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Berlin/Konstanz, 14.04.2020/cw – Wolfgang Schuller (3.10.1935 Berlin; † 4.04.2020 Konstanz) war ein deutscher  Alt- und Zeithistoriker und auch Jurist. Er lehrte von 1976 bis zu seiner Emeritierung 2004 als Professor für Alte Geschichte an der Universität Konstanz und arbeitete zur griechischen und römischen Antike sowie zur DDR-Geschichte. Erst heute erfuhren wir von seinem Tod: Wolfgang Schuller starb am 4.April im Alter von 84 Jahren in Konstanz.

Der Nachfahre des Philosophen Johann Caspar Lavater studierte nach seinem Abitur 1955 in Lüneburg zunächst Rechtswissenschaften an der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg, der Université de Lausanne und der Uni Hamburg (1960 Erstes Staatsexamen), das Zweite Staatsexamen absolvierte er in Berlin. Nach dem Assessorexamen war er zwischen 1965 und 1967 als Wissenschaftlicher Assistent an der Juristischen Fakultät der Universität Hamburg tätig. Dort begann er während seiner rechtswissenschaftlichen Promotionsarbeit zudem mit einem Studium der Klassischen Altertumswissenschaften, der Ägyptologie und der Geschichte. 1967 wurde er in Hamburg mit einer Dissertation zum Politischen Strafrecht in der DDR 1945–1963 zum Dr. jur. promoviert und beendete schließlich sein Zweitstudium an der Freien Universität in Berlin, wo er sich 1971 in Alter Geschichte habilitierte.

1972 erhielt er an der PH Berlin seine erste ordentliche Professur für Alte Geschichte; 1972 folgte er einem Ruf auf einen Lehrstuhl für Alte Geschichte an die Universität Konstanz, wo er bis zu seiner Emeritierung Anfang 2004 verblieb. Schuller hatte neben vielen Ämtern an der Universität Konstanz auch eine Honorarprofessur an der rumänischen Partneruniversität Alexandru Ioan Cuza Iasi inne.

Wissenschaftlich blieb Schuller bis ins hohe Alter aktiv. In der Forschung beschäftigte er sich neben der Rechtswissenschaft auch mit der Geschlechtergeschichte und trat außerdem mit mehrfach aufgelegten Einführungswerken über die Antike hervor, unter anderem als Verfasser des ersten Bandes der Reihe Oldenbourg Grundriss der Geschichte. Seine Biographien über Kleopatra und Cicero fanden einen breitgefächerten Leserkreis.

Nachdem Mauerfall, seit 1990, war Schuller ordentliches Mitglied der Akademie gemeinnütziger Wissenschaften zu Erfurt. Aber neben der Antike galt sein Forschungsinter-esse auch der Geschichte der DDR, zu der er ebenfalls mehrere Publikationen vorgelegt hat, zuletzt 2009 zu den Ereignissen von 1989. Wolfgang Schuller publizierte ferner zahlreiche Aufsätze, nicht nur in althistorischen Zeitschriften und Sammelbänden, u.a. in der Zeitschrift Mut. Das Mitglied der Görres-Gesellschaft edierte zudem Tagebücher von Carl Schmitt aus den Jahren 1930 bis 1934.

In einem Nachruf der Lagergemeinschaft Workuta würdigte Gerald Wiemers Schullers stete Verbundenheit mit den ehemaligen Workutanern: „Der Professor mit der klaren tiefen Stimme war ein großer Freund der Lagergemeinschaft Workuta: Zusammen mit Horst Hennig hatte er Ende Juli 1995 die Stätte der Kälte und des Grauens, die Reste des Lagers Workuta, besichtigt. Auf der Hinfahrt hatten die beiden Freunde die Lubjanka in Moskau besucht, mit dem Arbeitszimmer von Stalins Ankläger Andrej Wyschinski und das KGB-Museum. Die Gruppe unter Leitung von General Günter Kießling (1925-2009) bestand aus 25 Personen, darunter ehemalige politische Häftlinge und Journalisten.

