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TitelNr.058 –Einigkeit und Recht und Freiheit 15. 10. 2016

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Brachte unter seiner ehem. Zelle in Cottbuis am 3. Oktober Portraits politischer Gefangener in Russland an: Ronald Wendling aus Berlin - Foto: Lyrag

Brachte unter seiner ehem. Zelle in Cottbus am 1. Oktober Portraits politischer Gefangener in Russland an: Ronald Wendling aus Berlin – Foto: Lyrag

Berlin, 15.10.2016/cw – Am Donnerstag, dem 27. Oktober 2016, begeht der ehem. politische Häftling in Cottbus und Berliner Demonstrant Ronald Wendling die 100. Mahnwache für die Freilassung politischer Gefangener, vornehmlich aus der Ukraine, vor der Russischen Botschaft in Berlin (voraussichtlich von 13:00 – 18:00 Uhr). Seit 2014 demonstriert Wendling allwöchentlich Unter den Linden und lässt sich weder von Kälte, Regen, Schnee noch (im Sommer) unerträglicher Hitze von seinem Einsatz für Menschenrechte abhalten. Wendling wird in seinem Protest von Freunden aus Deutschland und der Ukraine sowie auch von der Vereinigung 17. Juni in Berlin unterstützt.

Vor sechzig Jahren: Der Freiheitskampf der Ungarn

Budapest/Berlin, 15.10.2016/cw – Als Freiheitskampf der Magyaren ging er in die Geschichte ein. Am 23. Oktober vor sechzig Jahren wurde die Revolution mit einem friedliche Marsch von Studenten der Budapester Universitäten durch die ungarische Hauptstadt. Sie forderten demokratische Veränderungen und zitierten u.a. den Nationalhelden und Dichter Sándor Petőfi (* 01.01.1823; † 31.07.1849), der bereits 1848 zum Helden der seinerzeitigen Ungarischen Revolution avanciert war. Petöfi forderte in seinen Werken einen unabhängigen ungarischen Nationalstaat und war damit beispielgebend für die aufbegehrende Jugend von 1956. Petöfi fiel im ungarischen Freiheitskampf gegen die Habsburger in der Schlacht bei Segesvár.

Das kommunistische Regime eröffnete noch am selben Tag das Feuer auf die friedlichen Demonstranten. Es war der Beginn des fast zweiwöchigen Aufstandes gegen die als Fremdherrschaft empfundene sowjetische Besatzung. Der eher sozialdemokratisch ausgerichtete Imre Nagy (* 7. Juni 1896 Kaposvár, † 16. Juni 1958 hingerichtet in Budapest), der in der kommunistischen Partei eher als Dissident gesehen wurde, wurde Ministerpräsident der Revolutionsregierung.

Imre Nagy war im April 1955 von der Parteiführung seiner Ämter enthoben, vier Tage später als Ministerpräsident abgesetzt und einige Monate später aus der Partei ausgeschlossen worden. Ihm gelang es zunächst, den Abzug der sowjetischen Truppen aus Ungarn zu erreichen. Nagy forderte die Neutralität Ungarns und den Austritt aus dem Warschauer Pakt.

Am 4. November marschierten die sowjetischen Truppen erneut in Ungarn ein und schlugen den Aufstand mit Brachialgewalt nieder. Imre Nagy und Pal Maleter (* 4.09.1917 Eperjes; †   16.06.1958 hingerichtet in Budapest), umjubelter Verteidigungsminister im Kabinett von Nagy, wurden verhaftet und nach einem Geheimprozess 1958 hingerichtet. Beide Helden der Revolution wurden nach dem Zusammenbruch des sowjetischen Imperiums mit einem posthumen Staatsbegräbnis in Ungarn geehrt.

