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Berlin, 04.05.2019/cw – „Die Erkenntnis der Notwendigkeit, den 30. Jahrestag der Deutschen Einheit … sowohl inhaltlich als auch vom Umfang her in ganz besonderer Weise zu nutzen, nahm erst nach Abschluss der Beratungen des Bundeshaushaltes 2019 durch den Haushaltsgesetzgeber substanziell Kontur an.“ Und: Ohne die Feierlichkeiten bestehe die Gefahr, „dass politische und soziale Staatsinteressen beeinträchtigt werden“. So zitiert die Süddeutsche Zeitung (29.04.2019) das BMI in ihrem Bericht über das „Übersehen von 30 Jahren Deutsche Einheit“ in dem von Horst Seehofer (CSU) geführten Ministerium.

„Konkrete Partypläne“

Tatsächlich beantragte das BMI jetzt nachträglich die Einstellung zusätzlicher Mittel in den bereits verabschiedeten Haushalt in Höhe von 61 Millionen Euro. Wer da im Heimat-Ministerium diesen wichtigen Termin verträumt hat, erklärte das Ministerium bislang nicht. Politische Beobachter sehen aber deutlich die Verantwortlichkeit des zuständigen Ministers. Dass dies ausgerechnet ein hochrangiger CSU-Politiker sei, wirke in diesem Zusammenhang besonders peinlich. Gerade die CSU habe sich in der Vergangenheit stets als Hüter und Bewahrer deutscher Anliegen und Interessen vor alle anderen politischen Parteien hingestellt (was sicherlich in früheren Zeiten eine gewisse Berechtigung hatte).

Sicher nicht „alle unsere Leute“. Aber vielleicht doch passend für das „Deutschland schafft sich ab“-Programm? – SZ-Karikatur

Wie die SZ berichtete (https://www.sueddeutsche.de/politik/seehofer-scholz-deutsche-einheit-1.4426100?utm_source=pocket-newtab), hat Finanzminister Olaf Scholz (SPD) inzwischen dem außerordentlichen, weil außerhalb der Etatplanung liegenden Wunsch des Heimatministers entsprochen. Das Heimatministerium wurde aufgefordert, über „die nun extra gegründete Jubiläums-Kommission konkrete Partypläne vorlegen.“

Kommentar:

Man wagt allmählich schon nicht mehr, Deutschland zu benennen oder auszusprechen. Denn es steht zu befürchten, dass dieser Begriff alsbald ebenfalls in die Kategorie rechtsextremes Gedankengut oder gar wiederbelebte Nazi-Ideologie eingeordnet wird. Volksaufstand in der DDR? Was, gab es so etwas? Ach ja, die Friedliche Revolution und der Mauerfall? Na klar, das war doch 1989?

Der 17. Juni 1953, ausgerechnet von Helmut Kohl, dem zu Recht benannten Kanzler der Einheit, als ehrenvoller Feiertag zu Gunsten eines aus dem Nichts herausgeholten Datums „nach Aktenlage“ abgeschafft, verschwindet allmählich aus dem öffentlichen Bewusstsein. Es steht zu befürchten, dass nun auch der „3.Oktober“ als nomineller „Tag der Deutschen Einheit“ allmählich in die Vergessensschiene gedrückt wird. Ein „Tag der Deutschen Einheit“, ob am 17. Juni oder 3. Oktober, hat sich doch längst überholt, den braucht es in unserer modernen und aufgeklärten Welt nicht mehr.

Es gibt Tränen der Trauer und tränen der Freude …
Foto: LyrAg/RH

„Es lebe das geheiligte Deutschland!“

Dass es auch anders ginge, belegt u.a. der zum Alibi verkommene und nur noch kläglich erinnerte „20.Juli (1944)“. Hier starb der Rädelsführer gegen Hitlers Total-Staat, Claus Schenk Graf von Stauffenberg, mit dem Ruf „Es lebe das geheiligte Deutschland!“ auf den Lippen. Aber in einer Zeit, in der u.a. eine Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages nach wie vor ungerügt das Deutsche Parlament präsentieren darf, obwohl sie hinter einem Banner „Deutschland, du mieses Stück Scheiße“ hergelaufen war; in einer Zeit, in der man nur noch zögerlich wagt, „Deutschland“ auszusprechen; in einer Zeit, in der einst geachtete und entsprechend unterhaltene nationale Denkmäler nur noch notdürftig gepflegt und beachtet werden; in einer Zeit, in der Erinnerungen an in der Tat fürchterliche Verbrechen in der Vergangenheit mit nur noch schwer einzuordnender Empathie gehegt und gepflegt werden, während die Erinnerung an auch hehre und stolze Tage einer Nation schlichtweg dem Vergessen anheim gegeben werden; in einer solchen Zeit erscheint in der Tat ein „Heimat“-Ministerium als Anachronismus, wirkt die jetzt offenbare Vergesslichkeit letztlich als folgerichtig.

„Denk‘ ich an Deutschland in der Nacht, Dann bin ich um den Schlaf gebracht“, Diese Nachtgedanken Heinrich Heines sind aktueller denn je. Aus vielen Gründen. Auch aus den hier geschilderten. cwh

V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin – Tel.: 030-85607953 (1.402).

