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Eine Nachbetrachtung zum Evangelischen Kirchentag
von Margreet Krikowski*
BVB-Fans haben an einem einzigen Tag am Gedenkort hinter der Gedächtniskirche für die zwölf Opfer des islamistischen Anschlags vom 19. Dezember 2016 mehr Anteilnahme gezeigt als der gesamte Kirchentag an seinen vier Tagen in Berlin. Auf einem der vielen am Gedenkort abgelegten Fanschals steht der Titel der BVB Hymne „You’ll never walk alone“. Auch der Bund der muslimischen Pfadfinder und Pfadfinderinnen Deutschlands legte einen Kranz ab. Nur nach einem Kranz, Schal oder sonst irgendeinem Zeichen der öffentlichen Anteilnahme vom Kirchentag, der in diesem Jahr unter dem Motto „Du siehst mich“ stand, sucht man vergeblich.
Ich habe am Kirchentag nicht teilgenommen, habe somit auch keine Bibelauslegung zum Thema gehört, kann mir aber vorstellen, dass sie sehr tröstlich war. „Du siehst mich“. Der Beter sucht Gott und findet die Gewissheit, von Ihm gesehen zu werden. „Du siehst mich“ eröffnet je nach Betonung ganz unterschiedliche Seelenräume. In der Wüste weiß sich Hagar von Gott gesehen. Auf die heutige Zeit bezogen glaube ich, dass Gott – quasi über Bande – auch Raif Badawi, Oleg Senstov, Liu Xiaobo und Deniz Yücel sieht, die hier stellvertretend genannt sind für die unzähligen eingesperrten Widerstandskämpfer gegen Unfreiheit und Unrecht in vielen Teilen der Welt.
„Du siehst mich“. Groß prangt diese Schrift auf dem in Oranje gehüllten Glockenturm der Berliner Gedächtniskirche. Und so bekommt dieses Motto eine ganz eigentümliche Wendung. Plötzlich wirkt es kokett und selbstverliebt. Du – Berliner, Tourist, Kirchentagsbesucher, Fußballfan – siehst mich, die Kirche; du kannst nicht umhin, mich sehen zu müssen. Tatsächlich fällt der Turm zwischen all den anderen Hochhäusern auf. Von überall sieht man den Turm. Von überall? Nein. Im toten Winkel, an der Nordseite der Gedächtniskirche, sieht man den Turm nicht. Und die Kirche sieht wohl auch diese Gedenkstätte nicht. Oder wie sonst ist zu erklären, dass während der vier Kirchentage kein Vertreter des Deutschen Evangelischen Kirchentages, kein Vertreter der Evangelischen Kirche auf eine Gedenkminute vorbeigekommen ist. Vielleicht scheint Ihnen das Gedenken an die Opfer des ISLAMISTISCHEN Anschlags auch nicht opportun.
Selbstauferlegte Denkverbote?
Die Anschläge dschihadistischer oder salafistischer Muslime verbreiten zunehmend Angst und Schrecken in Deutschland, in Europa, weltweit. Obwohl Minister nach jedem Anschlag verkünden, dass wir uns nicht einschüchtern lassen, haben Journalisten, Polizei und Bevölkerung schon längst auf die Anschläge reagiert. Journalisten, indem sie Kritik am Islam tunlichst vermeiden. Die Polizei, indem sie mit extra Vorkehrungen und erhöhtem Polizeiaufgebot Großveranstaltungen, wie den Kirchentag, zu schützen versucht – dank massivem Polizeiaufgebot, Poller und strengen Taschenkontrollen ist auch der diesjährige Kirchentag ohne Anschläge geblieben. Die Bevölkerung, zumal die Frauen, indem sie ihre Kleidung anpassen und vermehrt den öffentlichen Raum meiden. Die selbstauferlegten Denkverbote, die Einschränkungen in der Bewegungsfreiheit müssten jedem auffallen.
