You are currently browsing the tag archive for the ‘Religionsfreiheit’ tag.
von Dushan Wegner*
Grüne verhindern Verbot von Vollverschleierung. 16-Jährige wird für harsche Islamkritik bedroht, muss untertauchen. Es ist überfällig, dass der Westen sein Verhältnis zur Religion klärt: Ist Religionsfreiheit absolut? Wenn nicht: Wo ziehen wir die Grenze?
Kleid ohne Taille
Wer je in konservativ muslimischen Gegenden unterwegs war, etwa in Saudi Arabien, Afghanistan oder Neukölln, der hat sie schon gesehen: die Ganzkörperverhüllung von Frauen, zum Beispiel als Burka (bekannt ist etwa die afghanische Variante mit Gitter vorm Gesicht), oder als Kombination von Niqab, dem Gesichtsschleier, und Abaya, dem hochgeschlossenen, langärmligen Kleid ohne Taille.
Eine Voraussetzung menschlichen Miteinanders ist die Kommunikation der Bürger untereinander, und das gilt in besonderem Maße für das Gelingen der demokratischen Gesellschaft, die ja auf den Prinzipien Debatte und (mehr oder weniger freiwilliger) Rücksichtnahme fußt, und ohne diese nicht bestehen kann und wird. Es ist eine banale Einsicht, dass menschliche Kommunikation zum guten Teil nonverbal abläuft. Warum sitzen denn jeden Morgen Tausende von Geschäftsleuten im Business-Flieger, und verbringen einen ganzen Tag unterwegs, um an einem einstündigen Meeting teilzunehmen, statt ein paar E-Mails auszutauschen? Weil Kommunikation zum guten Teil nonverbal geschieht! Was das Gegenüber wirklich meint, das finden wir am ehesten heraus, wenn wir ihm in die Augen sehen, sein Gesicht beobachten während er spricht, all die kleinen Indikatoren wahrnehmen, die zu lesen und zu bewerten uns die Evolution beigebracht hat.
In allen modernen westlichen Gesellschaften gilt es als Konsens, dass Menschen ihr Gesicht zeigen, um und wenn sie am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. In manchen Demokratien wurden sogar Gesetze zu diesem Zweck erlassen (wenn sie auch nur selten konsequent durchgesetzt werden). Gesicht zu zeigen ist eigentlich Konsens, doch unter denen, die sich aus dem Konsens herausnehmen (oder: herausgenommen werden?), sind zwei Gruppen besonders bekannt: Die Schlägertrupps der sogenannten »Antifa« und vollverschleierte Frauen muslimischen Glaubens.
Eine aktuelle Meldung: In Schleswig-Holstein sollte ein Verbot der Vollverschleierung im Hochschulgesetz verankert werden. Man stelle sich das einmal vor: Sie sitzen in einem Seminar, wollen Theorien und Fakten diskutieren, wollen auch mal Ideen ausprobieren, und auf einem Stuhl sitzt jemand, der vollständig in ein formloses Stück Tuch eingewickelt ist, das Gesicht unsichtbar, und man weiß gar nicht, was bedrohlicher ist: Wenn der Stoff lautlos bleibt oder wenn die Stimme des Menschen darin etwas sagt. (Wie wird eigentlich die Identität und Anwesenheit von Studenten kontrolliert, wenn der Mensch nur als umherwandelnde, gesichtslose Stoffhülle auftritt? Wenn wir eine Minute darüber nachdenken, stellen wir fest, dass es philosophisch auf eine vollständige Aufhebung des Individuums herausläuft – wie kann man das als Demokrat als »Religionsfreiheit« abnicken?! Und: Wofür will überhaupt jemand, der aus Überzeugung vollverschleiert ist, am Uni-Betrieb teilnehmen, statt dieselben Inhalt etwa an einer Fernuni ganz ohne Menschenkontakt abzugreifen? Will man sehen, aber nicht gesehen werden?)
