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Von Carl-Wolfgang Holzapfel
Berlin, 18.01.2020/cw – An ihm scheiden sich die Geister. Die Einen verehren ihn fast, nutzen ihre Berlin-Aufenthalte, um den legendär gewordenen Hüter der Mauerkreuze zwischen Brandenburger Tor und Reichstag ihre Aufwartung zu machen. Andere machen bewusst einen Bogen um ihn, schmähen den ehemaligen politischen Gefangenen der DDR als „unverbesserlichen Nazi“ oder, etwas milder ausgedrückt, als „Rechtsextremisten“. Die Rede ist von Gustav Rust, der seit Ende der neunziger Jahre nahezu tagtäglich an den Gedenkkreuzen für die Opfer der Mauer „Wache hält,“ wie er es ausdrückt, „um die Toten der kommunistischen Diktatur der Vergessenheit zu entreißen.“ Heute wird Gustav Rust 80 Jahre alt.
Fast zehn Jahre lang saß der einstige bekennende Maoist in den Haftanstalten der zur Geschichte gewordenen DDR. Hier wurde er „endgültig von den Segnungen des Kommunismus in all seinen Schattierungen geheilt“ (Rust). Seither entwickelte er sich, im „freien Westen“ angekommen, zu einem scharfen Kritiker linker Utopien, was ihm nahezu zwangsläufig die Verortung in die rechte politische Ecke einbrachte. Dabei versteht sich der permanente „Kritiker am Zeitgeist“ eher als bewusster Provokateur, „weil man die Menschen anders nicht zum Nachdenken bewegen kann“ (Rust).
Medienvertreter kommen selten vorbei
So will er denn die – auch bei ihm wohlgesonnenen Menschen umstrittenen – Aushänge über Geschehnisse im und nach dem 2. Weltkrieg, die er tagtäglich zwischen den Mauerkreuzen anbringt, als „Korrektiv zu den einseitigen Schuldzuweisungen an Deutschland“ verstehen, die einzig dem Zweck dienen, die „kommunistischen Verbrechen hinter dem provozierten Schuldbewusstsein der Deutschen zu verdrängen.“ Dass sich Viele an dieser Darstellung stören und dies eher als Missbrauch der „Toten an der Mauer“ verstehen, lässt den Pfleger des Gedenkortes keineswegs unberührt. Eruptiv schleudert er Kritikern lauthals entgegen, sie sollten sich hier (an den Mauerkreuzen) nicht weiter aufhalten, sondern gleich zum Holocaust-Denkmal weiterlaufen. Dort könnten sie „ihrer Einseitigkeit“ frönen.
Nur selten kommen noch Medien-Vertreter vorbei, um mit diesem „Zeitzeugen anderer Art“ zu sprechen. Auch bei diesen haben sich die „Rust-Ausbrüche“ herumgesprochen. Und es ist wesentlich leichter, mit pflegeleichten Geschichtszeugen Artikel zu basteln, als sich mit der Denke eines einst Gemarterten auseinanderzusetzen. Ausnahmen, wie vor Jahren das Magazin stern widersprechen dem nicht. Das seinerzeitige Gespräch mit Rust gelang allerdings nur unter der Vermittlung eines Freundes, der Rust behutsam auf das Gespräch mit den „roten Socken“ (Rust) vorbereitete und der die interessierten Stern-Journalisten zuvor in die Psyche eines Diktatur-Geschädigten eingeweiht hatte.
Ich stehe hier, ich kann nicht anders
Diesen Begleiterscheinungen entsprechend werden die sonst üblichen, auch offiziellen Gratulanten, ausbleiben, wird „unser Gustav“ (wie er in der Szene respektvoll genannt wird) seinen 80. Geburtstag irgendwo und ziemlich allein mit sich selbst feiern. Das dies auch weh tut, wird er, wenn es denn nachgefragt werden würde, niemals zugeben. Denn: „Ich stehe hier, ich kann nicht anders!“
Allerdings sollten sich die sogen. „Opferverbände“ aus aktuellem Anlass einmal fragen, wie diese denn mit „Geschädigten der Diktatur“ umgehen? Dort werden zumeist die pflegeleichten Opfer umarmt und medial gefördert. Probleme mit den Folgen langjähriger Haft und Folter werden allzu gerne „theoretisch“ in das Licht der Öffentlichkeit gestellt, selbst damit zu tun haben oder sich gar auch dieser zweifellos schwierigen Opfer anzunehmen steht dabei nicht zur Debatte. Dadurch werden Menschen in die Isolation getrieben, die gerade wegen der Folgeschäden einer besonderen Zuwendung bedürfen. Das braucht Kraft und Aufwand, die die Verbände nicht aufbringen wollen. Dabei ist dies eine lohnenswerte Arbeit. Denn noch so „Hartgesottene“ lassen sich überraschend von Menschen, die diesen Opfern ehrlich zugewandt sind, auch „harte Kritik“ gefallen. Wissen diese doch, dass die – oft notwendige Kritik – nicht die ehrliche und angenommene Zuwendung der Kritiker mindert.
