You are currently browsing the tag archive for the ‘Unrechtsstaat’ tag.
Berlin, 5.11.2019/cw – Um „5 vor zwölf“, also 11:55 Uhr, wird die Bundestagsfraktion der AfD an den Mauerkreuzen in der Ebertstraße (zwischen dem Reichstag und dem Brandenburger Tor) mit einer Kranzniederlegung die Toten ehren, die in den 28 Jahren der Berliner Mauer bei Fluchtversuchen ums Leben kamen.
Wie die Vereinigung 17. Juni 1953 heute in Berlin mitteilte, ist erstmals eine Bundestagsfraktion an den Verein mit der Mitteilung herangetreten, an den Mauerkreuzen am Reichstag ein Gedenken vorzunehmen. Der Verein betreut diese Gedenkstätte seit dem Tod von Juliane Kleinschmidt (2010) vom Bund der Mitteldeutschen und dem Berliner Bürgerverein.
Seit 1999 und damit seit 20 Jahren betreut Gustav Rust diesen Gedenkort und sorgt seither allein durch seine fast tägliche Anwesenheit dafür, das die Würde des Gedenkortes gewahrt bleibt. Gustav Rust hat eine über neunjährige Odyssee als politischer Häftling durch den DDR-Gulag, die Haftanstalten in Bützow, Brandenburg, Magdeburg, Cottbus, Bautzen, Waldheim, Torgau und mehrere kleinere Haftanstalten durchlebt. Meist wurde er wegen „staatsfeindlicher Hetze“ verurteilt. Rust ist der Sohn eines Antifaschisten, der wegen „Fahnenflucht“ in der NS-Zeit erschossen worden war. Trotzdem empfand Rust den Anti-Faschismus der DDR als „tiefe Heuchelei“, obwohl er als Sohn eines Antifaschisten sicher eine Karriere im Arbeiter- und Bauernstaat hätte machen können. Erst 1975 konnte der Rebell die DDR in Richtung Westen verlassen.
Die Vereinigung 17. Juni wird ihrem Mitglied Gustav Rust anlässlich des 30. Jahrestages der Maueröffnung an den Mauerkreuzen eine Urkunde „in Anerkennung und Dankbarkeit für seinen 20ährigen Einsatz des Gedenkens an die Mauer-Toten und den aktiven Widerstand gegen Unrecht und Terror“ übereichen.
Wie die Vereinigung mitteilte, steht das „Gedenken an die Toten der Mauer“ allen Bürgern offen, die in dem berechtigten Jubel über die Maueröffnung nicht jene Menschen vergessen, denen dieser „späte Triumph der Freiheit“ durch ihren von einem Unrechtsstaat verursachten Tod versagt geblieben ist.
V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin – Mobil: 0176-48061953 (1.495).
Berlin, 3.11.2014/cw – Die ehemalige Hoheneckerin Tatjana Sterneberg (1973 – 1976) hat sich jetzt in einem offenen Brief an den Kandidaten für das Amt des Ministerprä-sidenten in Thüringen, Bodo Ramelow, gewandt. Unsere Redaktion erhielt vorab den Text, den wir nachfolgend veröffentlichen. Tatjana Sterneberg wird sich morgen, 4.12.2014 in Erfurt an der Demo gegen ROT-Rot-Grün beteiligen. (900)
Redaktion Hoheneck
Treten Sie zurück, Herr Ramelow!
Sehr geehrter Herr Ramelow,
Unrecht besteht dann, wenn gegen weltweit vereinbartes und anerkanntes Recht und Menschenrecht verstoßen wird. So wie auch in der DDR geschehen.
Festgeschrieben und vor Gericht bestätigt, sieht sich DIE LINKE (zuvor PDS) als Nachfolgepartei der SED. Alles schon vergessen?
Walter Ulbricht kolportierte einst als Maßstab für die DDR-SED-Führung: „Es muss alles demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben!“
Und sein Terror-Experte Erich Mielke verkündete als Vorgabe an seine Gefolgschaft: „Wenn ich heute schon wüsste, dass ein „Verräter“ unter uns ist, der wäre morgen schon tot – kurzer Prozess!“
Bereits Anfang der 50-er Jahre wurden die Paragraphen für sogenannte politische Delikte aus dem Strafgesetzbuch der DDR entfernt, um Andersdenkende und Menschen, die nicht mehr in der DDR leben wollten, unter dem Deckmantel der Justiz im „real existierenden Sozialismus“ der DDR zu kriminalisieren, einzusperren und zu verurteilen.
Das MfS hatte das Sagen und traf vor jedwedem Urteil juristische Festlegungen auch vor dem Hintergrund fragwürdiger an der „Juristischen“ MfS Hochschule Potsdam-Golm erworbener Titel.
Den politischen Häftlingen wurde Rechtsbeistand versagt
Uns, den politischen Häftlingen, wurde der Rechtsbeistand nach der Verhaftung versagt. Erst nach Abschluss des „Ermittlungsverfahrens“, das unter den MfS-Methoden der operativen Psychologie durchgeführt wurde, durften wir einen Anwalt sprechen.