Das Verbot der Vollverschleierung an der Uni Kiel ist an den Grünen gescheitert (siehe ndr.de, 31.1.2020) – wenig überraschend.
Die Grünen bringen als Argument vor, es sei ein Zeichen von »Religionsfreiheit« und »Weltoffenheit«, Vollverschleierung zu gestatten. Es wäre müßig, hier in Wortexegese oder Argumentation einsteigen zu wollen. Du kannst nicht (wirklich sinnvoll) gegen jemanden argumentieren, der Worte und Begriffe als emotionale Farbkleckse nutzt, nicht als Träger von Bedeutung, Wirkung und Konsequenz, der überhaupt keinen Anspruch stellt an die logische Kohärenz seiner Aussagen, dem die praktische Konsequenz seiner Forderungen und Handlungen reichlich egal ist, der überhaupt leugnet, dass eine mit angenehmem Bauchgefühl und ideologischem Feuer ausgeführte Handlung negative, ethisch böse Konsequenzen haben könnte.
Wie auch bei manchen Grünen erübrigt sich bei ihren ideologischen Wutbrüdern, gewaltbereiten Islamisten, der Versuch rationaler Debatte. Wenn du einer Geisteshaltung vorwirfst, sie sei einen Hauch zu aggressiv (»voller Hass«), und deren Anhänger dir als Reaktion mit dem Tod drohen, wie argumentiert man ab dem Punkt weiter?
»Nur ein gewöhnliches weißes Mädchen«
Die tiefere Motivation von Burka & Co. scheint zunächst einfach erklärbar zu sein: Es wird die Scham der Frau verdeckt, auf Arabisch: ʿAura. – Auch wir im »ungläubigen« Westen kennen das Konzept der Scham (hoffentlich). Ein Mann oder eine Frau, die in Deutschland ohne Hose oder Unterhose auftreten, werden in Probleme geraten. Dort, wo Frauen eine vollständige Verhüllung nahegelegt wird, dort gilt der gesamte Körper der Frau als Schambereich betrachtet, den nur der Ehemann sehen darf (man vergleiche Hijab-Trägerinnen, die sich ohne ihr Kopftuch »nackt« fühlen).
In einer säkularen Gesellschaft einen Hijab zu tragen, provoziert und sollte provozieren, denn er kommuniziert sichtbar und ununterbrochen, so implizit wie unübersehbar: »Ich bin gläubig, du bist Kuffar.« Und, weiter implizit, aber doch logisch: »Ich habe meine Scham verdeckt, und die anderen Frauen haben es logischerweise nicht.«
Eine Denkweise, die nicht-muslimische junge Frauen als »gewöhnliches weißes Mädchen« geringschätzt (um hier unhöflichere Ausdrücke außen vor zu lassen), eine Denkweise, die Hass und Drohungen als gerechtfertigt ansieht, weil jemand sie zutiefst ablehnt, wie bringen wir das mit unserer Idee von Demokratie zusammen?
Über und außerhalb
Es ist nun seit Jahren überfällig, dass der Westen sich entscheidet, wie er zum Islam steht. – Wollen wir eine moderne säkulare, demokratische und freiheitliche Gesellschaft, wo alle Menschen »Gesicht zeigen« – oder wollen wir archaische Denkweisen tolerieren (und so fördern!), wo der Körper der Frau ein einziger großer Schambereich ist, der vollständig verhüllt werden soll? Wollen wir eine demokratische, freiheitliche Gesellschaft sein, wo die Gesetze der Demokratie über allen anderen Gesetzen stehen, oder wollen wir im Namen der Toleranz zulassen, dass de facto ein »Gottesstaat im Sozialstaat« entsteht, wo eine bestimmte Denkweise über den Gesetzen steht, über den Rechten und Freiheit des Individuums, über und außerhalb aller (kritischen) Debatte?
