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Berlin/Konstanz, 14.04.2020/cw – Wolfgang Schuller (3.10.1935 Berlin; † 4.04.2020 Konstanz) war ein deutscher Alt- und Zeithistoriker und auch Jurist. Er lehrte von 1976 bis zu seiner Emeritierung 2004 als Professor für Alte Geschichte an der Universität Konstanz und arbeitete zur griechischen und römischen Antike sowie zur DDR-Geschichte. Erst heute erfuhren wir von seinem Tod: Wolfgang Schuller starb am 4.April im Alter von 84 Jahren in Konstanz.
Der Nachfahre des Philosophen Johann Caspar Lavater studierte nach seinem Abitur 1955 in Lüneburg zunächst Rechtswissenschaften an der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg, der Université de Lausanne und der Uni Hamburg (1960 Erstes Staatsexamen), das Zweite Staatsexamen absolvierte er in Berlin. Nach dem Assessorexamen war er zwischen 1965 und 1967 als Wissenschaftlicher Assistent an der Juristischen Fakultät der Universität Hamburg tätig. Dort begann er während seiner rechtswissenschaftlichen Promotionsarbeit zudem mit einem Studium der Klassischen Altertumswissenschaften, der Ägyptologie und der Geschichte. 1967 wurde er in Hamburg mit einer Dissertation zum Politischen Strafrecht in der DDR 1945–1963 zum Dr. jur. promoviert und beendete schließlich sein Zweitstudium an der Freien Universität in Berlin, wo er sich 1971 in Alter Geschichte habilitierte.
1972 erhielt er an der PH Berlin seine erste ordentliche Professur für Alte Geschichte; 1972 folgte er einem Ruf auf einen Lehrstuhl für Alte Geschichte an die Universität Konstanz, wo er bis zu seiner Emeritierung Anfang 2004 verblieb. Schuller hatte neben vielen Ämtern an der Universität Konstanz auch eine Honorarprofessur an der rumänischen Partneruniversität Alexandru Ioan Cuza Iasi inne.
Wissenschaftlich blieb Schuller bis ins hohe Alter aktiv. In der Forschung beschäftigte er sich neben der Rechtswissenschaft auch mit der Geschlechtergeschichte und trat außerdem mit mehrfach aufgelegten Einführungswerken über die Antike hervor, unter anderem als Verfasser des ersten Bandes der Reihe Oldenbourg Grundriss der Geschichte. Seine Biographien über Kleopatra und Cicero fanden einen breitgefächerten Leserkreis.
Nachdem Mauerfall, seit 1990, war Schuller ordentliches Mitglied der Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt. Aber neben der Antike galt sein Forschungsinter-esse auch der Geschichte der DDR, zu der er ebenfalls mehrere Publikationen vorgelegt hat, zuletzt 2009 zu den Ereignissen von 1989. Wolfgang Schuller publizierte ferner zahlreiche Aufsätze, nicht nur in althistorischen Zeitschriften und Sammelbänden, u.a. in der Zeitschrift Mut. Das Mitglied der Görres-Gesellschaft edierte zudem Tagebücher von Carl Schmitt aus den Jahren 1930 bis 1934.
In einem Nachruf der Lagergemeinschaft Workuta würdigte Gerald Wiemers Schullers stete Verbundenheit mit den ehemaligen Workutanern: „Der Professor mit der klaren tiefen Stimme war ein großer Freund der Lagergemeinschaft Workuta: Zusammen mit Horst Hennig hatte er Ende Juli 1995 die Stätte der Kälte und des Grauens, die Reste des Lagers Workuta, besichtigt. Auf der Hinfahrt hatten die beiden Freunde die Lubjanka in Moskau besucht, mit dem Arbeitszimmer von Stalins Ankläger Andrej Wyschinski und das KGB-Museum. Die Gruppe unter Leitung von General Günter Kießling (1925-2009) bestand aus 25 Personen, darunter ehemalige politische Häftlinge und Journalisten.
Für Schuller blieben die Eindrücke lebenslang haften. … In Vorträgen und Publikationen beschäftige sich Schuller mit den Menschen, die in Workuta umgekommen sind, aber auch mit den Lebenden. Wichtig war ihm die Entlarvung der Strukturen des sowjetrussischen Systems, eines Lagersystems von ungeheurem Ausmaß, wo die Menschenwürde nicht zählte. Ebenso kritisch sah er, wie sich dieses System auf die von der Roten Armee befreiten und eroberten Gebiete im Osten Europas ausdehnte.
Bereits in seiner juristischen Doktorarbeit zum „Politischen Strafrecht in der DDR 1945-1963“ setzte er sich mit dem Unrechtsstaat auseinander. Auch künftig sollte das auf gesicherter Quellenbasis einer der Schwerpunkte seiner Forschungen sein. 1971 habilitierte er sich für Alte Geschichte mit der besonderen Neigung zur griechischen Antike.