Arpad Göncz (* 10.02.1922 Budapest; † 6.10.2015), Teilnehmer am Ungarn-Aufstand und Staatspräsident Ungarns von 1990 bis 2000, schrieb zum 40. Jahrestag des Volksaufstandes vom 17. Juni 1953 in einer vom gleichnamigen Verein 1993 herausgegebenen Festschrift („Auf, Europa, zur Freiheit“):

„Ich erachte es als außerordentlich wichtig, die Geschehnisse des Berliner Aufstandes … in allen verborgenen Nuancen darzustellen und ihre internationalen Auswirkungen zu bewerten. Mehr als irgend jemanden sonst interessieren diese Dinge uns Ungarn, nachdem es nun schon allgemein bekannt ist, daß das, was in Ostdeutschland vor sich gegangen ist, Einfluss auch auf die Ereignisse in Ungarn gehabt hat …. Ich bin überzeugt, daß der Protest der Bauarbeiter am 16. Juni 1953 in Berlin einen neuen Abschnitt in der als sozialistische bezeichneten Geschichte der ost-mitteleuropäischen Völker einleitete. Zwischen den polnischen, ungarischen und tschechoslowakischen Stationen dieses Abschnittes – und darunter unser ruhmreiches 1956 – entsteht zumindest durch das zu befolgende Beispiel der Zusammenhang.“

Göncz war im August 1958 zu einer lebenslängliche Freiheitsstrafe verurteilt worden, weil er versucht hatte, ein Buch von Imre Nagy („In Verteidigung des Ungarischen Volkes“) ins Ausland zu schmuggeln. Unter dem postrevolutionären Regime von Janos Kadar wurde Göncz im Rahmen einer Amnestie 1963 begnadigt.

Die Vereinigung 17. Juni in Berlin hat den Bundestag gebeten, in geeigneter Form des 60. Jahrestages der Ungarischen Revolution zu gedenken.

Nach 26 Jahren: „Wir fühlen uns verarscht!“

Berlin, 15.10.2016/cw – Unter der souveränen Leitung des Polit-Profis Dieter Dombrowski (CDU), Vorsitzender der UOKG und Vizepräsident des Landtages Brandenburg, fand am vergangenen Wochenende im Besucherzentrum der Stiftung Berliner Mauer in der Bernauer Straße ein weiterer UOKG-Kongress statt. Das etwas sperrige Thema: „Wege zu einer verbesserten Begutachtung von Haft und Repressionsopfern der SED-Diktatur.“

Opfer und Täter

Zu Beginn referierte Prof. Dr. Dr. Theo R. Payk (Psychiater, Psychotherapeut und Dipl.-Psych.) zu „Opfer und Täter: Beihilfe von Psychiatern u. Psychologen bei der Traumatisierung von DDR-Bürgern“

Payk führte seine „eigene Stasi-Akte“ an und betonte, er sei „heute noch dankbar für die Beratung.“ Zu Missverständnissen führten seine Ausführungen zu den Verfassungsartikeln der DDR (Recht zur freien Meinung, zur friedliche Versammlung etc.) und die konterkarierende Praxis des MfS gegen die eigenen Bürger, da die meisten Anwesenden selbst Betroffene des Systems waren und Belehrungen über die Konstruktion des Unrechtsstaates weder auf diesem Kongress erwarteten noch brauchten. Payks Ausführungen würden sich in ein Seminar für Fachleute und Gutachter gut einpassen, die der Nachhilfe über die Arbeit von Diktaturen bedürfen.

„Der Mensch lernt nicht durch Geschichte,“ führte Prof. Payk aus und sagte, dass die Stasi viel durch die GESTAPO der Nazis gelernt und übernommen habe, ohne allerdings den obligatorische Zusatz nicht zu vergessen: „Ich will nicht vergleichen.“

Diesmal ohne Gitarre, aber mit beeindruckendem Referat: Karl-Heinz Bomberg - Foto: LyrAg

Diesmal ohne Gitarre, aber mit beeindruckendem Referat: Karl-Heinz Bomberg – Foto: LyrAg

Ausprägungen politischer Traumatisierung

Bewegend für die Zuhörer und sich dem Thema des Kongresses annähernd der folgende Beitrag des Arztes für Psychiatrie und Psychonalyse, Dr. Karl-Heinz Bomberg. Der durch sein Gitarre-Spiel ebenfalls bekannt gewordene Bomberg räumte freimütig ein, die Geschichten der Traumatisierten „selbst erlebt und durchlebt“ zu haben und daher eigentlich zu „nahe am Geschehen“ stände. Ihn erfülle der Gedanke daran mit Trauer. Dennoch sei Subjektivität „das Skalpell des Psychiaters.“ Die Anerkennung des Durchlebten und die notwendige Therapie sei gleichsam wichtig. Blomberg führte dann die diversen Erhebungen an, die aus der erlittenen, weil zu Unrecht verbüßten Haft herrührten: Körperliche Störungen, Herzerkrankungen, Erhöhung des Blutdrucks, Schlafstörungen etc. Das vielfache Misstrauen, geboren aus der schweren Verletzung von Vertrauen, führe oftmals auch zu Panik-Attacken oder/und auch – unter Berücksichtigung der eigenen Lebensbilanz – zu Alters-Depressionen, die den Ruhestand nachhaltig erschweren.