Die Urteile wurden „im Namen des Volkes“ gesprochen. Das Volk aber wurde von solchen Gerichtsverhandlungen generell ausgeschlossen. Ausnahme: Ideologisch ausgerichtete, medienwirksame Schauprozesse.
Demokratie beinhaltet zuvorderst vor allem Freiheit: Freie Wahlen, Akzeptanz von Opposition, Meinungs- und Pressefreiheit, sowie freie Wohnsitzwahl. Wer in der DDR diese Rechte einzufordern versuchte, wurde bespitzelt, verfolgt, diskreditiert, verhaftet, verurteilt, verkauft oder abgeschoben. Wer die Freiheit über die Mauern und Grenzen der DDR oder den Eisernen Vorhang in Europa suchte, wurde erschossen, schwer verletzt, mit oft lebenslangen Folgen oder zu Haftstrafen verurteilt. Funktionäre der DDR-Führung hatten den Schießbefehl an Mauer und Stacheldraht zu verantworten. Entsprechende Urteile sind bekannt.
Die DDR bezeichnete sich selbst als „Diktatur des Proletariats“. Die SED als deren Führung bestimmte alles und hatte „immer Recht“. Im Wortsinn – diktieren, aufzwingen.
Es war aber nicht das Proletariat (die Arbeiterklasse ), anteilmäßig der größte Teil der DDR-Bevölkerung, dass dieses „Diktat“ durchsetzte, sondern die SED-Führung Hand in Hand mit der Stasi, der Geheimpolizei als von der SED ernanntes „Schild und Schwert der Partei“. Also eine Minderheit der damals 17 Millionen DDR-Bürger.
Mit Demokratie hatte dieses diktatorische System deshalb nichts zu tun.
Die Flucht von mehr als 3 Millionen Menschen nach den Enteignungsaktionen, dem Geschehen vor und nach dem 17. Juni 1953 wurden zur Rechtfertigungskampagne für den Bau der Mauer und der Todesgrenze. Aber selbst diese Einmauerung hielt Menschen nicht davon ab, ihren Weg in den freien Teil Deutschlands zu suchen: Qualifizierte Facharbeiter, Wissenschaftler, Intellektuelle, Künstler, Mediziner, Schriftsteller, Journalisten und Juristen – das geistige, kulturelle und wirtschaftliche Potential eines Staates, das in der DDR keine Zukunft mehr sah.
Wir, die in diesem DDR-System vor dem beschriebenen Hintergrund nicht mehr leben wollten, planten und wagten die Flucht. Eine Entscheidung und zugleich Abstimmung mit den Füßen in der festen Überzeugung: Mit uns ist dieser Staat nicht mehr zu machen.
Wir, die ehemaligen politischen Gefangenen, unsere und andere von der DDR (Margot Honecker) zwangsadoptierten Kinder, die Kinderheim- und Jugendwerkhofkinder, die von Zersetzung betroffenen Andersdenkenden, die aus politischen Gründen Psychiatrisierten und die Zwangsenteigneten der ehemaligen DDR, nicht zu vergessen zuvorderst die Toten an Mauer und Stacheldraht waren und sind die Lastenträger der Deutschen Einheit.
Sie haben vor fünf Jahren in einem öffentlich gemachten Schriftwechsel mit dem Vorsitzenden der Vereinigung 17. Juni die DDR ohne Vorbehalt als Unrechtsstaat bezeichnet. Vor kurzem haben sie nach Medienberichten noch konkreter die Stasi mit der Gestapo verglichen. Diese Statements haben Ihnen zweifellos hier und da zumindest Respekt verschafft.
Vergleich Stasi mit GESTAPO falsch?
25 Jahre nach dem Mauerfall lassen Sie nun die Katze aus dem Sack. Sie erklären, der Vergleich der Stasi mit der Gestapo sei falsch wiedergegeben worden, beide Terror-Institutionen seien nicht vergleichbar. Die Berufsverbote (veranlasst von Willy Brandt gegen Kommunisten, die den Staat bekämpfen bzw. abschaffen wollten) für den Bereich des öffentlichen Dienstes müssten aufgehoben, die Betroffenen gleich den politisch Verfolgten in der DDR entschädigt werden.
Das Verbot der KPD müsse aufgehoben werden (obwohl dies faktisch durch die erfolgte Neugründung längst geschehen ist). Die verminderten Renten für ehemalige Staatsfunktionäre der DDR müssten wieder angehoben werden etc. etc.
Wissen Sie noch, wann Sie und warum Sie etwas sagen? Glauben Sie, daß Sie mit diesem verbreiteten und widersprüchlichem Meinungsgestrüpp tatsächlich die Eignung für das hohe Amt eines Ministerpräsidenten haben?
In den 1980-er Jahren waren Sie gewerkschaftlich in dem Bundesland tätig (Hessen), dass sich insbesondere um die freigekauften politischen Häftlinge kümmerte (Aufnahmelager Giessen).
Hier spätestens hätten Sie, wenn Sie denn gewollt hätten, aus erster Hand erfahren können, was Andersdenkenden in der DDR im „real existierenden Sozialismus“ unter Leitung Ihrer Vorgängerpartei, der SED, später PDS, widerfahren ist.
