, wenn auch bislang nicht finanziell begründeten Vorwürfen auseinandersetzen, bezeichnet er doch u.a. Juden als „Knechte Satans,“ wettert gegen den Bau einer Moschee in seinem Wirkungsumfeld und bezeichnet Allah als „erfundenen Götzen“ sowie dessen von den Muslimen verehrten Propheten Mohammed als „Lügner.“ Eine brisant zündelnde Mischung im Sinne von extremer Seite betriebener Volksverhetzung.
Zum Problem wir die hartnäckige Banalisierung
Die festgenommene Karin N. gehört zum Zeitzeugenkreis des Dachverbandes und wurde in der Vergangenheit entsprechend gefördert. Die Buchautorin Grit Poppe hatte auch deren Schicksal literarisch verarbeitet und war auf gemeinsamen Lesungen mit Karin N. aufgetreten. Für Beobachter liegt die Krux weniger in der Tatsache begründet, daß auch unter Opfern und Verfolgten einer Diktatur sogen. „schwarze Schafe“ auftauchen können. Zum Problem wird die Häufung dieser Vorfälle und deren hartnäckig betriebene Ignorierung oder Banalisierung. So mußte im letzten Jahr eine Beraterin in der UOKG und Freundin von Karin N., ebenfalls ehemalige jugendliche Insassin in Torgau, ihre Tätigkeit beenden, weil ihr vorgeworfen wurde, eigenmächtig Spenden von Betroffenen vereinnahmt und nicht abgeführt zu haben. Der UOKG-Chef ließ sich dennoch und trotz des eingeleiteten juristischen Verfahrens mit der Betroffenen ablichten und diese öffentlich den Dank für die stete Unterstützung durch den UOKG-Chef im Internet verbreiten.
Vielleicht wäre Karin N. das jetzige Schicksal erspart geblieben, wenn die Verantwortlichen der vielfach als „Aufarbeitungsindustrie“ benannten Institutionen beizeiten eine klarere und unmissverständliche Haltung eingenommen hätten. So kämpfen zum Beispiel einige bekannte Frauen, ehemalige Insassinnen des berüchtigten DDR-Frauenzuchthauses Hoheneck, seit über drei Jahren um die Wahrhaftigkeit von Zeugnissen über die erlittene Vergangenheit, bisher vergebens. Eine Mitgefangene, auch Vorstandsmitglied im Dachverband UOKG, hatte in ihren Zeitzeugen-Berichten Behauptungen verbreitet, die sich im Nachhinein als offensichtliche Lügen herausstellten, ohne dass dies zu entsprechenden Folgen geführt hätte. Seither häufen sich „unsaubere“ Storys, ohne dass auch nur eine Aufarbeitungsinstitution diesen „Geschichten“ Einhalt gebietet. Wenn der Verlobte „in Bautzen während der Haft (1954) verstorben“ und seine Urne „an der Ostsee beigesetzt“ worden sein soll und dieser einstige Verlobte noch heute (2015) lebt; wenn der schreckliche „Aufenthalt in der Wasserzelle in Hoheneck“ beschrieben wird, obwohl dies öffentlich von der selben Zeitzeugin gegenüber dem Bundespräsidenten dementiert worden war, dann ist die Grenze der Zumutbarkeit und die der Glaubwürdigkeit von Zeitzeugen nach Meinung nicht nur dieser Frauen weit überschritten.
Kommentar
cw – Was Karin N. jetzt vorgeworfen wird, kann sich in der Konsequenz als schlimmer herausstellen, als die fünf Monate in Torgau. Die vorgefundenen Beweise sind erdrückend, Mitleid für den illegalen und nach ersten Eindrücken industriellen Rauschmittelanbau und –handel ist wohl unangebracht.
Trotzdem braucht Karin N. Hilfe. Die oft durch ihre Erlebnisse traumatisierten Opfer der zweiten Diktatur werden zu oft mit ihren Erlebnissen alleine gelassen. An die Stelle monoton wirkender finanzieller Leistungsforderungen durch die Verbände hätte längst die Forderung nach und das unausweichliche, gesetzlich fundierte Angebot von psychosozialer Hilfe gehört. So gut die garantierte Akteneinsicht (BStU), so gut die Einstiege in finanzielle Entschädigungen sind, diese ersetzen nicht die zu garantierende Begleitung bei der Aufarbeitung erlittener Traumata.
