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Berlin, 15.03.2019/cw – Zu den jüngsten Vorschlägen des Bundesbeauftrag-ten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, Roland Jahn, äußerte sich jetzt in einer Presserklärung das „Bürgerkomitee 15. Januar“ in drastischen Worten. Jahn hatte sich jüngst in seinem 14. Tätigkeitsbericht zur Zukunft der Aufarbeitung durch die BStU und den bisher existierenden Außen-stellen geäußert (https://www.bstu.de/ueber-uns/bstu-in-zukunft/). Seit längerer Zeit ist Jahns Option bekannt, an die Stelle der bisherigen Institutionen einen Bundesbeauftragten für die Aufarbeitung zu benennen, der künftig diese Arbeit koordinieren und dem Parlament gegenüber verantwortlich sein soll. Der von Jahn vorgeschlagene Bundesbeauftragte: Roland Jahn.

Falsches Signal

In einer von Dr. Christian Booß für den Vorstand verbreiteten Presseerklä-rung formuliert der Verein seine Kritik:

Die Ausdünnung der Außenstellen der BStU ist ein falsches Signal. Die Erstürmung der Stasizentralen in den ehemaligen DDR-Bezirksstädten war bis heute ein wichtiges regionales Symbol der Friedlichen Revolution. Angesichts der in Ostdeutschland besonders verbreiteten Demokratieverdros-senheit braucht es nicht weniger regionale politische Bildung und Aufarbei-tung, sondern deutlich mehr.

Wie der Erhalt der Akten durch Übergabe an das Bundesarchiv verbessert werden soll, ist rätselhaft. Der Etat der Stasi-Unterlagenbehörde ist fast doppelt so hoch wie der des Bundesarchivs. Dass es mit ca. 100 Millionen Euro pro Jahr bisher nicht möglich war, den Verfall der Akten durch Klimati-sierung und geeignete Behandlung zu verhindern, ist ein Armutszeugnis für die Arbeit der Institution des Bundesbeauftragten seit vielen Jahren.

Kritikwürdig ist, dass der Bundesbeauftragte im Vorgriff auf die Entscheidung des Bundestages faktisch die behördeneigene Stasi-Forschung zerstört. Da in Deutschland eine universitäre Geheimdienstforschung fehlt, ist diese Vernich-tung von Expertise unsinnig.

Die Etablierung eines Bundesaufarbeitungsbeauftragten ist überflüssig. Aufarbeitung benötigt die Vielfalt der Träger, keinen Aufarbeitungsguru.“

Zuvor hatte der Verein detailliert auf seiner Internet-Seite diese Kritik detailliert begründet: http://www.buergerkomitee1501berlin.de/aktuelle-meldungen/m-3-19-stasiforschung/?fbclid=IwAR2MJ8RX_tKdQXsLhvotNlLFQyTskddMIkxcxgABlM1kruoNP2V1gdHZ_lU .

Zerschlagung der MfS/AfNS-Forschung

Dem Stasi-beauftragten wird vorgeworfen, seine Forschungsarbeit zu zerlegen. „Mehrere Wissenschaftler sollen dem Vernehmen nach an andere Institutionen abgegeben werden, wenn auch weiterhin vom Bund bezahlt.“ Neben dem „profilierten Spionageforscher Helmut Müller-Enbergs“ habe die Behörde „andere Wissenschaftler in andere Bereiche des BStU umgesetzt“, während „die Übrigen nach Informationen des Bürgerkomitees vorrangig keine neuen Forschungen zur MfS-Geschichte mehr durchführen, sondern und statt dessen archivwissenschaftlichen Tätigkeiten nachgehen“ sollen.
Diese Maßnahmen zielen nach Meinung des Aufarbeitungsvereins „faktisch auf eine Zerschlagung der MfS/AfNS-Forschung innerhalb der Behörde ab.“ Langfristig werde dies dazu führen, „dass die Stasi-Forschung generell an Bedeutung in Deutschland verlieren wird,“ kritisiert der Vorstand und bemängelt eine dafür fehlende „fachliche Begründung.“ Für die derzeitige Umstrukturierung habe die Jahn-Behörde „keine Legitimation“ und widerspricht damit „im Gegenteil staatlichen Vorgaben.“ Der Verein erinnert an die originären und festgeschriebenen Aufgaben der BStU: „Das Stasi-Unterlagengesetz (StUG) schreibt dem BStU Veröffentlichungen zu Struktur, Methoden und Wirkungsweisen des MfS vor. Gemeint sind damit auch qualifizierte wissenschaftliche Erkenntnisse.“