Hat der Anschlag am Breitscheidplatz, hat der Anschlag in Manchester, haben die vielen Anschläge auf die Kopten etwas mit dem Islam zu tun? Ja. All diese und unzählige andere Anschläge haben sehr wohl mit dem Islam zu tun. Aber offensichtlich möchte die Evangelische Kirche selbst im Lutherjahr doch nicht so genau hinsehen und die vielen terroristischen Strömungen im Islam, seien sie sunnitischer oder schiitischer Prägung, beim Namen nennen. Sie sieht eine Bedrohung für Demokratie und Freiheit vorwiegend von Rechtspopulisten ausgehen. Obwohl sie in christlicher Religionskritik geübt sind, sehen die Kirchenrepräsentanten weg, wenn es um die Gewaltfrage im Islam geht, der sowohl eine Religion als auch ein politisches, totalitäres Herrschaftssystem ist. Luther hatte Mut, die Missstände seiner Zeit anzuprangern. Die Evangelische Kirche dagegen schwimmt mit dem Mainstream und schimpft andere populistisch, die grundlegende (Religions-)Kritik am Islam üben. Manch einer kanzelt Kritik am Islam gar als psychische Erkrankung (Islamo-Phobie) ab.

Selbst der Bund muslimischer Pfadfinder sah die Opfer, der Kirchentag übte sich in Ignoranz – Foto: Krikowski
Eine verkannte Gefahr kann nicht gebannt werden
Wenn die Gefahr islamistischer Gewalt aber nicht erkannt wird, kann sie auch nicht gebannt werden. Eine zentrale Gedenkminute für die vielen Opfer islamistischer Terroranschläge beim Kirchentag wäre auch deshalb angebracht gewesen, auch als Zeichen der Verbundenheit mit den verfolgten christlichen Glaubensbrüdern und -schwestern in der gesamten arabischen Welt.
Israel gedachte des neulich schweren Terroranschlags auf die koptischen Christen in Ägypten. Ein jüdischer Staat der täglich (!) islamistischem Terror ausgesetzt ist, findet die Kraft, sich mit koptischen Christen solidarisch zu erklären. Meine Kirchentagsleitung hat es nicht einmal für nötig befunden, einen Kranz oder ein anderes Zeichen der Anteilnahme für die 12 Opfer des islamistischen Terroranschlags an der Gedächtniskirche abzulegen.
Wenn die Repräsentanten am Gedenkort an der Gedächtniskirche gewesen wären, hätten sie die Namen der 12 Ermordeten auf Kerzen lesen können.
Jörg Zink schreibt: „Der Name eines Geliebten, wenn ein Liebender ihn ausspricht, ist ja mehr als nur eben dieser Name, er ist wie eine Hand, in der der geliebte Mensch ruht, wie ein Schutz, in dem Liebe und Leid bewahrt sind. Ein Name wird ausgesprochen und der Verlaufene findet heim“. Eben – du siehst mich.
Erinnerung braucht Namen und Gesichter. Nur so können wir die Opfer dem Vergessen entreißen und ins nationale Gedächtnis rufen.
Und so benenne ich die Namen der Opfer des islamistischen Terroranschlags vom 19. Dezember 2016:
Łukasz Urban (37, Polen)
Fabrizia di Lorenzo (31, Italien)
Angelika Klösters (65, Deutschland)
Sebastian Berlin (32, Deutschland)
Anna Bagratuni (44, Deutschland)
Gregoriy Bagratuni (44, Ukraine)
Naďa Čizmarová (34, Tschechien)
Dalia Elyakim (60, Israel)
Dorit Krebs (53, Deutschland)
Peter Volker (72, Deutschland)
Klaus Jacob (65, Deutschland)
Der Name des 12. Opfers (40, Deutschland) ist der Gedächtniskirche bekannt.
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* Die Autorin hat den vorstehenden Text als Offenen Brief an folgende Repräsentanten des Evangelischen Kirchentages gerichtet: Frau Professor Dr. Christina Aus der Au (*1966, Luzern), Präsidentin des Kirchentages; Herrn Professor Dr. Heinrich Bedford-Strohm (*1960 Memmingen), Landesbischof der Evangelischen Kirche Bayern und Ratsvorsitzender der EKD; Herrn Dr. Markus Dröge (*1954, Washington D.C.), Landesbischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz und Herrn Martin Germer (*1956 Würzburg), Pfarrer an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. Bis zum 4.Juni 2017 lagen der Autorin weder Antworten noch Stellungnahmen vor.
V.i.S.d.P.: Die Autorin und Redaktion Hoheneck, Berlin – Tel.: 030-30207785 (1.252).
Berlin, 11.02.2012/cw – Die Ankündigung, auf dieser Seite nach der ersten Bellevue Demo bereits veröffentlicht, wurde pünktlich zum heutigen Tag umgesetzt. Wieder fanden sich unter Führung des umstrittenen linkslastigen Vereins clof spontane und vermutliche Berufsdemonstranten vor dem Amtssitz des Bundespräsidenten ein, um Christian Wulff aufzufordern, endlich dem Druck zu weichen und aus Bellevue auszuziehen.
