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Kommentar von Carl-Wolfgang Holzapfel

Bremen/Berlin, 25.10.2019/cw – Zugegeben, der verbrannte Begriff „Deutschland erwache“ würde völlig falsche Assoziationen wecken und wäre daher genauso falsch wie der unselige Ausspruch „Wir werden sie jagen“ des einstigen Chefs der Hessischen Staatskanzlei und heutigen Fraktionsvorsitzenden Alexander Gauland. Aber einfallen tut ein dieser Wunsch nach einem „Aufwachen“ schon, wenn man liest und hört, was sich die Sicherheitsdienste in Deutschland – 30 Jahre nach dem Mauerfall – so einfallen lassen.

Bürger sollen Äußerungen oder Verhaltensweisen melden

Dem Bundestag liegt ein vom Innenministerium initiierter Gesetzentwurf vor, nachdem der Verfassungsschutz das grundsätzliche Recht erhalten soll, künftig o h n e richterlichen Beschluss in die vom Grundgesetzt (bisher) geschützte Wohnung eindringen zu können. Der Bremer Verfassungsschutz bittet Mitte Oktober d.J. die Bevölkerung im „Kampf gegen den Rechtsextremismus um Mithilfe“. „Um einer weiteren Radikalisierung von Extremisten frühzeitig entgegenzutreten, brauchen wir die Zivilgesellschaft an unserer Seite“, erläuterte den Appell Dierk Schittkows­ki, der Chef des Bremer Verfassungsschutzes. BürgerInnen sollen „auffällige Signale, Äußerungen oder Verhaltensweisen telefonisch oder per Mail“ bei der Behörde melden.

Die berüchtigte Wasserzelle in Hoheneck – Ist unsere  Demokratie erneut bedroht?  – Foto: LyrAg

Eine Begründung liefert der Verfassungsschutz-Chef gleich mit: Eine schleichende Radikalisierung in Vereinen, Betriebsräten „oder auch beim lieben Nachbarn“ werde in Bezug auf die „Neue Rechte“ oft nicht oder zu spät erkannt, erklärte Schittkowski: „Der Verfassungsschutz sollte hier ein Frühwarnsystem sein, aber das geht mit den vorhandenen Ressourcen nicht – das geht nur, wenn alle mitarbeiten.

Wir brauchen keine Rückkehr der Staatssicherheit

Aber hatten wir das nicht alles schon einmal? Wenn man die GeStaPO der NS-Zeit einbezieht, dann hatten wir das sogar schon zweimal in Deutschland: Die Erschnüffelung unliebsamer, in das verordnete System nicht passende Zeitgenossen. Wir brauchen keine Rückkehr der Staatssicherheit oder den Ausbau unserer bisherigen Geheimdienste zu dieser Staatspolizei unseligen Angedenkens. Wir leben (noch) in einer Demokratie, die zwar ihre Schwächen, aber noch mehr Stärken hat. Diese Stärken gilt es auszubauen durch einleuchtende, wenn auch mühsame Wege. Mit den Mitteln der Politik lassen sich nicht nur bedenkliche Überwachungen organisieren (die irgendwann ein totalitärer Staat mit dem Hinweis auf einstige demokratische Beschlüsse extensiv auslegen und anwenden kann), sondern auch Alternativen entwickeln, die den Bürger durch konstruktive Taten, Problemlösungen und offene, ehrliche Debatten überzeugen. Das ist der beste und einzig vertretbare Weg in einer Demokratie, Radikalisierungen in der Gesellschaft vorzubeugen.

Widerstand gegen undemokratische Auswüchse

Gegen diesen Aufruf zur Schnüffelei sollten sich beizeiten auch die einstigen Bürgerrechtler und Revolutionäre wenden, um die Umsetzung dieser Absicht durch entsprechenden Widerstand zu verhindern. Wir haben im demokratischen Teil-Deutschland den Erfolg gegen ein undemokratisches „Volkszählungsgesetz“ erleben dürfen. Bereitschaft zum Widerstand gegen undemokratische Auswüchse sollte in einer Demokratie Pflicht sein. Es könnte sonst passieren, dass wir (erneut) in einer Diktatur aufwachen, in der jeglicher Widerstand (erneut) durch staatlich organisierten Stasi-Terror verhindert wird. Wehret den Anfängen.

