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Leipzig/Berlin, 16.10.2019/cw – Lediglich ein Verband wurde zu der bemerkenswerten Veranstaltung in Leipzig eingeladen. Unter dem Titel: „Geschichte und Zukunft der Verfolgtenverbände“ hatte das Archiv Bürgerbewegung Leipzig e.V. zu einer Podiumsdiskussion am 15.10.2019 um 19:00 Uhr in die Alte Börse Leipzig eingeladen. Ein einziger Verband war offensichtlich von den Veranstaltern informiert worden, die Vereinigung der Opfer des Stalinismus (VOS), deren Vertreter Hugo Diederich als „Bundesvorsitzender“ (Einladung), obgleich nur Beisitzer im Vorstand, sogar auf das Podium durfte. Der Dachverband, die Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG) noch andere Verbände oder deren Vertreter waren offenbar nicht informiert geschweige denn eingeladen worden.
Unter der Moderation von Reinhard Bohse, stellv. Vorsitzender der Freien Wähler Leipzig und 1989 Mitbegründer des Neuen Forums, diskutierten Prof. Dr. Barbara Zehnpfennig, Lehrstuhl Politische Theorie und Ideengeschichte Universität Passau, Hugo Diederich, hier als „Geschäftsführer“ der VOS vermerkt, Lutz Rathenow, Sächsischer Landesbeauftragter zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und Jörg Siegmund, wissenschaftlicher Assistent und persönlicher Referent der Direktorin der Akademie in Tutzing. Über die Ergebnisse der Veranstaltung lagen bei Redaktionsschluss allerdings keine Verlautbarungen vor.
Mit der offenbaren Ausgrenzung der Verbände von Opfern der Zweiten Deutschen Diktatur von einer weiteren Themen-bezogenen Veranstaltung scheint sich eine bedenkliche Entwicklung der Verdrängung kommunistischen Unrechtes fortzusetzen. Erst kürzlich hatte der Dachverband UOKG in einem Offenen Brief die Nichtberücksichtigung von Diktatur-Opfern in der Vorbereitung der Feiern zum 30. Jahrestag des Mauerfalls beklagt.
Kommentar:
Die Erinnerung an die Verdrängung des NS-Unrechtes nach dem Krieg hat offenbar keine Erfahrungswerte hinterlassen. Und ein korrigierender Aufstand, wie durch die 1968er-Protestanten, steht vergleichbar nicht an. An der historischen Lernfähigkeit in Deutschland darf nach wie vor gezweifelt werden.
V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin – Mobil: 0176-48061953 (1.486).
Stollberg/Hoheneck, 22.05.2019/cw – An diesem Wochenende treffen sich ehemalige Hoheneckerinnen in Stollberg. Der einst weit über 100 Mitglieder zählende Verein „Frauenkreis der ehemaligen Hoheneckerinnen“ hat zur Mitgliederversammlung eingeladen, um u.a. satzungsgemäß einen neuen Vorstand zu wählen.
Doch ob es überhaupt zu Neuwahlen kommen wird, steht buchstäblich „in den Sternen“, da
nach Informationen unserer Redaktion nicht einmal ordnungsgemäß zu der Versammlung eingeladen wurde. Das verwundert Insider insoweit, als die amtierende Vorsitzende nach einem jahrelangen juristischen Streit um die Auslegung der Satzung und den Bestimmungen des Vereinsrechtes gegen den einstigen Vorstand obsiegt hatte und im Gefolge zur Vorsitzenden gewählt wurde. In dem Anschreiben an die Mitglieder vom 25. Januar d. J. wurde lediglich „zum Treffen“ vom 24. – 26. Mai „mit Aktionstagen“ eingeladen. Unter der zeitlichen Angabe „24.05.“ wurde zwar als vierter Veranstaltungspunkt für „17:30 Uhr“ eine „Mitgliederversammlung mit aktuellen Themen und Vorstandswahl“ angekündigt, die Beifügung einer vorgesehenen Tagesordnung unterblieb jedoch.
Muss sich der Vorstand selbst wählen?
Aus diesen rechtlich-formalen Gründen erscheint die Versammlung als nicht beschlußähig, geschweige denn in der Lage, rechtsgültig einen neuen Vorstand zu wählen. Zudem werden nur wenige Frauen des nach den jahrelangen Auseinandersetzungen stark gesunkenen Mitgliederbestandes zum Wochenende auf Hoheneck erwartet. Es könnte also durchaus sein, dass sich der zu wählende siebenköpfige Vorstand im Falle einer überhaupt durchgeführten Wahl selbst wählen müsste, was die Fragwürdigkeit einer rechtlichen Basis des Vereins ggf. unterstreichen würde.