Ob sein letztes Werk „Zwischen Jerusalem und Rom“ im Herbst bei Herder erscheinen wird, ist ungewiss. In der Ankündigung heißt es: „Schuller liest die biblische Apostelgeschichte des Lukas als historische Quelle“. Eine ausführliche Besprechung von drei Büchern „Den Osten verstehen wollen. Drei persönliche Bücher über Folgen und Fragen von 1989“ ist soeben in der Zeitschrift „Gerbergasse 18“ erschienen. Dagegen wird die Würdigung des Anglisten Wolfgang Iser (1926-2007), sein letztes Projekt, über die Materialsammlung nicht hinauskommen.
Mit Wolfgang Schuller haben wir einen großen Freund verloren, der durch seine Einzigartigkeit als Mensch und großartige Vielheit in seinem Werk hervortrat. Er wird uns fehlen,“ schließt Gerald Wiemers (Quelle: http://www.workuta.de/aktuelles/index.html).
V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin – Mobil: 0176-48061953 (1.533).
Nr.048 – Einigkeit und Recht und Freiheit – 15. 12. 2015
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Weihnachten 2015: Anlass zum Innehalten
Von Carl-Wolfgang Holzapfel
Berlin, 15.12.2015 – Vor siebzig Jahren sah sich das gebeutelte, vom Krieg verwundete Deutsche Reich zusätzlich der Belastung durch Millionen von Flüchtlingen ausgesetzt, die vornehmlich aus den von der Roten Armee besetzten Teilen des Reiches in die sogen. Westzonen (Amerikanische, Britische und Französische Zone) strömten. Auch die sowjetisch besetzte Zone und spätere DDR mußte die Aufnahme von Milionen Flüchtlingen verkraften. Der knappe Wohnraum in den zerstörten Städten wurde so noch knapper, die Versorgung mit notwendigen Grundnahrungsmitteln noch prekärer.
Ich erinnere mich noch gut an die Feindseligkeiten, die den Flüchtlingen begegnete: Die „Asozialen aus den Nissenhütten“ war noch eine glimpfliche Bezeichnung. Dabei kamen diese Menschen aus dem (bislang) „eigenen Land“, gehörten dem selben Kulturkreis an. Das hinderte die „Ureinwohner“ vor Ort nicht, diesen Flüchtlingen die Schuld an der Misere, an dem verlorenen Krieg förmlich in die Schuhe zu schieben. Hatten diese nicht am Lautesten „Heil“ gebrüllt, am Eifrigsten hinter Hitler gestanden?
Natürlich gab es – Gott sei Dank! – auch andere Gruppen in dieser zerrissenen Gesellschaft. So sammelten die Kirchen und andere humanitär ausgerichtete Gruppen eifrig Kleidung, Lebensmittel und Dinge des alltäglichen Gebrauchs, um die größte Not zu lindern. Und nicht alle Mieter tobten gegen die Zwangseinweisung obdachloser Flüchtlinge.
Heute, im Jahr 2015, kommen diese Bilder wieder aus der Tiefe der Erinnerung. Und während in den Medien und der Öffentlichkeit um eine Million Flüchtlinge debattiert wird – damals strömten mehrere Millionen in ein vom späteren Wirtschaftswunder noch weit entferntes Land – wird die Frage nach einer Vergleichbarkeit dieser erneuten Völkerwanderung mit der Situation vor siebzig und sechzig Jahren gestellt.
Ich meine, dass ein Vergleich aus kultureller Sicht nicht statthaft ist. Hier sollten wir uns der Realität stellen und die durchaus bestehenden Gefahren für eine homogene Gesellschaft ernsthaft diskutieren. Nur so können wir wirkliche Lösungen erarbeiten und finden. Alles andere wäre und ist Schaumschlägerei, vertieft die Risse in unserer Gesellschaft und diffamiert Menschen als Extremisten, die lediglich ihre ernsten Besorgnisse artikulieren, im wahrsten Sinn des Wortes Angst um ihr Land, um eine friedliche Zukunft haben.
Etwas anderes ist die gebotene menschliche Pflicht zur Nächstenliebe, auch diese ein wesentlicher Teil unserer christlichen Kultur. Gerade zu Weihnachten ein Anlass, innezuhalten, sich unabhängig von sonstigen durchaus berechtigten Bedenken dieser freiwilligen Pflicht zur Liebe am Nächsten zu erinnern. Jedenfalls wird man(n)/frau unglaubwürdig, wenn angebliche oder tatsächliche Besorgnis in Hass auf Menschen umschlägt, die offensichtlich vor Krieg und Terror, Gefahr für Leib und Leben, fliehen.