Aus alle dem folgere er die Notwenigkeit einer „individuellen“ Therapie, die in der Regel „nicht heilen, aber lindern“ könne. Der Mensch sei neurobiologisch festgelegt. Andererseits kennen wir keine geschlossenen Lebewesen. Wir müssen unser eigenes Talent entdecken. Die Therapie könne auch dazu beitragen, diese Ressourcen freizulegen.

„Folgen der Begutachtung für die Betroffenen, Problemschwerpunkte und Verbesse-rungsmöglichkeiten aus Sicht einer Therapeutin“

Über die „Folgen der Begutachtung für die Betroffenen“ aus der Sicht einer Therapeutin referierte Dipl.Psychologin Stefanie Knorr, die für die Beratungsstelle „Gegenwind“ tätig ist. Die psychischen Folgen der Haft wurden nach der Entlassung in die Bundesrepublik verdrängt, eigene Erfahrungen verleugnet. Es gab ja auch kaum Jemand, der das Erlebte verstanden oder gar geteilt hätte. Die Betroffenen wurden allein gelassen, mussten oft daraus resultierende berufliche Einschränkungen hinnehmen.

Die Erwartungen an die rechtsstaatliche Gesellschaft zur „Wiedergutmachung“ und „Unrechtsbereinigung“ würden nicht erfüllt werden. So würden an die Erfahrungsmöglichkeiten durch Anerkennung, Entschädigung und damit einhergehender neuer Lebenschancen das Erleben erneuter Ausgrenzung, Ablehnung, Ungerechtigkeit und das Fehlen sozialer Chancen treten.

Knorr zitierte dann aus einer Studie der FU von 2015 mit politisch Verfolgten der SED-Diktatur, die eine „Würdigung, Gleichstellung und die Abwesenheit von Missachtung“ postuliere und die „negativen Zusammenhänge von staatlicher Anerkennung mit PTBS und Depression“ beschreibe. Es beständen positive Zusammenhänge zwischen subjektivem Wohlbefinden und Gerechtigkeitserleben.

Die aktuelle Begutachtungspraxis

Die zwischenzeitlich wohl in ganz Deutschland bekannte Dr. Ruth Ebbinghaus, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie, ging mit Furore die „aktuelle Begutachtungspraxis“ von politischen Haftopfern an. Ebbinghaus verhehlte nicht, dass ihr aufgrund von Vorträgen vor Betroffenen vielfach in einschlägigen Gerichtsverhandlungen Parteilichkeit und Voreingenommenheit unterstellt werde. Das sei ärgerlich und auch ungerecht, weil sie in ihrer Arbeit stets wissenschaftlich begründet vorgehe und sich nicht von Vorurteilen leiten lasse.

Ruth Ebbinghaus gab Einblick in die Anforderunge an eine Gutachter - Foto: LyrAg

Ruth Ebbinghaus gab Einblick in die Anforderungen an einen Gutachter – Foto: LyrAg

Die in Betroffenenkreisen hoch angesehene Fachfrau referierte ausführlich aus den „Allgemeinen Grundlagen der medizinische Begutachtung“ und gab den Anwesenden damit eine wichtigen Einblick in die häufig kritisierte Praxis der Gutachtertätigkeit. Ebbinghaus meldete aber Zweifel an, ob die so bestimmten Voraussetzungen immer beachtet oder eingehalten werden. So solle der Gutachter „über eingehende Kenntnisse in seinem Fachgebiet“ verfügen und „jede Expertise mit der erforderlichen Sorgfalt“ anfertigen. Dabei sei „die geforderte Unparteilichkeit und Unabhängigkeit, die geforderte Eigenverantwortlichkeit, Kompetenz, Beachtung der Rechtsgrundlagen und die vollständige Erfassung der Sachverhalte aus ihrer Sicht eine Selbstverständlichkeit.“ Unzulässig sei eine „wohlwollende Begutachtung“ z.B. zu Lasten der Versicherung ebenso wie eine Begutachtung in dem Sinne „im Zweifel für den Antragsteller.“