Abschließend fordert der Verein die Aufsichtsgremien der BStU und den Kulturausschuss des Deutschen Bundestages auf, „die derzeitige faktische Auflösung zur STASI-Forschung zu stoppen – und statt dessen sinnvolle Reformen für die Forschung einzuleiten.

V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin – Tel.: 030-85607953 (1.387).

Berlin, 25.06.2017/cw – Eberhard Diepgen (*1941), Regierender Bürgermeister von 1984 –1989 und 1991-2001, hat anlässlich seiner Berufung in den Beirat der „Vereinigung 17. Juni 1953“ seine Überzeugung betont, dass der 17. Juni als Gedenktag an den Aufstand von 1953 „wieder Feiertag in Deutschland“ werden müsse. Die Streichung sei ein Fehler gewesen, sagte der CDU-Politiker. Dem 17. Juni 1953 käme eine nationale und europäische Dimension zu, die es wert sei, in angemessener Form wieder alljährlich gewürdigt zu werden.

Der Vorstand des in Berlin ansässigen Vereins, der seine Gründung auf den Volksaufstand zurückführt („Komitee 17. Juni“) und vor sechzig Jahren, am 3. Oktober 1957, in das Vereinsregister unter dem jetzige Namen eingetragen wurde, begrüßte das „klare Statement“ Diepgens zum 17. Juni 1953 anlässlich seiner Berufung in den Beirat.

Der Verein wird auf einer eigenen Veranstaltung am diesjährigen 3. Oktober Urkunden und Goldenen Ehrennadeln an die neuen Beirats-Mitglieder übergeben. Vor Diepgen hatte der bekannte Politikwissenschaftler Prof. Dr. Helmut Müller-Enbergs (Syddansk Universitet) der Berufung in den Beirat des Vereins zugestimmt, dem bereits der ehem. Bürgermeister von Berlin, Heinrich Lummer, und der Bundesbankdirektor a.D. Prof. Horst R. Übelacker angehören.

V.i.S.d.P.: VEREINIGUNG 17.JUNI 1953 e.V., Berlin – Tel.: 030-30207785

Exclusiv-Interview anl. der Leipziger Buchmesse mit Brigitte Fleissner-Mikorey und Ellen Thiemann

Köln, 15.03.2014/cw-st – Die 10. Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe urteilte am 31.01.2014  gegen die bekannte ehemalige Hoheneckerin Ellen Thiemann (lt. Pressestelle Az.:10 O 407/13). Auf Antrag von Dagmar G., die fünf Monate in  Hoheneck inhaftiert war, wurden Thiemann und dem Verlag HERBIG/München untersagt, im letzten Buch der Autorin „Wo sind die Toten  von Hoheneck?“ der Beitrag „Dagmar Janetzky: Erst Psychopillen, dann in Gitterkäfig gesperrt“, Seiten 210 – 214, (weiter) „zu veröffentlichen und/oder verbreiten zu lassen.“

Insider sind überrascht und irritiert. Seit Jahrzehnten arbeitet Thiemann an der öffentlichkeitswirksamen Aufarbeitung der Geschehnisse in Hoheneck, dem einstigen DDR-Frauenzuchthaus im Erzgebirge. Zunächst als Ressortleiterin im Kölner Express in vielen Reportagen und Serien, dann in mehreren Büchern. Zuletzt im Frühjahr 2013 unter dem Titel: „Wo sind die Toten von Hoheneck?“. In dem Buch schildert Thiemann (von 1973 – 1975 in Hoheneck) weitere Schicksale von Frauen, die aus politischen Gründen in Hoheneck inhaftiert waren oder dort ums Leben kamen.