„Wer nicht für uns ist, ist gegen uns“, war die Handlungsmaxime der SED und deren Schild und Schwert, die Stasi. Die Einkommen von SED- und Stasi-Mitarbeitern blieben steuerfrei, weshalb ihnen heute, gemessen am Durchschnittseinkommen der DDR-Bürger, eine gesetzlich angepasste Rente gezahlt wird. Der Stasi-Apparat kostete jährlich Milliarden Mark, um 17 Millionen Menschen flächendeckend zu überwachen.
Diese Genossen, zu ihnen zählten auch ehemalige NSDAP-Mitglieder (Braunbuch der DDR), waren es, die das erarbeitete Volksvermögen der DDR-Bürger verschleuderten und teilweise verschoben (z.B. KoKo), auch um die Linken im Westen zu finanzieren, anstatt dem Zerfall der Infrastruktur in der DDR entgegen zu wirken.
Und Sie, Herr Ramelow, blasen 25 Jahre nach dem Fall der Mauer und Todesgrenze der DDR nun ins Horn der Stasi-Tschekisten und SED-Genossen?
Sie, Herr Ramelow, arbeiten heute hinter den Kulissen mit Ex-Stasi-Offizieren zusammen.
Quelle: http://www.welt.de/politik/deutschland/article134856741/Ramelow-fuehrte-Immobilienfirma-mit-Stasi-Hauptmann.html
Welche Positionen die Väter des Terrors Marx und Lenin vertraten, können Sie der Dokumentation „Die Soviet Story“ entnehmen:
Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=FsGRDZoAcDY
Ihre Worthülsen verhöhnen die Verfolgten
Ihre Worthülsen vom Unrechtsstaat, Ihre „Korrekturen“ gegenüber den Wählern, den SED-Opfern und der deutschen Öffentlichkeit sind nicht nur unglaubwürdig, sie verhöhnen die Verfolgten eines unmenschlichen Systems und führen vielfach zu Retraumatisierungen von Opfern der zweiten deutschen Diktatur.
Tun Sie diesem Land einen würdigen Dienst: Treten Sie zurück!
Haben Sie Verständnis dafür, wenn mir die obligatorische Grußformel der freundlichen Grüße angesichts Ihrer ideologischen Seitensprünge im Hals stecken bleibt.
Tatjana Sterneberg
Ehemalige politische Gefangene im Zuchthaus Hoheneck
Zur Person:
http://de.wikipedia.org/wiki/Tatjana_Sterneberg
http://www.zeitzeugenbuero.de/index.php?id=detail&zzp=163
V.i.S.d.P.: Tatjana Sterneberg (für den Inhalt), Berlin, Tel.: 030-30207778 – In Erfurt (4.12.2014) erreichbar unter: 0176-48061953
von Carl-Wolfgang Holzapfel
Erfurt/Marburg, 29.11.2014/cw – In einer Diskussionsrunde des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) in Marburg verglich der Thüringer LINKE-Kandiat für das Amt des Ministerpräsidenten Bodo Ramelow die Stasi der DDR mit der GESTAPO in Hitlers Dritten Reich: „Die Grundstruktur des Ministeriums für Staatssicherheit war wie die Gestapo angelegt“. Die DDR-Regierung „habe alle Merkmale eines „Unrechtsstaates“ mit dem Instrument der Stasi praktiziert“, auch wenn sie keine Massenmorde wie die Nazis begangen oder andere Staaten überfallen hätte.
Ramelow wiederholte seine seit Jahren eingenommene Position, nach der die DDR als Unrechtsstaat bezeichnet werden könne. „Auf gut Deutsch: Jedes kleine oder größere Arschloch im DDR-Apparat konnte in das Leben der anderen eingreifen. Das war entsetzlich.“
Der von der SPD und Bündnis90/GRÜNE bei der Wahl am 5.12.2014 unterstützte Kandidat verband seine Marburger Ausführungen mit heftiger Kritik an der Bundeskanzlerin. Gegenüber dem Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL sagte Ramelow: „Merkel war in der sozialistischen Jugendorganisation FDJ. Sie hat in der DDR-Diktatur mit all ihren Widerwärtigkeiten gelernt, so um den eckigen Tisch herumzukommen, dass man fast den Eindruck hat, es sei ein runder Tisch gewesen“. Ramelow weiter: „Viele blaue Flecken scheint sie nicht gekriegt zu haben.“
Der Franktionsschef der CDU im Thüringer Landtag Mike Mohring twitterte auf die Äußerungen von Ramelow: „Hätte unsereiner wagen sollen…“
Indeß hat Mohring und die CDU selbst Probleme. Nach Medienberichten tobt im Thüringer Merkel-Ableger ein Machtkampf zwischen Mohring und der amtierenden Partei- und Regierungsschefin Christine Lieberknecht. Der Fraktionschef spekuliert auf ein Scheitern Lieberknechts, um sich selbst auf dem folgenden CDU-Parteitag zum neuen Landeschef wählen lassen zu können. Um diese Option zu wahren, plädiert Mohring dafür, dass Lieberknecht gegen Ramelow bei der Wahl antritt und hofft dabei auf genügend Gegenstimmen. Diese würden zwar Ramelow ins Amt verhelfen, gäben aber Mohring gute Chancen zur Durchsetzung der eigenen Machtambitionen.