Wir können nicht glaubwürdig von der unantastbaren Würde des Menschen reden (Art. 1 GG), und zugleich zulassen, dass Frauen zu wandelnden Stoffhaufen reduziert werden. Wir können nicht glaubwürdig von Meinungsfreiheit reden (Art 5. GG), aber eine Denkweise aus der Kritik herausnehmen. Wir können uns nicht glaubwürdig Demokraten nennen, wenn wir akzeptieren, dass sich in und über der Demokratie ein überlagerndes Rechtssystem bildet. Die Freiheit des Glaubens ist unverletzlich und die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet, so sichert Artikel 4 des Grundgesetzes uns zu, doch erlauben Sie mir eine theoretische Frage: Was wenn eine Religion forderte, alle übrigen Artikel des Grundgesetzes außer Artikel 4 zu streichen? Wir würden es natürlich nicht zulassen, doch wo ziehen wir die Grenze? Nein, das ist keine (rein) rhetorische Frage und auch keine Einladung zur argumentativen Rutschbahn der schiefen Ebene (siehe Wikipedia), es ist eine der drängendsten Fragen der Gegenwart: Wir brauchen dringend eine definierte Grenze, an der wir zur Bewahrung der Demokratie sagen: »Sorry, liebe Religion, bis hierhin, und nicht weiter.«
Denkbar einfach
Die Frage ist denkbar einfach: »Ist Religionsfreiheit absolut?« – Und wer automatisch verneint, der sei zurückgefragt: Nach welchen Kriterien entscheiden wir, wo die Grenze verläuft? Nach der Lautstärke der Empörung? Nach finanziellen Interessen? Nach Umfragen? – Oder, anders: Würden wir Vollverschleierung und Drohungen auch dann hinnehmen, wenn die politischen, finanziellen und demoskopischen Verhältnisse andere wären?
Entscheidet euch – und wenn ihr euch für den Gottesstaat entscheidet – dann wäre es mir zwar denkbar unlieb, aber immerhin wäre da ehrliche Klarheit. Wenn ihr euch aber wieder und endlich für die Demokratie entscheidet, dann seid konsequent, denn sonst war es gar keine Entscheidung, sondern hohles Geschwätz!
Entscheidet euch, so klug und gewissenhaft wie ihr könnt, aber entscheidet euch!
* Dushan Wegner (geboren als Dušan Grzeszczyk 1974 in der CSSR), verheiratet, zwei Kinder, ist Publizist, Videojournalist und Politikberater. Wegner emigrierte im Alter von zwei Jahren mit seiner Familie aus der Tschechoslowakei nach Australien, wo die Familie ihren Namen von Grzeszczyk in Wegner ändern ließ, im Alter von sechs Jahren kam Wegner nach Deutschland. Er studierte zunächst Theologie, wechselte später zur Philosophie und erwarb einen Magister in Köln. Danach war er als Programmierer in der New Economy tätig und absolvierte eine Ausbildung zum Videojournalisten. Gegenwärtig ist Wegner Texter und Autor und hält Seminare zur politischen Sprache. Er schrieb mehrere Bücher und veröffentlicht regelmäßig bei Online-Formaten wie Tichys Einblick und der Achse des Guten.
Vorstehender Beitrag von Dushan Wegner wurde aus rein redaktionellen Gründen unwesentlich gekürzt. Der ungekürzte Artikel ist unter: https://dushanwegner.com/entscheidet-euch/?mc_cid=5eadf5f077 zu lesen.
V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin – Mobil: 176-48061953 (1.506).
Berlin, 24.07.2014/cw- Die in Berlin ansässige Vereinigung 17. Juni hat sich tief besorgt über die öffentliche Verbreitung antisemitischer Parolen geäußert: „Die demokratische Kritik an Maßnahmen der israelischen Regerung darf niemals mit antisemitischen Parolen einhergehen. Von dieser unerträglichen und inakzeptablen Hass-Verbreitung gegen Juden über die folgende Aufforderung „Kauft nicht bei Juden“ bis hin zur praktizierten mörderischen Gewalt sei es nur ein kleiner Schritt. Dies habe die Geschichte gezeigt und dies dürfe nie wieder aktuell werden, weder in Deutschland noch anderswo,“ erklärte der Vorstand.