Über das Urteil und die Konsequenzen sprachen wir anlässlich der Leipziger Buchmesse exclusiv mit der Verlegerin Brigitte Fleissner-Mikorey und der Autorin Ellen Thiemann. Das Gespräch führte Tatjana Sterneberg, selbst ehem. Hoheneckerin (1974-1976), und Carl-Wolfgang Holzapfel.

HB: Das Landgericht Karlsruhe hat gegen  den Verlag und die Autorin entschieden. Warum? Und: Wie kam es zu diesem Rechtsstreit?

Fleissner-Mikorey: Dies ist für uns letztlich nicht nachvollziehbar. Unstreitig ist, dass die Klägerin mit Frau Thiemann Kontakt aufgenommen hat und ihr über einen längeren Zeitraum immer wieder Material und Dokumente zur Verfügung gestellt hat. Es war ihr Wunsch mit ihrer Geschichte im geplanten Buch vertreten zu sein.

ET: Wie ich erst später erfuhr, hatte mich die Klägerin übers Internet bereits seit 2009 gesucht. Im November 2011 erreichte sie mich über die Zeitzeugenbörse Berlin-Hohenschönhausen. Schon beim ersten Telefonat klagte sie, niemand wolle ihr die Psychofolter durch die Stasi glauben. Sie drängte darauf, mich so schnell wie möglich zu treffen. Schließlich vereinbarten wir uns für Anfang Dezember 2011 in Köln. Weil sie mein erstes Buch „Stell dich mit den Schergen gut“ lobend anführte, erzählte ich ihr, dass ich nach „Der Feind an meiner Seite“ gerade ein drittes Enthüllungsbuch über Hoheneck in Vorbereitung habe.

HB: Obwohl Ihre Konzeption für das neue Buch bereits dem Verlag vorlag, haben Sie dann überraschend dem Schicksal der Klägerin vier Seiten eingeräumt, die nun ausgerechnet durch das  Urteil verboten wurden. Warum klagt diese Frau als „Diktatur-Opfer“ ausgerechnet gegen Sie, die ihr doch geholfen hat, ihre Geschichte bekannt zu machen?

Die Klägerin wollte unbedingt in meinem Buch erscheinen

ET: Beim Kennenlernen redete sie viele Stunden auf mich ein, erzählte mir unglaubliche Dinge aus der Haft-Psychiatrie. Dabei übergab sie mir umfangreiches Material aus ihrer Stasi-Akte, obwohl ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht die Absicht hatte, sie ins neue Buch zu integrieren. Durch ihre Erzählungen tat sie mir unheimlich leid, ich wollte ihr helfen, weil sie immer wieder betonte, dass ihr keiner die furchtbaren Erlebnisse glauben wolle.

HB: Wieso hat das Gericht nicht anerkannt, dass die Klägerin selbst darauf drängte, in  das Buch zu gelangen?

Fleissner-Mikorey: Kurz vor Drucklegung meinte die Klägerin, dass ihre Geschichte nicht umfangreich genug dargestellt sei. Das Gericht sah in der umfangreichen email-Korrespondenz die Vereinbarung eines Einwilligungsvorbehalts.

ET: Ich hatte sogar die umfangreiche grüne Mappe, die mir die Klägerin  nach Köln mitgebracht hatte, vor Gericht dabei. Als ich diese vorlegte, reagierte sie verdutzt und behauptete später in einem Schriftsatz ans Gericht, dass ihr diese Mappe gar nicht gehöre! In diesen Unterlagen waren wichtige Dokumente und Beurteilungen von Stasi-Arzt Dr. Jürgen Rogge alias IM „Georg Husfeld“. Einige Zitate von ihm hatte sie gelb angestrichen, diese sollte ich unbedingt verwenden. Vor Gericht behauptete sie dann sogar, ich hätte mir die Zitate selbst ausgedacht, eine Farce! Wegen der jetzigen Klägerin musste ich aus Platzgründen ein anderes Schicksal herausnehmen, was ich heute überaus bedauere.

HB: Die Klägerin soll im Prozess auch beanstandet haben, dass Sie einen  gewissen Herrn F. auf den vier Buchseiten nicht genannt hätten. (Siehe auch: http://www.welt.de/welt_print/kultur/article8472125/Die-Stasi-der-Tod-und-die-Ungewissheit.html).