Ebenso unglaubwürdig werden jene Menschen, die berechtigte (oder unberechtigte) Sorgen aus vordergründig politischen Gründen auf eine Stufe mit Extremismus, Rassismus oder gar Neo-Nazismus stellen. Beides ist Rufmord und Diffamierung und hat mit einem menschlichen Miteinander nichts zu tun. Dabei stehen auch die Medien in der Kritik. Oder hat man schon einmal etwas über „Rechts-Autonome“ lesen oder gar hören können? Gerade dies geschah vor wenigen Tagen wieder im Zusammenhang mit schlimmsten Ausschreitungen, bei denen über 70 Polizisten verletzt worden sein sollen. Es waren nicht „Rechts-Extreme“ sondern laut Medien-Berichten „Links-Autonome“, die dieses Fiasko unter der Vorgabe, gegen „Neo-Nazis“ demonstrieren zu wollen, angerichtet haben.
Wer unter dem Motto agiert: „Willst du nicht mein Bruder sein, dann schlag ich dir den Schädel ein!“ stellt sich auf eine Stufe mit jenen, die er/sie, angeblich politisch lauter, bekämpft. Andererseits: Wer Brandanschläge gegen Flüchtlingsheime unternimmt oder gar nur verbal unterstützt, wer seinen Hass auf wehrlose und hilflose Menschen projiziert, muss sich nicht wundern, wenn seine „Besorgnisse“ auf Widerspruch oder gar Widerstand stoßen.
Weihnachten wäre ein Anlass, über die eigene Befindlichkeit nachzudenken, vielleicht gar Flüchtlinge demonstrativ zu beschenken oder zum Weihnachtsessen einzuladen. Bei dieser Gelegenheit könnten gegenseitige Ängste ausgetauscht und diskutiert, das Verständnis für diese Sorgen sogar gegenseitig geweckt werden. Auch eine Gesprächskultur gehört zu unserem kulturellen Erbe. Wir sollten dieses Erbe nicht leichtfertig aufs Spiel setzen und damit den Extremisten auf beiden Seiten den Brandsatz liefern, die diese für ihre abartigen und menschenunwürdigen Spielchen (miss-)brauchen.
In diesem Sinn wünscht die Redaktion Hoheneck allen Freunden und Lesern besinnliche Feiertage und einen guten Rutsch in ein (hoffentlich) gutes Jahr 2016.
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UOKG: Dachverband startet durch und holpert
Berlin, 15.12.2015/cw – Der Dachverband der Opferverbände der zweiten deutschen Diktatur (UOKG) hat nach dem Desaster um den Rücktritt ihres langjährigen Vorsitzenden Rainer W. im April d.J. wieder Tritt gefasst. Auf dem um einen Monat vorgezogenen Herbst-Treffen wählten die Delegierten der Mitgliedsverbände Dieter Dombrowski (CDU) zum Nachfolger des zuletzt wenig glücklich agierenden Predigers aus Neustadt, der nicht über seine Verdienste um die UOKG sondern letztlich über seine obskuren religiösen Thesen gestolpert war. Mit Dombrowski rückt an die Verbandsspitze ein absoluter Polit-Profi, der es über den Landesvorsitz der Jungen Union (Berlin) bis zum derzeitigen Vizepräsidenten des Landtages in Brandenburg geschafft hat und dem die Fehler seines Vorgängers kaum unterlaufen dürften.
Überdies verfügt Dombrowski über eigene Erfahrungen als einstiger politischer Häftling und ist langjähriger und erfolgreicher Vorsitzender des Menschenrechtszentrums in Cottbus, das seinen Sitz in der ehemaligen DDR-Strafanstalt hat. In einem Interview mit dem UOKG-Organ „Stacheldraht“ (Nr.9/2015) betont der neue Vorsitzende denn auch seine Bereitschaft zum Brückenbau zwischen unterschiedlichen Meinungen und wirbt um Verständnis für „Ausuferungen“ durch schwer traumatisierte Menschen. Der hoffnungsfrohe Neustart geriet allerdings schon auf der Wahlversammlung ins Holpern, als der bis dato amtierende UOKG-Vorsitzende gegen Auflagen einer rechtskräftigen Unterlassung verstieß (Landgericht Berlin) und erneut gegen einen ehemals politisch Verfolgten und wegen seiner Kritik an den Äußerungen von Rainer W. unliebsam gewordenen Vorsitzenden eines historischen Vereins polemisierte. Das allerdings geschah vor der Wahl Dombrowskis…
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Hoheneck-Ausstellung im Landtag von Brandenburg
Berlin/Potsdam, 15.12.2015/cw – Die Ausstellung „Das Frauengefängnis Hoheneck: 25 Portraits ehemaliger politischer Häftlinge“, eine Wanderausstellung der Heinrich-Böll-Stiftung Berlin, ist ab 12. Januar 2016, 18:00 Uhr, für drei Monate im Foyer des Landtages in Brandenburg zu sehen. Eröffnet wird die Ausstellung über den „dunklen Ort“ durch die Landtagspräsidentin Britta Stark (SPD). Ein Vortrag des Historikers Sebastian Lindner über die Haftanstalt und ein Zeitzeugengespräch mit der ehemaligen SMT-Verurteilten Annerose Matz-Donath (93) und der DDR-Verurteilten Eva Aust runden das interessante Eröffnungsprogramm ab. für den musikalischen Teil wurde der Barde Detlef Jablonski verpflichtet.
