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Ein Kommentar von Carl-Wolfgang Holzapfel
Berlin, 13.05.2018 – Die Gedenkstätte des Zentralen Untersuchungsgefängnisses der DDR-Staatssicherheit in Hohenschönhausen stellt auf ihrer Homepage jetzt auch die Biografie des ehemaligen Justizminister der DDR, Prof. Kurt Wünsche (88), ein. Dabei erstaunt weniger diese Tatsache als die von der DDR-Propaganda gewohnte „frisiert“ wirkende Darstellung.
Die Gedenkstätte zitiert als Besonderheit die Wünsche 1953 unterstellte Nähe zur „Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit (KgU)“ sowie dem Ostbüro der SPD und seine kurzfristige Verhaftung durch das Ministerium für Staatssicherheit (MfS). Wünsche habe für vier Monate Haft „deshalb – ein seltener Fall – eine Haftentschädigung von 2000 DDR-Mark“ erhalten.
Es folgen die Stationen in seiner politischen Laufbahn, der schließlich bereits unter Walter Ulbricht die Berufung zum Justizminister (1967) als Nachfolger der berüchtigten Hilde Benjamin (das wird auf der HSH-Seite nicht erwähnt) folgte. Immerhin: „In dieser Eigenschaft war er maßgeblich an der Verschärfung des politischen Strafrechts in der DDR beteiligt.“ Aha. Von diesem Amt trat er unter Erich Honecker zurück (1972). Die Begründung, eine angebliche Affäre mit der Ehefrau eines Diplomaten, wird von HSH ebenso nicht erwähnt, wie der durch einen Hungerstreik eines ehem. politischen Gefangenen erzwungene Rücktritt Wünsches am 16. August 1990.
HSH vermeldet lediglich, dass der ehemalige Ulbricht-Honecker-Minister „im Zuge der friedlichen Revolution“ … „von Januar bis August 1990 erneut Minister für Justiz, zunächst im Kabinett von Hans Modrow (SED-PDS), dann unter Lothar de Maizière (CDU)“ war und „Opferverbände 2008 dagegen protestierten, dass ihm wegen dieser Tätigkeit rückwirkend ab dem 55. Lebensjahr eine „Ehrenpension“ in Höhe von 650 Euro pro Monat wegen „Verdiensten um die Deutsche Einheit“ bewilligt wurde.“
Dass die VEREINIGUNG 17.JUNI 1953 diesen Protest organisiert und (mit Unterstützung der VOS) durchgeführt hatte, wird neben der Tatsache des erzwungenen Rücktritts durch einen sechstägigen Hungerstreik vor dem DDR-Ministerium der Justiz ebenso verschwiegen (http://www.stiftung-hsh.de/geschichte/stasi-gefaengnis/haftschicksale/1950er-jahre/kurt-wuensche/).
Die offiziöse Stiftung Aufarbeitung erwähnt zumindest zusätzliche Tatsachen, so die Erfassung von Wünsche als „als GI >Wendler< des MfS“ von 1954 – 61 und seine Nachfolge auf Hilde Benjamin (die „Rote Hilde“) wie auch seine Funktion von 1965 – 72 als (immerhin) „stellv. Vors. des Min.-Rats (Nachf. von Max Suhrbier)“. Allerdings wird auch an dieser Stelle nur vermerkt: „15.8.1990 als Minister zurückgetreten“. Der einzige durch einen politischen Häftling erfolgreich erzwungene Rücktritt eines DDR-Ministers wird auch hier nicht erwähnt (https://www.bundesstiftung-aufarbeitung.de/wer-war-wer-in-der-ddr-%2363%3B-1424.html?ID=3904).
Der Hungerstreiker hatte 1965/1966 neun Monate in Einzelhaft in Hohenschönhausen verbracht, ehe er nach einer Verurteilung zu acht Jahren Zuchthaus (April 1966) in die Strafvollzugsanstalt Bautzen verlegt wurde.
Erscheint für die Gedenkstätte HSH – bei allen Verdiensten um die Aufarbeitung eines besonders dunklen DDR-Kapitels – das Ausblenden bestimmter Vorgänge in ihren publizistischen Veröffentlichungen ratsam, um zum Beispiel die Erlangung weiterer Fördermittel angesichts eingetretener Veränderungen in der politischen Struktur dieser Stadt nicht zu gefährden? Jedenfalls sind einige Korrekturen – Verdienste hin oder her – dringend notwendig.
Meine ich. Und Sie?
V.i.S.d.P.: Der Autor u. Redaktion Hoheneck, Berlin – Tel.: 030-30207785 (1.383).
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