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Berlin, 9.November 2015/cw – Wir gedenken heute, am TAG DER NATION, der Höhepunkte in der deutschen Geschichte, die immer auch Auswirkungen auf die europäische Geschichte hatte. Wir gedenken an diesem Tag aber auch der schmerzlichen und verstörenden Tiefpunkte, die ebenfalls an einem 9. November oder um den 9. November geschehen sind.
Nachfolgend geben wir einen Vortrag wieder, den Carl-Wolfgang Holzapfel* am 29. November 1995 im Haus des Deutschen Ostens in München gehalten hat.
9.November – Schicksalstag der Deutschen Nation?
Dem Thema „9.November“ haftet etwas schwefliges, ruchbares an: Denn Mauerfall hin oder her, nach neudeutscher oder auch nachkriegsdeutscher Geschichtsschreibung ist der 9.November nur mit einem Namen, mit einem Ungeist, verbunden: Adolf Hitler! Und diese, zwischenzeitlich mehreren Generationen eingehämmerte recht einseitige Beziehung oder Assoziation zu einem Datum macht es uns so schwer, mit einem der größten, diesmal freudigem Ereignis in unserer Geschichte vertraut, ja freudig und letztlich geschichtsbewusst umzugehen.
So musste auch meine Initiative, übrigens drei Wochen nach Öffnung der Mauer, scheitern. Ich stehe dennoch auch heute noch dahinter!
In einem Brief an meinen Freund und damaligen Präsidenten des Abgeordnetenhauses von Berlin, Jürgen Wohlrabe, der viel zu früh im Alter von nur 58 Jahren verstarb, schlug ich vor, den 9., respektive den 10.November, zum „TAG DER NATION“ zu erklären. Gerade weil ich mir der Brisanz des 9.November bewusst war, Reichskristallnacht, wollte ich eine alternative Brücke bauen. Zumal die wirkliche Begegnung ja tatsächlich erst in der Nacht vom 9. auf den 10.November – und in den Tagen danach – stattfand.
Auch mein Vorschlag, den bisherigen 17.Juni als Gedenktag der Deutschen Einheit durch diesen Tag abzulösen, hatte einen seriösen Hintergrund. Als jahrzehntelanges Mitglied der VEREINIGUNG 17.JUNI 1953 e.V., einem ursprünglichen Zusammenschluss ehemaliger Teilnehmer am Volksaufstand, wusste ich mich in Übereinstimmung mit meinen Kameraden, das mit dem faktischen Fall der Mauer eine, wenn nicht die wesentliche Forderung der Kämpfer vom 17.Juni erfüllt war: Die Einheit Deutschlands wiederherzustellen!
Wohlrabe hat denkbar mutig reagiert, als er sich in einem Schreiben Ende 1989 an mich inhaltlich voll hinter diesen Vorschlag stellte. Mutig deshalb, weil sich kein anderer Politiker wagte, einen solchen Vorschlag auch nur in den Mund zu nehmen, geschweige, sich damit auseinander zu setzen: Konnte eine „Verbrechernation auf ewige Zeiten“ es wagen, einem 9.November eine andere Bedeutung als (ausschließlich) die der „Reichskristallnacht“, mit all den dahinter stehenden drohenden Zeigefingern zu geben?
Politiker überfordert?
In der Tat sind auch 50 Jahre nach dem Ende einer 13jährigen totalitären Herrschaft unsere heutigen Politiker überfordert, wenn man von ihnen ein wie immer geartetes Bekenntnis zur Deutschen Nation, zu unserer eigenen Geschichte, mit ihren freudigen Höhepunkten, aber auch mit ihren schmerzlichen tiefen Tälern, verlangen sollte.
Haben wir Verständnis! Haben wir Mitleid! Kommen doch die heutigen Vertreter des demokratischen „neudeutschen Adels“ (fast) ausschließlich aus Parteien und Gruppierungen, die zur Grundlage ihrer seinerzeitigen Gründung eine Lizenz, eine Zulassung der Siegermächte brauchten. Das Aufkommen der sogenannten GRÜNEN widerspricht dem nicht: Kamen hier doch Töchter und Söhne jener Gründungsgeneration nach oben, die sich in einem ganz normalen Vorgang gegen ihre Zieh-Mütter und -Väter stellten, ohne aber jemals den Konsens infrage zu stellen, der da nach wie vor lautet: Deutschland, das abschreckende Bild politischen Verbrechertums, gestern, heute, morgen, immer!
Und folgerichtig rückt jeder, wird jeder in diese Ecke politischen Verbrechertums gerückt, der es auch nur wagt, von der Deutschen Nation zu reden und das auch noch ernst zu meinen! Darum also mein Respekt vor dieser uneingeschränkten Solidarisierung Jürgen Wohlrabes mit meinem damaligen Vorschlag!
Der 3. Oktober entfaltet keine emotionale Bindung
Natürlich musste dieser Vorschlag – und wir wissen das inzwischen alle – scheitern. An seiner Stelle wurde ein äußerst künstliches, weil rein zufälliges Gebilde, namens „3.Oktober“, aus der Taufe gehoben. Ein Tag, mit dem niemand etwas anfangen kann, weil er außer dem bürokratisch und recht willkürlich festgelegtem Termin der Einvernahme der „Neuen Länder“ (wie es so schön heißt) keinerlei emotionale oder auch historisch nachvollziehbare Bindung zulässt. Gedenktage bedürfen aber einer Verankerung in der Geschichte eines Volkes, in dessen Geschichtsbewusstsein, in seinen Herzen, um lebendig zu sein und zu bleiben! Um nachkommenden Generationen das einigende Band gemeinsamer Geschichte umzuwinden!