Berlin/Hannover, 03.08.2018/cw – AfD-Bundessprecher Prof. Dr. Jörg Meuthen hat sich unmissverständlich deutlich von den Äußerungen des AfD-Jungpolitikers Lars Steinke distanziert:

„Die Äußerungen des Herr Steinke sind komplett inakzeptabel, offenbaren ein absurdes Geschichtsverständnis und haben in der AfD absolut nichts zu suchen. Der Bundesvorstand wird sich zu Beginn der kommenden Woche mit der Angelegenheit befassen.“

Steinke hatte In einem nicht öffentlich einsehbaren Facebook-Eintrag Stauffenberg als „Verräter“ und „Feigling“ bezeichnet und geschrieben: „Stauffenberg war ein Verräter“, das gescheiterte Attentat vom 20. Juli 1944 sei „der beschämende Versuch eines Feiglings“ gewesen, „die eigene Haut vor dem kommenden Sieger zu retten“.

Die niedersächsische AfD will den Landeschef der Jugendorganisation Junge Alternative (JA) wegen dieser Verunglimpfung aus der Partei ausschließen. Die Landes- und Fraktionschefin Dana Guth betonte, Steinke habe „nun endlich etwas geliefert, was so greifbar ist, dass es die Messlatte für einen Parteiausschluss erfüllt“. Auch die Junge Alternative will Anfang kommender Woche den Konvent einberufen, um dort den gleichen Antrag zu stellen.

Steinke hatte mit seinem Beitrag parteiintern harsche Kritik ausgelöst. Auch Bundestagsfraktionschef Alexander Gauland hatte sich für einen Parteiausschluss ausgesprochen und den Facebook-Eintrag als „Schwachsinn“ bezeichnet.

Ob Steinke die „vorsichtige Distanz“ ggüb. der „Braunschweiger Zeitung“ gegen den beabsichtigten Ausschluss helfen wird, bezweifeln Kenner der politische Szene: Mit seiner Formulierung „Ich kann den Heldenkult um Stauffenberg nicht verstehen,“ habe Steinke seine Haltung unmissverständlich unterstrichen. Dass er jetzt „von der Formulierung Abstand“ nehme, sei absolut unglaubwürdig. Als einzige Begründung seiner Distanzierung hatte Steinke angeführt, dass er der Partei „nicht habe schaden wollen.“ Dies sei keine glaubwürdige Korrektur einer unerträglichen und nicht hinnehmbaren Äußerung.

V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin – Tel.: 030-30207785 (1.416).

 

TitelNr.057 –Einigkeit und Recht und Freiheit 15. 09. 2016

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18. September: Wahl-Qual in Berlin

Berlin, 15.09.2016/cw – Am 18. September werden in Berlin eine neues Abgeordnetenhaus und zwölf neue Bezirksverordnetenversammlungen gewählt. Und noch nie in der Nachkriegsgeschichte hatten gleichzeitig fünf Parteien die Chance, mit einem zweistelligen Ergebnis in das Abgeordnetenhaus einzuziehen. Nach letzten Hochrechnungen (FORSA / Infratest) kann die SPD mit 22% (21%), die CDU mit 18% (19%), die GRÜNEN mit 18% (16%), die LINKE mit 14% (15%) und die AfD mit 14% (15% ) rechnen. Unter den kleineren Mitbewerbern kann lediglich die FDP darauf hoffen, mit gerade 6 % (5%) der Wählerstimmen in das neue Parlament – nach einer Unterbrechung vor 5 Jahren – einzuziehen.

Gegen die Konkurrenz am öffentlich-rechtlichen Futternapf

In dem voraussichtlich durch sechs Parteien besetzten Parlament hat keine Zweierkoalition eine Regierungsmehrheit; die bisherige Große Koalition käme nach den Prognosen zusammen auf rund 40%. Rein rechnerisch steht den Berlinern also eine Koalition aus SPD, CDU und GRÜNE mit rund 58% der Sitze oder – wahrscheinlicher – eine Koalition ROT-Rot-GRÜN mit ebenfalls rund 58% der Sitze ins Haus. Eine rein rechnerisch mögliche Komponente unter Einbeziehung der AfD scheidet von vornherein aus. Die AfD hat unter den gegebenen Voraussetzungen ihren Willen bekundet, Oppositionsarbeit leisten zu wollen, die übrigen Parteien haben in einem pawlowschen Reflex gegen den aufkommenden Konkurrenten am lukrativen öffentlich-rechtlichen Futternapf jede Zusammenarbeit bereits im Vorfeld der anstehenden Wahlen abgelehnt.

Protestwahl vergeblich?

Während die FDP seit ihrem Bestehen von den Wahlprofiten der AfD nur träumen konnte, schaffte es der Aufsteiger aus dem Stand, als Protestpartei in die Pflicht genommen und gewählt zu werden. Wichtiger als die Spekulationen über die diversen Gründe dieses in der Parteienlandschaft einmaligen Aufstiegs erscheint aber für den Wähler die Frage, welche realen Folgen die Wahl einer Protestpartei in der politischen Landschaft hat? Gilt nicht die Stimme für die AfD als „verschenkt“, wenn das Wahlergebnis nicht nur nach dem Prinzip „Weiter so“ die Fortsetzung bisheriger Politik garantiert, sondern sogar einen weiteren Links-Ruck (ROT-Rot-GRÜN) verursacht? Wäre eine Protestwahl nicht vergeblich, wenn sich an den grundsätzlichen Konstellationen, die die Protestwähler ja wohl nicht mehr akzeptieren, nichts verändert?