Für Schuller blieben die Eindrücke lebenslang haften. … In Vorträgen und Publikationen beschäftige sich Schuller mit den Menschen, die in Workuta umgekommen sind, aber auch mit den Lebenden. Wichtig war ihm die Entlarvung der Strukturen des sowjetrussischen Systems, eines Lagersystems von ungeheurem Ausmaß, wo die Menschenwürde nicht zählte. Ebenso kritisch sah er, wie sich dieses System auf die von der Roten Armee befreiten und eroberten Gebiete im Osten Europas ausdehnte.

Bereits in seiner juristischen Doktorarbeit zum „Politischen Strafrecht in der DDR 1945-1963“ setzte er sich mit dem Unrechtsstaat auseinander. Auch künftig sollte das auf gesicherter Quellenbasis einer der Schwerpunkte seiner Forschungen sein. 1971 habilitierte er sich für Alte Geschichte mit der besonderen Neigung zur griechischen Antike.

Ob sein letztes Werk „Zwischen Jerusalem und Rom“ im Herbst bei Herder erscheinen wird, ist ungewiss. In der Ankündigung heißt es: „Schuller liest die biblische Apostelgeschichte des Lukas als historische Quelle“. Eine ausführliche Besprechung von drei Büchern „Den Osten verstehen wollen. Drei persönliche Bücher über Folgen und Fragen von 1989“ ist soeben in der Zeitschrift „Gerbergasse 18“ erschienen. Dagegen wird die Würdigung des Anglisten Wolfgang Iser (1926-2007), sein letztes Projekt, über die Materialsammlung nicht hinauskommen.

Mit Wolfgang Schuller haben wir einen großen Freund verloren, der durch seine Einzigartigkeit als Mensch und großartige Vielheit in seinem Werk hervortrat. Er wird uns fehlen,“ schließt Gerald Wiemers (Quelle: http://www.workuta.de/aktuelles/index.html).

V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin – Mobil: 0176-48061953 (1.533).

Leipzig/Berlin, 16.10.2019/cw – Lediglich ein Verband wurde zu der bemerkenswerten Veranstaltung in Leipzig eingeladen. Unter dem Titel: „Geschichte und Zukunft der Verfolgtenverbände“ hatte das Archiv Bürgerbewegung Leipzig e.V. zu einer Podiumsdiskussion am 15.10.2019 um 19:00 Uhr in die Alte Börse Leipzig eingeladen. Ein einziger Verband war offensichtlich von den Veranstaltern informiert worden, die Vereinigung der Opfer des Stalinismus (VOS), deren Vertreter Hugo Diederich als „Bundesvorsitzender“ (Einladung), obgleich nur Beisitzer im Vorstand, sogar auf das Podium durfte. Der Dachverband, die Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG) noch andere Verbände oder deren Vertreter waren offenbar nicht informiert geschweige denn eingeladen worden.

Unter der Moderation von Reinhard Bohse, stellv. Vorsitzender der Freien Wähler Leipzig und 1989 Mitbegründer des Neuen Forums, diskutierten Prof. Dr. Barbara Zehnpfennig, Lehrstuhl Politische Theorie und Ideengeschichte Universität Passau, Hugo Diederich, hier als „Geschäftsführer“ der VOS vermerkt, Lutz Rathenow, Sächsischer Landesbeauftragter zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und Jörg Siegmund, wissenschaftlicher Assistent und persönlicher Referent der Direktorin der Akademie in Tutzing. Über die Ergebnisse der Veranstaltung lagen bei Redaktionsschluss allerdings keine Verlautbarungen vor.

Mit der offenbaren Ausgrenzung der Verbände von Opfern der Zweiten Deutschen Diktatur von einer weiteren Themen-bezogenen Veranstaltung scheint sich eine bedenkliche Entwicklung der Verdrängung kommunistischen Unrechtes fortzusetzen. Erst kürzlich hatte der Dachverband UOKG in einem Offenen Brief die Nichtberücksichtigung von Diktatur-Opfern in der Vorbereitung der Feiern zum 30. Jahrestag des Mauerfalls beklagt.