Auch sei es nicht Aufgabe des Gutachters, vermeintliche Auswüchse des Sozialstaates zu korrigieren oder für die Beitragsstabilität oder Finanzierbarkeit des Versicherungssystems Sorge zu tragen. Die allerdings häufig fehlende Erfahrung und diagnostische Kenntnis zu komplexen und chronischen Traumafolgen sei ein echtes Problem. Fehlende Kenntnisse zu gesellschaftlichen Hintergründen, politischer Repression und Haftbedingungen in Gefängnissen der DDR führten wiederholt zum Unterschätzen der traumatogenen Ursache („Verharmlosung“ der Haftbedingungen). Diese und andere Grundlagen würden in der Gestaltung der Begutachtungssituation und der Auswahl des Untersuchungsortes nicht ausreichend berücksichtigt.

Die engagierte Ärztin unterbreitete zum Schluss Vorschläge, wie diese unbefriedigende Situation zu verbessern wäre: Transparenz, Beschleunigung und Entbürokratisierung der Verfahren; Beurteilung nach Aktenlage anhand aussagekräftiger Atteste; Befundberichte und gutachterlicher Stellungnahmen von BehandlerInnen, Facheinrichtungen und Fachkliniken sowie bspw. Rentengutachten. Begutachtung nur bei mangelnder Befundgrundlage durch spezialisierte Fachgutachter mit Kenntnissen zu chronischen komplexen Traumafolge-störungen und zu Haftfolgeschäden und psychische Zersetzungsmaßnahmen in der DDR. Bundeseinheitliche Regelungen zur Begutachtung im versorgungsrechtlichen Verfahren zur Beschädigtenversorgung wären eine der wichtigen Voraussetzungen, den derzeit unbefriedigenden Zustand wesentlich zu verbessern.

„Die Begutachtungssituation aus der Perspektive der Versorgungsämter“

Als letzter Referent sprach Andreas Dittrich, Abteilungsdirektor soziales Entschädigungsrecht im Versorgungsamt Brandenburg. Dittrich löste, wie sich aus zahlreichen Nachgesprächen am Rande des Kongresses ergab, allgemein negative Reaktionen aus. Sein empathieloser Vortrag über die bürokratischen Notwendigkeiten, denen sich seine Behörde gegenüber sähe, löste eher ein Bestätigungsverhalten der Vorbehalte gegen seine Institution aus, als das etwa eingeforderte Verständnis für Schwierigkeiten in seiner Behörde.

Auch die nicht einmal engagiert sondern eher trockene Aufzählung von Bedingungen in seinem Amt, wie die regelmäßig erfolgende Fortbildung der Sachbearbeiter und medizinischen Kräfte hinterließen eher eine Resignation denn eine Hoffnung auf eine Verbesserung der Situation politisch Verfolgter. Es entstand der Eindruck einer seelenlosen funktionalen Wiedergabe des Tagesablaufs einer sich gegen Kritik in der Verteidigung sehenden Behörde.

Sah sich heftiger Kritik für ihre Ankündigung ausgesetzt, die ergebnisse des Kongresses zu prüfen. Iris Gleicke - Foto: LyrAg

Sah sich heftiger Kritik für ihre Ankündigung ausgesetzt, die Ergebnisse des Kongresses zu prüfen. Iris Gleicke – Foto: LyrAg

PODIUMSDISKUSSION

In der abschließenden Podiumsdiskussion mit Dieter Dombrowski, Iris Gleicke (Staatssekretärin für die neuen Bundesländer) und Rechtsanwalt Thomas Lerche unter der Moderation von Ulrike Poppe (LAKD Potsdam) kamen dann vermehrt Betroffene mit Beiträgen und Fragen zu Wort.