Zahlreiche ehemalige Hoheneckerinnen werden zur Eröffnung erwartet, unter diesen besonders auch Frauen, die für ein der Ausstellung vorausgehendes Buch (DER DUNKLE ORT, bebra-Verlag, 19,95 €) eigens von Dirk von Nayhauss (Fotos) und Maggie Riepl (Text) portraitiert worden waren. Tatjana Sterneberg (63), ehemalige Hoheneckerin und Mitarbeiterin der Redaktion Hoheneck, ist glücklich über den Erfolg ihrer langjährigen Bemühungen. Seit 2012 hatte sie sich für die Präsentation dieser eindrüklichen Schau auch in Potsdam eingesetzt.
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Betroffene: Demo gegen Rentenbetrug im April 2016
Berlin, 15.12.2015/cw – Zu einer Demonstration gegen den „Rentenbetrug“ an einstigen aus der DDR geflüchteten Menschen hat jetzt der Bürgerrechtler Wolfgang Graetz aufgerufen. Die Demonstration soll am 13. April 2016 stattfinden und über sechs Kilometer vom Sitz der Deutschen Rentenversicherung in der Ruhrstr.2 vor das Bundeskanzleramt, Willy-Brandt-Str.1 in Berlin führen, Beginn 14:00 Uhr.
Die IEDF (Interessengemeinschaft ehemaliger DDR-Flüchtlinge) hat sich vollinhaltlich dem Aufruf angeschlossen. Neben anderen Organisationen unterstützt auch die Vereinigung 17. Juni 1953 den Aufruf. Weitere Meldungen sind erbeten an Wolfgang Graetz, renten-dmo@gmx.de , damit dieser als Organisator eine Übersicht über mögliche Beteiligungen erhält. Graetz verweist darauf, dass eine Teilnahme „klar und deutlich“, d.h. verbindlich sein sollte. Da brauche es kein „wenn und aber“. Auch soll es bei dieser Demonstration ausschließlich um die Rentenproblematik gehen. Andere Themen wären „für das Anliegen kontraproduktiv,“ so Graetz in seinem Aufruf.
Der Bundestag hatte ohne seinerzeitige große Beachtung in der Öffentlichkeit das bis dahin geltende Rentenrecht abgeändert, wonach Deutsche, die vor dem Ende der DDR aus dieser geflüchtet waren, bei den Rentenleistungen mit Arbeitnehmern in der (alten) Bundesrepublik gleichgestellt worden waren (FRG – Fremdrentengesetz). Für deren Arbeitsleistungen in der DDR wurden der Rentenberechnung Beiträge zugrunde gelegt, als seien diese in der Bundesrepublik gezahlt worden. Damit unterstrich der Gesetzgeber seinen jahrzehntelang gepflegten Anspruch auf die staatliche Einheit beider Teile Deutschlands. Bei der „klammheimlich“ (Ottmar Schreiner, SPD) durchgeführten Änderung wurden nicht nur die ehem. DDR-Bürger nach 1990, sondern auch die einstigen Flüchtlinge als DDR-Rentner mit verminderten Leistungsanspüchen eingestuft.
Zu nächtlicher Stunde war es am 21.01.2012 im Deutschen Bundestag zu einem Schlagabtausch zwischen der damaligen SPD-Opposition und den Regierungsparteien CDU/CSU und FDP gekommen, wir berichteten (28.01.2012 http://www.17juni1953.de ). Der zwischenzeitlich verstorbene Sozialpolitiker Ottmar Schreiner (SPD) konnte sich nicht mit seiner Forderung durchsetzen, die klammheimlich durchgeführte Rentenänderung („Rentenbetrug“) wieder zu korrigieren. Allerdings versprachen SPD-Politiker den bei der Debatte anwesenden Vertrtetern zahlreicher Opferverbände, darunter IEDF und Vereinigung 17. Juni, im Falle einer Regierungsbeteiligung der SPD diesen Betrug zu heilen und das Gesetz entsprechnd wieder zu ändern. Der Vorsitzende der Vereinigung 17. Juni drückte in den nächtlichen Gesprächen nach der Bundestagsdebatte seine Skepsis gegenüber dieser Zusage aus. Zu oft seien die DDR-Diktatur-Opfer mit derartigen Versprechungen getröstet worden. Dabei habe sich die jeweilige Opposition immer wieder auf die jeweilige Regierung bezogen, gegen die man „gegenwärtig machtlos“ sei. Die SPD-Vertreter widersprachen dieser Skepsis vehement: Man könne sich auf die Zusagen der SPD verlassen.