Kommentar:

Die Erinnerung an die Verdrängung des NS-Unrechtes nach dem Krieg hat offenbar keine Erfahrungswerte hinterlassen. Und ein korrigierender Aufstand, wie durch die 1968er-Protestanten, steht vergleichbar nicht an. An der historischen Lernfähigkeit in Deutschland darf nach wie vor gezweifelt werden.

 V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin – Mobil: 0176-48061953 (1.486).

 

Berlin, 19.09.2019/cw – Insgesamt dreimal wurde er aus politischen Gründen in der DDR verhaftet. Als er wegen eines Ausreiseantrages wieder von der Stasi vernommen wurde, sprang er aus dem Fenster. Er war in der Annahme, im ersten Stock des Gefängnisgebäudes zu sein, tatsächlich befand er sich in der dritten Etage. Schwer verletzt überlebte der Verzweifelte diesen Sprung, zog sich aber so schwere Verletzungen zu, dass er auf den Rollstuhl angewiesen war: Karl-Heinz Seel, geboren am 27.03.1950 in Berlin, starb am 3.August d.J. im Alter von 69 Jahren nach schwerer Krankheit in einem Krankenhaus in Berlin. Er wird am morgigen Freitag, 20.09., um 11:00 Uhr auf dem Zentralfriedhof in Friedrichsfelde, Gudrunstraße 20, beigesetzt.

Karl-Heinz Seel auf einem Passfoto von 1998 – Ausweis Versorgungs-amt Berlin

Der Lebenslauf des Verstorbenen liest sich dramatisch und ist vielfach symptomatisch für unzählige politische Opfer des SED-DDR-Regimes. Seine frühe Kindheit verlief in der Obhut seiner alleinerziehenden Mutter wenig erfreulich. Misshandlungen und Vernachlässigungen durch eine offensichtlich überforderte Frau, verbunden mit häufigen Ortswechseln prägte seine Kindheit und Jugendzeit. Trotzdem schaffte es Seel, nach einem geordneten Schulabschluss eine Ausbildung als Autolackierer zu absolvieren.

Erstmals geriet Karl-Heinz Seel 1974 im Alter von gerade einmal 23 Jahren in die Fänge der Staatssicherheit und wurde am 14. März 1974, zwei Wochen vor seinem 24. Geburtstag, vom Stadtbezirksgericht Lichtenberg zu einer mehrjährigen Gefängnisstrafe verurteilt. Nachdem er am 15. Januar 1976 entlassen worden war, wurde er bereits am 11. August des Folgejahres erneut verhaftet und am 25. November 1977 wiederum vom Stadtgericht Lichtenberg verurteilt.

In seiner Rehabilitierung vom 2. August 2005 wurden beide Urteile und ein Beschluss vom 19. Dezember 1977, ebenfalls Stadtgericht Berlin, vom Landgericht Berlin als rechtsstaatswidrig aufgehoben.

In einem ärztlichen Gutachten vom 9.09.2004 wurde u.a. festgestellt, dass „die dreimaligen Inhaftierungen in der DDR teilweise durch Einzelhaft und andere verschärfte Bedingungen“ für seine angeschlagene Gesundheit „zusätzlich belastend“ waren. Der 1979 in die (alte) BRD übergesiedelte Seel durchlitt eine monatelange Arbeitsunfähigkeit, die mit anhaltenden depressiven Episoden einherging. Die Angstzustände verstärkten sich ab 1986. Als er schließlich nach dem Mauerfall seine Stasiakten einsehen konnte, brach der ohnehin gezeichnete Seel zusammen: Er erfuhr durch die Akteneinsicht, daß ihn die eigene Mutter und der (spätere) Stiefvater mehrfach an die Staatssicherheit verraten hatten.