Auf heftige Kritik stieß dabei Iris Gleicke, die zunächst den Kongress begrüßte und versicherte, man werde die „Anregungen und Ergebnisse sorgfältig prüfen“ und versuchen, das eine oder andere umzusetzen. Ihr wurde entgegengehalten, dass man sich „sechsundzwanzig Jahre nach der Wiedervereinigung von der Politik verarscht“ fühle: „Wie lange wollen Sie denn noch warten, bis entscheidende Verbesserungen für die Betroffenen der Zweiten Diktatur durchgesetzt werden? Bis alle Betroffenen tot sind?“

Eine Antwort gab die Ostbeauftragte der Bundesregierung nicht.

Kongress? Mag sein, dass die Fördergelder nur fließen, wenn entsprechende Ansprüche auf Benennung und Größe einer Veranstaltung erfolgen (der „Kongress“ wurde von der Stiftung Aufarbeitung der SED-Diktatur gefördert). Gleichwohl war diese, von rund neunzig Betroffenen (einschließlich der Funktionärs-Entourage und Referenten) besuchte Veranstaltung der UOKG ein durchaus vorzeigbarer Event. Es war im Ergebnis eine nüchterne Bestandsaufnahme des unzureichenden Engagements seitens der Politik für die Diktatur-Opfer.

18. Oktober: Erneute Demo gegen Rentenbetrug

Berlin, 15.10.2016/cw – Gegen den Rentenbetrug der seinerzeitigen Bundesregierung rufen die Initiatoren Dr. Wolfgang Mayer (Speyer) und Wolfgang Graetz (Berlin) erneut zu einer Demo auf. Am 18. Oktober 2016 wollen sich die Demonstranten um 14:00 Uhr vor dem Ministerium für Soziales (Andrea Nahles, SPD) treffen und über das Finanzministerium und den Bundestag vor das Kanzleramt ziehen. Zu Beginn, vor dem Finanzministerium und dem Deutschen Bundestag sollen jeweils Kundgebungen stattfinden, auf denen die Demonstranten, ehemalige Flüchtlinge und Übersiedler aus der DDR, ihren Unmut vortragen wollen. Auch besteht die Absicht, vor den Ministerien entsprechende Petitionen zu überreichen.

Zum Hintergrund heißt es in einer auch der Redaktion vorliegenden Presseerklärung:Flüchtlinge und Übersiedler aus der DDR wurden bei ihrer Ankunft sofort im Rahmen ihrer Eingliederung nach den Regeln des Fremdrentengesetzes (FRG) in das bundesdeutsche

Rentensystem eingegliedert. Dieses Integrationsprinzip galt von 1959 bis zum Staatsvertrag zwischen der Bundesrepublik und der DDR vom 18. Mai 1990. Der Einigungsvertrag vom 30. August 1990 enthält keine Aussage über die in der alten Bundesrepublik Deutschland eingegliederten DDR-Altübersiedler.

Selbst der Minister hatte keine Ahnung

Nach der Wiedervereinigung wurde diese Integration für alle nach 1936 Geborenen heimlich aufgehoben. Über diese Manipulation wurde nicht informiert! Die Rentner sollten erst bei Rentenbeginn davon erfahren, dass ihre Altersbezüge oft schlechter ausfallen als die ihrer ehemaligen Kollegen im Osten. Für diese Manipulation der Anwartschaften hat im 12. Bundestag niemand die Hand gehoben. Kein Abgeordneter wusste davon! Selbst der damals hierfür zuständige Minister Norbert Blüm erfuhr angeblich erst von den Betroffenen, was hier passiert ist.

Die Umsetzung der Manipulation der Anwartschaften erfolgt durch die Rentenversicherung auf Veranlassung des zuständigen Ministeriums für Arbeit und Soziales, weil es das entsprechende Gesetz bewusst falsch auslegt. Die Manipulation der Anwartschaften ist durch kein einziges Gesetz gestützt; sie ist also ungesetzlich! … Nachgewiesen ist inzwischen, dass viele Betroffene dadurch deutlich unter die Armutsgrenze sinken. Das trifft auch für Menschen mit hohen Qualifikationen zu. Fazit: Die Renten der betroffenen Übersiedler sind viel niedriger als die jener Menschen, die in der DDR geblieben sind. Gegen dieses Unrecht protestieren wir!“ heißt es abschließend.

