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Kommentar von Carl-Wolfgang Holzapfel
Bremen/Berlin, 25.10.2019/cw – Zugegeben, der verbrannte Begriff „Deutschland erwache“ würde völlig falsche Assoziationen wecken und wäre daher genauso falsch wie der unselige Ausspruch „Wir werden sie jagen“ des einstigen Chefs der Hessischen Staatskanzlei und heutigen Fraktionsvorsitzenden Alexander Gauland. Aber einfallen tut ein dieser Wunsch nach einem „Aufwachen“ schon, wenn man liest und hört, was sich die Sicherheitsdienste in Deutschland – 30 Jahre nach dem Mauerfall – so einfallen lassen.
Bürger sollen Äußerungen oder Verhaltensweisen melden
Dem Bundestag liegt ein vom Innenministerium initiierter Gesetzentwurf vor, nachdem der Verfassungsschutz das grundsätzliche Recht erhalten soll, künftig o h n e richterlichen Beschluss in die vom Grundgesetzt (bisher) geschützte Wohnung eindringen zu können. Der Bremer Verfassungsschutz bittet Mitte Oktober d.J. die Bevölkerung im „Kampf gegen den Rechtsextremismus um Mithilfe“. „Um einer weiteren Radikalisierung von Extremisten frühzeitig entgegenzutreten, brauchen wir die Zivilgesellschaft an unserer Seite“, erläuterte den Appell Dierk Schittkowski, der Chef des Bremer Verfassungsschutzes. BürgerInnen sollen „auffällige Signale, Äußerungen oder Verhaltensweisen telefonisch oder per Mail“ bei der Behörde melden.
Eine Begründung liefert der Verfassungsschutz-Chef gleich mit: Eine schleichende Radikalisierung in Vereinen, Betriebsräten „oder auch beim lieben Nachbarn“ werde in Bezug auf die „Neue Rechte“ oft nicht oder zu spät erkannt, erklärte Schittkowski: „Der Verfassungsschutz sollte hier ein Frühwarnsystem sein, aber das geht mit den vorhandenen Ressourcen nicht – das geht nur, wenn alle mitarbeiten.“
Wir brauchen keine Rückkehr der Staatssicherheit
Aber hatten wir das nicht alles schon einmal? Wenn man die GeStaPO der NS-Zeit einbezieht, dann hatten wir das sogar schon zweimal in Deutschland: Die Erschnüffelung unliebsamer, in das verordnete System nicht passende Zeitgenossen. Wir brauchen keine Rückkehr der Staatssicherheit oder den Ausbau unserer bisherigen Geheimdienste zu dieser Staatspolizei unseligen Angedenkens. Wir leben (noch) in einer Demokratie, die zwar ihre Schwächen, aber noch mehr Stärken hat. Diese Stärken gilt es auszubauen durch einleuchtende, wenn auch mühsame Wege. Mit den Mitteln der Politik lassen sich nicht nur bedenkliche Überwachungen organisieren (die irgendwann ein totalitärer Staat mit dem Hinweis auf einstige demokratische Beschlüsse extensiv auslegen und anwenden kann), sondern auch Alternativen entwickeln, die den Bürger durch konstruktive Taten, Problemlösungen und offene, ehrliche Debatten überzeugen. Das ist der beste und einzig vertretbare Weg in einer Demokratie, Radikalisierungen in der Gesellschaft vorzubeugen.
Widerstand gegen undemokratische Auswüchse
Gegen diesen Aufruf zur Schnüffelei sollten sich beizeiten auch die einstigen Bürgerrechtler und Revolutionäre wenden, um die Umsetzung dieser Absicht durch entsprechenden Widerstand zu verhindern. Wir haben im demokratischen Teil-Deutschland den Erfolg gegen ein undemokratisches „Volkszählungsgesetz“ erleben dürfen. Bereitschaft zum Widerstand gegen undemokratische Auswüchse sollte in einer Demokratie Pflicht sein. Es könnte sonst passieren, dass wir (erneut) in einer Diktatur aufwachen, in der jeglicher Widerstand (erneut) durch staatlich organisierten Stasi-Terror verhindert wird. Wehret den Anfängen.