Niemand kann sagen, ob ein solches Angebot Karin N. wirklich davon abgehalten hätte, sich und die Kameradinnen und Kameraden durch ihr Verhalten in Verruf zu bringen. Der Versuch wäre es wert gewesen. Dazu gehört zweifellos auch ein kritischer Umgang mit Zeitzeugen und Berichten, die widerlegbar sind. Die Aufarbeitungsinstitutionen dürfen schon aus Gründen der Selbstachtung nicht das Abgleiten von klaren rechtlichen Vorgaben tolerieren. Sie müssen Grenzen aufzeigen, die womöglich Karin N. aber auch die Beraterin in der UOKG, den Geschäftsführer oder auch Vorstandsmitglieder in einem Verfolgtenverband davon abgehalten hätten, in einem offensichtlich unzureichend abgesicherten und damit vielfach rechtsfreien Raum eigene Wege zu suchen und – fatalerweise – zu finden. (965)
V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin, Tel.: 030-30207785
Der Staat schweigt: Neo-Nazistische Umtriebe im Netz
Von Carl-Wolfgang Holzapfel
Gera/Berlin, 6.11.2014/cw – Michael Kleim, Pfarrer im Stadtjugendpfarramt in Gera ist besorgt. Wenige Tage vor dem 76. Jahrestag der sogen. Reichspogromnacht, findet der engagierte Geistliche im Internet zuhauf neonazistische und antisemitische Propaganda. Und kein Medium, keine staatliche Instanz nimmt offenbar davon Kenntnis, schreitet ein, sperrt den fragwürdige Autoren die Plattform für diese Hetze.
„Was nützt uns in wenigen Tagen der demonstrativ bekundete Abscheu gegen das seinerzeitige Geschehen, als im ganzen Dritten Reich Synagoge und Geschäfte von Juden in Flammen aufgingen, wenn heute wieder ungehindert die selbe antisemitische Propaganda verbreitet werden kann, wie einst?“, fragt der Pfarrer.
Jetzt sandte der Geraer auch der Redaktion Hohenecker Bote Ausschnitte dieser Internet-Hetze, die wir nachstehend in Auszügen in der Hoffnung auf Reaktionen aus Politik und Gesellschaft veröffentlichen. Nicht nur Michel Kleim sieht in diesen Veröffentlichungen den „Aufruf zu Straftaten und antisemitischen Bürgerkrieg, Volksverhetzung und polizeifeindliche Hetze.“ Er wirft der Internet-Plattform altermedia vor, sie „gießt Öl ins Feuer und profiliert sich als Zentralorgan der „neuen Unruhen.“
Unter http://altermedia-deutschland.info/content.php/8078-Mit-Hooligans-gegen-die-Grundrechte ist u.a. zu lesen:
„Wie stark muss die Liebe zu Deutschland sein, wenn man sich genötigt fühlt ein Polizeiauto umzuschmeißen. Meinetwegen hätten sie die Karre ruhig auch noch anzünden können*!….
Vielleicht lernt die Bullerei ja auf diese Weise, daß sie offenbar diesmal an die Falschen geraten ist, d.h. an solche, die sich nicht von einer frech die Arbeit verweigernden BRD-Bullerei nach Hause schicken lassen.“ SD-Inland
„Juden aus Europa hinauswerfen“
„Hools interessieren keine „Verbote“! Es ist auch „verboten“, sich in der dritten Halbzeit gegenseitig und zusammen den Bullen die Fresse einzuschlagen. Sie machen es aber trotzdem! Wenn sie jetzt nur noch den Guties und den Bullen eine einschenken, ist das schon mal nicht mehr zu beherrschen. Wenn wirklich mal 5000 oder mehr Cler ins Rollen kommen, muß die Judenrepublik*schießen lassen, um die noch aufzuhalten. Besondrs dann, wenn die Bullen nicht wissen, daß die kommen, weil sie eben NICHTS „angemeldet“ haben.“ griesgram
* Hervorhebung durch Redaktion Hoheneck
„Wenn bei den kommenden Strassenschlachten deutsche Muttchen in den Seitengassen versprengten Kameraden mit Bullen oder Kanaken* am Arsch die Tueren oeffnen, dann haben wir – dann hat Deutschland – gewonnen!“ Heusinger, 28.10.2014
„Oder aber: Dass Kanakenbullen* verkommenden Muttchen in Seitengassen den deutschen Arsch sprengen …“ Schwarzer Krieger
….