Die Reaktionen im Bundestag sind unterschiedlich. Während die CDU/CSU nach wie vor die Regelung verteidigt und seinerzeit zusammen mit der damals noch im Bundestag vertretenen FDP eine Änderung gegen den erbitterten Widerstand von SPD, LINKE und GRÜNE abgelehnt hat, sah sich in diesem Jahr die SPD genötigt, zusammen mit der UNION gegen ihren eigenen Änderungsantrag  zu stimmen, seinerzeit noch von ihrem verstorbenen Sozialpolitiker Othmar Schreiner vorgetragen. GRÜNE und LINKE hatten diesen Antrag in diesem Jahr nahezu wortwörtlich eingebracht.

Allerdings lehnten die Veranstalter der seinerzeitigen ersten Demo gegen den Rentenbetrug eine Einbeziehung von Vertretern der Oppositionsparteien wegen „grundsätzlicher Vorbehalte“ ab, was u.a. von der Vereinigung 17. Juni in Berlin als „politischer Fehler“ eingestuft wird. Hingegen wurde seinerzeit ein Unterstützerschreiben aus der Fraktion von Bündnis90/GRÜNE verlesen.

Anmeldungen und Nachfragen: Wolfgang Graetz,  renten-demo@gmx.de  –  Tel. 0170 2928276 und/oder: Dr. Wolfgang Mayer,  wol.mayer@web.de   –  Tel. 0163 2498184

Gedenkgottesdienst für Opfer stalinistischen Terrors

Gera, 15.10.2016/cw – Ein beeindruckender Gottesdienst, der an die Opfer des Stalinistischen Terrors erinnert hat, fand am letzten Sonntag in Gera statt. Der evangelische Pfarrer Michael Kleim erklärte danach: „Die literarischen Stimmen von Nadeshda und Ossip Mandelstam sowie Anna Achmatowa haben diesen Gottesdienst durchzogen.“ Als wohltuend sei von den Teilnehmern empfunden worden, dass das Gedenken ökumenisch getragen wurde. Schmerzlich hingegen sei, das es noch immer keine wirkliche Gedenkkultur für diese Opfer in der Gesellschaft gebe. Kleim merkt kritisch an, das „abgesehen von den >Piraten< keine Vertreter politischer Parteien, Gewerkschaft oder Opferverbände anwesend waren.“ Die Erinnerung sei bitter notwendig: Für die Würde der Opfer und uns zur Mahnung, gegenüber autoritären und ideologischen politischen Konzepten wachsam zu bleiben. Gedenken hat immer einen aktuellen Bezug,“ so der engagierte evangelische Pfarrer der Trinitatis-Gemeinde in Gera.

Die Predigt ist hier zu lesen:

http://www.meinanzeiger.de/gera/politik/predigt-gedenkgottesdienst-fuer-die-opfer-des-stalinismus-d64072.html

FILM des Monats: Nebel im August

Berlin, 15.10.2016/cw – Seit dem 29. September ist auch in Berlin ein auch vom ZDF mitproduzierter Film angelaufen, dem man Rekordzuschauerzahlen wünscht, der aber wohl wegen seiner auch heute noch brennenden Thematik wohl wenig Aufmerksamkeit finden wird. Es geht um das hässliche Kapitel Euthanasie. Mit diesem Programm wurden annähernd 200.000 Menschen im Zugriffsbereich der Nationalsozialisten ermordet. Perfide Begründung, anders als bei den Ermordeten Juden: Erlösung von angeborenen Krankheiten und Missbildungen. Kaum zu fassen aber wahr: Noch nach der Kapitulation der braunen Verbrecher wurden z.B. im Bereich der Nervenheilanstalt Wiesengrund in (West-)Berlin die mit der Euthanasie einhergehenden medizinischen Versuche fortgesetzt, war ein Beteiligter an der Euthanasie noch jahrelang leitender Arzt in dieser Anstalt.