Seel litt hinfort unter sich aufdrängenden Alpträumen und litt unter einem verstärkten Tremor der Hände und Arme, der sich besonders unter emotionalem Stress auswirkte. Der sich verstärkende soziale Rückzug wurde teilweise auch bewusst gewählt, da die spärlich gewordenen Kontakte zu Leidensgefährten vermehrt sogen. „flash backs“ auslösten.

Förderlich für sein Befinden waren sicherlich auch nicht die bürokratisch formulierten Bescheide auf seine zunächst zahlreichen, später eingestellten Versuche um Anerkennung seiner gesundheitlichen Schäden. So hieß es in einem Bescheid des Landesversorgungsamtes Berlin vom 17.11. 2005 lapidar und ohne jegliche Rücksicht auf die psychischen Befindlichkeiten eines ehemaligen DDR-Opfers u.a.:

Am 11.11.2005 fragten Sie an, ob die Durchführung eines verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsverfahrens im Zusammenhang mit ihrem Sprung aus dem 3. Stock während einer Vernehmung wegen des Ausreiseantrages sinnvoll wäre. Leider muss ich Ihnen mitteilen, das ein derartiges Verfahren bei diesem Sachverhalt keine Aussicht auf Erfolg hätte, da keine Maßnahme einer behördlichen Stelle zu den gesundheitlichen Beeinträchtigungen geführt hat. Das Sie aufgrund der erneuten Vernehmungen in Panik geraten sind, ist zwar verständlich, der Tatbestand einem Rehabilitierungsverfahrne aber nicht zugänglich.“

Man möchte in der Stunde des Abschieds von Karl-Heinz Seel dankbar sein, daß ihm die Jubelansprachen und Jubel-Artikel zum 30.Jahrestag des Mauerfalls, wie sie am 3. Oktober und noch mehr zum 9. November zu erwarten sein werden, erspart bleiben. Noch lebende Opfer des SED-Terrors können sich der üblich gewordenen Heucheleien nicht entziehen. Sie müssen drei Jahrzehnte nach dem Zusammenbruch der zweiten deutschen Diktatur vielfach noch immer – und meist vergeblich – um ihre Rechte kämpfen.

V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin – Mobil: 0176-48061953 (1.474).

Erfurt, 18.05.2018/cw – Fassungslos über ein Urteil des Landessozialgerichtes zeigte sich der Verband der Opfer des Stalinismus in Thüringen. Der Landesvorsitzende der VOS, Manfred Wettstein: „In den letzten Jahrzehnten seien zahlreiche Ansprüche von Opfern kommunistischer Gewalt von den Gerichten abgeschmettert worden, nun können sich die Peiniger ins Fäustchen lachen.“

Grundlage der Bestürzung in den Opferverbänden: Das Sozialgericht Thüringen hatte am 15.05. in einem Urteil (L 3 R 837/18) festgelegt, dass Verpflegungsgeld für Angehörige der Deutschen Volkspolizei als Arbeitsentgelt im Sinne von § 6 Absatz 1 Satz 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) zu qualifizieren ist.

Nach einer Pressemitteilung des Sozialgerichtes vom 16.05. war „der Kläger seit 1958 Angehöriger der Volkspolizei der ehemaligen DDR. Im Jahre 2009 beantragte er beim Freistaat Thüringen als Sonderversorgungsträger der Angehörigen der Deutschen Volkspolizei eine Überprüfung eines Feststellungsbescheides aus dem Jahr 1998 mit dem Ziel der Feststellung von Verpflegungs- und Bekleidungsentgelt als Arbeitsentgelt. Nach Abweisung einer Klage durch das Sozialgericht mit Urteil vom 17.10.2013 hatte das LSG Erfurt auf übereinstimmenden Antrag der Beteiligten mit Beschluss vom 29.04.2014 das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Der Wiederaufruf der Sache durch den Kläger erfolgte im Juni 2018.