Ministerpräsident Ramelow – Steht das Ergebnis schon fest?
Im Vorfeld verhakeln sich die politischen Lager bereits in die Interpretationen der Landesverfassung. Diese schreibt im Artikel 70 fest: „Kommt die Wahl auch im zweiten Wahlgang nicht zustande, so ist gewählt, wer in einem weiteren Wahlgang die meisten Stimmen erhält.“ Würde sich also Ramelow im dritten Wahlgang selbst wählen, würde ihm theoretisch sogar sein eigenes „Ja“ reichen, um die meisten Stimmen zu erhalten – selbst wenn die anderen Abgeordneten mit „Nein“ stimmten oder sich enthielten.
In einer Stellungnahme der Landtagsverwaltung für den Parlamentspräsidenten Christian Carius (CDU) heißt es allerdings, daß Ramelow bei mehr NEIN- als JA-Stimmen nicht gewählt wäre und Lieberknecht weiterhin amtierend im Amt bliebe. Die Ramelow unterstützende SPD sieht das hingegen anders und lässt gegenwärtig durch ihren Justizminister Holger Poppenhäger ein Gegengutachten erstellen. Tenor: Gewählt sei, wer die meisten Ja-Stimmen (im dritten Wahlgang) erhalte.
Demokraten im Dilemma
Die Vorgänge in Thüringen haben die Qualität eines demokratischen Dramas. Galten und gelten doch in der Demokratie immer noch die Grundssätze der freien und geheimen Wahl und die demokratische Akzeptanz des/der Ergebnisse(s). Nun geht offenbar ein tiefer Riss durch dieses bisherige Selbstverständnis. Selbst einstige Verfolgte der zweiten Diktatur geraten in dieses Dilemma. Einerseits beteiligen sie sich aktiv an der Vorbereitung der großen Protest-Demo am 4. Dezember in Erfurt, mit der gegen die geplante Rot-ROT-Grüne Koalition protestiert werden soll, andererseits rufen führende Funktionäre der Verfolgten-Verbände in Internet-Foren schon jetzt zur Akzeptanz demokratischer Entscheidungen auf.
Im Forum „Flucht und Ausreise“ schreibt der Vorsitzende der Bezirksgruppe Erfurt der VOS, Gerd-Peter Leube: „Aber, wenn nun mal durch korrekte demokratische Wahl Bodo Ramelow zum Thüringer Ministerpräsidenten gewählt werden sollte, dann sollten wir ehemaligen politischen Häftlinge das trotz friedlichem Widerstandes akzeptieren.“
Und der amtierende Vorsitzende des Bautzen-Komitees, Alexander Latotzky, gibt zu bedenken: „Schließlich ist nicht jeder, der gegen den Kommunismus ist, auch automatisch für die Demokratie!“
Im Kern kann diesen Aussagen formal nicht einmal widersprochen werden. Das Problem liegt im Bereich der politischen, der demokratischen Ethik: Wir echauffieren uns auch nach achtzig Jahren über den mangelnden Widerstand gegen Hitler, der zunächst auf demokratischem Weg an die Schalthebel der Macht gelangt war und werfen den damaligen demokratischen Parteien die Akzeptanz der „Machtergreifung“ vor. Heute, zum Beispiel in Thüringen, appellieren wir an die Demokraten, demokratisch zustande gekommene Entscheidungen zu akzeptieren. Auch wenn dadurch der SED-Ableger nach 1989 wieder einen Zipfel der Macht in die politische Hand bekommt.
Wer passt sich wem an?
Vielleicht geben uns die Wahlgänge in Thüringen Anlass, unsere demokratischen Wurzeln zu prüfen und den Stand unserer Demokratie in der Gesellschaft und im Bewusstsein des Einzelnen zu verorten: Nur Lippenbekenntnis oder kämpferischer Geist für die Durchsetzung freiheitlicher Grundsätze? Wozu letztlich auch die Toleranz gegenüber Andersdenkenden gehört, nicht aber die Toleranz gegenüber Mord und Verbrechen.
Bodo Ramelow beteuert, dies verinnerlicht zu haben, wenn er den vorgen. Vergleich Stasi/Gestapo postuliert oder vom Unrechtsstaat spricht, der zweifelsfrei sei. Aber wie hält er es mit der Tatsache, daß über fünzig Prozent der Mitglieder seiner jetzigen Fraktion alte SED- und DDR-Kader waren, unter ihnen auch einstige Mitarbeier des Ministeriums für Staatssicherheit, also der DDR-Gestapo? Da werden viele sich erinnern: „Die Worte hör ich wohl, allein, mir fehlt der Glaube.“
Lieberknecht hat auch Probleme mit der eigenen Partei. Ramelow aber hat Probleme mit seiner Partei, die im Widerspruch zu seinen eigenen Ausführungen und vorgeblichen Ansprüchen stehen. Die Partei selbst dürfte über kurz oder lang auch Probleme mit ihrer Führungsfigur in Thüringen bekommen. Wer passt sich letztlich wem zwecks Machtergreifung an? Auch darüber wird zu entscheiden sein. (893)
Nachtrag: Nach Redaktionsschluß ereichte uns die Nachricht, daß der VOS-Vorsitzende der BG Erfurt seine Funktion „aus gesundheitlichen Gründen“ niedergelegt hat. 20.11.2014/cw
V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin, Tel.: 030-30207785 oder 0176-48061953
Erziehung zum Hass
„Obwohl Götz Aly selbst über die Jahre zur DDR-Geschichte in der Tat grausame Geschehnisse beleuchtet und veröffentlicht hat, verdeutlicht seine Kolumne zum staatlich geprägten Umgang mit der Jugend in der DDR, dass er von der Wirklichkeit in der DDR – dem „real existierenden Sozialismus“ – offenbar nur beschränkte Kenntnisse hat bzw. haben will.