Nach der 2016 erfolgten Wahl waren von den sieben Mitgliedern allein vier „wegen unüberbrückbarer Meinungsunterschiede im Vorstand“ von ihrer Funktion zurück- und sogar aus dem Verein ausgetreten. Seither führte der verbliebene Rumpfvorstand unter der ehemaligen Hoheneckerin Regina Labahn die Geschäfte.
Abgesehen von diesen vereinsrechtlichen Kriterien werden zum Wochenende, präzise am 25.05. zum „Tag der offenen Zellentür“ neben dem sächsischen Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Lutz Rathenow, auch der Psychologe und Buchautor Dr. Karl-Heinz Bomberg und der Bundestagsabgeordnete Peter Beyer (CDU-Fraktion) wie die wissenschaftliche Mitarbeiterin in der CDU-Fraktion des Bundestages, Melanie Meyer, erwartet. Bomberg wird um 12:00 Uhr sein Buch „Heilende Wunden“ mit „musikalischer Umrahmung und Signierstunde“ vorstellen.
Abschiedsvorstellung nach Austritt aus der UOKG?
Trotz der in der Einladung angeführten Unterstützung des Treffens durch die „Bundesstiftung Aufarbeitung Berlin“ könnte dieses Treffen das letzte in der Verantwortung des einst angesehenen Vereins sein. Ohnehin verlaufen die Planungen für die vom ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff bei seinem Besuch auf Hoheneck im Mai 2011 angeregte „Gedenkstätte Hoheneck“ ohne ersichtliche Einbindung des Vereins an den Frauen von Hoheneck vorbei. „Die Stadt kann in dem desolaten Zustand des Vereins, der einmal ein ernstzunehmender Gesprächspartner war, keine solchen mehr sehen,“ sagte der Redaktion gegenüber eine ehemalige Hoheneckerin, die namentlich nicht genannt werden möchte: „Kritikerinnen werden grundsätzlich nur noch mit Hass und Verleumdungen verfolgt, das möchte ich mir nicht mehr antun.“
Es sieht also so aus, dass der legendär gewordene Frauenkreis vor seinem endgültigen AUS steht. Mithin könnten die angekündigten „Aktionstage“ an diesem Wochenende die Abschiedsvorstellung des Vereins sein. Ohnehin hatte der Vorstand die Mitgliedschaft im Dachverband der Opferverbände – UOKG – bereits zum Jahresende 2018 gekündigt.
V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin – Tel.: 030-85607953 (1.409).
Berlin/Buschhoven, 23.04.2019/cw – Während der ehemalige Vorsitzende der UOKG, Horst Schüler, am 17.04. in Hamburg zu Grabe getragen wurde, erfuhren die Trauergäste vom Ableben des Mitbegründers und einstigen Vorsitzenden der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG), Roland Bude. Er starb am 17.04.2019 in Buschhoven bei Bonn. Der am 22.03.1926 in Freiwaldau (Sudeten-Schlesien/ČSR) geborene Bude leitete die UOKG in den Gründungsjahren nach Lothar Brauer von 1992-1994. *
Gleich dem Kameraden Horst Schüler verbrachte auch Bude Jahre in Sibirien, was ihn nachhaltig prägte. Nach dem Notabitur 1944 in Gablonz (Neiße) wurde der 18jährige zum Wehrdienst in der Infanterie in Polen und der Slowakei eingezogen, 1945 in der CSSR interniert gelang dem Zwanzigjährigen 1946 die Flucht nach Arnstadt (Thüringen), wo er das Abitur wiederholte. Ein Studium wurde ihm von der Uni Jena zunächst verweigert, da er als Kind eines Angestellten nicht ein „Arbeiter- oder Bauernkind“ war. Nach einer entsprechenden Ausbildung war er schließlich als Russisch-Lehrer tätig und wurde im Wintersemester 1947/48 zum Studium Slawistik und Russisch zugelassen. Nachdem Bude 1948 geheiratet hatte, wechselte er zum folgenden Wintersemester an die Uni in Rostock. Dort war er Mitglied der FDJ, des FDGB und Referent für Kultur im Studentenrat.