Blick auf den „Freigang“ in Bautzen II – für die einstigen Wächter jetzt höhere Renten? Foto: LyrAg

Das LSG Erfurt hat der Berufung insoweit stattgegeben, als der Freistaat Thüringen als Sonderversorgungsträger der Angehörigen der Deutschen Volkspolizei verpflichtet wurde, das im Zeitraum 1961-1981 gezahlte Verpflegungsgeld als Arbeitsentgelt festzustellen. Hinsichtlich der Feststellung von Kleidergeld hat das Landessozialgericht die Berufung zurückgewiesen.

Nach Auffassung des Landessozialgerichts war Verpflegungsgeld eine lohnpolitische Maßnahme und diente der Verbesserung der Einkommenssituation des Betroffenen. Bekleidungsgeld hingegen habe eigenbetrieblichen Interessen des Arbeitgebers gedient und hatte daher keinen Arbeitsentgeltcharakter.“

Angehörige des DDR-Strafvollzuges können ebenfalls profitieren

Von dem jetzigen Urteil sind vor allem untere Dienstgrade betroffen. Profitieren könnten von dieser Entscheidung auch ehemalige Beschäftigte des DDR-Strafvollzuges und der Feuerwehr.
Das Gericht hatte eine Berufung nicht zugelassen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und kann mit der Nichtzulassungsbeschwerde zum BSG angefochten werden.

Unmut der Verfolgungsopfer

Der Unmut der Verfolgungsopfer der DDR-Diktatur ist begründet. Während Gerichte landauf-landab Ansprüche dieser Betroffenen-Gruppe auch nach 30 Jahren des Mauerfalls immer noch mit teils skandalösen Begründungen abweisen, haben ehemalige Systemträger – wenn auch nach längeren Schamfristen – immer wieder Erfolge, wie jetzt in Thüringen.

Die kleine Liane war 11 Jahre von ihren republikflüchtigen Eltern getrennt – kein Unrecht?

So hatte jüngst in Berlin das Landgericht den Antrag einer ehem. DDR-Bürgerin auf Rehabilitierung zugefügten DDR-Unrechtes abgewiesen. Die jetzt 58jährige war im Alter von zwei Jahren in ein Heim eingewiesen worden, weil die betreuenden Großeltern wegen Republikflucht inhaftiert (und später verurteilt) worden waren. Das Gericht hatte die Einweisung als „übliche fürsorgerische Maßnahme“ bezeichnet und die elf Jahre andauernde Vorenthaltung der nach West-Berlin geflüchteten Eltern schlicht ignoriert: Man müsste ja dann allen 17 Millionen DDR-Bürgern eine Wiedergutmachung zusprechen, weil diese an der Ausreise gehindert worden seien.

Fortdauernde Unrechtspflege

Es sind diese Urteils-Begründungen, die Verfolgungs-Opfer der DDR buchstäblich auf die Palme treiben. Dabei handelt es sich nur um die Spitze einer „fortdauernden Unrechtspflege,“ wie die Vereinigung 17. Juni 1953 in einer Stellungnahme von heute in Berlin erklärte. Für diese „Aufrechterhaltung alter Prinzipien“ seine allerdings nicht nur die Gerichte, sondern auch die Politik verantwortlich. Diese habe die grundlegende und unmissverständliche Aufarbeitung des DDR-Unrechtes im Gegensatz zu der zwar verzögerten, aber immerhin konsequenten Verfolgung des NS-Unrechtes „auf die lange Bank geschoben.“ Nur zögerlich und nach für die Betroffenen quälenden, weil immer wieder vorgertragenen Forderungen reagiere die Politik, wie jetzt, 30 Jahre nach der Maueröffnung, durch z.B. die Entfristungs-Vorlage des Unrechtsbereinigungsgesetzes im Deutschen Bundestag. Die nach wie vor ungeklärte Verletzung von Grundrechten durch die erfolgte Rückstufung von Bundesbürgern (nach erfolgreicher Flucht aus dem SED-Staat) zu DDR-Bürgern und die damit verbundene bis zu dreistellige Kürzung von Rentenansprüchen ist bis heute nicht korrigiert worden.