Antisemitismus unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit
Ausdrücklich wird die „klare Sprache“ des Regierenden Bürgermeisters zu diesem Thema begrüßt. Klaus Wowereit hatte gestern in einem Zeitungsbeitrag „Anfeindungen und Beleidigungen unserer jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger oder gar körperliche Attacken“ als einen steten „Angriff auf das friedliche Zusammenleben aller Menschen in unserer Stadt“ bezeichnet und dabei unterstrichen, dass derartige Übergriffe „nichts mit freier Meinungsäußerung oder mit der Ausübung des Demonstrationsrechtes zu tun“ haben. Wowereit: „Es ist auch nicht hinzunehmen, wenn unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit antisemitische Propaganda verbreitet wird.“
Allerdings merkt der Verein an, dass „diese klare und unmissverständliche Sprache bei manchem Politiker und auch bei manchem Kolumnisten in der Vergangenheit schmerzlich vermisst wurde.“ So habe ausgerecnet der Vorsitzende eines großen Opferverbandes der SED-Diktatur bis heute seine skandalösen Äußerungen über die Juden weder zurückgenommen noch korrigiert. Der Opfer-Repräsentant, im Hauptberuf ordinierter Prediger der Evangelischen Kirche und Träger des Bundesverdienstkreuzes, hatte die Juden als „Knechte Satans“ bezeichnet und später ebenfalls gegen den Islam polemisiert, als er „Allah als eine Erfindung und Mohammed als dessen falschen Propheten“ bezeichnete. Seine Äußerungen waren seinerzeit – nach der Anzeige eines jüdischen Mitgliedes des größten Opferverbandes (dem der Prediger seit April 2014 ebenfalls vorsitzt) – von der zuständige Staatsanwaltschaft der „gesetzlich garantierten Religionsfreiheit“ zugeordnet worden.
Den Hass-Parolen entgegenstellen
„Wir sind erleichtert, daß jetzt der Regierende Bürgermeister unmissverständlich antisemitische Propaganda unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit als nicht hinnehmbar verurteilt hat,“ sagte Vorstandssprecher Holzapfel. Gerade die Verfolgten und Opfer politischer Gewalt hätten die „selbstverständliche Pflicht, jedem Anschein antisemitischer Hass-Parolen zweifelsfrei und entschlossen zu begegnen.“ Die „nicht tolerierbaren und dazu noch mit biblischen Texten verbrämten, weil keineswegs fundierten klar abzuweisenden Äußerungen eines hochrangigen Funktionärs sind das falsche, weil ermutigende Signal an die heutigen Hass-Prediger gegen die Juden.“
Der Verein: „Wir hoffen sehr, daß sich die Bevölkerung Berlins eindeutig und unmissverständlich am morgigen Freitag gegen diesen neuerlichen Antisemitismus positioniert und sich den zu erwartenden Hass-Parolen entgegenstellt. Wir dürfen nicht nur reden, wir müssen handeln, ehe es wieder einmal zu spät ist.“ (831)
V.i.S.d.P.: Vereinigung (AK) 17. juni 1953 e.V., Berlin, Tel.: 030-30207785
Anmerkung:
Nach vielen vergeblichen Versuchen gelang es, den bereits per Mail versandten Beitrag doch noch auf dieser Seite einzustellen. Damit hat sich unsere Anmerkung in der vorherigen Veröffentlichung erledigt.
Letzte Meldung:
Berlin, 25.07.2014/cw – Die Pro-Israel-Kundgebung („Solidaritär mit Israel“) beginnt ab 13:00 Uhr Kurfürstendamm/Ecke Schlüterstraße.
Wir meinen: Berlin zeigt Flagge!
V.i.S.d.P.: Vereinigung (AK) 17. Juni 1953 e.V., Berlin
Letzte Kommentare