Am 13.Juli 1950 erfolgte die Verhaftung durch die Staatssicherheit. Der Vorwurf: Verbindung zu geflohenen Kommilitonen in West-Berlin. Nachdem Bude eine Verpflichtung, für die Stasi zu arbeiten, abgelehnt hatte, wurde er an den sowjetische NKWD überstellt. Von einem Sowjetischen Militär-Tribunal zu 2 x 25 Jahren Arbeits-Besserungslager verurteilt, wurde der junge Mann nach Workuta zur Arbeit in den dortigen Kohlegruben verschleppt. Am 3.11.1954 wurde das verhängte Strafmaß um vier Jahre wegen hoher Arbeitsleistungen und guter Führung reduziert.
Erst im Oktober 1955 wurde er nach den bekannten Bemühungen des damaligen Bundeskanzlers Konrad Adenauer aufgrund des Erlasses des Präsidiums der Obersten Sowjets vom 28.9.1955 entlassen und konnte zu seiner Frau und seinem Kind nach München heimkehren. Erst 1993 wurde Roland Bude rehabilitiert.
In der Folge war er als Werkstudent zunächst wissenschaftl. Mitarbeiter im Presse- und Informationsamt der Bundesregierung in Bonn, danach arbeitete er in der wissenschaftlichen Kommission für die „Dokumentation Kriegsgefangenschaft“. Ab 1959 war Bude Leiter des Info-Zentrums „Einheit in Freiheit“ im Verein zur Förderung der Wiedervereinigung Deutschlands in Bonn, ehe er ab 1962 im Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen in der Öffentlichkeitsarbeit und politischen Bildung arbeitete; ab 1991 war er Abteilungsleiter „Kultur, Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit zur Deutschen Einheit“.
Maßgeblich an der Gründung der UOKG beteiligt wurde er 1992 deren erster Vorsitzender (bis 1995), ab 1998 war Bude Vizepräsident der Internationalen Assoziation ehemals politischer Gefangener und Opfer des Kommunismus (Inter-Asso).
Der Verstorbene wurde für sein Engagement 1987 mit dem Bundesver-dienstkreuz 1. Klasse ausgezeichnet. Mit Roland Bude verliert die Aufarbeitungs-Community einen weiteren engagierten Vertreter ihrer Intereressen. „Die uns allein in diesem Monat erreichten traurigen Nachrichten wiegen schwer, die Verluste gewohnter treuer Weggefährten sind unersetzlich. Auch Roland Bude wird uns fehlen,!“ erklärte die Vereinigung 17. Juni 1953 am heutigen Dienstag nach Bekanntwerden der Nachricht. Deren ggw. Vorsitzender hatte 1992 an der Gründungsver-sammlung der UOKG in Berlin teilgenommen.
* Redaktionelle Korrektur 24.04.2019/cw:
Die Vorsitzenden der UOKG waren:
1. Lothar Brauer (Oktober 1991- März 1992)
2. Roland Bude (März 1992-November 1994)
3. Gerhard Finn (November 1994-Dezember 2001)
4. Horst Schüler (Januar 2002-Juli 2007)
5. Rainer Wagner (Juli 2007-April 2015)
6. Dieter Dombrowski (seit Oktober 2015)
V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin – Tel.: 030-85607953 (1.397).
Berlin/Hamburg, 14.04.2019/SK – Am 27. März 2019 verstarb der langjährige Vorsitzende der Lagergemeinschaft Workuta/GULag Sowjetunion Horst Schüler im Alter von 94 Jahren in Hamburg.
Ein Nachruf von Stefan Krikowski *
Diese Augen. Wer in diese Augen geschaut hat, spürt, dass sie weit mehr gesehen haben als einem Menschen zuzumuten ist. Über viele Jahre hatte Horst Schüler in die Abgründe des Gulags geblickt. Durch ein Sowjetisches Militärtribunal (SMT) war er am 5. März 1952 im berüchtigten KGB-Gefängnis in der Potsdamer Lindenstraße zu 25 Jahren Zwangsarbeit in Workuta verurteilt worden. Die engsten Familienangehörige und seine Ehefrau wussten nichts über seinen Verbleib. Über viele Jahre war er einfach spurlos verschwunden.