Könnte man darüber streiten, ob der Zusammenbruch eines über 40 Jahre andauernden totalitären Systems, ob die Wiedervereinigung getrennter Teile des Vaterlandes eines Gedenkens würdig wären – ich selbst kann darüber nicht streiten – , so sollte aber nicht strittig sein, dass es Tage im Leben eines Volkes gibt, die wie keine anderen das geschichtliche Auf und Ab, die Höhen und die Tiefen einer Nation, den rühmlichen Kampfgeist ebenso widerspiegeln, wie schmerzliches Versagen. Und selten widerfährt dabei einem Volk, dass sich Ereignisse geschichtlicher Bedeutung immer wieder an e i n e m Tag, um einen Tag ereignen, wie das beim Datum des 9. N o v e m b e r in der deutschen Geschichte, und hier beindruckend vielfältig in diesem Jahrhundert, ganz offenbar geschehen ist.
Und dabei m u s s die Frage erlaubt sein, ob dieser Tag für uns, für das deutsche Volk, schicksalhaft ist – wir werden sehen, dass sich diese Frage schon beantwortet hat – und ob dahinter vielleicht eine Mystik steht, der wir uns nicht entziehen können, auch wenn wir dies – vielleicht – zuweilen wollen.
Unter „Mystik“ ist im Brockhaus u.a. zu lesen, sie sei „eine Grundform des religiösen Erlebens, das unmittelbare Erleben Gottes. Mystik kann der Art nach gefühlsbetont, sinnlich rauschhaft, kontemplativ (betrachtend) oder spekulativ sein, ihre Grundlage ist duchaus asketisch.“ Ende des Zitats. Und unter „Mystizismus“ lesen wir ebda.: Dieser sei (Zitat) „intuitiv-irrationale Geisteshaltung, die durch unmittelbares Ergreifen einer höheren Wahrheit Erkenntnisse sucht, die weder in den Bereich religiösen Erlebens gehören noch verstandesmäßiger Prüfung standhalten.“ Ende des Zitats.
Von Gott bestimmt oder Schicksal?
Ohne hier in eine sicherlich sehr interessante Diskussion oder Auseinandersetzung mit philosophischen Fragen einzutreten, ist es doch wichtig, den Begriff zu erklären, wenn wir die Frage stellen, ob ein Volk „Mystik“ erfährt , braucht oder nicht braucht. Jeder von uns hat sicherlich schon einmal mehr oder weniger eindringliche Erlebnisse gehabt, die er als mystisch empfunden hat. So stolperte bereits Leo Trotzki über die Tatsache, das sein Geburtstag mit dem Ausbruch der Russischen Revolution am 7.November zusammenfiel. Er vertraute allerdings seinem Tagebuch an, „nur Pythagoräer und Mystiker würden da einen Zusammenhang vermuten!“ Nun ja, hier mag der Zufall zur Fußnote eines Ereignisses geworden sein. Mir war der Tag der Oktoberrevolution über Jahrzehnte eine hilfreiche Gedankenbrücke, um einen wichtigen Geburtstag im Freundeskreis nicht zu vergessen.
Ich möchte hier auch nicht weiter auf die persönlichen Erfahrungen eingehen. Denn hier sollen Erfahrungen in den Raum gestellt werden, die über das – subjektive wie reale – Erleben des Einzelnen hinausgehen. Erfahrungen, die vielmehr durch die Einbindung vieler, ungezählter Menschen, ja eines ganzen Volkes, erst ihre überragende Bedeutung erhalten haben. Und wenn wir versucht sind, oder auch dieser Versuchung gewollt erliegen oder – besser – gewollt aussetzen, wenn wir also untersuchen, wie weit Erlebtes, Erfahrenes von uns als mystisch empfunden wird, dann ist das sicherlich nicht abhängig von unserer persönlichen Standortsbestimmung zu Gott. Der religiös Empfindende wird sein Erleben als von Gott bestimmt ansehen. Der nicht auf einen Gott Fixierte wird es seinem Schicksal zuordnen. Beides kann sinnlich als eine Grundform religiösen Erlebens empfunden werden, auch unbewusst, eben als unmittelbares Erleben Gottes oder des Schicksals. In jedem Fall wird dies Auswirkungen auf die Emotion, auf das eigene Gefühlsleben haben und damit unser Leben beeinflussen.
Was aber hebt diesen 9.November über die Öffnung der Mauer im Jahre 1989, über die Reichskristallnacht im Jahre 1938, über andere Daten deutscher Geschichte hervor? Was prädestiniert ihn zu einem deutschen Gedenktag, gar zu einem „Tag der Deutschen Nation“?
Weil Friedrich Schiller an einem 10.November geboren wurde? Ein Schiller, der in seinen „Räubern“ sagt: „Dass der Geist Hermanns noch aus der Asche glimmte!- Und aus Deutschland soll eine Republik werden, gegen die Rom, und Sparta Nonnenkloster sein sollen.“ Warum nicht? Vielleicht, weil ein heutiger Verfassungsschützer jenen eben zitierten Satz einer rechtsradikalen Gruppe zuordnen würde, deren Anführer offenbar ein gewisser Schiller sei?