Ich konnte Dichtung und Wahrheit in so kurzer Zeit nicht beurteilen

ET: Von diesem Herrn F. hatte sie mir einige Ungeheuerlichkeiten aus ihrem Privatleben erzählt. Im Internet recherchierte ich intensiv über ihn und erfuhr, dass er IM war und als Auftragsmörder des MfS galt – er hatte 1980 den Fluchthelfer Bernd Moldenhauer auf einem Autobahnrastplatz erdrosselt. Laut Pressemeldungen war F. 1981 deswegen zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt worden. Ich war entsetzt, dass die Klägerin mir vor Gericht vorwarf, diesen Mann, der außerdem VOS-Funktionär war, nicht erwähnt zu haben. Bewusst hatte ich alle bloßstellenden Interna weggelassen. Statt mir dafür dankbar zu sein, griff sie mich deswegen im Gerichtssaal an. Auch ihre Erzählungen über den Fluchtpartner Michael S. waren mir zu delikat für eine Veröffentlichung. Mit meinem Buch wollte ich schließlich die Schicksale der Opfer von Hoheneck in den Mittelpunkt stellen und keine „Partnerschaftsprobleme“ erörtern. Außerdem war es mir zu riskant, ungeprüft knallharte  Anschuldigungen zu übernehmen.

HB: Erstaunlicherweise ging die Klägerin gegen die Veröffentlichung ihres selbst gewählten Namens vor?

Fleissner-Mikorey: Ja – ursprünglich wollte Frau Ellen Thiemann den Namen anonymisieren, Frau Dagmar G. bat ausdrücklich um Verwendung des Namens aus erster Ehe.

ET: Dass sie unter ihrem Vornamen und dem Namen aus ihrer ersten Ehe in meinem Buch erscheinen wollte, habe ich schriftlich von ihr. Sinnigerweise ist dieser Nachname auch der von der Geliebten meines Exmannes, die während meiner Inhaftierung in meine Wohnung eingezogen war. Die Klägerin behauptete, nicht verwandt mit ihr zu sein, und so kam ich ihrem ausdrücklichen Wunsch nach. Ein Pseudonym oder Abkürzung ihres Namens hatte sie strikt abgelehnt.

HB: Welche Motive vermuten Sie?

Fleissner-Mikorey: Da könnte ich nur spekulieren…

ET: Darüber habe ich lange gegrübelt. Meine Erkenntnisse kann ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht äußern. Wenn jemand seine eigenen Angaben plötzlich in Abrede stellt und  vorliegende Zitate als Erfindung meinerseits deklariert, was soll man davon wohl halten? Im Übrigen wäre ich nicht die Einzige, die man mundtot zu machen versucht.      

HB: Ein komplettes Auslieferungsverbot kommt ja einer Vernichtung dieses vielfach gelobten Buches gleich. Wegen vier Buchseiten, die sehr einfühlsam die Erlebnisse einer DDR-Verfolgten wiedergeben, so eine Klage zu inszenieren, ist das nicht irreal? Hätte die Klägerin nicht einen eigenen Beitrag liefern können?

ET: Ich hatte ihr das sogar angeboten. Sie sollte selbst zwei bis drei Seiten schreiben, weil ihre Angaben mitunter von vorliegenden Unterlagen abwichen. Aber nicht einmal dieses Angebot, das als Beweis vorlag, hat das Gericht als absolut unübliches Zugeständnis meinerseits gewertet, sondern ihr den erfundenen „Autorisierungsvorbehalt“ bedauerlicherweise geglaubt.

HB: Könnte es sein, dass die Klägerin durch Sie eine vor allem dramatische Darstellung ihrer Vita erlangen wollte?

Eine nachträgliche Kränkung der überlebenden und toten Opfer von Hoheneck

ET: Das ist durchaus möglich. Die Klägerin hatte im November 2011 ihre Bereitschaft, als Zeitzeugin für die Gedenkstätte in Berlin-Hohenschönhausen zu agieren, direkt wieder aufgekündigt, ehe sie überhaupt begonnen hatte. Sie fand sich im Zeitzeugentext, der im Internet abrufbar ist, bezüglich des Stasi-Psychoterrors nicht ausreichend gewürdigt.