V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin – Mobil: 0176-48061953 (1.488).
Berlin, 19.09.2019/cw – Insgesamt dreimal wurde er aus politischen Gründen in der DDR verhaftet. Als er wegen eines Ausreiseantrages wieder von der Stasi vernommen wurde, sprang er aus dem Fenster. Er war in der Annahme, im ersten Stock des Gefängnisgebäudes zu sein, tatsächlich befand er sich in der dritten Etage. Schwer verletzt überlebte der Verzweifelte diesen Sprung, zog sich aber so schwere Verletzungen zu, dass er auf den Rollstuhl angewiesen war: Karl-Heinz Seel, geboren am 27.03.1950 in Berlin, starb am 3.August d.J. im Alter von 69 Jahren nach schwerer Krankheit in einem Krankenhaus in Berlin. Er wird am morgigen Freitag, 20.09., um 11:00 Uhr auf dem Zentralfriedhof in Friedrichsfelde, Gudrunstraße 20, beigesetzt.
Der Lebenslauf des Verstorbenen liest sich dramatisch und ist vielfach symptomatisch für unzählige politische Opfer des SED-DDR-Regimes. Seine frühe Kindheit verlief in der Obhut seiner alleinerziehenden Mutter wenig erfreulich. Misshandlungen und Vernachlässigungen durch eine offensichtlich überforderte Frau, verbunden mit häufigen Ortswechseln prägte seine Kindheit und Jugendzeit. Trotzdem schaffte es Seel, nach einem geordneten Schulabschluss eine Ausbildung als Autolackierer zu absolvieren.
Erstmals geriet Karl-Heinz Seel 1974 im Alter von gerade einmal 23 Jahren in die Fänge der Staatssicherheit und wurde am 14. März 1974, zwei Wochen vor seinem 24. Geburtstag, vom Stadtbezirksgericht Lichtenberg zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Nachdem er am 15. Januar 1976 entlassen worden war, wurde er bereits am 11. August des Folgejahres erneut verhaftet und am 25. November 1977 wiederum vom Stadtgericht Lichtenberg verurteilt.
In seiner Rehabilitierung vom 2. August 2005 wurden beide Urteile und ein Beschluss vom 19. Dezember 1977, ebenfalls Stadtgericht Berlin, vom Landgericht Berlin als rechtsstaatswidrig aufgehoben.
In einem ärztlichen Gutachten vom 9.09.2004 wurde u.a. festgestellt, dass „die dreimaligen Inhaftierungen in der DDR teilweise durch Einzelhaft und andere verschärfte Bedingungen“ für seine angeschlagene Gesundheit „zusätzlich belastend“ waren. Der 1979 in die (alte) BRD übergesiedelte Seel durchlitt eine monatelange Arbeitsunfähigkeit, die mit anhaltenden depressiven Episoden einherging. Die Angstzustände verstärkten sich ab 1986. Als er schließlich nach dem Mauerfall seine Stasiakten einsehen konnte, brach der ohnehin gezeichnete Seel zusammen: Er erfuhr durch die Akteneinsicht, daß ihn die eigene Mutter und der (spätere) Stiefvater mehrfach an die Staatssicherheit verraten hatten.
Seel litt hinfort unter sich aufdrängenden Alpträumen und litt unter einem verstärkten Tremor der Hände und Arme, der sich besonders unter emotionalem Stress auswirkte. Der sich verstärkende soziale Rückzug wurde teilweise auch bewusst gewählt, da die spärlich gewordenen Kontakte zu Leidensgefährten vermehrt sogen. „flash backs“ auslösten.