Zum Film: Er schildert nach einer wahren Begebenheit das Schicksal des damals dreizehnjährigen Ernst Lossa (Preisverdächtig dargestellt von Ivo Pietzcker), Sohn fahrender Händler und Halbwaise. Weil er in den bisherigen Kinderheimen als „nicht erziehbar“ eingestuft wird, wird Lossa schließlich 1943 wegen seiner rebellischen Art in die Nervenheilanstalt Irsee in der Nähe von Kaufbeuren abgeschoben. Bereits nach kurzer Zeit bemerkt Lossa, dass unter dem leitenden Arzt „Dr. Veithausen“ (Beklemmend beeindruckend gespielt von Sebastian Koch) Insassen getötet werden. Der Heranwachsende versucht, den behinderten Patienten und empfundenen Mitgefangenen zu helfen. Nachdem eine geplante Flucht, mit seiner ersten Liebe Nandl (Jule Hermann) wegen eines Fliegerangriffs scheitert, bei dem Nandl schwer verletzt wird, schreit Losse seine Verzweiflung dem Arzt ins Gesicht. Dieser sei ein „Mörder.“ Der Arzt, sich eben noch als „Erlöser“ kranker Menschen gebend, lässt nun seine fiktive Maske fallen und ordnet die Ermordung des möglichen Zeugen mittels einer Spritze an.

Henriette Konfurius als Schwester Edith spielt den betörenden Todesengel und ist stolz darauf, die Beimischung tödlicher Substanzen in den verabreichten Himbeersaft zur Vermeidung von „Aufregung und Leiden“ der zu Ermordenden erfunden zu haben. Der Arzt stimmt dieser Form des Mordes erleichtert zu, ehe er selbst zum Erfinder wird. Durch das mehrmalige Abkochen von Suppen wird jeder Nährgehalt entzogen, die damit „gefütterten“ Patienten nehmen mangels notwendiger Kalorien im Eiltempo ab und sterben eines Hungertodes. Das erleichtert die Ausstellung der notwendigen Sterbepapiere und verhindert unangenehme Nachfragen.

Dieser Film ist nichts für schwache Nerven. Wer aber den Anblick höchster schauspielerischer Kunst mit einem wachen Interesse für geschichtliche Geschehnisse verbindet, geht womöglich mit Tränen in den Augen aus diesem Film, wird sich aber wohl auch der Mitverantwortung bewußt, dieses dunkle Kapitel nicht im Orkus des vernebelnden Vergessens landen zu lassen.

Erwähnenswert unbedingt die zahlreichen, zum Teil behinderten Komparsen, die mit großartigen Leistungen diesem Film eine beißende Realität verleihen, die den Zuschauer nicht unberührt lässt. Wenn der Film „Das Leben der Anderen“ mit Ulrich Mühe zu Recht einen Oscar erfilmt hat, so verdient dieser Film nicht nur diese Auszeichnung. Allein die befürchtete mangelnde Zuschauerzahl wird die Aussicht auf kommerzialisierte Preise allerdings (leider) minimieren.

Eine weitere Rezension: ZEIT ONLINE http://www.zeit.de/kultur/film/2016-09/nebel-im-august-ernst-lossa-euthanasie – Ein Trailer: http://www.nebelimaugust.de/#home

In Berlin zur Zeit zu sehen: Filmkunst 66 (17:30); Bundesplatz-Kino (20:30); Cinemax X (15:00); Sputnik-Kino (19:00) und UCI Kinowelt Colosseum (17:15) – Ohne Gewähr.

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Reinhard Goering

 *23.Juni 1987 † 14.Oktober 1936

Schöpfer der „Seeschlacht“, „Skagerrak“, „Die Südpolexpedition des Kapitän Scott“ u.v.m.

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Hinweis: Die bisherigen Ausgaben des Hohenecker Boten können unter http://www.17juni1953.de abgerufen oder direkt bei der Redaktion gegen Kostenbeitrag bestellt werden (Redaktion: Siehe Impressum). Die Vereinigung 17. Juni 1953 e.V. hat der Redaktion Gastrecht auf der Homepage eingeräumt, der Verein ist für die Inhalte nicht verantwortlich. Namentlich gezeichnete Artikel geben die Meinung des/der Verfasser/Verfasserin wieder (1.142)
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V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin – Tel.: 030-30207785 (1.160)

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HB 058/8

 

 

 

 

 

Kiew/Moskau/Brüssel/Berlin, 2.03.2013/cw – Wieder einmal steht Europa an einem kritischen Punkt, droht in  einen „Point of no Return“ hineinzutaumeln. So jedenfalls werden die alarmierenden Nachrichten von der Krim, aus Moskau, gedeutet, die von den Medien transportiert werden. Aber stimmt das?