vielleicht ist jetzt die Gelegenheit alle Streitigkeiten zu beenden und gemeinsam auch mit den englischen und russischen Hoolligans für Deutschlands und Europas Freiheit zu kämpfen und die Salafisten und JUDEN* aus Europa hinauszuwerfen……..“ Na und…
Die Hooligans haben die richtige Einstellung nur hat man ihnen das falsche Ziel gegeben.
Die Frage, wieso so viele Moslems nach Deutscland reingelassen werden, haben sie gar nicht gestellt. Sie müssen ihren Hass auf alles Semitische* ausdehnen, d.h. Juden* einschließen, ansonsten sind sie der Spielball der Krummnasen*. (siehe Ukraine) H.H.“ Hauke Haien
„Ausbeutung durch Juden“
„Wenn man Anfaengt Israel Flaggen zu verbrennen, dann kommt der Chef schon aus seinem Kabeus’chen. Die Fatima kriegt einen Klaps auf den muslimischen Allerwertesten und wird nach Hause geschickt. Das Verbrennen von Israel Flaggen* ist eine Provokation bei der alle Judenknechte* sich Emporen muessen, dann macht man eine Liste von Gegnern*, die man direkt bekaempfen* kann, durch Untersuchen, was fuer Leichen diese m Keller haben.
Wenn man das Verbrennen von Israel Flaggen noch mit Parolen wie ‚Adolf do it again‘ und Aehnlichem garniert, dann haste die Judensuppe* am kochen.
Dann kommen alle Moeglichen Verbote heraus und der Kampf beginnt*. dann muss Michel sich entscheiden, was er will, Perversion oder Sauberkeit, Ausbeutung durch Juden* Bankster oder Freiheit und Aufbau, Schuldensklaverei oder Freiheit.
Vermutlich ist der Zeitpunkt gut, weiter zu gehen und vorwärts zu schreiten, nun muss die Judensuppe* reagieren.Wenn die Hooligans genug Eier in der Hose haben, lassen die sich nicht stoppen. H.H.“
„Und im Moment sind Rassenunruhen in der BRDDR etwas, was wir als NAZIs begrüßen und fördern sollten! Also, Vorhang auf für Rassenunruhen!“ griesgram
Demonstration Aufgabe aller demokratische Parteien
Hier reicht auch aus Sicht der Vereinigung 17. Juni 1953 in Berlin kein Protest durch entsprechende Strafanzeigen, weil hier ohnehin die Strafverfolgungsbehörden gehalten sind, von „Amtswegen“ zu ermitteln. Hier müssten, auch und gerade im Glanz der bevorstehenden und begreiflichen Jubelfeiern zum 25. Jahrestag des Mauerfalls Hunderttausende vor dem Reichstag in Berlin und in anderen Städte unserer Republik (Leipzig, München etc.) ein unzweideutiges Bekenntnis ablegen: „Keine Gewalt!“, aber auch: „Nie wieder Antisemitismus, nie wieder Volksverhetzung!“ Das sei eine Pflichtaufgabe aller demokratischen Parteien, „denn nur diese können und mussten(!) ihre Anhängerschaft entsprechend mobilisieren, sagte der Vereinsprecher heute in Berlin. (889)
V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin, Tel.: 030-30207785 oder 0176-48061953
Berlin, 22.04.2014/cw – Die Berliner Staatsanwaltschaft hat ein Ermittlungsverfahren gegen den Textilanten Jan Bejšovec wegen angezeigter Volksverhetzung unter Berufung auf Art.5 GG als Meinungskundgabe eingestellt. Der UOKG-Vorsitzende Rainer Wagner hatte die Anzeige erstattet, nachdem die Vereinigung 17. Juni den Skandal öffentlich gemacht hatte. Die Berichterstattung bezog sich auf eine Ausstellung in den Räumen des „Cafe Sibylle“ in der Karl-Marx-Allee, in der ein gekreuzigter Hubertus Knabe mit Hitlergruß und Rotfrontkämpfer-Faust neben Extremisten wie Gaddafi, Goebbels, Zschäpe und Mahler dargestellt worden war.