Die „Erziehung zum Hass“ (siehe Anlage) war immerhin Staatsdoktrin in der DDR. Die zahlreichen Opfer dieser Pädagogik, praktiziert in den staatlichen Kinderheimen und Jugendwerkhöfen, widerlegen seine Jubelarien auf die Fortschritte der Erziehung im „DDR-Sozialismus“.
Wo lebt Aly eigentlich? Hat Aly noch nie etwas von den Heimkinderfonds West u n d Ost gehört? Sind diese Fonds etwa die Erfindung einer gelangweilten Politikerkaste, die mal etwas Soziales tun wollte (im Rahmen der Forführung des Kalten Krieges bzw. der Diffamierung der DDR etwa)? Oder war diese Einrichtung angesichts der heute noch traumatisierten ehemaligen Heimkinder nicht bittere Notwendigkeit?
Oberstes DDR-Gericht in der Tradition Freislers
Was soll das deklamatorische Zitat des Züchtigungsverbots an DDR-Schulen durch das Oberste Gericht, einer Institution, die durch eigene Terror-Urteile permanent aus dem Rechtsrahmen fiel, sich eher der Tradition von NS-Freisler als rechtsstaatlichen Grundsätzen verpflichtet wußte?
Sie bezeichnen von Seiten der Redaktion im Vorspann zur Kolumne die Benennung der DDR als Unrechtsstaat als Simplifizierung. Dabei dürften die Begründungen, die Aly selbstherrlich zur Beweisführung der behaupteten Unrechtmäßigkeit dieser Einordnung auf jede Diktatur zutreffen.
Drittes Reich Diktatur aber kein Unrechtsstaat?
Dürfen wir also demnächst bei Ihnen lesen, dass das Dritte Reich zwar eine Diktatur, aber kein Unrechtsstaat war?
Die durchaus berechtigte Kritik an der Überheblichkeit mancher „Westler“ gegenüber den „Ostlern“ steht eigenständig für sich, sie bedarf nicht der Reinwaschung eines Staates, in dem nahezu jedes Unrecht praktiziert werden durfte, es mußte nur „demokratisch aussehen,“ wie der Unsymphat und Diktator Walter Ulbricht diktierte.
Die einzige Rechtfertigung für die teils berechtigte Kritik an den Westlern liegt in dem Umstand begründet, dass diese durch einen willkürlichen Strich der Siegermächte auf der Landkarte in der Demokratie gelandet waren, während den 17 Millionen Ostbürgern die Folgelasten der Hitler-Verbrechen aufgebürdet wurden.
Hier, nur hier liegt das Entlastungspotential für die DDR-Bürger begründet, nicht in einer Schönrederei der „Diktatur des Proletariats“.
„Zufällig“ verordnete Freiheit
Auch der verzweifelte Mut der DDR-Bürger, die oft unter Lebensgefahr oder Gefahr für den Verlust der intimen Freiheit durch Aburteilung und Einweisung in oft grauenhafte Zuchthäuser und Gefängnisse ihres „demokratischen“ Staates den Weg aus diesem Staat und seines Würgegriffes gesucht haben, sind Tatsachen, die nicht hoch genug gerade auch zum bevostehenden Mauerfall-Jubiläum gewürdigt werden können.
Dagegen stand die Saturiertheit einer „zufällig“ verordneten Freiheit (siehe zuvor) der meisten Westbürger. Zu ihrer Verteidigung muss aber ebenso angeführt werden, dass die Beharrlichkeit vieler ihrer Bürger letztlich zur permanenten Ermutigung ihrer „Landsleute“ im Ostteil Deutschlands beigetragen hat. Auch hier griffe eine pauschale Beurteilung und vor allem Verurteilung daneben.
Ihr Kolumnist und Sie als Redaktion sollten sich den nachweisbaren Unterschieden zwischen Ost und West widmen und sich weniger der Fortsetzung einer zu Recht untergegangenen Propaganda der DDR verpflichtet fühlen, die mit dem Abstand zum 3. Oktober 1990 immer verklärter erscheint.
Wo bleibt Alys Emphatie für die Opfer des DDR-Unrechtsstaates? Er zitiert diese Opfer nicht einmal. Sie, die Opfer, waren es – die die Lasten der Deutschen Einheit im Wortsinn getragen haben.
Mit dem Aufstand vom 17. Juni 1953 haben diese die weitere Entwicklung eingeleitet, mit den Füßen abgestimmt im Bewusstsein: Mit uns ist dieser Staat DDR nicht mehr zu machen. Dies war das Fanal für die Entwicklungen in der Tschechoslowakei, Ungarn und Polen.