Zwangs-Koalition in der Opposition

Das käme wohl auf die jeweilige Perspektive an. Wer von einer Protestwahl eine sofortige, d.h. unmittelbare Änderung in der realen Politik erwartet, bleibt wohl vor Enttäuschungen nicht verschont. Er/Sie sollte in diesem Fall die bisherige (gewohnte) Wahlentscheidung treffen. Wer aber in der Lage ist, längerfristige Perspektiven anzuwählen, dürfte zunächst in der richtigen Spur liegen. Allein die Vorstellung einer ROT-Rot-GRÜN-Koalition ließe auf den Oppositionsbänken CDU und AfD in den Wettstreit um die besten Alternativen eintreten (wobei der FDP die Rolle eines dämpfenden liberalen Faktors zukäme). Allerdings birgt diese Zwangs-Koalition in der Opposition die Gefahr einer gegenseitigen Vernichtungsstrategie.

Was sich zwischen SPD und LINKE zum eindeutigen Nachteil der ältesten Partei Deutschlands entwickelte, könnte sich nun im konservativen Spektrum rechts der Union (CDU) wiederholen: Eine Zersplitterung konservativer Kräfte zum Vorteil des politischen Gegners. Allerdings würde sich die politische Landschaft erneut gravierend ändern. Ob zum Nachteil oder Vorteil des strapazierten Wahlbürgers könnte erst die Zukunft erweisen, wäre also größtenteils Spekulation.

AfD vom Erklärungsgehabe der etablierten Parteien nicht weit entfernt 

Warum aber unter diesen Umständen zur Wahl gehen, wenn nur sicher ist, das alles bleibt, wie es ist? Das viel zu wenig in der Gunst stehende Recht in einer (unterstellten) Demokratie auf das Wahlrecht sollte demonstrativ ausgeübt werden. Die Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern haben gezeigt, welchen Schub eine neue Partei hier auslösen kann. Sollte sich diese Entwicklung fortsetzen, müsste man allein aus diesem Grund der AfD dankbar sein. Trotz der zuvor angeführten Skepsis gegenüber realen Veränderungen belebt die Möglichkeit einer Alternative gegenüber den bisherigen (also etablierten) Parteien den demokratischen Diskurs und gefährdet damit die bereits von vielen Bürgern befürchtete Entwicklung in eine Demokratur. Diese ist deshalb so gefährlich, weil sie nicht etwa im Wege einer wie immer gearteten Machtergreifung (Diktatur) erfolgt, sondern durch die latente Beschneidung demokratischer Rechte (z.B. durch permanente Verlagerung von Entscheidungen von Unten nach Oben) auch die Wahlen zu puren symbolischen Akten verkommen lässt, weil eine Verschiebung von Machtkonstellationen nicht mehr als möglich erscheint oder – was hier und da bereits durchzuschimmern scheint – eine Nationale Front á la DDR die Unterscheidbarkeit politischer Parteien nicht mehr zulässt. Waren in der Gründungs-Bundesrepublik noch echte Wahlentscheidungen möglich, so sind in der Vereinigungs-Republik die diversen Programme und Argumente austauschbar geworden. Mithin verkürzt sich die Wahlentscheidung auf die eigentliche (Überzeugungs-)Pflicht, als Demokrat zur Wahl zu gehen. Auf das Ergebnis im Hinblick auf mögliche Veränderungen hat der Wähler offenbar nur noch marginalen Einfluss.

Die AfD wird in diesem Spiel sehr aufmerksam darauf achten müssen, das zugestandene Vertrauen eines (im Schnitt) Fünftels der Wählerschaft im konkurrierenden Parteien-Kampf um die politischen Futternäpfe nicht zu verspielen. Schon jetzt verlautbaren sich deren Funktionäre bereits mit (noch) wenigen Ausnahmen in einem Blabla-Stil der bereits etablierten Parteien. Dieses Erklärungsgehabe hat maßgeblich zum Vertrauensverlust in die bisherigen Parteien beigetragen. Wer an die Stelle aussagekräftiger, weil nachvollziehbarer Programme permanent Allgemeinplätze verkündet, muß sich über die Abwanderung enttäuschter Wähler nicht mehr wundern.

„Wir brauchen eine Obergrenze“ ohne Vorschläge zur Realisierung

„Wir schaffen das!“ bleibt eine Plattitüde, solange damit nicht programmatische Aussagen verbunden werden. „Wir brauchen mehr Wohnungsbau!“ ist ein Allgemeinplatz, solange konkrete Aussagen über eine reale Umsetzung ausgespart werden. „Wir müssen die Umwelt verbessern!“ ermüdet jeden halbwachen Wähler, solange mit dieser Plattheit nicht konkrete Vorschläge zur Realisierung verbunden werden. „Wir brauchen eine Obergrenze (für Flüchtlinge)!“ bleibt solange unglaubwürdig, solange damit nicht konkrete Vorschläge zur Realisierbarkeit verbunden werden. Angesichts der (freiwilligen) Gleichschaltung der (etablierten) Parteien wird es in Zukunft immer mehr darauf ankommen, einen zunehmend wacher werdenden Bürger und Wähler mit konkreten und konstruktiven Vorschlägen zu überzeugen. Die in einer Etablierungszeit zugestandenen Plattheiten werden der AfD bei einer wiederholten Wahl nicht mehr durchgehen. Notfalls kann sie sich dies in den Büros der etablierten Parteien bestätigen lassen. Die sprechen durchaus aus leidvoller – wenn auch offensichtlich noch nicht ausreichender – Erfahrung.