Die „Goldene Ehrennadel“ der Vereinigung 17. Juni
Den Bestand der Mauerkreuze zwischen Reichstag und Brandenburger Tor dreißig Jahre nach dem Fall der Mord-Mauer verdanken wir alle nicht zuletzt der Beharrlichkeit dieses Mauerkreuzlers. Und wir verdanken Gustav Rust die stete Mahnung, sich tagtäglich auch mit den „unbequemen“ Opfern der zweiten deutschen Diktatur auseinanderzusetzen, den Versuch zu unternehmen, deren einstige Qualen und die daraus resultierenden – uns oft irritierenden – Folgeschäden zur Kenntnis zu nehmen. Distanz schließt Respekt nicht aus. Letztlich hat darum die Vereinigung 17. Juni 1953, der Gustav Rust angehört, diesen Respekt in Form der Verleihung der „Goldenen Ehrennadel“ am 9. November 2019 ausgedrückt.
Siehe auch unseren Beitrag vom 21.03.2013: https://17juni1953.wordpress.com/2013/03/21/gustav-rust-wenn-die-verzweiflung-zur-kopenickiade-wird/
V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin – Tel.: 0176-48061953 (1.503)
Berlin, 16.06.2012/cw – Die Mitgliederversammlung der Vereinigung 17. Juni 1953 e.V. hat am Vorabend des Gedenktages an den Volksaufstand Wahlen zum Vorstand durchgeführt. Der bisherige, seit 2002 im Amt befindliche Vorsitzende Carl-Wolfgang Holzapfel (68) wurde einstimmig in seinem Amt bestätigt. Zum neuen Geschäftsführer wurde Joachim Fritsch (75) gewählt (einstimmig), im Amt der Schatzmeisterin wurde Tatjana Sterneberg (60) ebenso einstimmig bestätigt. Sterneberg hatte nach dem aus familiären Gründen erfolgten Rücktritt des langjährigen Geschäftsführers André Rühring seit zwei Jahren das Amt des Geschäftsführers kommissarisch in Personalunion geführt.
Holzapfel gehört dem Verein seit 1963 an und wurde bereits 1965 Hauptgeschäftsführer. Er wurde durch seine Widerstandsaktionen gegen die Berliner Mauer bekannt und nach mehreren Demonstrationen für die Freilassung politischer Gefangener 1965 am Checkpoint Charlie verhaftet und 1966 in Ost-Berlin zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt.
Joachim Fritsch war Zeitzeuge vom 17. Juni 1953, wurde wegen angeblicher aktiver Teilnahme verhaftet und durch die Stasi gefoltert. Erst dadurch wurde er zum überzeugten Gegner des DDR-Systems.
Tatjana Sterneberg wurde 1972 wegen ihrer Liebe zu einem in West-Berlin lebenden Italiener verhaftet, nachdem ihr Antrag auf Ausreise abgelehnt worden war und sie sich um eine Fluchtmöglichkeit bemüht hatte. Sie verbüßte ihre fast vierjährige Haft im berüchtigten Frauenzuchthaus Hoheneck. Seit Jahren arbeitet Sterneberg in der Beratung von SED-Opfern und der Aufklärung der Diktatur-Verbrechen. Sterneberg ist seit September 2011 auch Vorsitzende des Fördervereins Begegnungs- und Gedenkstätte Hoheneck.

Goldene Ehrennadel für Hardy Firl (rechts). Zu den Gratulanten gehörte auch Klaus Wowereit auf dem Empfang zum 20jährigen Bestehen der UOKG. – Foto: LyrAg
Hardy Firl, für seine aktive Teilnahme am Volksaufstand von 1953 zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt, wurde auf der Mitgliederversammlung für seine Verdienste um die Freiheit und Einheit Deutschlands mit der Goldenen Ehrennadel des Vereins ausgezeichnet.
Die Vereinigung 17. Juni 1953 ging aus dem nach dem Aufstand gegründeten Komitee 17. Juni hervor und wurde unter ihrem jetzigen Namen am 3. Oktober 1957 in das Vereinsregister eingetragen. 2009 vereinigte sich der Verein wieder mit dem Arbeitskreis gleichen Namens, der sich nach internen Auseinandersetzungen um die Ausrichtung und Umsetzung der Ziele von 1953 im Jahr 1964 von der Vereinigung getrennt und dem Kuratorium Unteilbares Deutschland angeschlossen hatte.
V.i.S.d.P.: Vereinigung (AK) 17. Juni 1953 e.V., Berlin, Tel.: 030-30207785 oder 0176-48061953
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