HB: Wie kann es angehen, dass eine Person, die selbst offenbar die elementarsten Regeln verletzt, ausgerechnet Sie verklagt, weil sie angeblich „anonym“ bleiben wolle?

ET: Da bin ich überfragt. Heute so, morgen so. Anfangs klagte sie gegen mich, weil sie 5000 Euro von mir haben wollte. Vor Gericht erklärte sie, dass sie gar kein Geld wolle. Auf Nachhaken des Richters, was sie denn dann wolle, antwortete sie: „Ich will meine Würde zurück.“ Und so ist es auch mit der plötzlich geforderten Anonymität. Obwohl sie mir im November 2011 schrieb, ich solle sie „coachen“, weil sie nun auch als Zeitzeugin auftreten wolle, forderte sie auf einmal Anonymität ein. Und das, obwohl sie über andere Mitinhaftierte im Internet im Jahr 2013 bei voller Namensnennung diskriminierende Interna preisgab. Von einer anderen Mitinhaftierten hatte sie mir sogar geheime BStU-Akten per Post zugesandt, was absolut verboten ist. Kurz vor Drucklegung teilte mir die Klägerin dann plötzlich in einer Mail mit, dass sie mir keine Freigabe für ihre Geschichte erteile, weil sie ins Kloster gehen wolle, um ihr eigenes Buch zu schreiben, von dem sie bereits 79 Seiten fertig habe. Völlig fassungslos über diese Unverschämtheit, verständigte ich neben der Lektorin des Verlages einen bekannten Medienanwalt. Nach seinem Rat, dass ich die Geschichte veröffentlichen könne und nicht einmal durch ein Pseudonym anonymisieren müsse, wie ich es vorhatte, haben wir den Beitrag stark gekürzt auf vier Buchseiten veröffentlicht. Auf Grund der zahlreichen Beweise, die ich glücklicherweise alle aufgehoben hatte, rechnete ich mit einer Klageabweisung durch den Richter.

HB: Sie sollen seitens der Klägerin unverschämte Beleidigungen vor Gericht hingenommen haben. Warum haben Sie sich nicht gewehrt?

ET: Ich habe mich strikt an die Anweisungen meines Anwaltes gehalten. Allerdings hätte ich erwartet, dass bei solchen Beleidigungen wie „Frau Thiemann ist nicht für Demokratie, sondern im Gegenteil“ sowie der Behauptung, dass ich nach den „Methoden der Desinformation arbeiten“ würde, wobei sie mit einer Stasi-Richtlinie herumwedelte, entweder der Richter oder mein Anwalt die Klägerin mal zur Ordnung hätten rufen müssen. Das wäre bei meinem Hintergrund mit jahrzehntelangem Kampf um die historische Wahrheit das Mindeste gewesen, was ich erhofft hätte. Das war enttäuschend. Letztendlich wurde durch diese Darstellung auch meine Lebensleistung in den Schmutz gezogen, ausgerechnet von einer Person, die mich über acht Monate lang buchstäblich ausgenutzt hat. Aus dem Buch geht ja auch hervor, dass alte Seilschaften mich vor Gericht zerrten, weil sie die Wahrheit nicht vertrugen. Das war 1993 die stellvertretende Anstaltsleiterin Petra Dotzauer, die vor dem Hamburger Landgericht verlor. Und das war 2008 das IM-Ehepaar „Bob“ und „Petra“, die wegen Klarnamennennung gegen zahlreiche Journalisten und Filmemacher vorgingen. Erst durch die Standhaftigkeit von Professor Helmut Müller-Enbergs zogen sie ihre Anzeige Anfang 2013 zurück, wodurch er der gesamten Medienbranche einen großen Dienst erwiesen hatte. Auch mir.

HB: Fühlen Sie sich ganz gezielt benutzt? Steckt hinter dem Ganzen womöglich eine bestimmte Strategie?

