Rasdorf/Berlin, 24.05.2018/cw – Die Erinnerung an die friedliche Wiedervereinigung Deutschlands sollte bewahrt werden. Zu diesem Zweck wurde 2003 das „Kuratorium Deutsche Einheit“ gegründet. Erinnerungen wurden dabei wach an das nach dem Mauerbau gegründete „Kuratorium Unteilbares Deutschland“, das sich nach dem Mauerfall ziemlich sang- und klanglos auflöste. Dabei hätten die Aktivisten um dieses Kuratorium eine Nach-Würdigung weiß Gott verdient. Ohne dieses Kuratorium wäre der Glaube an die Machbarkeit einer Wiedervereinigung und die erreichbare Freiheit für die Völker Europas noch viel eher in den Orkus der Geschichte hinuntergespült worden.
Das jetzige „Kuratorium Deutsche Einheit“, ein eigenständiger Verein, fand offenbar profunde Geldgeber, um 2005 erstmals einen bemerkenswerten Preis, den „Point-Alpha-Preis“ zu verleihen. Benannt wurde dieser Preis nach dem gleichnamigen ehemaligen US-Beobachtungsstützpunkt an der innerdeutschen Grenze. Und die ersten Preisträger verliehen dem Preis einen fast unauslöschlichen Glanz, der natürlich auch Maßstäbe für die Zukunft setzte: George W. Bush senior, Michail Gorbatschow und Helmut Kohl, die Epigonen des Mauerfalls und der Wiedervereinigung Europas.
Das setzte Maßstäbe, machte die Erkundung weiterer Preisträger nicht eben leichter. Aber immerhin: Neben den weiteren historischen Größen wie Václav Havel, Altbundeskanzler Helmut Schmidt (2010) und Lech Walesa (2013) wurden auch Bürgerrechtler wie Freya Klier, Dr. Ehrhart Neubert und Konrad Weiß ausgezeichnet, unter die sich auch politische Namen wie Felipe González (2011), Miklós Németh (2014) und Dr. Wolfgang Schäuble mischten. Sogar Prof. Dr. Richard Schröder wurde (2016) mit dem Preis geehrt. Eine bunte Mischung also, die den anfangs übergroß erscheinenden „Klotz“, der mit den ersten Preisträgern unüberwindliche Maßstäbe zu setzen schien, positiv relativierte.
Jetzt aber erklärte der Verein, für 2018 keinen Preisträger gefunden zu haben. Wie das? Wurde die Wiedervereinigung tatsächlich „nur“ von einigen Wenigen umgesetzt? Gab es außer den wenigen bislang ausgezeichneten Würdenträgern keine Menschen, die sich – oft unter Aufopferung vieler Lebensjahre – für das Ziel der Wiedervereinigung, für die Freiheit eingesetzt haben? Das ist kaum zu glauben. Noch leben zum Beispiel Teilnehmer am Volksaufstand vom 17. Juni 1953 in Mitteldeutschland, am Aufstand in Posen und Ungarn von 1956, am Prager Aufstand von 1968, wenn auch nur noch wenige. Noch leben mutige Fluchthelfer, die – oft unter Einsatz ihres Lebens – Menschen in die Freiheit verhalfen, zum Beispiel Harry Seidel. Noch leben ehemalige politische Häftlinge, die Jahre hinter den Zuchthausmauern einer Diktatur verbringen mussten, weil sie für die Freiheit des Geistes, der Bewegung – von einem Land in das andere – eingetreten waren. Sicher leben auch noch Akteure des einstigen Kuratorium Unteilbares Deutschland. Noch leben auch Schriftsteller wie Karl-Wilhelm Fricke, der sich durch bewegende Aufsätze und Bücher für die Freiheit des Wortes u n d des Menschen einsetzte.
Es waren 2018 keine Preisträger ausfindig zu machen? Die Verantwortlichen sollten noch einmal in sich gehen. Es gäbe genug Menschen, die diesen Preis tatsächlich verdienten. Man muss nur den Mut haben, von der Brecht´schen Weisheit abzurücken „Und man siehet die im Lichte, Die im Dunkeln sieht man nicht.“ Der Verein hätte eine glänzende Gelegenheit, nach einem furiosen Start vor 13 Jahren das damit errungene Ansehen zu nutzen, neben verdienten Politikern auch die Menschen zu ehren, die zwar im Schatten standen, aber die Lasten der Teilung Deutschlands und Europas wie die Lasten der Wiedervereinigung mit herausragendem Mut und Einsatz getragen haben. Noch leben diese Menschen.
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