Tatjana Sterneberg, ehem. Heimkind Ost, als Vierjährige in einem DDR-Jugendwerkhof für schwer-erziehbare Kinder (1957 –1959) und aus polit. Gründen verurteilte ehem. Hoheneckerin (1973-1976)
Carl-Wolfgang Holzapfel, ehem. Heimkind West (1948 – 1962) und (als Demon-strant)aus polit. Gründen in Ost-Berlin zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt (1965 –1966), Hohenschönhausen und Bautzen II.“ (884)
Berlin/Erfurt, 21.10.2014/cw – Fünfundzwanzig Jahre nach der Maueröffnung und vierundzwanzig Jahre nach dem historischen Ende der DDR steht uns womöglich ein erster Ministerpräsident der SED-Nachfolgepartei DIE LINKE ins Haus. Möglich machen sollen dies die SPD und BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN, deren Gremien sich für ein solches Bündnis ausgesprochen haben.
In der Diskussion wird häufig übersehen, dass diese erst möglich wurde durch den Ministerpräsidentenkandidaten Bodo Ramelow. Ramelow, ursprünglicher Ex-Gewerkschaftler und West-Linker, hat wie kein anderer Politiker der Links-Partei deutliche Positionen bezogen, die Verbrechen und Unrechtshandlungen der DDR ohne Schnörkel benannt. Ramelow hat sich auch mehrfach bei den Verfolgten und Opfern der SED-Diktatur ohne Wenn und Aber entschuldigt. Erst durch diese klare Linie machte er es den künftigen Partnern möglich, überhaupt eine Koalition in Erwägung zu ziehen. Es bleibt also abzuwarten, ob dieser Ramelow-Effekt die politische Landschaft tatsächlich verändert oder auf Thüringen begrenzt bleibt.
Verändert der Ramelow-Effekt die politische Landschaft?
Im Jahre 2009 trat Ramelow bereits schon einmal als Ministerpräsident-Kandidat an. Die Debatten um das Für und Wider einer Zusammenarbeit mit Ramelow – und damit der Partei DIE LINKE – lässt sich durchaus mit der heutigen – fünf Jahre später – vergleichen. Aus diesem Anlass stellen wir hier nochmals einen Mail-Austausch zwischen Bodo Ramelow und dem Vorsitzenden der Vereinigung 17. Juni vom Frühjahr 2009 ins Netz, um zur Versachlichung der Diskussion, besonders um den Begriff „Unrechtstaaat“ , beizutragen. Beide Mail-Diskutanten hatten der seinerzeitigen Veröffentlichung ausdrücklich zugestimmt.
Gedankenaustausch aus dem Jahre 2009
„Lieber Herr Ramelow,
ich verstehe ja viele Kapriolen von Politikern, die immer zwischen Baum und Borke, zwischen Wahrheit und Wähler jonglieren müssen. Aber muss man deswegen Tatsachen verdrehen? Diverse Zuchthäuser Ihrer DDR waren mit Menschen belegt, die aus rein politisch motivierten Gründen bittere Jahre der Unfreiheit unter oft unmenschlichen Bedingungen hinter Gittern verbringen mussten. DDR – kein Unrechtsstaat?
Eine bisher noch nicht in der Höhe gänzlich erfasste Anzahl von Menschen ist im Zuge der Teilung Deutschlands an Mauer und Stacheldraht mutwillig, weil auf Befehl, erschossen worden, kam durch Mienen, mitten in Deutschland verlegt, und durch mörderische Selbstschussanlagen ums Leben. DDR – kein Unrechtsstaat?
Die DDR – kein Unrechtsstaat?
Zehntausende Menschen sind wie weiland die Sklaven an den kapitalistischen Feind verkauft worden, um sich an ihnen zu bereichern. Die DDR – kein Unrechtsstaat?
Im gleichen Atemzug (des Interviews) haben Sie dann angemerkt, die DDR sei auch kein Rechtsstaat gewesen. Wie denn nun? Ein bisschen Rechtsstaat, ein bisschen Unrechtsstaat, ein bisschen aus der Mitten?
Ich kann mir vorstellen, Sie wollten eigentlich nur in das bei Ihren Wählern beliebte Horn stoßen: Die DDR war auch lebenswert (woraus Sie dann auch gerne “liebenswert” machen), sie war Heimat für Viele, Lebensmittelpunkt (nun sagen Sie nicht “der Gerechtigkeit“) etc. Würden Sie das ernstlich so verbreiten wollen und dann noch den Anspruch erheben, ernst genommen zu werden? War nicht jede Diktatur, auch die eines Hitler oder eines Stalin (um nur die zwei größten Verbrecher zu benennen und keineswegs Mao Tsetung oder Pol Pot auszuschließen) für viele Menschen auch Lebensmittelpunkt, Heimat etc.? Sagt diese Banalität etwas über die Qualität eines brutalen Systems aus? Müssen nicht auch Sie unterscheiden zwischen den sogen. “Selbstverständlichkeiten des Lebens” und den Verbrechen gegen das eigene Volk oder andere Völker? Wo wollen Sie geschichtliche Wahrheiten unterbringen? In den Träumen unverbesserlicher Verharmloser einer nicht zu verharmlosenden Diktatur? Wollen Sie sich auf diese Weise gemein machen mit jenen, die auch heute noch die Verbrechen Hitlers leugnen, gar den Holocaust leugnen? Würden Sie in diesem Sinn auch den Holocaust in der Ukraine, in Kambodscha und anderswo leugnen wollen? Sicherlich doch nicht, oder? Warum leugnen Sie dann weiter so beharrlich die historisch belegten Verbrechen der DDR? Oder wollten Sie nur die DDR von diesen Verbrechen freisprechen, weil dafür einzig die SED zuständig war? Glauben Sie, dass man in dieser Art und Weise Geschichte verharmlosen, gar verniedlichen kann? Wollen Sie mit dieser Haltung wirklich und allen Ernstes den Wählern in diesem Jahr empfehlen, Sie mit dieser Haltung zum Ministerpräsidenten zu erwählen?