Ohne Stasi-Major nur 50 Demonstranten
Anders als geplant – der Veranstalter hatte 500 Demonstranten angemeldet – waren dem Aufruf spärliche zehn Prozent gefolgt. Vor Ort waren bald mehr Polizisten als selbsternannte Wutbürger aufmarschiert. Vielleicht hatten sich doch einige Teilnehmer an der ersten Demonstration verschreckt vercloft, also abgewendet, nachdem bekannt wurde, dass der Veranstalter nicht nur eng mit linken Gruppen kooperiert, sondern auch mit einem ehemaligen Stasi-Major zusammen die Liebknecht-Luxemburg-Demos organisiert.
Vielleicht hatte man ja aufgrund unserer Berichterstattung (https://17juni1953.wordpress.com/page/3/) den Stasi-Major gebeten, am heutigen Tag einen Bogen um das Schloss zu machen, jedenfalls war Klaus Meinel heute nicht zu sehen. Clof-Sprecher Holger Werner bestätigte das auch locker. Der ehemalige DDR-Punk aus der Bewegung „Kirche von unten“ habe ein etwas differenziertes Verhältnis zu dem Stasi-Major, was ja „aufgrund der unterschiedlichen Wege kein Wunder“ sei. Dennoch erkenne er, Werner, mit Respekt an, wie Meinel sich von seiner Vergangenheit distanziere und „das heute sehr differenziert“ sehe. Nun ja…
Während einige Helfer einen großen selbstgezimmerten Stuhl nach der recht kurzen Demo in ein mit dem Gewerkschaftsbanner von verdi geschmücktes clof-Auto verbrachten, kündigte Holger Werner vor laufender Kamera die nächste Aktion an: Sollte sich Christian Wulff weiter weigern, „aufzuräumen und seinen Amtssitz zu räumen“, werde man auf der nächsten Demo „eine große PATTEX-Tube vorzeigen“, um Wulff das „Kleben an seinem Stuhl“ zu erleichtern. Ob sich der Hersteller für diese PR-Aktion wohlmöglich gegenüber dem Demo-Tausendsassa in Form einer Vergünstigung erkenntlich zeigen wird, ist derzeit nicht bekannt. Vielleicht ein neues Feld, um auch einmal diesen DEMO-Verein zu wulffen?
Missbrauch hehrer Utensilien des Protestes unanständig
Unabhängig von diesen Details mag die angekündigte PATTEX-Demo ja als originell empfunden werden, die STUHL-Demo ist es ebenso wenig wie die vorherige SCHUH-Demo, auch wenn heute wieder einige Schuhe trotzig gleich einer (geübten) Faust in die Höhe gereckt wurden. Als überall in der Welt vor den Botschaften Chinas ein leerer Stuhl aus Protest gegen die Inhaftierung des chinesischen Nobel-Preisträgers von 2010, Liu Xiaobo aufgestellt wurden, waren clof-Aktivisten ebenso wenig vertreten, wie bei Solidaritätsdemonstrationen für die sogen. Arabische Revolution, als Mubarak der SCHUH gezeigt wurde. Diese hehren Utensilien des Protestes gegen blutige Tyrannen bei allen unterschiedlichen Bewertungen der Vorgänge um den demokratisch gewählten Präsidenten eines demokratischen Landes zu verwenden, ist unmoralisch und unanständig und darüber hinaus eine Ohrfeige für die wirklichen Freiheits- und Demokratiekämpfer unserer Zeit. Diese könnten und können nicht gelangweilt und aus einer (geschenkten) Freude am Klamauk von einer Demo zur nächsten pilgern, wie die heutigen Demonstranten, die nach gut dreißig Minuten die Zwergen-Demo vor Bellevue abbrachen, um sich der nächsten Demo in Sachen Internet anzuschließen. Die Bürgerrechtler in China, die Freiheitskämpfer in Arabien, im Iran und anderswo riskieren tagtäglich ihre Freiheit und vielfach ihr Leben. Auch die Bellevue-Aktivisten sollten das bei allem Spaß oder auch Grimm, wie man will, respektvoll beachten und eigene Protestformen entwickeln, als billig und vor allem unzulässig abzukupfern.