Förderlich für sein Befinden waren sicherlich auch nicht die bürokratisch formulierten Bescheide auf seine zunächst zahlreichen, später eingestellten Versuche um Anerkennung seiner gesundheitlichen Schäden. So hieß es in einem Bescheid des Landesversorgungsamtes Berlin vom 17.11. 2005 lapidar und ohne jegliche Rücksicht auf die psychischen Befindlichkeiten eines ehemaligen DDR-Opfers u.a.:
„Am 11.11.2005 fragten Sie an, ob die Durchführung eines verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsverfahrens im Zusammenhang mit ihrem Sprung aus dem 3. Stock während einer Vernehmung wegen des Ausreiseantrages sinnvoll wäre. Leider muss ich Ihnen mitteilen, das ein derartiges Verfahren bei diesem Sachverhalt keine Aussicht auf Erfolg hätte, da keine Maßnahme einer behördlichen Stelle zu den gesundheitlichen Beeinträchtigungen geführt hat. Das Sie aufgrund der erneuten Vernehmungen in Panik geraten sind, ist zwar verständlich, der Tatbestand einem Rehabilitierungsverfahrne aber nicht zugänglich.“
Man möchte in der Stunde des Abschieds von Karl-Heinz Seel dankbar sein, daß ihm die Jubelansprachen und Jubel-Artikel zum 30.Jahrestag des Mauerfalls, wie sie am 3. Oktober und noch mehr zum 9. November zu erwarten sein werden, erspart bleiben. Noch lebende Opfer des SED-Terrors können sich der üblich gewordenen Heucheleien nicht entziehen. Sie müssen drei Jahrzehnte nach dem Zusammenbruch der zweiten deutschen Diktatur vielfach noch immer – und meist vergeblich – um ihre Rechte kämpfen.
V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin – Mobil: 0176-48061953 (1.474).
Hamburg/Berlin, 21.05.2015/cw – Der NDR hat in einer Pressemitteilung von Gestern auf einen möglichen Justizskandal aufmerksam gemacht. Es geht um die Ermittlungen gegen den Oppositionsführer im Deutschen Bundestag, Gregor Gysi (LINKE) wegen einer diesem vorgehaltenen falschen eidesstattlichen Versicherung. Der LINKE-Politiker hatte diese Versicherung am 18. Januar 2011 unterschrieben und dem Hamburger Landgericht vorgelegt. Gysi wehrt sich gegen eine Dokumentation des NDR, die unter dem Titel „Die Akte Gysi“ in der ARD ausgestrahlt wurde und in der die Frage, ob Gysi als „IM Notar“ und/oder „IM Gregor“ an die Staatssicherheit berichtet hat, behandelt wurde. In der eidesstattlichen Versicherung hatte Gysi formuliert: „Ich habe zu keinem Zeitpunkt über Mandanten oder sonst jemanden wissentlich und willentlich an die Staatssicherheit berichtet.„
Diese Bandbreite einer Formulierungskunst wird inzwischen auch von anderen einstigen DDR-Bürgern in Gerichtsverfahren eingeführt. So hatte Ronald Lässig, einstiger VOS-Vize und Pressesprecher des Verbandes, in einem Verfahren vor dem Landgericht Berlin ebenfalls eidesstattlich versichert: „Ich habe zu keinem Zeitpunkt bewusst in irgendeiner Form für das Ministerium der Staatssicherheit der DDR gearbeitet. …“.
Staatsanwalt brüskiert Generalstaatsanwalt
Ein pensionierter Richter hatte gegen Gysi Strafanzeige erstattet, weil der Verdacht bestehe, daß die eidesstattliche Versicherung nicht der Wahrheit entspreche. Die einstige Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld hatte sich dem in Gang gesetzten Verfahren durch eine eigene Anzeige angeschlossen. Seiher schleppt sich das eingeleitete Ermittlungsverfahren durch die Windungen der Ermittlungsbehörden, obwohl der zügige Abschluss bereits mehrfach angekündigt worden war. Nach Recherchen des NDR, des WDR und der Süddeutschen Zeitung soll der Behördenleiter der Hamburger Generalstaatsanwalt Lutz von Selle die Weisung erteilt haben, Anklage gegen Gysi zu erheben. Diesem würde bei einer Verurteilung eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren drohen. Der Bundestag hatte für die seit jetzt zweieinhalb Jahren andauernden Ermittlungen eigens die Immunität des MdB aufgehoben.