1848: Forderung nach bundesstaatlicher Einigung
Immerhin: Am 9.November 1848 jagte der preußische Kavalleriegeneral Graf von Brandenburg das „Demokratenpack der Preußischen Nationalversammlung“ (wie er es nannte) „zum Teufel.“ Und in Wien, wohl auch zumindest mit der deutschen Nation und ihrer Geschichte eng verbunden, ließ der Fürst zu Windisch-Grätz den Revoluzzer Robert Blum am gleichen Tag, am 9.November 1848, erschießen. Blum war immerhin Führer der demokratischen Linken in der Frankfurter Nationalversammlung! Böte nicht dieser 9.November 1848 eine vielfältige Erinnerung an das deutsche Revolutionsjahr 1848, ein gemeinsames Gedenken von „links“ bis „rechts“ – übrigens Grundvoraussetzung eines Nationalen Gedenktages! Immerhin waren die ersten deutschen Nationalversammlungen jene Frankfurter Nationalversammlung (1848-1849) und die Preußische verfassungsgebende Versammlung von 1848. Und ist die Forderung nach bundesstaatlicher Einigung Deutschlands von 1848 keines Gedenktages wert?
Wieder an einem 9.November, diesmal 1918, wurde eindrückliche Geschichte geschrieben: Gleich zweimal – sagt da einer lästernd: Wie es sich für Deutsche gehört? – gleich zweimal also wurde an jenem Tag die Republik ausgerufen: Gegen 14.00 Uhr durch den Sozialdemokraten Philipp Scheidemann vom Seitenflügel des Berliner Reichstages aus und gegen 18.00 Uhr durch Karl Liebknecht vom Balkon des Berliner Schlosses aus. Die Brisanz in diesen Ereignissen lag nicht zuletzt in der Tatsache, das Scheidemann mit seinem zunächst zögerlichen und dann entschiedenem Handeln Karl Liebknecht zuvor kam, der die „Deutsche Sozialistische Republik“ nach sowjetischem Muster ausrief und dem Dank Scheidemanns das Volk für „diese“ Republik abhanden gekommen war.
Kein Grund, den 9.November als Deutschen Nationaltag zu begehen?
Sicherlich sprachen in der Folgezeit die enttäuschten Monarchisten und Konservativen von den „Novemberverbrechern“, machte sich auch Hitler dieses Schlagwort zu eigen. Aber Hitler wurde nicht durch diese „Novemberverbrecher“ möglich, sondern durch den unseligen Versailler Vertrag! Und es ist ja auch wohl kaum anzunehmen, dass diese Titulierung der Republikaner vom 9.November 1918 durch jene Kreise heutige Politiker davon abhielte, den 9.November als Nationalfeiertag zu begehen. Eher doch wohl im Gegenteil!
Es ist nicht auszuschließen, dass der sogen. Novemberputsch 1923 in München aus den vorgenannten Gründen terminiert war, als Hitler mit General Ludendorff am Abend des 8.November revoluzzerte. Brach vielleicht dieser Putsch deswegen am 9.November 1923 unter den Schüssen der Bayerischen Bereitschaftspolizei zusammen, weil sich Geschichte nicht künstlich zwingen lässt nach dem Motto: Am 8.Mai beschließen wir die Freiheit? Gleich, wie: Sollte nicht auch dieses Scheitern Hitlers nach unserem heutigen Geschichtsverständnis ein Tag freudigen Gedenkens, zumindest der inneren Einkehr über Inhalt und Wesen einer wehrhaften Demokratie sein?
Bedacht oder unbedacht? Zufällig oder schicksälig? Jedenfalls schoß der polnische Jude Grünspan am 7.November 1938 in Paris auf den deutschen Legationssekretär vom Rath, was bekanntlich die Nationalsozialisten zu dem unseligen und verbrecherischen Rachefeldzug gegen jüdische Einrichtungen und Gotteshäuser am 9.November veranlasste. Dieser Tag schrieb sich als „Reichskristallnacht“ in das Buch deutscher Geschichte und wurde faktisch in seiner Bedeutung und Auswirkung mit dem Synonym Auschwitz gleichgesetzt. Welches Argument aber spricht gegen einen 9.November als Gedenktag, um auch dieses dunklen Kapitels deutscher Geschichte zu gedenken?
Mögen folgende 9.November im Vergleich zu den bisher geschilderten (bis auf den 9.November 1989) marginal sein, so sind sie doch zumindest erwähnenswert:
Am Vorabend des 9.November 1939 entging Hitler nur knapp einem Bombenanschlag im Münchner Bürgerbräukeller. Marginal? Warum also den 9.November nicht auch als Gedenktag des Widerstandes gegen Hitler (siehe 1923)?
Kurz vor dem 9., am 7.November 1942, beginnt mit dem Angriff der 6.Armee auf das Hüttenwerk „Roter Oktober“ in Stalingrad der Entscheidungskampf, die Zäsur für Deutschland im Zweiten Weltkrieg. Ein Jahr später, am 9.November 1943, nimmt der deutsche Geheimdienstchef Walter Schellenberg im Auftrag Heinrich Himmlers in Stockholm Geheimkontakte zu den Amerikanern mit dem Ziel von Friedensverhandlungen mit den USA auf.
Am 9.November 1948 – es wird immer schwerer, alles nur noch mit „Zufällen“ erklären zu wollen, wird die sogenannte „Becher-Hymne“ von Johannes R. Becher, die spätere DDR-Hymne, aufgeführt, die vom Text her im Gegensatz zu ihrer BILD-Benennung (Spalter-Hymne) die Einheit Deutschlands beschwor: „Auferstanden aus Ruinen und der Zukunft zugewandt … Deutschland, einig Vaterland.“
Deutschland, einig Vaterland
Kein Grund, dieses Motto über einen „Tag der Deutschen Nation“ am 9.November zu stellen? Wird nicht auch hier eine Chance vertan, die viel beschworene Einheit ein Stück weit real durchzusetzen? Oder sollen wir uns im Westen, als Bewohner der „alten“ Bundesrepublik, nur deshalb gegen diese Sätze wehren, weil diese von einem ehemaligen Kulturminister der DDR stammen oder weil die DDR in einem Anflug „nationaler Betonung“ dieses Lied zu ihrer Hymne erkor?