In einer Presseerklärung von heute weist der Künstler nun auf die Verfahrens-Einstellung hin und erklärt die Kritik „an seinem Kunstwerk“ als „mediale Skandalisierung“. Unter der Internet-Seite „Konfliktstoff“ schreibt der Künstler, er sei „erfreut, dass mit dieser Entscheidung eines der höchsten Güter einer demokratischen Gesellschaftsordnung vor einem Angriff geschützt wird, der darauf abzielt, eine künstlerische Kommentierung bestimmter Missstände in der Aufarbeitung der jüngsten deutschen Geschichte zu unterdrücken.“ Durch die Kritik „in Blogs und bestimmten Zeitungen werden Bejšovec und weitere Personen grob beleidigt und ihnen außerdem die künstlerische bzw. berufliche Qualifikation abgesprochen.“
Der textile Künstler überzieht Wagner mit Hohn und Spott für dessen Aussage, nach der „diese geschmacklose und herabwürdigende Darstellung jeder Beschreibung“ spotte und „nicht nur Herrn Knabe selbst, sondern die ganze Gedenkstätte (Anmerkung: Hohenschönhausen) und alle Opfer der SED-Diktatur“ beleidige und sieht die Wagner-Äußerung als „einen Beleg für die mit dem Kunstwerk kommentierte quasireligiöse und unwissenschaftliche Überhöhung einer Person als Symbol für ALLE durch die DDR Geschädigten.“ Der Vorsitzende der Vereinigung 17. Juni, Carl-Wolfgang Holzapfel, versteige „sich zu der Behauptung (Zitat): Das sei keine Kunst, das ist Volksverhetzung in Reinkultur und die in der DDR-Diktatur praktizierte Erziehung zum Hass auf Andersdenkende (Ende Zitat).“ Holzapfel drohe „zukünftigen Ausstellern (Zitat): Jan Bejšovec kann das Bild nach diesem Skandal nicht mehr so harmlos ausstellen, wie weiland das ARD-Hauptstadtstudio. Es ist durch seine widerliche Agitprop-Textung buchstäblich verbrannt (Ende Zitat).“ Das ARD-Hauptstadtstudio hatte sich eindeutig von der jetzigen Textung zum Bild distanziert.
In einer ersten Reaktion teilt die Vereinigung 17. Juni ihre Verwunderung über die sehr eigenwillige Beurteilung der Anzeige durch die Staatsanwaltschaft mit. Man habe nicht das Kunstwerk selbst, sondern die beigefügte Textung zu Recht kritisiert und als Volksverhetzung und als eine Erziehung zum Hass auf Andersdenkende bezeichnet. Knabe sei ausdrücklich vom Künstler namentlich mit seinem „Gesicht“ benannt worden. Im Text hatte es geheißen: „„Das Bild thematisiert die umstrittene „Totalitarismustheorie“, nach der in Wesen und Wirkung alle totalitären politischen Systeme gleich sind. Diese von seriösen Historikern lange widerlegte Theorie wird in Deutschland nur noch von den Epigonen des Antikommunismus als Propaganda verwendet. Das „Gesicht“ dieser noch tief im Kalten Krieg verwurzelten Gruppe ist Hubertus Knabe, der als Direktor die Gedenkstätte eines ehemaligen Haftkrankenhauses der Staatssicherheit der DDR mit unwissenschaftlichen Mitteln zur politischen Einflussnahme missbraucht.“
Wenn jetzt die Staatsanwaltschaft in dem Einstellungsbeschluss auschließlich auf das „beanstandete Bild“ abstelle, ginge dies am Straftatbestand der Volksverhetzung durch den beigefügten Text in nicht mehr nachvollziehbarer Weise vorbei. Hier werde gewissermaßen durch die Justiz amtlich ein „Freibrief für künftige Hasstiraden und Volksverhetzungen“ ausgestellt, stellt die Vereinigung aus Berlin fest. Dass sich künftig jeder Extremist auf diese Entscheidung berufen könne, stimme bedenklich, wobei man über mögliche Erblindungen auf „seitenorientierten Augen“ nicht spekulieren wolle. Das unverständliche Schweigen der für die Gedenkstätte zuständigen politischen Institutionen gegenüber dieser schamlosen Diffamierung des Direktors der Gedenkstätte Hohenschönhausen habe dabei sicherlich die staatsanwaltliche Interpretation beflügelt.