ET: Das kann ich nur vermuten. Ich wollte dieser Frau helfen und wurde dafür gnadenlos ausgenutzt.  Durch dieses unbegreifliche Verhalten musste ich meinen Verlag zweimal um eine Verlängerung der Abgabefrist des Manuskriptes bitten. Schließlich habe ich mit diesem Buch keinen Abenteuer-Roman oder Reisebericht verfasst. Ich habe bis an die Grenzen meiner Belastbarkeit die Rapportbücher vom Frauenzuchthaus Hoheneck über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren ausgewertet und unglaubliche Vorkommnisse enthüllt sowie fast zwanzig Stasi-Spitzel unter dem Personal und den Häftlingen ermittelt.

HB: Was passiert jetzt mit der nicht ausgelieferten Auflage? Ein komplettes Auslieferungsverbot kommt ja, neben dem wirtschaftlichen Schaden für den Verlag, einer Vernichtung dieses vielfach gelobten Buches gleich. Wegen vier Buchseiten, die sehr einfühlsam die Erlebnisse einer DDR-Verfolgten wiedergeben, so eine Klage zu inszenieren, ist das nicht bizarr?

Fleissner-Mikorey: Bizarr ist ein zu schwaches Wort dafür. Es ist tatsächlich Schaden entstanden. Das Buch selbst wird allerdings in Kürze in einer geänderten Auflage neu erscheinen, die auch auf diese merkwürdigen Vorkommnisse Bezug nehmen wird.

ET: Die Restauflage darf mit dem Beitrag über diese Frau nicht mehr an den Handel ausgeliefert werden. Normalerweise wäre ich in Berufung gegangen, musste aber aus finanziellen Gründen auf dieses Recht verzichten. Nun möchten wir, dass deren Name so schnell wie möglich aus dem Buch verschwindet.  Für mich als Autorin, aber auch für die überlebenden und toten Opfer von Hoheneck bedeutet das Ganze darüber hinaus eine unerhörte Zumutung und Kränkung.

HB: Frau Fleissner-Mikorey, Frau Thiemann, wir bedanken  uns für das Gespräch.

© 2014Redaktion Hoheneck, Berlin, Tel.: 030-3020778

Berlin, 2.02.2013/cw – Im Ergebnis der jüngsten Entscheidung des Hamburger Landgerichtes, das sich im Streit um  die Namensnennung mutmaßlicher früherer Stasi-Agenten, hier IM „Bob“ und IM „Petra“ alias Wolfgang und Barbara Deuling, für nicht zuständig erklärte, hat die BStU nach Aussagen einer Sprecherin der Behörde entschieden, in  weiteren Auflagen des HVA-Handbuches nicht mehr auf die Nennung z.B. des Ehepaares Deuling zu verzichten.

Damit korrigierte die Stasi-Unterlagenbehörde in Berlin eine vorherige Entscheidung, nach der Behörden-Chef Roland Jahn eine entsprechende Unterlassungserklärung unterzeichnet hatte. Mit dieser Unterlassungserklärung hatte die Behörde auch die Verweigerung des Rechtsschutzes für ihren wissenschaftlichen Mitarbeiter Prof. Dr. Helmut Müller-Enbergs in der anstehenden Auseinandersetzung mit dem IM-Ehepaar „Bob und Petra“ begründet.

In dem von Müller-Enbergs verfassten  Band „HVA-Handbuch“, Ausgabe 2011, im Rahmen der von der BStU editierten Publikationsreihe „Anatomie der Staatssicherheit“ hatte dieser zwei Spione unter den gen. Stasi-Kürzeln mit dem in Bonn lebenden und seinerzeit für den Bundesvorstand der SPD arbeitenden Ehepaar Deuling in Verbindung gebracht. Müller-Enbergs hatte sich geweigert, die abgegebene Unterlassungserklärung der BStU ebenfalls zu unterzeichnen und berief sich auf die „Freiheit von Wissenschaft und Forschung.“

Vertreter von Opferverbänden begrüßen die neueste Entscheidung der BStU als eine deutliche Bestätigung der Demokratie; nur in dieser bestehe die Möglichkeit, staatliches Handeln permanent zu kontrollieren und – wo notwendig – auch zu widerrufen. Die BStU erweise sich mit dieser Entscheidung als eine „lebendige Behörde“, die den Mut zu Fehlern ebenso habe wie den Mut, diese ohne quälende bürokratische Entscheidungsfindung zeitnah zu überprüfen und zu korrigieren.