Halten wir fest: Am 9.November 1948 Uraufführung des Textes, der da beinhaltet: „Deutschland, einig Vaterland“. Und 41 Jahre später mündet der hunderttausendfache Ruf „Deutschland, einig Vaterland“ in den lang ersehnten Fall der Mauer, in das Ende des zweiten totalitären Staates auf deutschem Boden, der DDR, in die Wiedervereinigung mit Mitteldeutschland!
Und da soll man keine Gänsehaut bekommen? Keinen Atem der Geschichte spüren?
Die eingangs gestellte Frage, ob wir einen nationalen Gedenktag brauchen, möchte ich uneingeschränkt mit JA beantworten. Ein Volk kann ohne die Identifikation mit der eigenen Geschichte nicht überleben! Vielleicht haben die DDR-Bürger deswegen die Energie und Kraft zu Veränderungen gehabt, ein „Wir sind das Volk“ an die Stelle egomanischer Selbstverwirklichung gesetzt, weil sie in ihren Herzen den Glauben an e i n Deutschland mehr verinnerlicht hatten , als ihre Brüder und Schwestern im Westen?
Bis zur Wiedervereinigung hatten wir, zugegeben, wenig Grund, einen nationalen Feiertag zu begehen. Der 17.Juni (1953) war nur ein notdürftig gelittener Feiertag, erinnerte er doch zu sehr an eigenes Versagen und Unvermögen in einem historischen Augenblick. Aber immerhin handelte es sich um den ersten Aufstand im kommunistisch besetzten Machtbereich Nachkriegs-Europas. Wir sind mit diesem Ereignis, auf das unsere geschändete Nation stolz sein darf, gotteslästerlich umgegangen. Auch aus diesen Erfahrungen im Umgang mit einem historischen Ereignis stellt sich für alle Deutschen, von „links“ über die „Mitte“ bis „rechts“ die Frage: ob nach dem Desaster von 13 Jahren deutscher Geschichte, nach dem fraglosen Missbrauch nationaler Identität, ein „Nationaler Gedenktag“ angebracht ist?
Mit der Schaffung eines „3.Oktober“ ist diese Frage vorweg beantwortet worden, nicht durch uns, das Volk, aber durch das politische Establishment. Die Frage kann also nicht sein, ob es einen solchen Gedenktag geben kann oder geben soll, sondern welche Inhalte, welche über die verschiedenen politischen Lager, einschließlich und ausdrücklich unserer jüdischen Mitbürger, verbindende Kraft ein solcher Tag haben sollte.
Ich meine, der 9.November wäre der n a t ü r l i c h e , der sich geradezu aufzwingende „Tag der Deutschen Nation!“ Die Faszination dieses Datums geht nicht nur von seiner unheimlichen Häufung historischer Ereignisse, sondern auch von der Tatsache aus, das sich k e i n e politische Kraft in unserem Land diesen Tag aneignen kann, aber j e d e politische Kraft in diesem Tag bewahrenswerte Ereignisse erkennen und bewegen kann.
Gibt es ein gravierenderes Argument für einen nationalen, alle Bürger dieses Landes einschließenden Gedenktag am 9.November? (1.057)
* Der Referent ist seit 1963 Mitglied und seit 2002 Vorsitzender der Vereinigung 17. Juni 1953.
V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin, Tel.: 030-30207785
Von Carl-Wolfgang Holzapfel
Berlin-Friedrichsfelde, 13.01.2013/cw – Wer kennt die Metapher nicht: Mit dem Tod hört alles auf, auch der Hass, die einstige personalisierte Gegnerschaft. So weit, so gut.
Als ich am Sonntag über den Sozialismus-Hain in Berlin-Friedrichsfelde pilgerte, um mich über die historischen Hinterlassenschaften auf diesem berühmten Friedhof zu informieren, stand ich nicht nur vor den von roten Nelken und Kränzen zugedeckten Grablatten von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht. Diese waren Opfer eines politischen Mordes geworden, ihr ruchloser, gewaltsamer Tod verlieh ihnen unvergessliche historische Dimension.
Ich stand aber auch vor der Grabplatte Walter Ulbrichts, dem Gründungsvater der SED, der DDR, der GESTAPO-nachfolgenden Stasi, dem Verantwortlichen für den Bau der Berliner Mauer, dem Schergen tausender politischer Verfolgter, unter denen auch zahlreiche Tote durch die verordnete sozialistische Hinrichtung zu vermerken waren. Auch sein Grab war mit frischen roten Nelken geschmückt. Ulbricht hatte mit Joseph Goebbels 1932 gemeinsam den Generalstreik bei den Berliner Verkehrsbetrieben organisiert. Soll ich nun darüber traurig sein, dass es kein Grab von Goebbels gibt (natürlich nur aus historischen Gründen)?
Soll ich weitere geschmückte Gräber anführen? Das Grab der „roten Hilde“, der einstigen berüchtigten Justizministerin Hilde Benjamin, die zum Beispiel in den Waldheimer Prozessen ihrem augenscheinlichen Vorbild, dem NS-Blutricher Roland Freisler nacheiferte? Oder die Gräber einstiger Stasi-Größen, an deren Händen einst Blut klebte und die ebenfalls frische rote Nelken zierten?
Nun werden mich sicherlich nicht nur Unbelehrbare darüber belehren, das es sich bei den Grabstätten um historische Monumente, um Denksteine deutscher Geschichte handelt, die man ja nicht mehr auslöschen oder gar durch Eliminierung der Grabstätten ungeschehen machen könne. Außerdem schließe der Tod ja jedwede Auseinandersetzung ab… siehe oben.