Berliner Abgeordnetenhaus verweigert sich der Mitverantwortung für Haftzwangsarbeit

 Berlin, 15.09.2016/cw – In einem Schreiben an die Fraktionen des Abgeordnetenhauses in Berlin hatte die Vereinigung 17. Juni bereits Ende 2014 die bekannt gewordene Lieferung von 25 % des seinerzeitigen West-Berliner Zementbedarfes aus Rüdersorf bei Berlin (DDR) zum Anlass genommen, die nunmehr „nachgewiesene Ausnutzung der Haftzwangsarbeit in der DDR“ auch durch West-Berlin zum Anlass zu nehmen, diese Mitwirkung und die daraus abzuleitende Mitverantwortung wenigstens symbolisch anzuerkennen. Nach dem Vorschlag des Vereins sollten die Fraktionen eine Freifahrtberechtigung der in Berlin „seit mindestens fünf Jahren lebenden ehemaligen Verfolgungs-Geschädigten der DDR“ auf den öffentlichen Verkehrsmitteln und einen „freien Zugang zu den städtischen Museen“ prüfen. Dies könne über einen entsprechenden Ausweis erfolgen.

Die CDU-Fraktion sicherte zunächst zu, diesen Vorschlag „nach Absprache mit den anderen Fraktionen“ zu prüfen, gab aber bis eine Woche vor dem bevorstehenden Wahlgang am 18. September 2016 keine konkreten Ergebnisse dieser Prüfung bekannt.

Die LINKE-Fraktion empfing immerhin den Vorstand der Vereinigung zu einem diesbezüglichen Gespräch mit deren Fraktionsvorsitzenden Udo Wolf und dem Landesvorsitzenden Klaus Lederer und sprach sich für eine entsprechende Lösung aus: Diese „sei aktuell absolut finanzierbar.“

Abstinenz gegenüber Anliegen aus der Bürgerschaft

Die SPD, die Fraktion GRÜNE und die der PIRATEN nahmen bisher keine Stellung zu dem Antrag. Am Vorabend der Wahlentscheidung in Berlin bedauerte der Vorstand der Vereinigung 17.Juni diese „Abstinenz gegenüber Anliegen aus der Bürgerschaft.“ Es sei mithin „kein Wunder, wenn sich kritische Bürger eigene Gedanken über die verbreitete Bürgernähe und den realen Umgang mit Anliegen der Bürger“ machten. Gerade im Zusammenhang mit dem angekündigte UOKG-Kongress über die ausbleibende Anerkennung von Haftfolgeschäden Anfang Oktober (siehe nachfolgenden Artikel) bleibe abzuwarten, mit welchen Wortmeldungen die Parteien „erneut ihre Gestaltungsabsicht“ zur Linderung der Haftfolgeschäden bekunden werden.

UOKG-Kongress zur Begutachtung von Haftopfern der SED-Diktatur

Berlin, 15.09.2016/cw – Die Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG) führt am 8.Oktober 2016, 11:00 – 18:00 Uhr, einen Kongress zum Thema: „Wege zu einer verbesserten Begutachtung von Haft- und Repressionsopfern der SED-Diktatur“ durch. Ort: Stiftung Berliner Mauer – Besucherzentrum, Bernauer Straße 119 (S-Bhf. Nordbahnhof).

Im Vorfeld kam es bereits zu deutlichen Dissonanzen. So verweigerte sich der Berufsverband der Deutschen Psychologen einer entsprechenden Einladung zum Meinungsaustausch. Der Vorsitzende der UOKG, Dieter Dombrowski (CDU), kritisierte diese Verweigerung: „Wer sich dem fachlichen Austausch über die Begutachtung von Opfern des SED-Regimes entzieht, verweigert den Repressionsopfern von SED und Stasi den Respekt als Mensch und behindert den Genesungsprozess der Opfer. Das ist beschämend.“

Vergeblicher Kampf gegen Anerkennungs-Hydra

Das Schicksal von Karin B., die sich im Vorfeld des Kongresses im Internet (Forum „Flucht und Ausreise“) mit ihren negativen Erfahrungen zu Wort meldete, dürfte beispielhaft für den vergeblichen Kampf Betroffener mit der Hydra der Anerkennungsinstitutionen sein. „Die Betroffenen ständen „nämlich ganz unten,“ seien „eigentlich nicht existent,“ schreibt B. So habe sie bereits im November 2008 (!) beim Versorgungsamt Rhein-Neckar in Heidelberg einen Antrag auf Anerkennung von Haftfolgeschäden gestellt. Ein halbes Jahr nach Antragstellung habe das Versorgungsamt Karin B. zu einer Neurologin geschickt, die sie in einer dreistündigen Begutachtung beurteilt hätte. Die Neurologin interessierte sich kaum für die Haftbedingungen: „Dafür konnte sie den Wunsch, die DDR durch Flucht zu verlassen, nicht nachvollziehen.“

Karin B. zweifelte aus diesem Grund die Kompetenz des Gutachtens an und klagte schließlich vor dem Sozialgericht Mannheim. Das Gericht ordnete eine neuerliche Begutachtung durch einen Gutachter an, „der große Verdienste in der Behandlung von Drogenabhängigen“ hatte, aber wahrscheinlich „sehr selten Erfahrungen und Kenntnisse aus dem Umgang mit Patienten, die Schädigungen aus erlittener politischer Haft im kommunistischen Machtbereich vortrugen“, vorzuweisen hatte.