Der mit den Ermittlungen befasste Staatsanwalt sieht nach der NDR-Mitteilung hingegen „keinen hinreichenden Tatverdacht“ und lehnt daher eine Anklageerhebung ab. Wegen dieser Weigerung liegt dem Hamburger Justizsenator Till Steffen (Grüne) seit mittlerweile zwei Wochen dessen Beschwerde vor. Der Senator muß jetzt über eine mögliche Rechtwidrigkeit der Weisung aus der Generalstaatsanwaltschaft entscheiden. Die Sprecherin der Justizbehörde, Marion Klabunde, bestätigte den Eingang „der Beschwerde eines Beamten gegen eine Weisung, die er für nicht rechtmäßig hält.“
Gregor Gysi, der sich seit mehr als 20 Jahren gegen Beschuldigungen wehrt, an die Staatssicherheit der DDR berichtet zu haben, kann dem Ausgang des Verfahrens wohl eher gelassen entgegen sehen. Belegt doch der offene Konflikt in der Hamburger Justizbehörde, daß auch 26 Jahre nach dem Fall der Mauer und 25 Jahre nach der Selbstauflösung der DDR offenbar noch immer keine verbindlichen Maßstäbe für die Verfolgung möglicher Straftaten in der Diktatur des Proletariats existieren. (990)
V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin, Tel.: 030-30207785
Berlin, 8.05.2015/cw – Betroffene der zweiten Diktatur, Opfer und Verfolgte, haben zu einer Mahnwache anlässlich des 70. Jahrestages der bedingungslosen Kapitulation der Deutschen Wehrmacht in Berlin-Treptow aufgerufen. Nachstehend der unserer Redaktion übermittelte Wortlaut:
„WIR WOLLEN EIN ZEICHEN SETZEN !!!
AUFRUF – SAMSTAG, 9. Mai 2015 um 9:45 Uhr
ZUR MAHNWACHE AM SOWJETISCHEN EHRENMAL IM TREPTOWER PARK, DIREKT AM HAUPTEINGANG, RECHTE SEITE.
– DIE BEFREIUNG WAR NICHT DIE FREIHEIT FÜR ALLE –
Wir, die ehemaligen politischen Häftlinge und Verfolgten der SED-Diktatur wollen mit unserer Mahnwache all derer gedenken, die als Soldaten und Offiziere der Roten Armee bei der Befreiung Deutschlands vom NS-Regime ihr Leben riskierten, und dann den Säuberungen des stalinistischen Terrors wie Millionen Andere zum Opfer fielen.
– DIE TÄTER SIND UNTER UNS –
Unser stiller Protest richtet sich gegen geplanten Aufmarsch ehemaliger Offiziere der Traditionsvereine der Grenztruppen der NVA, der Staatssicherheit der DDR, von ehemaligen SED-Funktionären und deren Sympathisanten, die wie im Jahr 2013 in Uniform, mit Standarte und Kalaschnikow-Maschinengewehr in militärischer Zeremonie diesen historischen Ort für ihre Zwecke missbrauchen wollen, der Glorifizierung der DDR, und damit der Verharmlosung der Verbrechen gegenüber ihrem eigenen Volk. Dies ist ein Schlag ins Gesicht der Verfolgten und Opfer der SED-Diktatur und ihrer Familien.
– NIE WIEDER DIKTATUR ! NIE WIEDER KRIEG !
Mit unserer Mahnwache richten wir uns gegen jegliche totalitären Tendenzen in Deutschland und Europa. Egal ob braun oder rot. Denn nur eine wehrhafte Demokratie verhindert Diktatur und Krieg.
BITTE KOMMT ZAHLREICH UND BRINGT BLUMEN MIT !
Unsere Mahnwache ist polizeilich angemeldet.“ (981)
V.i.S.d.P.: Der Veranstalter, Textübermittlung: H.E., Berlin
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