Mag ja alles sein. Und mag ja auch sein, daß die alljährlichen Pilgermärsche der Ewiggestrigen der historischen Mahnung und Erinnerung geschuldet sind. Und daher die alljährliche überaus sachlich gefärbte Berichterstattung über die Teilnahme von über zehntausend Genossen in TV-, Radio- und Druck-Medien gerechtfertigt sind. Mag alles sein.
Trotzdem komme ich ins Grübeln. Dabei mag ich gar nicht daran denken, was um ein existierendes Hitler-Grab geschehen würde; es gibt es nicht – dem Himmel sei Dank. Aber es gab in der kleinen bayrischen Stadt Wunsiedel ein Grab für Rudolf Hess, Hitlers einstigen Partei-Stellvertreter, der nach seinem ungeklärten Tod im August 1987 seinem Wunsch entsprechend im Familiengrab beigesetzt worden war. „Seinem Wunsch wurde aus dem christlichen Beweggrund entsprochen, nicht über den Tod hinaus zu richten.“ So der Eintrag in WIKIPEDIA dazu.
Die dortige evangelische Kirchengemeinde hielt wohl nichts von dieser in der Internet-Enzyklopädie zitierten christlichen Grundmeinung. Weil „nach wie vor ungebetene Demonstrationen von Neo-Nazis zum Todestag am Grab“ zu befürchten waren, ließ die Gemeinde das Grab nach Ablauf der Liegezeit einebnen. Punkt.
Nun war ja Rudolf Hess eine historisch besonders interessante Figur, weil u.a. die Hintergründe seines Fluges nach England im Mai 1941 bis heute nicht geklärt sind. Die Britische Regierung hat die Öffnung der Hess-Akten immer wieder hinausgeschoben, zuletzt bis zum Jahr 2017… Hier sollen die diversen – und widersprüchlichen – Aspekte nicht aufgeführt werden, um nicht etwaigen, gar mutwilligen Spekulationen Vorschub zu leisten.
Aber warum dürfen unter medialem Auftrieb Symbole der DDR-SED-Diktatur demonstrierend durch die Berliner Straßen nach Friedrichsfelde getragen werden, warum dort die Träger der überwundenen SED-Diktatur wie Walter Ulbricht unter dem Deckmantel der vorgeblichen Liebknecht-Luxemburg-Erinnerung geehrt werden, ohne dass auch nur ein kritisches Wort in den Medien, von verantwortlichen demokratischen Politikern zu vernehmen ist?
Warum kam es regelmäßig zu medialen Entrüstungen und dem Aufschrei demokratischer Politiker, wenn sich ein nicht annähernd so großer Haufen ewiggestriger Nazis zum Todestag von Rudolf Hess in Wunsiedel einfand, um an dessen Todestag zu erinnern? Hess selbst, so schilderte mir der einstige Berliner Bischof Kurt Scharf, der seitens der evangelischen Kirche für die Kriegsverbrecher zuständig war, der letzte Gefangene in Spandau hätte sich derlei neo-nazistische Aktionen verbeten; er hielt von diesen Neuauflagen nichts.

Hinter dem Stein Gedenken, ein Kranz von der Stiftung Aufarbeitung – Vor dem Gedenkstein die Alibi-Nelken der Kommunismus-Fans
Müssen wir mit dem offensichtlich doppelzüngigen Umgang mit der Geschichte und deren Toten, die irgendwann einmal zu unser aller Nachteil deutsche Geschichte – auch mordend – geschrieben haben, leben, diese Doppelzüngigkeit hinnehmen?
V.i.S.d.P.: C.W. Holzapfel, Berlin, Tel.: 030-30207785 oder 0176-48061953
Alle Fotos © 2013 LyrAg
Von Vera Lengsfeld*
In diesem Jahr finden am Sonntag, dem 13. Januar zwei Liebknecht- Luxemburg- Demonstrationen in Berlin statt. Eine, an deren Spitze sich die Linke- Parteiführung setzt, wie schon zu Zeiten, als die Linke noch SED hieß. Hinter der Parteiführung werden wieder linksextremistische Gruppen marschieren, die Stalin-, und Maobilder hochhalten und die Verfolgten der kommunistischen Diktatur verhöhnen.
Traditionell legt die Linke- Parteiführung nach dem Kranzabwurf am Grab von Liebknecht und Luxemburg auch ein Gebinde am Gedenkstein für die Opfer des Stalinismus ab. In den vergangenen Jahren wurde später von Demonstrationsteilnehmern aus den hinteren Reihen dieser Gedenkstein immer wieder geschändet: bespuckt, beschmiert, die Blumen und Kränze zerstört.
Die Linke- Parteiführung hat sich nie von diesen Schandtaten distanziert. Im Gegenteil: als in diesem Jahr Jugendgruppen forderten, dass im LL- Demonstrationszug Stalin-, und andere den Kommunismus verherrlichende Bilder und Parolen nicht zugelassen werden sollten, bekamen sie keine Unterstützung und mussten sich als „Spalter“ beschimpfen lassen. Die organisierten ihre eigene LL- Demo im Wedding, weil sie nicht länger mit stalinistischen Gruppierungen gemeinsame Sache machen wollen.
Die Linke- Parteiführung hat damit offensichtlich keine Probleme.
Wir wollen in diesem Jahr ein Zeichen gegen die Heuchelei der Linken setzen und am Gedenkstein der Opfer des Stalinismus eine Mahnwache halten, wenn die Linke-Parteiführung dort ihren Kranz ablegen will, wohl wissend, dass hinter ihnen im Demonstrationszug wieder die Apologeten Stalins und der Kommunistischen Diktatur marschieren.