V.i.S.d.P.: Vereinigung 17. Juni 1953 e.V., Berlin, Tel.: 030-30207785
JUNGE WELT stellt Verbrechen in Hohenschönhausen infrage
cw – Wie angekündigt, hat die Vereinigung 17.Juni 1953 heute Anzeige wegen Volksverhetzung gegen einen Autor und die Redaktion der linken Zeitung „junge Welt“ in Berlin erstattet.
In einem Beitrag vom 22.09.2007 „Meinungsfreiheit auf Eis gelegt“ hatte der Autor Markus Bernhard über die Proteste von SED-Opfern gegen den geplanten Auftritt von Ex-Stasi-General Werner Großmann auf einem Stadtteilfest in Lichtenberg berichtet.
Dabei hatte Bernhard u.a. formuliert: „Auch Hubertus Knabe, Leiter der Gedenkstätte Hohenschönhausen, die an angebliche Verbrechen der >kommunistischen Gewaltherrschaft< erinnern soll, hatte sich öffentlich in Betroffenheitsrhetorik geübt.“
Der Vorsitzender des Vereins, Carl-Wolfgang Holzapfel (63), der selbst vor seiner Verbringung in das Zuchthaus Bautzen von 1965 – 1966 in Hohenschönhausen neun Monate in Einzelhaft einsaß, fühlt sich durch diese „offene Infragestellung, die einer Leugnung der Verbrechen gleichkommt“ persönlich beleidigt. Als Vertreter von Opfern der SED-Diktatur sieht er darüber hinaus den Tatbestand der Volksverhetzung gegeben.
Auch die Tatsache, dass die JUNGE WELT den Protest seiner Vereinigung am 25.09.2007 unter den „irreführenden“ Titel „Zuviel Pressefreiheit“ im Wortlaut veröffentlichte, mindere die Vorwürfe nicht. Denn mit keiner Silbe habe die Vereinigung oder er selbst ein „zuviel an Pressefreiheit“ beklagt. Statt sich von dem Artikel zu distanzieren, habe die Redaktion „auf die Verleumdung und Volksverhetzung noch eins draufgesetzt.“
In seiner Anzeige an den Generalstaatsanwalt in Berlin, Rolf Rother, zitiert Holzapfel u.a. eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 13.April 1994 (BVerfG 90/241), in der festgestellt wurde: „Bei § 130 StGB handelt es sich um ein allgemeines Gesetz im Sinne des Art.5 Abs.2 GG (Grundgesetz), das dem Schutz der Menschlichkeit“ diene.
„Der möglichen Argumentation, dass eine Volksverhetzung nicht vorliege, da jedermann um die Verbrechen der SED-Diktatur wüsste,“ widerspricht Holzapfel „vorsorglich“ und führt aus: „Jedermann/Frau weiß auch um die Verbrechen des Holocaust. Trotzdem wird eine Leugnung zu Recht als Volksverhetzung gewertet und entsprechend, wie die Leugnung anderer nationalsozialistischer Verbrechen mit Strafe bedroht.“
21. Oktober 2007
V.i.S.d.P.: Carl-Wolfgang Holzapfel, Vereinigung 17. Juni 1953 e.V.
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