Drei Jahre später, wir befinden uns seit 2013 in einer Großen Koalition zwischen CDU/CSU und SPD, steht die Umsetzung der einstigen Zusage immer noch aus. Und der Kämpfer Ottmar Schreiner ist tot.
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Willy Schreiber:
Ein DDR-Opfer soll seine letzte Ruhe finden
Markt Schwaben/Halle/Berlin, 15.12.2015/cw – Die Stasi hatte ihn seinerzeit bis nach Süd-Amerika verfolgt, Stasi-General Schwanitz hatte gar die Liquidation unterschrieben. Aber der kleine mutige Mann, einst Schausteller in der DDR und Betreiber einer Eis-Diele, überlebte.
Nach der Wiedervereinigung veröffentlichte er seine Biografie „IM VISIER“, schilderte seinen zermürbenden Kampf mit dem Stasi-Moloch, seine Flucht aus dem Arbeiter- und Bauernstaat und seine Überlebensstrategie. In der Neuauflage (TvR Medienverlag, 2000, ISBN 978-3-940431-14-1, Vorwort Norbert Blüm) ließ Schreiber in der 2. Auflage (2009) neben anderen ein brisantes Dokument abdrucken. Aus diesem ging hervor, daß der ehemalige Ministerpräsident der frei gewählten DDR-Übergangsregierung und seinerzeitige Scheidungsanwalt seiner Frau, Lothar de Maiziére, der Stasi die Fluchtabsichten des Willy Schreiber übermittelt hatte (S. 279/280). Für den gefeierten Lothar hatte diese Veröffentlichung bislang keine negativen Folgen, obwohl sich Schreiber bis zu seinem Tod im Sommer d.J. nach Aussage seiner Freunde Hoffnung darauf machte, von Lothar de Maiziére zumindest eine Entschuldigung für dessen Verrat zu erhalten.
Der gebürtige Hallenser hatte immer wieder den Wunsch geäußert, im Grab seiner ersten Frau in Halle beigesetzt zu werden, allerdings so gut wie keine Vorsorge für diesen Fall getroffen. Als Optimist erhoffte er sich wohl noch eine längere Lebenszeit mit möglichst vielen seiner bereits zahlreich absolvierten und gut besuchten Lesungen, um dann „irgendwann“ seine Vorsorge treffen zu können. Der Krebs machte alle diese Hoffnungen zur Makulatur. Eine notwendig gewordene Operation überlebte Schreiber nur um wenige Tage.
Nun steht seine Urne seither in einem Münchner Krematorium. Laut Aussagen des eingesetzten Nachlassverwalters fehlen rechnerisch knappe 2.000 Euro, um Willy Schreiber seinen letzten Wunsch erfüllen, ihn in Halle beisetzen zu können. Anderenfalls, so der Verwalter, müsse Schreiber anonym in München beigesetzt werden. Die Vereinigung 17. Juni, will „diesen schrecklichen Ausblick für einen Kameraden“ verhindern und zumindest den Versuch unternehmen, mit einem Spendenaufruf den letzten Wunsch des DDR-Opfers erfüllen zu können. Daher bittet der Verein „um viele kleine oder auch großzügige Spenden“ auf das Konto „Vereinigung 17. Juni 1953 e.V., IBAN DE27 7009 1600 0000 6329 02, Verwendungszweck : Beisetzung Willy Schreiber“. Sollte der Spendeneingang wider Erwarten die anfallenden Überführungs-und Beisetzungskosten übersteigen, so wird die übersteigende Summe für ähnliche Fälle separiert, fließt also nicht in den normalen Vereinshaushalt ein. Das garantiert der Verein. „Auf Wunsch werden bei Beträgen über 100 Euro auch Spendenquittungen übersandt, die steuerlich absetzbar sind, weil wir als gemeinnützig anerkannt sind,“ heißt es dazu in dem Spendenaufruf durch den Vorstand.