Zu befürchten ist auch, das diesmal Sarah Wagenknecht ganz vorn mit von der Partie ist, die Stalins Politik alternativlos nannte und vom Hamburger Oberlandesgericht bestätigt, Neo-Stalinistin genant werden darf.
Wir werden diese Linke- Heuchelei nicht länger hinnehmen.
Beginn der Mahnwache: 13. Januar, 9.15 am Gedenkstein für die Opfer des Stalinismus auf dem Friedhof der Sozialisten in Berlin-Lichtenberg, Gudrunstraße.
Bitte bringt eine weiße Blume mit!
Quelle:
http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/widersteht_der_linke_heuchelei/
* Die Autorin geriet seinerzeit in das Visier der Stasi, als sie mit einem Rosa-Luxemburg-Zitat gegen die Heuchelei der SED antrat: „Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden.“
Berlin, 9.November 2012/cw – „Die Erziehung … zum Hass ist notwendig, sie muss Bestandteil unserer Erziehung zu einem kämpferische Humanismus und zum Patriotismus in unserer Zeit sein. Hass ist in unserer Zeit als politisch-moralisches Gefühl, ein ebenso hoher sittlicher Wert wie die Liebe(…).“ (Quelle: Pädagogik; Berlin Ost 1957, H 4,8, S.264/269; zit. bei Sauer/Plumeyer 1991, S.51; vgl. Gries/Meck 1993.)
Man soll ja nicht gleichsetzen, aber man darf vergleichen: Während im Dritten Reich der Nationalsozialisten die Erziehung zum Hass kaum notwendig war, weil sich ein Volk mehrheitlich mit der NS-Bewegung identifizierte, also wohl ein Grundhass auf alles Fremde latentierte, war die Ausgangssituation in der von sowjetischen Gnaden gegründeten DDR eine andere: Die Bevölkerung spürte keinen Hass gegen den „Westen“, schon gar nicht gegen den anderen Teil Deutschlands. Man war überdies auch noch verwandtschaftlich verbunden. Also mußte ein Programm der Erziehung zum Hass aufgelegt werden.
Der Widerspruch im antifaschistischen Staat DDR zeigte sich auch hier auf ganzer politischer Breite. Der vorhandene oder aktivierte Hass auf bestimmte Gruppen führte einst über die Reichspogromnacht („Reichskristallnacht“) geradewegs in die mörderisch geplante Vernichtung von Millionen Juden, Sinti und Roma. Hass als Mittel der Politik schien nach diesen schrecklichen Erfahrungen in unseren Breiten für immer ausgelöscht oder zumindest als völlig indiskutabel. Den Kommunisten in der DDR blieb der Versuch vorbehalten, diese widerlichste, immerhin historisch gewordene Seite der Deutschen mit einem eigens geschaffenen pädagogischen Programm neu zu beleben. Dennoch hindern diese und andere Tatsachen, wie der endliche Bau einer Mauer und die befohlenen neuerlichen Morde mitten in Deutschland die Nostalgiker der DDR nicht daran, diese zu verklären. Bis hin zur Trauer über deren Untergang.
Verdrängung und einseitige Bedeutungszuweisung
Dieser offenbare Zwiespalt in der Beurteilung der eigenen Geschichte war aber keineswegs DDR-typisch, sondern gesamtdeutsch. Er wird nicht zuletzt im Umgang mit einem Datum deutlich, das wie kein zweites in der deutschen Geschichte emotional belastet ist: Stolz und Trauer, Freude und Unglück spiegeln sich im 9. November. Keine Nation kann auf einen Tag verweisen, der so viele geschichtsträchtige, für eine Nation bedeutsame Daten aufweist, wie dieser trübe, nebelverwobene, Angst- und tumultartige Freude auslösende Novembertag. Doch wie gehen die Deutschen damit um? Möglichst gar nicht und wenn, dann gespalten in Verdrängung und einseitiger Bedeutungsbeschreibung, je nach Standort.
Dabei zwingt sich jener Tag geradezu auf, ihn zum „Tag der Deutschen“, zum „Tag der Nation“ zu erheben. Aber können wir Deutschen überhaupt Tiefen und Höhepunkte wie Freudentaumel mit Tränen der Verzweiflung und Trauer vereinen? Brauchen wir nicht – ganz deutsch – die klare Trennung, damit wir auch ja nicht in irgendein Fettnäppchen treten und immer und jederzeit genau wissen, w a n n wir uns freuen dürfen, w a n n wir trauern sollen?
1848, im Jahr der Revolution, wurde am 9. November der deutsche Demokrat in der Frankfurter Nationalversammlung (Paulskirche), Robert Blum, hingerichtet, nachdem er sich im Oktoberaufstand auf revolutionärer Seite (vergeblich) an der Verteidigungs Wiens gegen die kaiserlich-königlichen Truppen beteiligt hatte. Blum hatte sich in der Versammlung Meriten verdient, weil er um Kompromisse mit dem linken Flügel der Liberalen warb und konsequent einen demokratischen Kurs verfolgte. Robert Blum, ein Vorreiter unserer Demokratie; kein Grund, seiner (auch) am 9. November zu gedenken?
1918, am 9. November, wurde die Republik ausgerufen, Gleich – schön deutsch – zweimal, damit das auch Bestand hatte, einmal vom Reichstag aus durch den SPD-Politiker Philipp Scheidemann und gleich noch einmal vom Balkon des kaiserlichen Schlosses durch den Führer des Spartakusbundes (Kommunisten), Karl Liebknecht. Scheidemanns Proklamation gilt seither als die Geburtsstunde der Weimarer Republik. Auch wenn diese junge und von ihren Feinden gehasste Republik im Ansturm zweier extremistischer Richtungen, die zudem bei opportuner Gelegenheit Arm in Arm agierten, zusammenbrach: Kein Grund, dieses historischen Momentes, der Geburtsstunde der ersten demokratischen Republik im letzten Kaiserjahr (auch) am 9. November zu gedenken?