Immer wieder demonstrierten Ausgebürgerte und Unterstützer gegen den Rentenbetrug- Die Politik wehrte bis heute ab – Foto. LyrAg

Auch die „Soziale Zuwendung“, die SED-DDR-Opfer nach einer zu Unrecht verbüßten Haft von mindestens 180 Tagen erhalten, im Polit-Deutsch schamhaft als „Opferrente“ bezeichnet, ist ein Skandal dieser Republik, weil die Opfer somit gesetzeskonform zu Sozialhilfeempfängern degradiert werden. Auch eine Dynamisierung der Entschädigung ist bisher abgelehnt worden. Auf der anderen Seite erhalten die einstigen Minister der (frei gewählten) Übergangsregierung der DDR für längstens 5 Monate Dienstzeit eine sogen. Ministerrente, die jeweils mit einer Erhöhung der Ministergehälter auf Bundesebene angepasst werden. Eingangsrente: 600 Euro. SED-DDR-Opfer erhielten seit 2007 (!) 250 Euro, nach einer Erhöhung ab 2015 300 Euro. Dies entspricht gerade einmal der Hälfte der Eingangsrente für ehemalige Minister der letzten DDR-Regierung.

Geschichte nur noch als Show? – Foto: LyrAg

Unwucht im Rad der Aufarbeitung

„Die wenigen Beispiele belegen die Unwucht im Rad der Aufarbeitung,“ stellt dazu die Vereinigung 17. Juni fest. Daher sehe man den zu erwartenden Jubelreden zum 30. Jahrestag des Mauerfalls „mit erheblichen Kopfschmerzen entgegen.“ Es sei ein „Höhepunkt der Heuchelei“ zu erwarten, um die Bürger von den „sträflichen Versäumnissen und Verwerfungen in der Aufarbeitung der zweiten deutschen Diktatur“ abzulenken. Daher ist es für viele Verbandsvertreter nicht verwunderlich, wenn sich einstige Opfer zunehmend enttäuscht von den einst bei diesen hoch angesehenen, weil die Bundesrepublik in den vergangenen Jahrzehnten tragenden Parteien abwenden und versucht sind, sich neu entstandenen politischen Gruppierungen zuzuwenden.

V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin – Tel.: 0176-48061953 (1.408).

Berlin, 21.10.2018/cw – Im Nachgang zur großen „Unteilbar-Demonstration“ am 13. Oktober in Berlin, an der – nach Veranstalter-Angaben – fast eine viertel Million Menschen teilgenommen hatten, hat jetzt die Vereinigung 17. Juni in Berlin die Neugründung eines „Kuratoriums Unteilbares Deutschland“ angeregt.

In einer entsprechenden Mitteilung des Vereins heißt es: „Das offensichtliche Auseinanderdriften der 1990 nach dem Mauerfall in einem Deutschland zusammengefügten Bevölkerung sollte uns nicht nur nachdenklich machen, sondern auch in Alarmstimmung versetzen. Über 40 Jahre lang haben sich Millionen Menschen u.a. durch ihre Flucht in den freien Teil Deutschlands („Abstimmung mit den Füßen“) für diese Zusammenfügung eingesetzt, wurden dafür Hunderttausende in den Zuchthäusern der Zweiten Deutschen Diktatur eingesperrt, bezahlten Hunderte mit ihrem Drang nach Freiheit an den Grenzen der Systeme mit ihrem Leben.