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Hagen Koch:
Der Grenzstrichzieher vom Checkpoint ist tot
Berlin, 15.12.2015/cw – Hagen Koch, bekannt als Maler des berühmten „Weißen Strichs“ am Grenzübergang Checkpoint Charlie (im DDR-Sprachgebrauch „GÜSt. Zimmerstraße“), der dort die Trennung zwischen Ost und West markierte, ist tot. Er starb Ende letzten Monats vermutlich an den Folgen eines vor Jahren erlittenen Schlaganfalls. Über die näheren Umstände seines Todes ist ebensowenig bekannt wie über Form und Zeitpunkt seiner Beisetzung. Wir werden in unserer nächsten Ausgabe auf das Leben und Wirken von Hagen Koch eingehen, der sich besonders um die Rettung vieler Mauer-Segmente aber auch zahlreicher DDR-Dokumente um den Mauerbau verdient gemacht hat.
Seine Familie hat um Stillschweigen um seinen Tod gebeten. Wir haben uns mehrere Wochen daran gehalten. Da Hagen Koch zweifellos eine Person der Zeitgeschichte ist, konnten wir unsere Information nicht länger zurückhalten. Das sind wir unserem Auftrag und auch Hagen Koch schuldig.
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Hinweis: Die bisherigen Ausgaben des Hohenecker Boten können unter http://www.17juni1953.de abgerufen oder direkt bei der Redaktion gegen Kostenbeitrag bestellt werden (Redaktion: Siehe Impressum). Die Vereinigung 17. Juni 1953 e.V. hat der Redaktion Gastrecht auf der Homepage eingeräumt, der Verein ist für die Inhalte nicht verantwortlich. Namentlich gezeichnete Artikel geben die Meinung des/der Verfasser/Verfasserin wieder.
Impressum: Der „Hohenecker Bote“ ist einzig der demokratischen Auseinandersetzung und den Anliegen der Verfolgten beider Diktaturen verpflichtet, parteipolitisch und vereinsrechtlich unabhängig und erscheint in der Mitte eines jeden Monats. Beiträge dürfen b.a.W. kostenlos unter Zurverfügungstellung von Nachweisen (Belegen) insbesondere von gemeinnützigen Vereinen der Verfolgten- und Opferszene beider Diktaturen in Deutschland genutzt oder weiterverbreitet werden. Fotos dürfen grundsätzlich nur unter ausdrücklicher Zustimmung bzw. zu den Bedingungen der Redaktion genutzt werden. Redaktion: Carl-Wolfgang Holzapfel (cw) – verantwortlich; redaktion.hoheneck@gmail.com ; Kaiserdamm 9, D-14057 Berlin, Tel.: 030-30207785 oder 0176-48061953; Fax: 030-30207786 (derzeit außer Betrieb). Anzeigen auf Anfrage.
Berlin, 8.05.2015/cw – Betroffene der zweiten Diktatur, Opfer und Verfolgte, haben zu einer Mahnwache anlässlich des 70. Jahrestages der bedingungslosen Kapitulation der Deutschen Wehrmacht in Berlin-Treptow aufgerufen. Nachstehend der unserer Redaktion übermittelte Wortlaut:
„WIR WOLLEN EIN ZEICHEN SETZEN !!!
AUFRUF – SAMSTAG, 9. Mai 2015 um 9:45 Uhr
ZUR MAHNWACHE AM SOWJETISCHEN EHRENMAL IM TREPTOWER PARK, DIREKT AM HAUPTEINGANG, RECHTE SEITE.
– DIE BEFREIUNG WAR NICHT DIE FREIHEIT FÜR ALLE –
Wir, die ehemaligen politischen Häftlinge und Verfolgten der SED-Diktatur wollen mit unserer Mahnwache all derer gedenken, die als Soldaten und Offiziere der Roten Armee bei der Befreiung Deutschlands vom NS-Regime ihr Leben riskierten, und dann den Säuberungen des stalinistischen Terrors wie Millionen Andere zum Opfer fielen.
– DIE TÄTER SIND UNTER UNS –
Unser stiller Protest richtet sich gegen geplanten Aufmarsch ehemaliger Offiziere der Traditionsvereine der Grenztruppen der NVA, der Staatssicherheit der DDR, von ehemaligen SED-Funktionären und deren Sympathisanten, die wie im Jahr 2013 in Uniform, mit Standarte und Kalaschnikow-Maschinengewehr in militärischer Zeremonie diesen historischen Ort für ihre Zwecke missbrauchen wollen, der Glorifizierung der DDR, und damit der Verharmlosung der Verbrechen gegenüber ihrem eigenen Volk. Dies ist ein Schlag ins Gesicht der Verfolgten und Opfer der SED-Diktatur und ihrer Familien.
– NIE WIEDER DIKTATUR ! NIE WIEDER KRIEG !