1923 abgewehrter Putsch, 1938 Reichspogromnacht, heute „Knechte Satans“
1923, am 9. November, putschte der Weltkriegsgefreite Adolf Hitler im Verein mit rechten Militärs im Freistaat Bayern mit dem Ziel, die Berliner Regierung zu stürzen. Warum heute noch immer dieser 9. November als „Hitler-Putsch“ mit Pfui-Gedanken versehen wird, statt seiner offensiv als Tag der (noch) wehrhaften Demokratie zu gedenken, die dem ersten Ansturm der Nationalsozialisten getrotzt hat, ist eigentlich nicht zu erklären. Der 9. November 1923 ist ein hervorragendes Datum, an das Selbstverständnis einer Demokratie und deren Fähigkeit zu erinnern, sich extremistischer, diktatorischer Ansprüche zu erwehren. Nicht Grund genug, der erfolgreichen Verteidigung der Republik (auch) zu gedenken?
1938, am 9. November, tobte der nun allein herrschende braune Mob durch die deutschen Städte und Straßen. Synagogen, Geschäftshäuser und sonstige Einrichtungen deutscher Bürger jüdischen Glaubens gingen in Flammen auf, wurden zertrümmert, vernichtet. Die schweigende Mehrheit beschränkte sich allenfalls auf ein Kopfschütteln (soweit man nicht eine heimliche Freude über das endliche Losschlagen gegen diese vermeintlichen Feinde empfand), ansonsten schwieg Mann/Frau. Und ermutigte mit diesem Schweigen vermutlich die braunen Schergen zu einem der größten Massenmorde der Weltgeschichte. Nicht auszudenken, was geschehen und verhindert worden wäre, wenn sich die Bevölkerung 1938 der Reichspogromnacht in den Weg gestellt hätte? Heute wird bereits wieder geschwiegen, wenn Juden öffentlich als „Knechte Satans“ bezeichnet werden, und das von einem Träger des Bundesverdienstkreuzes und Mitglied in diversen öffentlichen Stiftungen.
Die sogen. „Reichskristallnacht“ wurde neben dem Synonym Auschwitz zum Symbol dieses dunkelsten Kapitels deutscher Geschichte. Das Gedenken an diesen historischen Tiefpunkt und der Wille, „den (neuerlichen) Anfängen zu wehren“ gehört (auch) zum Kanon der Fanale des 9. November, gerade weil Bestürzung und Trauer neben der angesprochenen Freude wichtiger Teil des Selbstverständnisses eines Tages „der Nation“ ist und sein muß.
1939, am Vorabend des 9. November, zündete der Hitler-Gegner Georg Elser im Bürgerbräukeller in München eine mit einem Zeitzünder versehene Bombe, um Hitler zu töten, der bekanntlich jeweils am Vorabend des Jahrestages seines gescheiterten Putschversuches vom 9. November 1923 in diesem Münchner Lokal eine Rede hielt. Hitler verließ wenige Minuten vor der Explosion den Bürgerbräukeller. Georg Elser, ein weiterer Grund, in das Gedenken (auch) diesen mutigen Einzelgänger und Widerstandskämpfer einzubeziehen.
1989, 9. November: In den späten Abendstunden trat das ein, woran nur noch wenige Unentwegte geglaubt hatten. Entgegen den Überzeugungen nahezu aller Politiker in West und Ost öffnete sich nach einem historischen und vermutlichen Versprecher des SED-Funktionärs Günter Schabowski auf einer Pressekonferenz in Berlin die Berliner Mauer. Das Ende der Teilung Deutschlands, das Ende der Teilung Europas, das Ende des Kalten Krieges wurde durch diese friedliche Revolution eingeleitet. Der 9. November erhielt seine weitere und vorerst letzte historische Dimension.
Erbärmlicher Gedenktag „nach Aktenlage“
Freude, dieser schöne Götterfunke, mischt sich mit der Trauer um die unfasslichen Geschehnisse, die ebenfalls mit diesem Tag verbunden sind. In diesem „Tag der Nation“ können sich schließlich alle Bürger wiederfinden, von LINKS bis RECHTS (im besten konservativen Sinn), von UNTEN und OBEN, zwischen schwarzem Trauergewand und ausgelassen wirkender Narren-Kluft.
Wie erbärmlich muss dagegegen der von Oben „nach Aktenlage“ verordnete „Tag der Deutschen Einheit“ auf die lebende und nachkommende Generation wirken? Wie kleinlich wirkt dieser Ersatz der Erinnerung an den ersten Aufstand gegen das Kommunistische System im Nachkriegseuropa vom 17. Juni 1953, der nachweislich seine Ausstrahlung auf die folgenden Aufstände und Ereignisse in Posen und Ungarn (1956), in der CSSR (1967) und Polen (nach 1980) hatte?
Die Vereinigung 17. Juni in Berlin hatte bereits 1989 ihre Bereitschaft signalisiert, zugunsten eines „Tages der Nation“ am 9.November auf den „eigenen Gedenktag“ als offiziellen Feiertag zu verzichten. Sie wollten sich nicht dem Sog eines durch die Ereignisse im Raum stehenden „Tag des 9. November“ entziehen. Die einstigen Teilnehmer vom Volksaufstand hatten sich bei diesem Vorschlag nicht im Traum vorstellen können, dass ein völlig unbedarftes Datum, der 3. Oktober, den „Tag der Deutschen Einheit“ ersetzen sollte, einzig aus einer willkürlichen vertraglichen Bestimmung des Endes der DDR heraus. (Wie eindrücklich wäre die Verlegung des formalen Beitritts der DDR um nur fünf Wochen auf den 9. November gewesen.)