Wie sich die Bilder gleichen. Adolf Hitler konnte im März 1938 Österreich „heim  ins Reich“ holen und die Welt schwieg auf fatale Weise. Auch damals stimmten „Verantwortliche“ für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich, die Austro-Nazis verabschiedeten  ein entsprechendes Gesetz. Jetzt billigte das russische Parlament die notwendigen militärischen Maßnahmen Russlands gegen die Ukraine, gab Putin freie Hand, ggf. bis nach Kiew und Lemberg zu marschieren, um „die russische Minderheit vor den Übergriffen durch Faschisten in der Ukraine zu schützen.“ Und wieder schaut die Welt zu.

Natürlich werden Proteste formuliert, Sondersitzungen einberufen und sogar Putin kritisiert. Aber gleichzeitig wird die „Deeskalation“ bemüht, wird von der Krim kolportiert, dass es keine Aggressionen seitens der russischen Soldaten gebe, man beschränke sich seitens des russischen  Militärs auf martialische Demonstrationen etc. Dass es sich hier um  einen Einmarsch in ukrainisches Gebiet handelt, also um  eine Aggression gegen einen unabhängigen Staat – und das in Europa im 21. Jahrhundert – wird verschämt verschwiegen oder umschrieben.

Aber nicht nur Erinnerungen an 1938 werden wach, zumindest im Zusammenhang mit den kaum noch verklausulierten  Ansprüchen auf die „russische“ Krim, sondern auch an andere dramatische Geschehnisse in  Europa nach 1945. Konnte man noch den 17. Juni 1953 als eine verunglückte Streikbewegung einstufen, die in einen  Volksaufstand ausartete, der zu schnell erstickte, um wirksam helfen zu können, so sah das 1956 in Ungarn schon  ganz anders aus. Hier kämpfte die ungarische Armee wochenlang auf der Seite der verzweifelten Aufständischen, die in dem Verteidigungsminister Pal Maleter einen ihrer strahlenden Führungsfiguren fanden. In Ungarn stand die eigene Regierung unter Imre Nagy hinter den Aufständischen gegen die Besatzung durch die Rote Armee. Trotzdem schaute die Welt zu, akzeptierte die Aufteilung der Interessenssphären, nicht ohne – natürlich  – ihrer  weltweiten Empörung Raum zu geben. Die Belohnung für die Ignoranz durch den Westen erfolgte bereits in der folgenden Suez-Krise, als sich die damaligen Sowjets aus dem Konflikt heraushielten.

Die verzweifelten Hilferufe über Radio Budapest: „Mein Gott, hilft uns denn keiner?“ verhallten. So konnten die Sowjetpanzer den mutigen Freiheitskampf der Ungarn 1956 ungehindert im  Schatten  wortreicher, dramatischer  Proteste niederwalzen.

Der Ukraine steht hoffentlich dieses Schicksal nicht bevor. Aber es steht zu erwarten, dass es im  Konstrukt der „notwendigen  Erhaltung des Friedens“ zu einem faktischen Anschluss der Krim-Halbinsel an Russland kommt. Womöglich erhält Putin dann  auch noch den Friedensnobelpreis, weil er die Krise „im  Sinne des Weltfriedens“ gelöst habe und sich bescheiden mit der Beseitigung der „gefährlichen Krim-Krise“ zufrieden gegeben hat, ohne die „schützenswerte Integrität der großen Ukraine“ ernsthaft gefährdet zu haben.

Und wir? Wir können uns weiter um die Einbeziehung der dann Krim-freien Ukraine in die Europäische Union bemühen und uns und den Ukrainern nach deren Beitritt auf die Schultern klopfen: Es lohnt sich, für die Freiheit einzutreten, für die Freiheit zu kämpfen. Zumindest auf dem Vertragspapier.

* Der Kommentator war in den neunziger Jahren Vizepräsident der „Deutsch-Ukrainischen Gesellschaft (DUG) von 1918“ mit Sitz in München.

V.i.S.d.P.: Vereinigung (AK) 17. Juni 1953 e.V., Berlin, Tel.: 030-30207785

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