Pharmaversuche, aber „kaum Schäden durch Stasi-Haft“

So kam dieser Gutachter zu dem Ergebnis, dass an Karin B. „mit großer Wahrscheinlichkeit Pharmaversuche gemacht wurden,“ dass diese „aber kaum Schäden durch die Stasihaft erlitten habe.“ Auch in diesem Gutachten fehlten Quellenangaben zur Fachliteratur, kritisiert Karin B.

Schließlich durfte Karin B. einen eigenen Gutachter benennen. Dieser Gutachter sei zu den gleichen Ergebnissen gelangt, zu welchen bereits Psychotherapeuten vor Jahren gekommen waren. Auch zitierte der Gutachter einzig wissenschaftliche Arbeiten in Bezug auf Haftfolgeschäden. Dieses Gutachten wurde in der nachfolgenden weiteren Gerichtsverhandlung jedoch als „vollkommen ungenügend“ gewürdigt.

Auch ein Herr Middelhoff ist mit seiner Klage gescheitert

Die vorsitzende Richterein  im Landessozialgericht Stuttgart eröffnete die Begründung des (erneut ablehnenden) Urteils in der Verhandlung vom 23. Juni 2016 (!) mit der Bemerkung, sie habe „einmal über den Strafvollzug Hohenleuben gegoogelt. Nachdem, was da so steht, könne es gar nicht so schlimm gewesen sein. Man müsse eben im Strafvollzug mit schwierigen Situationen zurechtkommen, dafür ist man im Strafvollzug.“ Außerdem sei die Klägerin „ja nur ein knappes Jahr im Vollzug gewesen, und da ist es eher unwahrscheinlich, dass man davon krank wird.“ Auch sei bekannt, dass das Essen „dort nicht immer schmecken muss.“ Die von der Klägerin vorgetragenen Gründe könnten „keine Erklärung für die Anerkennung von Haftfolgeschäden“ sein. Auch „ein Herr Middelhoff sei mit einer solchen Klage gescheitert und habe deswegen keine verbesserten Haftbedingungen bekommen. Das ist eben so .“ (Das Landgericht Essen hatte den einstigen Manager Middelhoff am 14. November 2014 wegen Untreue in 27 Fällen und Steuerhinterziehung in drei Fällen zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt.)

Karin B. beklagt, dass diese Richterin sie mit einem hochkriminellen Menschen gleichgestellt und die Stasihaft relativiert hat, indem sie die Haftbedingungen von heute mit denen von 1987 relativiert hat.

Verzicht auf Gestaltung und Ausgabe von Banknoten

Berlin, 15.09.2016/cw – „Für die Gestaltung von Euro-Banknoten besteht keine nationale Zuständigkeit (mehr). Daran ist auch die Bundesrepublik Deutschland gebunden.“ Und: „Die Europäische Zentralbank (EZB) hat das ausschließliche Recht, die Ausgabe von Euro-Banknoten innerhalb der Europäische Union zu genehmigen.“

Diese Antwort auf eine Anfrage erhielt die Vereinigung 17. Juni in Berlin vom Petitionsausschuß des Deutschen Bundestages (Pet 2-28-08-7601-032214). Beigefügt war eine eigens eingeholte Stellungnahme des Bundesministeriums der Finanzen (VII C 1 – WK 2011/12/10001 :002), in der das Ministerium überdies darauf hinweist, dass „die EZB bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben weder Weisungen von Regierungen der Mitgliedstaaten entgegennehmen noch durch Regierungen der Mitgliedstaaten beeinflusste werden“ darf. „Daran ist auch die Bundesrepublik Deutschland gebunden.“ (Artikel 130 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union).

Die Vereinigung 17. Juni zeigte sich überrascht „von diesem alle Zweifel ausräumenden Bescheid“ über die Amputation von Mitwirkungsrechten an der Ausgabe und Gestaltung von Banknoten. Diese sei einmal ein dominierender Bestandteil deutscher Autonomie gewesen, die über die Deutsche Bundesbank maßgeblich zum Ansehen der einstigen Deutschen Währung, der legendären DM, beigetragen habe.

Der historische Verein, der auf den Aufstand vom 17. Juni 1953 zurückgeht, hatte in einem Schreiben an den Deutschen Bundestag vorgeschlagen, eine Seite der 20-Euro-Note mit einem Bildnis des Claus Schenk Graf von Stauffenberg zu versehen. Stauffenberg sei „nach anfänglichen Schwierigkeiten zum unbestrittenen Gründungsmythos der Bundesrepublik“ geworden,“ hatte der Vereinsvorstand in seiner Eingabe begründet. Anlass war die Ankündigung der US-Notenbank, erstmals in ihrer Geschichte auf der 20-Dollar-Note eine Frau, die Bürgerrechtlerin Harriet Tubman, abzubilden. Tubman soll danach den bisher abgebildeten Sklavenhalter Andrew Jackson ersetzen. Mit der Bürgerrechtlerin wird auch erstmals eine schwarze Frau abgebildet.