„Nie Wieder!“ – Noch Konsens? Gedenkstein am Steinplatz –            Foto: LyrAg

Durch viele, vielfach durch den damaligen Zugzwang erfolgte Fehler in der Zusammenfügung beider Teile Deutschlands droht eine neuerliche Spaltung innerhalb des nunmehr geeinten Deutschland. Diese Spaltung manifestiert sich sichtbar in einer Abkehr von bisherigen politischen Strukturen und einer Zuwendung beachtlicher Teile der Gesellschaft an die Ränder links und rechts der Mitte-orientierten Parteien. Diese für eine Demokratie noch verkraftbare Entwicklung droht in eine Spaltung der Gesellschaft einzumünden, in der nicht mehr sachliche Diskurse sondern eine zunehmende Entwicklung von Hass-Szenarien gegen den jeweiligen politischen Gegner im Vordergrund stehen.“

Die Vereinigung 17. Juni erinnert an fatale gleichartige Entwicklungen in der Weimarer Republik, in denen am Anfang „der Führer einer kleinen Arbeiterpartei“ mit Ausnahme des missglückten Putsches vor der Feldherrnhalle in München am 9. November 1923 noch keine wesentliche Rolle gespielt habe. „Die Demokratie wehrte sich in diesem Stadium noch erfolgreich.“ Das seinerzeitige längerfristige Versagen der etablierten Parteien bei der Bewältigung der Nachkriegsprobleme habe schließlich „zur Eskalation zwischen linken und rechten Extremen mit dem bekannten Ausgang im Jahr 1933“ geführt.

Daher sei der Ansatz „Unteilbar“, wie er durch zahlreiche Organisationen in der durchgeführten großen Demonstration zum Ausdruck kommen sollte, der richtige Weg. Allerdings sollte sich dieser Anspruch nicht „in einer einzigen Demonstration“ verlieren. Hier sei die „konsequente Bewusstseinsmachung wesentlicher Ursachen der sich abzeichnenden Spaltung in der Gesellschaft“ enorm wichtig. Die Wiederbelebung eines „Kuratoriums Unteilbares Deutschland“ sei nach Ansicht des Vereins ein überdenkenswerter Aspekt, wobei der Name für sich bereits Programm sei. In diesem Kuratorium sollten alle gesellschaftlichen Kräfte vertreten sein, die sich diesem Gedanken der „Unteilbarkeit“ verpflichtet fühlten. „Der ungehinderte und freie Austausch von Gedanken und Ideen innerhalb und durch das Kuratorium sollte in der Zielsetzung die Identifikation mit einer demokratischen Gesellschaft befördern und dadurch nicht zuletzt Entwicklungen in extremistische und damit spaltende Richtungen vermeiden“ helfen.

Erinnerung an die Zweite Deutscher Diktatur – noch Konsens? – Bild: Kreuze am Reichdtag –
Foto: LyrAg

Dazu gehöre „eine gleichberechtigte und ausgewogene Vertretung von Interessen der Menschen in Ost und West und die klare, durchaus schmerzliche Befassung mit Irrtümern, Fehlern und falschen Einstellungen gegenüber den Bürgern in allen Teilen Deutschlands ohne Hass oder jeglicher Bildung von Schaum vor dem Mund.“ Aufgabe eines solchen Gremiums sollte es nicht zuletzt sein, „auf die Aufhebung noch heute bestehender Unterschiede zwischen beiden Teilen Deutschlands, wie zum Beispiel Lohn- und Rentengestaltung, hinzuwirken und der Ausnutzung vereinigungsbedingter Unzulänglichkeiten durch parteipolitisch indizierte Spaltungstendenzen zu begegnen.“

Das angeführte ursprüngliche „Kuratorium Unteilbares Deutschland“ war 1954 als „Ausschuss für Fragen der Wiedervereinigung“ in der (alten) Bundesrepublik mit dem Ziel, den Gedanken der deutschen Einheit wach zu halten und eine Wiedervereinigung „in Freiheit“ anzustreben, gegründet worden. Nach der Wiedervereinigung bzw. dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik hatte sich das Kuratorium 1992 aufgelöst.

Pressemitteilung der VEREINIGUNG (AK) 17.JUNI 1953 e.V. – Mobil: 0176-48061953

V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin – Tel.: 030-30207785 (1.348).

 

 

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