Das Hamburger Landgericht hat die Auseinandersetzung um eine einstweilige Verfügung, die Barbara und Wolfgang Deuling gegen Müller-Enbergs erwirkt hatten, jetzt zur Entscheidung zuständigkeitshalber an  das Verwaltungsgericht Berlin abgegeben. In der Begründung heißt es, der Autor sei  nicht als Privatperson, sondern hoheitlich tätig gewesen. Die Veröffentlichung sei nach Prüfung durch Müller-Enbergs Vorgesetzten von der BStU zur Veröffentlichung freigegeben worden. Damit handele es sich im vorliegenden Fall um eine öffentlich-rechtliche Auseinandersetzung, für die das Landgericht nicht zuständig sei.

V.i.S.d.P.: Vereinigung (AK) 17. Juni 1953 e.V., Berlin, Tel.: 030-30207785

Hamburg/Berlin, 11.01.2013/cw – Der für den 18. Januar vor dem Landgericht Hamburg angesetzte Termin über die Klage der Eheleute Deuling (Bonn) gegen den wissenschaftlichen Mitarbeiter der BStU Berlin, Prof. Dr. Helmut Müller-Enbergs, ist aufgehoben worden. Das Gericht kam in der Vorprüfung zur Entscheidung der Nichtzuständigkeit, da Müller-Enbergs seine beklagten Veröffentlichungen im Rahmen seiner Forschungstätigkeit für die BStU (Jahn-Behörde) vorgenommen hätte.

Das früher für die SPD engagierte Ehepaar Deuling will mit seiner Klage Müller-Enbergs untersagen lassen, die den Eheleuten durch die HVA zugeordnete Tätigkeit als inoffizielle Mitarbeiter (IM) für das einstige Ministerium für Staatssicherheit (MfS) der DDR „Bob“ und „Petra“ zu zitieren bzw. zu veröffentlichen. Nach Darstellung der Kläger hätten diese „niemals bewusst oder durch entsprechende Verpflichtung“ für die Stasi gearbeitet.

Sollte ein möglicher Einspruch gegen die LG-Entscheidung unterbleiben oder abgewiesen werden, würden in diesem Fall die Kläger vermutlich das Verwaltungsgericht Berlin anrufen. In diesem Fall würde für die Jahn-Behörde eine Korrektur ihrer Entscheidung anstehen, ihrem beklagten Mitarbeiter den Rechtsschutz zu versagen. Art. 34 des Grundgesetzes (GG) legt im Falle einer Verletzung der Amtspflicht „in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen  Amtes“ fest, dass „die Verantwortlichkeit grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienst er steht“ trifft. Das würde im Klartext bedeuten, dass die BStU für ihren Mitarbeiter eintreten müsste.

Roland Jahn hatte zu diesem Komplex in einem Interview mit der FAZ vom 25.11.2012 noch festgestellt: „Wir lassen keinen Mitarbeiter im Regen stehen. Wer dienstlich tätig ist, bekommt Rechtsschutz,“ wenig später im selben Interview allerdings relativiert: „Es geht schlicht darum, nicht in einen Rechtsstreit zu ziehen vor einem Gericht, das sich zu dem genannten Fall schon eindeutig geäußert hat. Wir haben auch eine Verantwortung für die Verwendung von Steuergeldern und dafür, dass wir unsere Arbeitskapazitäten sinnvoll einsetzen.“

Quelle:http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/roland-jahn-wir-sind-nicht-das-amt-fuer-absolute-wahrheit-11970730.html

Durch die jetzige Feststellung des Gerichtes in Hamburg läuft nach Meinung von Beobachtern der Rechtsstreit direkt auf die BStU zu. Diese müsste sich dann als eigentlich Beklagte mit den Forderungen  des umstrittenen Ehepaares Deuling auseinandersetzen.

V.i.S.d.P.: Redaktion „Hohenecker Bote“, C.W.Holzapfel,  Tel.: 030-30207785

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