Mit unserer Mahnwache richten wir uns gegen jegliche totalitären Tendenzen in Deutschland und Europa. Egal ob braun oder rot. Denn nur eine wehrhafte Demokratie verhindert Diktatur und Krieg.
BITTE KOMMT ZAHLREICH UND BRINGT BLUMEN MIT !
Unsere Mahnwache ist polizeilich angemeldet.“ (981)
V.i.S.d.P.: Der Veranstalter, Textübermittlung: H.E., Berlin
Aus Anlass des 70. Jahrestages des Überfalles auf die damalige Sowejetunion geben wir stellvertretend einen Artikel aus der Ukraine wieder, den wir im Internet gefunden haben. Vereinigung (AK) 17. Juni 1953 e.V.
22.06.2011 – Vor genau 70 Jahren überfielen deutsche Nazi-Truppen und deren Verbündete die Sowjetunion, wobei die Ukraine mehrmals Schlachfeld zwischen beiden Weltmächten war.
Die Ukraine, der durch den Zweiten Weltkrieges ungeheures Leid widerfuhr, gedenkt am heutigen Mittwoch ihrer sowie aller anderen Opfer des II. Weltkrieges. Gläubige verschiedener Glaubensrichtungen, und zwar Orthodoxe, Katholiken, griechisch-katholische Gläubige, Muslime, Anhänger des Judaismus, Angehörige der Armenischen Apostelkirche sowie Vertreter einiger Evangelistengemeinden nahmen am ökumenischen Gebet für die Kriegsopfer teil, das am Michaelplatz unweit der St. Michaelskathedrale in Kiew am heutigen Mittwochmorgen stattfand. Geistige Hirten der Ukraine, die sich am Platz versammelten, warnten vor politischem Fanatismus, der zu derartigen Gräueltaten leicht führen könnte, die während des II. WK zu beobachten waren, und Millionen von Menschen das Leben kosteten. Nach Angaben der offiziellen Webseite ukrainischer Katholiken nahmen am Gebet einige Tausende mitfühlende Bürger teil. Es gab keine politische oder Parteisymbolik: Nur Staatsfahnen der Ukraine mit Trauerbändern. Im langen Gebet wurden Millionen von unschuldigen Opfern des Zweiten Weltkrieges erwähnt.
Genau am 22. Juni 1941 begann der Deutsch-Sowjetische Krieg oder Ostfeldzug, der in der Sowjetunion sowie in ihrer Nachfolgestaaten (Russland, Ukraine, Weißrussland) als Großer Vaterländischer Krieg bezeichnet wird, mit dem Angriff des Deutschen Reiches auf die Sowjetunion, wobei die Ukraine schon vor Kriegsbeginn zum Ziel vernichtender militärischer Handlungen wurde. Kiew, Sewastopol, Zhytomyr und eine Anzahl anderer ukrainischen Städte waren unter den ersten sowjetischen Städten, die in der Nacht vom 21. auf 22. Juni 1941 von Görings Luftwaffe gebombt wurden. Der Krieg hatte gewaltige verheerende Auswirkungen sowohl für die Bevölkerung als auch für die Volkswirtschaft der Ukraine: Laut Ergebnissen der Volkszählung von 1940 lebten in der Ukraine 41,7 Millionen Bewohner, nach dem Krieg, im Jahr 1945, lediglich 27,4 Millionen. Nach dem Krieg waren ukrainisch Städte, Dörfer und Siedlungen fast allesamt, entweder völlig oder größtenteils zerstört oder beschädigt. Natürlich lagen die erschreckend niedrigen Zahlen des Zensus von 1945 nicht nur am hohen Anteil der Kriegsgefallenen, sondern auch an Evakuierungen und Zwangsdeportationen, die mit dem Rückzug der Roten Armee eng verbunden waren. Im Verlauf von Evakuierung wurden über 10 Millionen Bürger in die östlichen Regionen der Sowjetunion deportiertt. Mehrere Hunderttausende Ukrainer und Ukrainerinnen folgten auch der Wehrmacht bei ihrem Rückzug vom 1943 bis 1944, indem sie auf solche Weise das Vaterland des Weltproletariats verließen, einige, wie beispielsweise berühmte ukrainische Schriftsteller, Iwan Bahrjanyj und Dokia Hummena, die nach dem Krieg als führende Vertreter der ukrainischen Diaspora in Europa und Nordamerika galten, nahmen damit Abschied von wunderbaren Aussichten für schöpferisches Wachstums im sowjetischem Schriftstellerverein. Die aus der Ukraine stammende Sowjetbürger machten ebenso den Großteil (2,4 Millionen) des 2,8-millionenstarken Heers der zwangsdeportierten Ostarbeiter in Deutschland und Österreich aus, einige von ihnen beschlossen nach dem Krieg, bei ideologischen Feinden zu verbleiben und ins Paradies der Arbeiter und Bauern nicht zurückzukehren. Trotz all dieser Umstände, war die Zahl der Opfer, die die Ukraine im II. WK erlitt, enorm hoch. Manche Historiker gehen sogar davon aus, dass diese noch höher als die Verluste Deutschlands im Krieg waren.