Es geht nicht um parteipolitische Spielchen
Verstehen Sie mich bitte richtig: Mir geht es hier nicht um Parteipolitische Spielchen. Dafür bin ich mittlerweile bekannt und dazu ist mir die ganze Angelegenheit zu ernst. Auch Sie sollten die Vergangenheit wie die Zukunft unseres Landes sehr ernst nehmen, meinen Sie nicht?
In diesem Sinn ein erschütterter Bürger dieses erschütterten Landes.
Carl-Wolfgang Holzapfel “
————————————————————————————————–
„Lieber Herr Holzapfel,
ich bedanke mich herzlich für Ihre Mail und für Ihre zutreffend kritischen Anmerkungen. Zuallererst möchte ich darauf hinweisen, dass ich bei den Menschen, die Opfer der DDR-Strafjustiz waren, nachdrücklich um Entschuldigung bitten muss und auch um Vergebung bitte, dass Äußerungen, die ich getan habe oder die mir zugeschrieben wurden, erneute tiefe Verletzungen ausgelöst haben. Ich weiß um das DDR-Unrecht, und ich weiß um die politische Strafjustiz und beziehe das nicht nur auf Hilde Benjamin und die Schauprozesse.
Lieber Herr Holzapfel, Sie wissen um meine Freundschaft mit Andreas Möller* und dass ich aus seinem Mund genügend gelernt habe, was es hieß, nicht nur im “Lindenhotel” in Potsdam eingeknastet zu sein. Ich weiß um die Verhöhnung der Menschenrechte und ich weiß um die tödliche Vergatterung der Grenzposten. Nichts, aber auch gar nichts davon wollte ich oder will ich leugnen.
Menschenverachtende Ausrichtung des Grenzsystems
Die DDR-Grenze war mit Wissen und Billigung der Sowjetunion auf Veranlassung der Verantwortlichen in der DDR so aufgebaut, dass das verbriefte Recht der Freizügigkeit für die Bürger der DDR nicht galt. In dem Vergatterungssystem wurde durch das ständig gesäte Misstrauen und den psychologischen Druck die Grenzposten so trainiert, dass die Gefahr, beim Grenzübertritt erschossen zu werden, immer zwingender wurde. Dazu kommt die Menschen verachtende Ausrichtung des Grenzsystems, die Selbstschussanlagen, die Splitterminen, die Hunde, und nicht nur Mauer, Stacheldraht und Minenfelder. Das alles im Namen des Sozialismus, das alles im Namen vorgeblich höherer Werte, das alles im Namen des Aufbaus einer besseren Gesellschaft? Aus meiner Sicht wird solch schreiendes Unrecht weder durch vermeintlich höhere Ziele noch durch den Begriff des Sozialismus in irgendeiner Weise gerechtfertigt.
Hieran wollte ich eigentlich keinen Zweifel lassen und merke nun, auch dass mit Hilfe der plump gefälschten Überschrift in der “Südthüringer Zeitung” nun eine Debatte losgetreten wurde, die ich – und bitte glauben Sie mir das – nicht einmal im Ansatz in Bezug auf mögliche Wählerinnen und Wähler lostreten wollte. Weder wollte ich die Einen verletzen, noch wollte ich die Anderen durch Verharmlosung gewinnen. Ich wollte differenzierter und tatsächlich sehr ehrlich antworten und merke nun, dass die Kunst offenkundig im Weglassen und im Zuspitzen besteht.