Man könnte noch einiges zum 9. November anführen, so die sinnlose Brandrede des Reichspropagandaminister Joseph Goebbels, von Hitler nach dem Attentat vom 20. Juli d.J. zum „Reichsbevollmächtigten für den totalen Kriegseinsatz“ ernannt, auf dem Berliner Wilhelmplatz am 9. November 1944 vor Angehörigen des sogen. Volkssturmes. Das dem Untergang geweihte System verkrampfte sich einmal mehr in sinnlosen Appellen.
Oder auch den 9. November 1949, als in der proklamiert antifaschistischen DDR ehemalige Mitglieder der NSDAP, sofern sie nicht als Aktivisten eingestuft oder wegen Kriegsverbrechen verurteilt wurden, sowie ehemalige Offiziere der deutschen Reichswehr wieder alle bürgerlichen Rechte erhielten. Dadurch wurde es möglich, dass in der einstigen, proklamiert antinazistischen Volkskammer ehemalige Parteigenossen der NSDAP fast fünfzig Prozent der Parlamentssessel besetzten.
Historische Fussnoten und erinnerungswürdige Geschehnisse
Sicherlich sind dies letztlich nur historische Fußnoten. Durchsetzen wird sich jedoch langfristig die Erinnerung einer ganzen Nation an einen 9. November, der zumindest seit 1848 denkwürdige Geschehnisse ausweist, ohne die wir heute wohl kaum das in der ganzen Welt bewunderte Fundament eines freien, demokratischen und in die Gemeinsamkeit der europäischen Völker eingebetteten Staatswesens hätten. Dafür sollten wir dankbar sein. Daran sollten wir uns stets am 9. November erinnern.
V.i.S.d.P.: Vereinigung (AK) 17. Juni 1953 e.V., Berlin, Tel.: 030-30207785

Rund 400 Aktivisten waren dem Aufruf gegen den "Diktator" in Bellevue gefolgt: "Shoe for you" - Foto: Ralf Gründer
Berlin, 08.01.2012/cw – Nach den Berichten in den TV- und Print-Medien versammelten sich vor dem Amtssitz des Bundespräsidenten „bis zu 400 Bürger, die mit in die Höhe gehaltenen Schuhen ihren Protest gegen Christian Wulff und seinem Verbleiben im Amt bekundeten.“ Aha, jetzt geht’s los, möchte man denken und sieht bereits im Geiste Kairoer Verhältnisse mit zuletzt hunderttausenden Demonstranten vor dem geistigen Auge aufziehen.
Nazi im Schloss Bellevue?
Möglicherweise würde dieser durch die Berichterstattung geradezu provozierte Geistesblitz gar nicht erst entstehen, hätten die Medien sich an die vielbeschworene „Wahrheit“ gehalten, statt die von einem Journalisten-Kollegen lässig beschworene „Text-Bild-Schere“ zu bemühen. Dann hätte zum Beispiel der Zuschauer von TAGESSCHAU oder HEUTE erstaunt die anfänglichen Rufe der Demonstranten vernehmen können: „Nazis raus! Nazis raus!“
(Siehe auch: http://citizen-of-the-world.de/index.php/demo-gegen-christian-wulff-am-07012012-vor-shloss-bellevue).
Ein Nazi im Schloss Bellevue? Das ging wohl auch den Medien zu weit, also „Ton weg, Bericht weg!“ Aber trotzdem standen ja nun die „Bürger“ im Bild bzw. im Text. Warum kein Hinweis auf die politisch links orientierten Initiatoren? Warum keine kritische Anmerkung, dass der „Pressesprecher“ der Veranstaltung (Jürgen Jänen) bereits zwei Tage zuvor dem einstigen Zentralorgan der FDJ und heutigen links-extremen Zeitung junge Welt ein Exklusiv-Interview gab, in dem er über die Demo vor dem Präsidenten-Sitz schwadronierte? („Wir treffen uns vor Wulffs Amtssitz“ – http://www.jungewelt.de/2012/01-05/054.php).
Kein Anspruch auf wahrheitsgemäße Information?
Hat der viel beschworene „mündige Bürger“ keinen Anspruch auf Informationen über diese Hintergründe? Das der Veranstalter im linken Spektrum fest verankert ist und auch Demos zum Todestag von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht organisiert? Selbstverständlich haben auch LINKE einen Anspruch auf Meinungsfreiheit und dürfen sich auch über einen Bundespräsidenten (oder diesen Staat) empören. Aber wir wollen wissen, w e r hinter diesen Protesten steht und w a r u m sich ein Veranstalter einer radikalen Zeitung bedient (die z.B zum 50. Jahrestag des Mauerbaus den Mördern an der Mauer ihren Dank bekundete), um seinen Protest zu formulieren. Oder findet die in diesen Tagen (zu Recht) beschworene Pressefreiheit da ihre Grenzen, wo „höhere Interessen“ detaillierte Berichterstattungen nicht zulassen?
Nicht nur der Bundespräsident hat Fragen zu beantworten. Auch die Medien haben einiges zu erklären, wollten sie sich nicht dem Vorwurf aussetzen, einer Kampagne zu dienen oder diese gar selbst anzuheizen.
http://www.dapdvideo.de/politik-videos/wulff-muss-weg-schuhdemo-gegen-den-bundespraesidenten
V.i.S.d.P.: Vereinigung (AK) 17. Juni 1953 e.V., Berlin, Tel.: 030-30207785 oder 0176-48061953
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