Zu einer Zeit, als es Menschen gab, die freiwillig von Hamburg in die DDR zogen, war er froh, überhaupt nach Hamburg ziehen zu können, zusammen mit seiner Ehefrau Ingrid, die all die Jahre trotz Ungewissheit über seine Inhaftierung auf ihn gewartet hatte. Hamburg bedeutete für die noch junge Familie Freiheit. Eine Freiheit, die oft auch schmerzte, denn zu seinen bittersten Erfahrungen gehörte, dass in der Freiheit die Wenigsten von seinen Erfahrungen im Gulag hören wollten.
Geboren am 16. August 1924 in Potsdam-Babelsberg, wurde er als Kind Zeuge, wie die Nationalsozialisten seinen Vater Fritz Schüler, Sozialdemokrat und Gewerkschafter, drangsalierten, verfolgten, schließlich am 3. März 1942 letztmalig verhafteten und in das Untersuchungsgefängnis in der Potsdamer Lindenstraße brachten. Von dort wurde Fritz Schüler in das KZ Sachsenhausen deportiert, wo er am 5. Dezember 1942 starb.
Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete Horst Schüler als Journalist bei der Zeitung „Märkische Volksstimme“ in Potsdam, in der er unter dem Pseudonym „Kiekeohr“ u.a. die Versorgungsmissstände in der DDR kritisierte. Als er sich weigerte, als Spitzel für den sowjetischen Geheimdienst zu arbeiten, wurde er am 4. November 1951 verhaftet und – bittere Ironie der Geschichte – ebenfalls in die Potsdamer Lindenstraße gebracht, die diesmal der sowjetischen Besatzungsmacht als Untersuchungsgefängnis diente. Vor zehn Jahren hatte er hier seinen von den Nationalsozialisten verhafteten Vater besucht. Sein Vertrauen darauf, dass man ihm als anerkanntem Opfer des Faschismus (OdF) nichts anhaben könne, hatte sich als Trugschluss erwiesen.
Nach Monaten der Schläge, Folter und nächtelangen Verhöre wurde Horst Schüler schließlich am 5. März 1952 durch ein Sowjetisches Militärtribunal nach dem Gummiparagraphen 58 des russischen Strafgesetzbuches wegen „Spionage“ zu 25 Jahren Lagerhaft verurteilt. Bis zu seiner vorzeitigen Freilassung Ende 1955 verbüßte er diese Strafe im berüchtigten Straflager Workuta. Mit seinen über 40 Straflagern und dazugehörenden Kohleschächten war Workuta einer der härtesten Gulag-Komplexe im sowjetischen Lagersystem. Als Arbeitssklave des 29. Kohleschachtes (Lager 10) nahm Horst Schüler im Juli 1953 aktiv am Aufstand gegen die Arbeits- und Haftbedingungen teil. Dieser wurde am 1. August 1953 blutig niedergeschlagen: 64 Tote und über 123 zum Teil schwer Verletzte waren zu beklagen.
Kann ein Mensch nach einer solchen Gewalt- und Ohnmachtserfahrung wieder heimisch werden?
Augenscheinlich führte Horst Schüler mit seiner Ehefrau und seinen zwei Kindern in Hamburg eine ganz normale bürgerliche Existenz. In der Hansestadt setzte er erfolgreich seine Arbeit als Journalist fort und wurde leitender Redakteur beim „Hamburger Abendblatt“.
Wie sehr Workuta den seelischen Klangraum Horst Schülers verändert hatte, davon zeugt eine Passage aus seinem Buch „Workuta – Erinnerung ohne Angst“. Hierin setzt er sich mit dem Unverständnis der Nachgeborenen auseinander: „Natürlich könnt ihr nicht ahnen, wie sehr diese Zeit im Lager unsere Seelen deformiert hat. Wie sollt ihr begreifen, daß wir zusammenschrecken beim Anblick eines verrotteten Stacheldrahtzauns. Daß der Hochstand eines Jägers uns unweigerlich an einen Wachturm erinnert? Daß wir bei einem sorgsam geharkten Weg an die verbotene Zone rings um das Lager denken, die niemand betreten durfte, es sei denn, er suchte den schnellen Tod. Daß wir uns innerlich dagegen auflehnen, wenn ihr leichthin vom Hunger sprecht, ohne überhaupt ahnen zu können, was Hunger wirklich aus Menschen machen kann. Und wenn wir beim Klang eines Hammerschlags auf Eisen zusammenfahren, wie sollt ihr es wissen? Selbst dieses harmlose Geräusch bringt uns zurück in die Welt der Lager. Mit Schlägen auf dem Stück Eisenbahnschiene nämlich, das am Tor hing, wurden die Häftlinge geweckt, wurden sie zur Arbeit befohlen, zur Zählung, zum Appell.“
Nach seinem Eintritt in den Ruhestand, der zusammenfiel mit dem Zusammenbruch des Kommunismus und der DDR, reiste Horst Schüler 1992 als erster deutscher Journalist in die damals noch gesperrte Stadt Workuta. 1995 gründete er die Lagergemeinschaft Workuta/GULag Sowjetunion. So konnte er den jährlichen Treffen der ehemaligen Gulag-Häftlinge eine offizielle Organisationsform bieten. Den UOKG-Vorsitz hatte er von 2001 bis 2007 inne.