Man mag ja Christian Wulff mögen, verachten oder gar hassen. Dass man das darf, unterstreicht die Existenz unserer Demokratie. Ihn gleichsam, symbolisch hin oder her, auf eine Stufe mit den Despoten unserer Zeit zu heben, mag auch durch die Demokratie geschützt sein. Demokratisch im Sinne frei gewählter Verpflichtung zur Verantwortung ist es nicht.
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CDU
Unterstützt den Veranstaltungskalender
Kreisverband Charlottenburg-Wilmersdorf
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Das Logo der CDU auf der Seite von clof: http://www.clof.eu/index.php?id=378
Dass der CDU-Kreisverband Charlottenburg-Wilmersdorf diese wunderlichen bis ärgerlichen Auch-Aktivitäten durch sein Logo auf der Veranstaltungs-Seite von clof vermutlich sponsert und damit wohlmöglich unterstützt, verwundert allerdings schon. Vielleicht auch das ein Grund, warum sich Unionisten, die diese Bewegung nach LINKS nicht mitmachen wollen, zunehmend in sogen. konservativen Arbeitskreisen einfinden. *
* Der Autor war von 1962 bis zu seinem Umzug nach Bayern Mitglied im OV Lietzensee der CDU.
V.i.S.d.P.: Vereinigung (AK) 17. Juni 1953 e.V., Berlin, Tel.: 030-30207785
Berlin, 29.11.2011/cw – Axel Glesel – ein Kind des Gulag. Ein weiterer erschütternder Bericht über Familientragödien durch den Kommunismus:
http://www.berliner-zeitung.de/gesellschaft/zeitgeschichte-lebenslaenglich,10808022,11232350.html
Eine Sendung zum Thema:
„Im Schatten des Gulag“, RBB – Donnerstag, den 01.12.11 , 22:45h
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Bitte vormerken:
Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) informiert:
Mahnwache gegen das Todesurteil für den iranischen Pastor Youcef Nadarkhani
8. Dezember 2011, 14.00-18.00 Uhr
Iranische Botschaft, Podbielskiallee 67, 14195 Berlin
Durch die Annahme des christlichen Glaubens geriet Pastor Nadarkhani in die Mühlen der iranischen Justiz. Am 22. September 2010 verurteilte ihn ein Gericht zum Tod durch den Strang.
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Am 9. Dezember 2011 wird um 15:00 Uhr am Gedenkkreuz für den vor 50 Jahren von DDR-Grenzposten ermordeten Fluchthelfer Dieter Wohlfahrt eine Kranzniederlegung stattfinden.
Nähere Einzelheiten werden auf dieser Seite in den nächsten Tagen mitgeteilt.
Verantwortlich/Rückfragen: Vereinigung 17. Juni 1953 (siehe unten).
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Die Gedenkstätte Hohenschönhausen teilt mit:
Sein Stuhl ist leer – Freiheit für Liu Xiaobo!
Als am 10. Dezember 2010 um 13:18 Uhr die Verleihung des Friedensnobelpreises an den chinesischen Bürgerrechtler Liu Xiaobo begann, blieb sein Stuhl leer. Die chinesischen Behörden ließen ihn nicht nach Oslo fahren. Seit drei Jahren sitzt er, von der Außenwelt isoliert, im Gefängnis.
Am 10. Dezember 2011 stellen wir deshalb weltweit um 13:18 Uhr symbolisch einen leeren Stuhl vor die Botschaften der Volksrepublik China. Wir unterstreichen damit unsere Forderung an die chinesische Regierung: Freiheit für Liu Xiaobo!
Jeder, der sich dieser Forderung anschließen will, kann das tun, indem er in seiner Stadt, in seiner Firma, in seiner Universität am 10. Dezember 2011 um 13:18 Uhr einen leeren Stuhl auf die Straße stellt.
Ein Plakat wird in Kürze präsentiert.
Ansprechpartner:
Helmuth Frauendorfer
Stellvertretender Direktor
Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen
Referent für politische Bildung
Genslerstraße 66
D-13055 Berlin
Telefon: +49 (0) 30 986082 402
Telefax: +49 (0) 30 986082 464
Mobil: +49 (0) 173 7211004
http://www.stiftung-hsh.de
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V.i.S.d.P.: Vereinigung (AK) 17. Juni 1953 e.V., Berlin, Tel.: 030-30207785 oder 0176-48061953
Berlin, 10.12.2010/cw – In Oslo blieb wieder einmal ein Stuhl leer, und Tausende demonstrierten in aller Welt, diesmal gegen die rote Welt-Diktatur in Peking und für die Freiheit des Andersdenkenden, der diesmal in Gestalt des Chinesen Liu Xiaobo, den Friedensnobelpreis bekommen sollte.