Über die Frage der aufgegebenen Autonomie hinaus bedauert die Vereinigung die mangelnde Möglichkeit, auch über die „in jeder Hand befindlichen Geldnoten“ Botschaften „des Selbstverständnisses unseres Staates“ zu verbreiten.

Erneute Demo gegen Rentenbetrug in Berlin    

Berlin, 15.09.2016/cw – Zu einer erneuten Demonstration gegen den an Altübersiedlern und vormaligen Flüchtlingen aus der DDR „verübten Rentenbetrug“ haben die Organisatoren Wolfgang Graetz , Berlin, und Dr. Wolfgang Mayer , Speyer, (Forum „Flucht und Ausreise“) „Betroffene und Unterstützer“ aufgerufen.

Die Demo soll am Dienstag, dem 18. Oktober 2016, ab 12 Uhr stattfinden, Treffpunkt soll wieder das Bundesministerium für Arbeit und Soziales in der Wilhelmstraße 49 sein. Einzelheiten werden die Organisatoren rechtzeitig mitteilen. Diese freuen sich aber schon jetzt über Zusagen zur Mitarbeit oder Teilnahme: renten-demo@gmx.de  oder telefonisch unter Mobil 0170 292 8276 bzw. wol.mayer@web.de oder telefonisch unter Mobil 0163 249 8184. Aktuelle Entwicklungen, wie der Stand der Vorbereitungen, können im Internet unter „Flucht und Ausreise“ nachgelesen  werden.

         Die Frauen von Hoheneck ringen weiter um Fortbestand

Stollberg/Berlin, 15.09.2015/cw – Nach der endlichen Übergabe der Vereinsunterlagen an den neugewählten Vereinsvorstand des Frauenkreises der ehemaligen Hoheneckerinnen hat es vermutlich im Vorstand lange Gesichter gegeben. Bereits im Vorfeld hatte der vom Gericht nicht bestätigte Vorstand erkennen lassen, dass die ursprünglich vorhandenen Vereinsgelder nahezu aufgebraucht worden waren. Für die neue Vorsitzende Regina Labahn stellt sich bereits länger die Frage nach der Zulässigkeit der Verwendung von Vereinsgeldern für Kosten, die offenbar willkürlich und ohne Not durch den letztlich nicht bestätigten Vorstand verursacht worden waren.

Auch Insider der Vereinsszene beurteilen die Verwendung von wohl rund 10.000 Euro für zumindest fragwürdige Prozesse äußerst skeptisch. Hier hätten Personen offenbar über die Verwendung von Mitgliedsbeiträgen und Spenden entschieden, deren Wiederwahl (2014) letztlich vom Gericht kassiert worden sei. Überdies war der vorherige Vorstand vor der versuchten und von zwei Instanzen aufgehobenen Auflösung des Vereins rechtswirksam von seinen Ämtern zurückgetreten. Mithin habe offenbar die Legitimation gefehlt, über (noch) vorhandene Vereinsgelder zu verfügen. Hier sollte der mögliche Tatbestand einer Veruntreuung gewissenhaft geprüft werden. In diesem Zusammenhang wäre ebenfalls eine Inanspruchnahme des „unrechtmäßigen“ Vorstandes für die dem Verein in Rechnung gestellten Kosten zu prüfen.

Ob sich der Labahn-Vorstand diesen Beurteilungen anschließt, war bis zum Redaktionsschluss nicht zu erfahren, da sich der jetzige Vorstand angesichts der vermutlich prekären Situation des Vereins durch die nahezu leere Kasse in konsequentes Schweigen hüllt.

Ehrenvorsitzende der Hoheneckerinnen feierte 90. Geburtstag

Berlin, 15.09.2016/cw – Margot Jann, Mitbegründerin des Frauenkreises der ehemaligen Hoheneckerinnen und Ehrenvorsitzende des Vereins, feierte Anfang September ihren 90. Geburtstag. Die Trägerin des Bundesverdienstkreuzes hatte die Führung des Vereins nach dem Tod der Gründerin Maria Stein 2002 übernommen und den Verein durch schwierige Jahre geführt. Zwar konnte die durch ein Sowjetisches Militär-Tribunal (SMT) ursprünglich zum Tod verurteilte und jetzige Jubilarin den Verkauf des ehemaligen Frauenzuchthauses an einen Investor nicht verhindern. Dennoch schreiben viele Frauen ihrer „freundlichen Beharrlichkeit“ den letztlich erfolgten Rückkauf und die eingeleitete Umwandlung in eine Gedenkstätte zu.

Von dieser Stelle aus nachträglich herzliche Glück- und Segenswünsche von der Redaktion.

V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin – Tel.: 030-30207785 (1.150).