Horst Schüler war er ein geschätzter Interviewpartner. Er war ruhig und sachlich und musste nicht laut werden, um als Autorität wahrgenommen zu werden. Gerade in schwierigen Zeiten verstand er es wie kein anderer, Konflikte zu entschärfen, zu integrieren und zu vermitteln.
Dass Horst Schüler Journalist mit Leib und Seele war, lässt sich im Mitteilungsblatt der UOKG „Der Stacheldraht“ nachlesen. Hierfür schrieb er regelmäßig die Editorials und äußerte sich auch zu aktuellen Themen. Seine Tätigkeit blieb jedoch nicht nur auf die UOKG beschränkt. Bis zuletzt hat Horst Schüler seine Stimme erhoben, so z. B. in der Auseinandersetzung um das 2013 von Wolfgang Benz herausgegebene Buch „Ein Kampf um Deutungshoheit. Politik, Opferinteressen und historische Forschung“.
Horst Schüler musste erleben, wie nachhaltig das Gift der Zersetzung, das die SED mit ihren Schergen so reichlich versprüht hatte, wirkte. Keine 30 Jahre nach dem Mauerfall nehmen die politischen Anfeindungen, die die Kritiker des Kommunismus in eine rechtsradikale Ecke zu stellen versuchen, an Heftigkeit zu. Horst Schüler bezog auch hier Position und wandte sich z. B. gegen die unbotmäßige Entlassung von Dr. Hubertus Knabe, dem Direktor der Berliner Gedenkstätte Hohenschönhausen. Nachdem dieser Stützpunkt für den antitotalitären Konsens mit allen – auch medialen – Mitteln geschliffen worden war, wurden die Stimmen, die eine andere Erzählung der DDR-Geschichtsschreibung fordern, immer lauter. Ein vorläufig negativer Höhepunkt in der Umdeutung der DDR-Geschichte war die sog. Fachtagung in den Räumen der Amadeu Antonio Stiftung im Februar 2019 zum Thema „Der rechte Rand der DDR-Aufarbeitung“. Nahezu unwidersprochen wurde der ehemalige UOKG-Vorsitzende Gerhard Finn, Jahrgang 1930, in die Nähe von NS-Tätern gerückt.
Schon längst von schwerer Krankheit gezeichnet, kämpfte Horst Schüler weiterhin gegen die Verklärung und Verharmlosung der Verbrechen des Kommunismus. Er suchte den Dialog mit dem politischen Gegner, blieb immer sachlich und höflich, argumentierte hart in der Sache und nahm sein Gegenüber mit. Er wollte seine Gegner überzeugen, ohne sie zu diffamieren. Ihm war es ein Anliegen, die Opfer beider Diktaturen zu würdigen und ihren Anliegen gerecht zu werden.
Nun ist Horst Schüler am 27. März 2019 im Alter von 94 Jahren in Hamburg gestorben. Er erlag seinem Krebsleiden. Mit ihm verlieren wir eine unverwechselbare Stimme. Einer der letzten Zeugen des Gulags hat uns verlassen. Horst, wir vermissen dich und verneigen uns vor dir.
* Der Autor ist seit einigen Jahren Nachfolger von Horst Schüler als Vorsitzender der Lagergemeinschaft Workuta / GULag Sowjetunion. Horst Schüler wird am 17.April im engen Kreis in Hamburg beigesetzt.
V.i.S.d.P. / Quelle: http://www.workuta.de/aktuelles/index.html
Stollberg/Hoheneck/Berlin, 18.03.2019/cw – Unter dem Titel „Gedenkstätte Frauengefängnis Hoheneck soll verschwinden“ hatte der SACHSENSPIEGEL des mdr am 14.03. in der 19:00-Uhr-Sendung über den Plan der Stadt Stollberg berichtet, die Gedenkstätte zu schließen und damit unter den ehemaligen noch lebenden Frauen von Hoheneck helle Empörung ausgelöst.