Der propagandistische Aufschrei tönte – wen wundert’s? – vornehmlich durch die Staaten der westlichen Demokratien, während diktatorisch angehauchte Systeme oder nackte Diktaturen der Szenerie in Oslo – und den eigenen Straßen – fern blieben. Das gewohnte Weltbild krachte nicht aus den Fugen: Hier die Guten (Freiheitskämpfer und Moralisten), dort die Schlechten (Freiheitsfeinde und Unterdrückungsspezialisten). Der Bürger ist zufrieden – sein Weltbild wurde bestätigt -, die Medien sind zufrieden – man durfte sich wieder einmal an Klischees abarbeiten – und die Politik ist zufrieden – weil die gezeichneten Weltbilder wieder einmal gut herüber gekommen sind.
Um keinen Zweifel aufkommen zu lassen: Auch der Kommentator hat sich mehrere Stunden an Demonstrationen vor der Chinesischen Botschaft in Berlin beteiligt. Und ohne Zweifel habe ich mir sehr viel mehr Teilnehmer für Liu Xiaobo gewünscht. Aber auch die immerhin einhundert Menschen, die sich im Laufe von Stunden vor der Botschaft aus Anlass der Preisverleihung in Oslo einfanden sind allen Lobes wert. Die beiden Klassen aus Kempten im Allgäu, die eigens zu dem Protest fast tausend Kilometer angereist waren, die Gesellschaft für bedrohte Völker, der Verein Freiheit für Tibet, die zwei ehemaligen politischen Gefangenen der einstigen zweiten Diktatur in Deutschland, einige Exil-Chinesen und sonstige Bürger dieser Stadt, sie alle standen buchstäblich stellvertretend für sicher unzählige Demokraten, die über die Verweigerung der Freiheit, der Verweigerung der Preisverleihung ebenso dachten und denken, aber jedweden Protest dagegen ohnehin für sinnlos halten. Das war, das ist also nicht der Punkt.
Schwieriger wird es, wenn man sich die Mühe macht und den ernsthaften Versuch unternimmt, in die Thematik einzutauchen. Dann bemerkt man mit einiger Erschütterung, wie viel Heuchelei die öffentliche Meinungsluft durchdringt, ja verpestet.
Da gibt es zum Beispiel den Israeli Mordechai Vanunu. Der heute 56jährige sollte an diesem Wochenende die Carl-von-Ossietzky-Medaille in Empfang nehmen, weil er 1986 in einem sehr mutigen Schritt die Atom-Pläne Israels öffentlich gemacht hatte. Dafür musste er eine hohe Haftstrafe verbüßen, nachdem er rechtswidrig von Israel im Ausland entführt und vor Gericht gestellt worden war. Seit 2004 ein „freier Mann“ darf er dennoch den Staat Israel nicht verlassen, auch nicht zur Preisverleihung der besagten Medaille. Und während allenthalben die Verweigerung der Annahme des Friedensnobelpreises an den mutigen Chinesen mit der seinerzeitigen Verweigerung der Preisannahme durch Carl-von-Ossietzky durch die Nationalsozialisten 1936 – richtig – verglichen wird, schweigt man sich mit gleicher (wenn auch Schweige-)Intensität über das Ausreise-Verbot für Mordechai Vanunu aus.
Sind diese beiden Preis-Annahme-Verbote also durchaus vergleichbar, weil auch Carl-von-Ossietzky seinen Nobel-Preis als Friedensaktivist für den Verrat militärischer Geheimnisse (des Dritten Reiches) erhielt, so wird es durchaus komplizierter mit der Beurteilung der Verhaftung von Julian Assange. Dem (zitierten) Dritten im Bunde steht (noch) keine Preisverleihung ins Haus, dennoch ist seine offensichtlich „getürkte“ Verhaftung in diesem Zusammenhang durchaus einige vergleichende Gedanken wert.
Kein Staat dieser Welt ist beglückt, wenn sorgsam gehütete Geheimnisse durch wen auch immer das Licht der Öffentlichkeit erreichen oder wenn sich, wie im Fall des diesjährigen Nobel-Preisträgers aus China, ein Bürger gedanklich gegen die Prämissen seines Staates stellt.