Nach alter sowjetischen Tradition zählt man alle Gefallenen und Kriegsopfer nur ab dem 22. Juni 1941, obwohl der II. Weltkrieg am 1. September 1939 begann. Da das Stalin-Regime am Ausbruch des Krieges genauso schuldig wie Hitler-Regime war, weil der Krieg nur dank der Unterzeichnung des Deutsch-Sowjetischen Nichtangriffspaktes sowie geheimen Protokolls über Zerteilung Osteuropas auf Einflusszonen möglich war, versuchte die offizielle sowjetische Propaganda die Wichtigkeit des Begriffs „Der Zweite Weltkrieg“ immer herunterzuspielen. Es kam sogar dazu, dass in den offiziellen Nachschlagewerken und Büchern dieser Begriff allen Ernstes kleingeschrieben war. Stattdessen lenkte man immer die Aufmerksamkeit auf das Datum 22. Juni 1941, als die Sowjetunion zum Opfer des deutschen Angriffs wurde. Dies war umsomehr erstaunlich, weil sich die Sowjetunion ab dem 17. September 1939 direkt am II. WK beteiligte, als Rotarmisten die polnisch-sowjetische Grenze überquerten und der östliche Teil Polens, in dem vorwiegend Ukrainer und Weißrussen lebten, auf diese Weise in die Sowjetrepubliken „integriert“ wurde.
Aus sowjetischer Sicht, gelten polnische Soldaten und Zivilisten, die unter Nazi-Bomben und Geschossen im September 1939 umkamen, als Opfer des II. Weltkrieges, diejenigen polnischen Soldaten, die ab dem 17. September unter sowjetischen Bomben und Geschossen (der sogenannte „Befreiungsfeldzug“ war wesentlich weniger gewaltsam wie der deutsche Angriff, gab es jedoch Städte und Dörfer, insbesondere diejenigen, die von Polen besiedelt wurden, die sowjetische „Befreier“ mit Maschinengewehrsalven „begrüßten“) starben, gelten hingegen gar nicht als Opfer des II. WK. Dasselbe bezog sich auch auf Winterkrieg oder Sowjetisch-Finnischer Krieg, der vom 29. November 1939 bis 15. März 1940 dauerte, und der trotz großer Verluste in den Reihen der Rotarmee (über 700.000), als ein Teil des II. WK ignoriert wird. Die Zigtausenden von Westukrainern, Westweißrussen, Polen, Rumänen sowie Litauern, Letten und Estländern, die sofort nach ihrem Anschluss zur Sowjetunion (1939-1940) massiven politischen Säuberungen und danach erfolgten Erschießungen, sowie allen Schrecken des GULAG-Systems und brutalen Zwangsdeportationen zum Opfer fielen, werden ebenso als Opfer des II. WK geleugnet. Das Terrorregime Stalins, mit dem die Westukrainer vom September 1939 bis Juni-Juli 1941 auf äußerst unangenehme Weise Bekanntschaft machten, führte dazu, dass in nicht wenigen Ortschaften und Städten, die dortige Bevölkerung Wehrmachtstruppen als Befreier mit Blumensträußen begrüßte. Diejenigen UkrainerInnen, die als Mitglieder von OUN (Organisation Ukrainischer Nationalisten) oder UPA (Ukrainische Befreiungsarmee) in Gefechten gegen Wehrmacht, Armija Krajowa oder gegen Rotarmee fürs Entstehen des unabhängigen ukrainischen Staates ums Leben kamen, waren aus der Sicht der Sowjetpropaganda auch keine Kriegsopfer. Es gilt hier ausdrücklich zu erwühnen, dass ein bedeutender Teil der Holocaust-Opfer auf ukrainischen Territorium erschossen wurde.
Die wichtigste Tatsache bleibt trotz verschiedener Geschichtsinterpretationen bestehen, nämlich dass die jetzigen und kommenden Generationen weiterhin des unsagbaren Leids und der Zerstörung durch den Zweiten Weltkrieges gedenken, um auf diese Weise, einschließlich umfassender Aufklärungskampagnen ohne Vertuschungen oder Propaganda-Tricks, zur echten Völkerverständigung beizutragen. Die Ukraine nimmt ihre große Chance wahr.
http://www.nrcu.gov.ua/index.php?id=475&listid=147043
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