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Hinweis: Die bisherigen Ausgaben des Hohenecker Boten können unter http://www.17juni1953.de abgerufen oder direkt bei der Redaktion gegen Kostenbeitrag bestellt werden (Redaktion: Siehe Impressum). Die Vereinigung 17. Juni 1953 e.V. hat der Redaktion Gastrecht auf der Homepage eingeräumt, der Verein ist für die Inhalte nicht verantwortlich. Namentlich gezeichnete Artikel geben die Meinung des/der Verfasser/Verfasserin wieder (1.142)
Impressum: Der „Hohenecker Bote“ ist einzig der demokratischen Auseinandersetzung und den Anliegen der Verfolgten beider Diktaturen verpflichtet, parteipolitisch und vereinsrechtlich unabhängig und erscheint in der Mitte eines jeden Monats. Beiträge dürfen b.a.W. kostenlos unter Zurverfügungstellung von Nachweisen (Belegen) insbesondere von gemeinnützigen Vereinen der Verfolgten- und Opferszene beider Diktaturen in Deutschland genutzt oder weiterverbreitet werden. Fotos dürfen grundsätzlich nur unter ausdrücklicher Zustimmung bzw. zu den Bedingungen der Redaktion verwandt werden. Redaktion: Carl-Wolfgang Holzapfel (cw) – verantwortlich; redaktion.hoheneck@gmail.com ; Kaiserdamm 9, D-14057 Berlin, Tel.: 030-30207778 oder 0176-48061953; Fax: 030-30207786 (derzeit außer Betrieb). Anzeigen auf Anfrage.

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Berlin, 24.04.2016/cw – Harriet Tubman, Afroamerikanerin (1820 Maryland) und Fluchthelferin für Hunderte von Sklaven, soll jetzt die Vorderseite der 20-Dollar-Note der US-Amerikanischen Notenbank zieren. Tubman konnte weder lesen noch schreiben, war einfach nur Mensch in einer teilweise unmenschlichen, seinerzeit vielfach rassistisch ausgerichteten, sich als Herren-Menschen gerierenden Gesellschaft. Nun soll eine Freiheitskämpferin, die als Sklavin von ihrem sadistischen „Besitzer“ schon als Kind geschlagen und ausgepeitscht wurde, den Sklaventreiber und siebten Präsidenten der USA, Andrew Jackson, ersetzen. Dass das Vorhaben der Notenbank nicht nur auf Zustimmung stößt, verwundert nicht, zumal bisher auf den Noten Männer dominierten.

Die in Berlin ansässige Vereinigung 17. Juni 1953 e.V. hat das Vorhaben der US-Notenbank aufgegriffen und sich in einem Schreiben an den Deutschen Bundestag dafür ausgesprochen, „in baldiger Zukunft“ den Hitler-Attentäter von Stauffenberg auf einer Euronote zu würdigen. Deutschland könne – wie jedes EU-Land – eine Seite der Geldscheine selbst gestalten und damit die Chance haben, einen wesentlichen Grundbezug des emmitierenden Landes zu vermitteln.

Die Verschwörer gegen Adolf Hitler wurden in der alten Bundesrepublik vielfach noch als „Verräter“ gebrandmarkt, in der frühen DDR als „preußische Junker“ diffamiert, für die der Erhalt ihrer Besitztümer über den als verloren gegebenen Krieg hinaus vorrangiger Anlass gewesen sei, gegen den Diktator zu putschen. Erst später habe ein vorsichtiges Umdenken eingesetzt, sei die Rolle des Widerstandes offensiv als hehres Beispiel für den „Aufstand des Gewissens“ vermittelt worden. Die DDR mußte sich letztendlich diesem Bild in der als „neofaschistisch“ bezeichneten BRD anpassen, wollte sie nicht jede Glaubwürdigkeit als „Antifaschistische Bastion“ in Deutschland verlieren.

Heute, so argumentiert die Vereinigung, deren Ursprung auf den Volksaufstand von 1953 zurück geht, gehöre das Attentat vom 20. Juli 1944 quasi zum „Gründungsmythos unserer Republik.“

Stauffenberg sei zuvor vom Verräter zum – heute unbestrittenen – Helden geworden. Die Sichtbarmachung dieses Helden auf einer durch ganz Europa gereichten Note wäre ein eindeutiges Symbol „für die Verankerung unserer Republik in den Grundwerten Recht und Freiheit, eine Absage an jeglichen Versuch der Wiederbelebung diktatorisch ausgerichteter Staats- und Gesellschaftsformen. Es entspräche der Sichtbarmachung unseres Grundgesetzes für jedermann/Frau in Europa“, heißt es abschließend in dem Schreiben an den Bundestagspräsidenten.

V.i.S.d.P: VEREINIGUNG (AK) 17.JUNI 1953 e.V., Berlin, Tel.: 0176 – 4806 1953 (1.111)

Todesanzeige 17.Juni_NEW

Berlin/Jüdenberg, 22.05.2014/cw – Mit Bestürzung hat die Vereinigung 17. Juni 1953 in Berlin den Tod ihres Mitgliedes Dr. Walter Schöbe zur Kenntnis genommen. Der einstige „Kämpfer für die Einheit und Freiheit Deutschlands“ starb am 17.05.2014. Zwei Monate zuvor, am 18.März, hatte er noch seinen 85. Geburtstag begehen können.