So war das Dritte Reich gegen den „Verräter“ von Ossietzky eingestellt, so ist der Staat Israel gegen den „Verräter“ Vanunu aufgebracht, so wendet sich das Regime von Peking gegen die Preisverleihung an ihren Bürger Xiaobo. Das Recht von Regierungen, Handlungen oder Denkweisen von Bürgern ihres Staates nicht billigen zu müssen, ist aus meiner Sicht ebenso unbestreitbar wie das Recht von Bürgern, anders zu handeln oder zu denken, als ihre Regierung. Problematisch wird es dann, wenn eine Regierung aus ihrer jeweiligen ablehnenden Überzeugung heraus die Rechte ihrer Bürger einschränkt oder gar missbräuchlich außer Kraft setzt. Das ist bei Xiaobo, bei Vanunu und das ist auch bei Assange der Fall, so unterschiedlich jeder Vorgang für sich erscheinen mag und in der Sache ist.
Wir wissen nicht, ob Julian Assange von den gleichen Moralvorstellungen getrieben ist, wie Carl-von-Ossietzky oder Liu Xiaobo. Doch kommt es hier darauf an? Ich meine nein. Wir haben hier nicht über unterschiedliche moralische Qualitäten zu urteilen, sondern einzig über Recht oder Unrecht. Bei Julian Assange verdichtet sich immer mehr der Verdacht, dass hier ein Exempel gegen Jemanden statuiert werden soll, der unangenehme Wahrheiten transportiert hat. Denn verraten hat nicht Assange diese Wahrheiten, sondern ein XY, dessen (oder deren) Identität bislang nicht feststeht. Nun werden kriminelle Vorwürfe konstruiert, um einen Haftbefehl zu begründen, der mit der tatsächlichen Argumentation, nämlich des Transportes von Geheimnissen an die Öffentlichkeit, wohl kaum in die Fahndungslisten aufgenommen worden wäre. Das ist in der Tat ein durchaus vergleichbarer Skandal. Und alle jene Journalisten, die sofort und ohne Bedenken der Berechtigung der Inhaftierung von Assange das Wort geben, sollten sich der Gefahr bewusst sein, dass sich ihre eigene Argumentation eines Tages gegen sie selber, gegen die eigene Zunft richten kann. Das wäre, das ist nur eine Sache der Gewöhnung (an eigentliches Unrecht).
Und die USA, unser Vorbild aus Jugendtagen, so wenige Jahre nach dem Krieg, nach der Befreiung von einem gnadenlosen Mord-Regime?
Die USA haben nach meiner Meinung eine einmalige Chance verpasst, verlorenes Terrain zurück zu erobern, sich wieder als führende Weltmacht für Menschenrechte und Demokratie nachhaltig in Erinnerung zu bringen. Statt Assange wüst zu beschimpfen und seine gnadenlose Verfolgung anzukündigen, hätten die USA ihre Ablehnung, ja ihre Verurteilung der Veröffentlichungen durch WikiLeaks in aller Deutlichkeit zum Ausdruck bringen können. Und gleichzeitig hätten die USA betonen können, dass die für die Vereinigten Staaten unangenehmen Veröffentlichungen zweifellos die „Nachteile“ der von den USA vertretenen Freiheit und der Menschenrechte sind und sich die Vereinigten Staaten daher auch durch derartige Veröffentlichungen nicht von ihren Grundprinzipien abbringen lassen werden. Die Freiheit des Herrn Assange, Informationen zu transportieren, seien für die USA wichtiger, als der eingetretene Ärger über die Veröffentlichungen…
Eine derartige Reaktion, noch dazu veröffentlich am Tag der Menschenrechte oder gar zum Zeitpunkt der Feierlichkeiten in Oslo wäre eine Ermutigung, ein wichtiges Signal gewesen. Für uns, die in die Jahre gekommenen einstigen glühenden Anhänger der „freiesten Nation“, aber auch für Liu Xiaobo, Mordechai Vanunu und Julian Assange. So bleibt uns nur die Befürchtung, einst China, Israel und die USA in einem (unangenehmen) Atemzug nennen zu müssen.
© 2010 Carl-Wolfgang Holzapfel, Tel.: 030-30207785 oder 0176-48061953 – holzapfellyrag@aol.com
Achtung:
Am Freitag, 10.12.2010, von 10:00 – 12:00 Uhr Demo vor
der Chinesischen Botschaft in Berlin – Märkisches Ufer 54, 10179 Berlin
Sie können auch mündlich oder schriftlich protestieren, falls Sie verhindert sind:
Tel: 030-27588 0, Fax:030-27588 221
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