Unrecht nicht mit dem Begriff der Rechtsstaatlichkeit legitimieren
Trotzdem muss es erlaubt sein, darauf hinzuweisen, dass dieses System der “Diktatur des Proletariats” eben trotzdem als real existierender Staat auch ein funktionierendes Staats- und Rechtssystem hatte. Dass ich dieses keinesfalls mit dem Begriff der Rechtsstaatlichkeit legitimieren wollte, habe ich deutlich gesagt. Trotzdem wurde dieses Staats- und Rechtssystem der DDR Grundlage des Überleitungsvertrages in die Grundstrukturen der Bundesrepublik Deutschland. Die Beitrittsverhandlungen basierten genau auf der Überleitung und Wandlung bestehender Rechtsgrundlagen. Dem Beitrittsvertrag kann man dies bis heute noch entnehmen. Und bitte, lieber Herr Holzapfel, verstehen Sie mich nicht falsch, aber selbst eine Klage der Evangelischen Kirche gegen die Stadt Hildburghausen wegen der Erfüllung der Kirchenbaulasten basiert, so der Rechtsvortrag, auf der Gewährung und Erfüllung der Kirchenbaulasten auch in der DDR-Zeit. Der Bundesgerichtshof hat nun entschieden, dass die Stadt Hildburghausen diese Kirchenbaulasten nicht zu bezahlen hätte, da diese in der Logik des Rechtssystems auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen seien und nun die Bundesrepublik dafür einstehen müsste. Ich wollte also unterscheiden zwischen dem schreienden Unrecht in der Diktatur der DDR und dem, was Menschen angetan wurde, und der brutalen Realität an der Grenze, die in der Regel tödlich für Menschen endete, die gemäß OSZE die Freizügigkeit erfüllt sehen wollten, und dem, was als Staats- und Rechtssystem funktioniert hat und Grundlage bildete für die Vereinigungsverträge und in der Rechtswirkung bis heute Anwendung findet. Zwischen dem politischen Unrecht und den zivilen Rechtsgrundlagen wollte ich unterscheiden und eben nicht die Opfer der DDR-Strafjustiz kränken, herabwürdigen oder gar beleidigen. In diesem Sinne verstehe ich Ihre Erschütterung und kann nur um Entschuldigung bitten.
Ich verstehe deshalb Ihre Zeilen nicht als parteipolitische Spielchen, sondern ich verstehe sie so fair und offen, wie ich Sie, sehr geehrter Herr Holzapfel, bisher immer erlebt habe. Ich darf Ihnen also versichern, dass mein Interview, aus welchen Gründen auch immer, gründlich in die Hose gegangen ist, denn ich dachte, dass ich gerade die Schärfe des Grenzregimes und das politische Unrecht hervorgehoben hätte.
Und nun muss ich mit dem Makel leben, als wenn ich das Unrecht der DDR leugnen wollte. Das Gegenteil ist der Fall, und ich kann mich nur bemühen, bei den wirklichen Opfern für Vergebung zu werben.
Respekt vor den Opfern
Interessant finde ich allerdings, dass die, die mich nun alle auffordern, mich zu entschuldigen, sehr laut dazu schweigen, dass z. B. der ehemalige Innenminister Trautvetter selber Grenzsoldat war und heute im Offiziersrang der Reserve höchste Staatsämter in Thüringen hatte. Der könnte wohl eine ganze Menge über die Vergatterung und die Waffenausgabe an der Grenze sagen. Jedenfalls hat manch einer, der nun heftig sprüht und schäumt, genügend vor der eigenen Haustür zu kehren. Da habe ich wirklich nur den Respekt vor den Opfern, bei denen ich spüre, wie verletzt sie sind über die Debatte, die ich weder wollte noch angezettelt habe.
Ich lese regelmäßig und mit großer Freude Ihre Berichte von den Veranstaltungen unserer Partei und darf Ihnen versichern, dass die Debatte bei Dagmar Enkelmann keine Eintagsfliege ist. Auch ich hatte eine ähnliche öffentliche Veranstaltungsreihe in Erfurt, bei der Zeitzeugen zu Wort kamen. Meine eigene Partei steht in der Verantwortung, hier nichts unter den Teppich zu kehren. In diesem Sinne bitte ich Sie auch in Zukunft um Ihre kritische Begleitung.
Mit großer Hochachtung
Bodo Ramelow “
——————————————————————————————————
Klare Stellungnahme ohne politische Eierei
Lieber Herr Ramelow,
für die klare Stellungnahme ohne politische “Eierei” bedanke ich mich ausdrücklich. Ich denke, dass die seit einiger Zeit offen und sachlich ausgetauschten Meinungen gerade in 20. Jahre nach der Mauer-Öffnung die Chance bieten, den Bogen notwendiger Bewältigung der Vergangenheit zu erweitern. Dabei sind wir uns sicherlich beide bewußt, das dieser Weg steinig, ja dornig ist. Dennoch gibt es dazu keine Alternative, unabhängig von sonstigen politischen Anschauungen, die eine Demokratie beleben und die eine Demokratie auch aushalten muß. (…)
Mit freundlichen Grüßen
Carl-Wolfgang Holzapfel“
Donnerstag, 05. März 2009
* Andreas Möller schloß sich spontan im Oktober 1962 dem ersten Hungerstreik von Holzapfel am Mahnmal für den von DDR-Grenzern erschossenen Günter Litfin am ehemaligen Humboldthafen/Lehrter Bahnhof (heute Hauptbahnof) an. Er war nach dem Mauerfall Chefreporter der BILD in Thüringen und zählt zu den kritischen Freunden von Bodo Ramelow.
Der vorstehende E-Mail-Wechsel kann auch nachgelesen werden unter: http://bodo-ramelow.com/arbeit/gedankenaustausch_mit_carl_wolfgang_holzapfel/
Das seinerzeitige Interview mit der SZ unter: http://www.bodo-ramelow.de/nc/politik/texte/detail_texte/browse/6/zurueck/texte/artikel/interview-mit-der-suedthueringer-zeitung/%C2%A0 (879)
V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin, Tel.: 030-30207785
Letzte Kommentare