Die Vereinigung trauert um den „Nestor der einstigen und noch lebenden Teilnehmer des ersten Volksaufstandes im Nachkriegseuropa. Unser Mitgefühl gilt seiner Frau Ursula, die selbst im DDR-Frauenzuchthaus Hoheneck Verfolgung, Verurteilung und folgender Haft geteilt und mitgetragen hat.

Walter Schöbe im Gespräch mit dem vorher. Innenminister Hans-Peter Friedrich 2011 auf dem Friedhof Seestraße - Foto: RGG

Walter Schöbe im Gespräch mit dem vorher. Innenminister Hans-Peter Friedrich 2011 auf dem Friedhof Seestraße –
Foto: RGG

Der am 18. März 1929 als Sohn eines Landwirtes bei Halle studierte zunächst Tiermedizin in Leipzig und später Humanmedizin in Tübingen. Bereits seit ihrer Gründung 1948 unterstützte er aktiv die von Rainer Hildebrandt gegründete Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit (KgU) und wirkte folgerichtig am Volksaufstand in Leipzig mit. Schöbe wurde mit seiner Frau verhaftet und zu fünfzehn Jahren Zuchthaus verurteilt. Sieben Jahre mußte er davon verbüßen.

In unzähligen Interviews, zuletzt 2013 für die Gedenkbibliothek
http://gedenkbibliothek.de/download/Walter_Sch_be_Zeitzeugeninterview_zum_17._Juni_1953.pdf schilderte Schöbe seine Motive. Nach den Grauen der NS-Diktatur habe er sich verpflichtet gefühlt, gegen die neuerliche Diktatur aufzustehen. Man habe den Menschen in der NS-Zeit immer vorgeworfen, dass sie dem Unrecht gegenüber geschwiegen hätten. Das sollte sich nicht wiederholen. Für ihn, Schöbe, seien die Vorbilder Graf Schenk von Stauffenberg, die Geschwister Scholl und all die anderen mutigen Widerständler aus dieser Zeit Motivation und Auftrag gewesen. Schöbe weigerte sich zeitlebens, von der „DDR“ zu sprechen. Für ihn blieb dieses geschichtliche Konstrukt immer die „Sowjetisch besetzte Zone,“ weil den Menschen in dieser Besatzungszone „konsequent und unter Anwendung brutalster Gewalt bis zum Ende die Selbstbestimmung und die Ausübung der Menschenrechte verweigert wurden.“

Auf einer Veranstaltung der AG 13.August auf dem jetzigen  "Platz des Volksaufstandes von 1953" vor dem BFM:

Auf einer Veranstaltung der AG 13.August auf dem jetzigen „Platz des Volksaufstandes von 1953“ vor dem BFM mit den zwztl. ebenfalls verstorbenen Kameraden Werner Herbig, Herbert Buley, Walter Schöbe (1.Reihe v.li). Foto: LyrAg

Der Hass der „Ewiggestrigen“ galt bis zuletzt besonders Walter Schöbe. Auf der Seite „mfs-insider“ sind bis heute diese Tiraden nachzulesen. Nicht zuletzt aus diesem Grund befürchtete Schöbe bis zuletzt „den langen Arm“ seiner lebenslangen Gegner und verhinderte daher, soweit es in seiner Macht stand, die Veröffentlichung aktueller Fotos. Den Eindruck eines permanent Getriebenen wies er dennoch zurück: „Mich treibt einzig der Wille zur Verteidigung der Freiheit. Und da diese Freiheit nach wie vor ihre unbelehrbaren Feinde hat, gilt es, vorsichtig zu sein und diesen keine Gelegenheit einzuräumen, ihr schmutziges Handwerk im Nachhinein doch noch zu vollenden.“

Der Verstorbene hielt sich dennoch weitgehendst im Hintergrund und fern von den von ihm stets bedauerten Auseinandersetzungen in der Szene der Verfolgtenverbände. Dagegen blieb er stets ansprechbar, wenn es um die finanzielle Unterstützung von ideellen Vorhaben ging, um die „herausragende Geschichte des Widerstandes“ nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Viele Gruppierungen und Verbände verdanken ihm so die punktuelle Unterstützung, wie zum Beispiel die Übernahme der Unkosten für die Demo der Verfolgtenverbände gegen die Ministerrente 2007 vor dem Bundesrat, die die Vereinigung 17. Juni vorbereitet hatte.

Am späteren "Tag der Deutsche Einheit", 3.10.1953, Bericht über Urteil gegen Schöbe u.a.

Historischer Zufall: Am späteren „Tag der Deutschen Einheit“, 3.10.1953, Bericht über Urteil gegen Schöbe u.a.

Sein großer Wunsch, auf dem Leipziger Platz ein Denkmal an den Volksaufstand in Form eines „unbehauenen Felsblocks“ stiften zu können, scheiterte zu Lebzeiten an den bürokratischen Vorbehalten der Verwaltungen.

Es wäre zu wünschen, diesem aufrechten Freiheitskämpfer und überzeugten Demokraten auf eben diesem Leipziger Platz ein würdiges Denkmal zu widmen.

Die Urnenbeisetzung findet auf ausdrücklichen Wunsch der Familie in deren Familiengrab in Sachsen-Anhalt statt.

V.i.S.d.P.: Vereinigung (AK) 17.Juni 1953 e.V., Berlin, Tel.: 030 -30207785

 

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