Der eingespielte Beitrag, in dem sich der Oberbürgermeister zu diesen Plänen äußerte, war allerdings nicht geeignet, der Darstellung des Senders zu widersprechen. So wurde Marcel Schmidt mit der Äußerung wiedergegeben, die Stadt könne nicht jedem einzelnen Opfer gerecht werden. Stollberg habe dieses Gefängnis nicht betrieben, das sei die DDR gewesen: „Wir haben als Stadt ein ehemaliges Gefängnis gekauft, dass wir als Stadt nicht selbst betrieben haben, sondern was die DDR hier installiert hat.“ Auch die Redaktion Hoheneck griff diesen Vorgang auf: https://17juni1953.wordpress.com/2019/03/15/mdr-gedenkstaette-frauengefaengnis-hoheneck-soll-verschwinden/ (15.03.2019). Eine diesbezügliche Nachfrage an den Sender bzw. die betr. Redaktion wurde bis heute (18.03., 22:00 Uhr) nicht beantwortet.
Logo, Beirat und Zeitplan für Gedenkstätte
Dagegen schrieb der Redakteur der Freien Presse in Stollberg, Björn Josten, vor wenigen Stunden in einer Email an uns: „Ich habe den Beitrag des MDR auch gesehen und muss mich wundern. Ich habe einen anderen Recherchestand: https://www.freiepresse.de/erzgebirge/stollberg/das-ist-das-neue-logo-fuer-hoheneck-artikel10470462.“ Tatsächlich berichtet Josten in der Samstag-Ausgabe unter dem Titel: „Das ist das neue Logo für Hoheneck“ über Fortschritte bei der Schaffung der Gedenkstätte.
Das neue Logo soll den Fortgang der Gedenkstättenplanung belegen, ebenso der geplante Beirat, in dem auch ehemalige Frauen von Hoheneck vertreten sein sollen. Inzwischen spricht der UOKG-Vorsitzende Dieter Dombrowski in ebenso voreilig verbreiteten Mails von einer Falschmeldung der Redaktion Hoheneck. Tatsächlich handelte es sich unsererseits um eine Wiedergabe einer offiziell verbreiteten Mitteilung des mdr zu einer seiner Sendungen. Der CDU-Politiker ließ allerdings offen, ob er sich dieserhalb selbst bereits an den Sender gewandt hat.
Konkreter wurde dagegen Bianca Eichhorn, offizielle Gedenkstättenbeauftragte der „Gedenkstätte Frauenzuchthaus Hoheneck“ der Stadt Stollberg. In einer Rund-Mail von heute erklärte Eichhorn u.a.:
MDR-Sachsenspiegel hat Schmidt-Worte vollkommen aus Kontext gerissen
Ich möchte „die vollkommen FALSCHE Berichterstattung und Fehlinformation des MDR-Fernsehens (zu sehen im MDR Sachsenspiegel am 14.03.2019, 19.oo Uhr) ausräumen. Es stimmt uns sehr traurig, dass gerade das MDR Fernsehen Fehlinformationen solcher Art aufgreift, diese ungefiltert verbreitet und ein Interview unseres Herrn Schmidt dahingehend „zerpflückt“. Ich kann Ihnen versichern, dass die Worte von Herrn Schmidt vollkommen aus dem Kontext gerissen wurden und es NIE zur Debatte stand, „…dass dieser Erinnerungsort in seiner jetzigen Form verschwinden soll“. Diesbezüglich wird es auch noch eine Rücksprache mit dem MDR Fernsehen geben.“
Auf das Ergebnis diese Rücksprache sind nicht nur zahlreiche ehemalige Hoheneckerinnen sondern auch wir gespannt. Die sich hier abzeichnende und derzeit zumindest behauptete manipulierte Berichterstattung eines öffentlich-rechtlichen Senders wäre in der Tat ein Skandal und müsste entsprechende Konsequenzen nach sich ziehen. Die Redaktion Hoheneck nimmt diesen Vorgang jedenfalls zum Anlass, auch Meldungen öffentlich rechtlicher Medien künftig mit den gebotenen Mitteln vor einer Weiterverbreitung (durch uns) besonders zu prüfen. Bisher haben wir auf deren Seriosität vertraut.
V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin – Tel.: 030-85607953 (1.389).
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