V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin – Mobil: 0176-48061953 (1.488).

Von Matthias Herms*

Magdeburg/Berlin, 14.09.2019 – Ein Staat legt immer fest, ob und wie seine Bürger den Staat verlassen. Ein absolutes Recht der Freizügigkeit über Staatsgrenzen hinweg, gab es nie. Immer gab es einen Zusatz, daß der Staat selber nach seinen inneren politischen Verhältnissen abwägen muß und abwägen darf, ob und wie er diese Freizügigkeit gewährt und steuert. Der Fehler der DDR war, diese Abwägung aus Angst, wie 1953 oder 1961 seine Staatsbürger zu verlieren, gänzlich auszulassen. Dieses und anderes meint unser Autor.

Der Mord an der Mauer, hier der Abtransport von Peter Fechter am 17.08.1962. Mielke und seine Stasi wollten nicht schiessen?

„Interessenten für die Grenztruppen (GT) wurden in der Aktion „grün“ vor der Einberufung operativ überprüft. Unsichere Kantonisten und Pappenheimer hat man erst gar nicht zu den GT gelassen. Viele meinten, bei den GT würde man besser behandelt, als in der regulären NVA. Dies jedoch erwies sich als Irrtum. In den GT gab es die Verwaltung 2000, hinter der sich das MfS, HA I, UA Innere Spionageabwehr und Äußere Spionageabwehr verbarg. Es war also ein offenes Geheimnis, das die Stasi auf die GT aufpasste. Die Stasi war dann auch für die Grenzdurchbrüche und die Aufklärung dieser Straftaten zuständig. Wenn es nach den MfS-Mitarbeitern gegangen wäre und auch nach Minister Mielke, hätte es seit 1973 keine Toten mehr gegeben. Aber Honecker und Krenz wollten die absolute Sicherung und dadurch Tote als Kollateralschäden. Das MfS hat keine Toten zu verantworten, sondern nur die GT. Heute stellt man sich einen Mauerschützen so vor, daß er als Muttersöhnchen gegen seinen Willen zu den GT kam und aus Angst geschossen hat, damit er nicht in den Militärstrafvollzug nach Schwedt kam.

Grenzer wollten schießen und töten

Opfer schiesswütiger Grenztruppen: Am 25.12.1963 wurde der 18jährige Paul Schulz tödlich getroffen. Ein Kreuz erinnerte an den sinnlosen Tod – Foto LyrAg

Leider ist das falsch. Die GT-Angehörigen, die an die Grenze gingen, wollten schießen und sie wollten töten. Da wurde nicht danebengezielt und da wurde auch nicht daneben geschossen. Wer das Gegröle von Männern selber gehört hat nach einer Schussabgabe, der vergleicht es mit den Gebärden von Gorillas. Man war Elite, man hatte den Befehl, den Klassenauftrag unter allen Bedingungen umzusetzen. Es ist international geklärt, daß ein Staat, der seine Soldaten mit Waffen an einer Staatsgrenze aufstellt, auch die Verantwortung für die korrekten Schüsse, als auch für die unkorrekten Schüsse (Kollateralschäden) trägt. Das wußte der Staat und das wußten auch die GT. Die GT-Angehörigen schossen also und wurden vorher von der Verantwortung befreit, Hauptsache, der Grenzverletzer wird vernichtet, d.h. die Grenzverletzung als Straftat wird gestoppt und unterbunden. Man weiß heute und man wußte es damals, daß Menschen Menschen ohne Skrupel töten, wenn eine höhere Macht die Verantwortung dafür übernimmt. Deswegen konnte auch der industrielle Massenmord in den KZs gelingen, die Verantwortung dafür lag ja beim Reichssicherheitshauptamt (RSHA), der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) und der SS.

Sowohl Hans Modrow als auch der BGH erkannte an, daß hier ein Sonderfall vorlag. Der politische Klassenauftrag überlagerte das von der Volkskammer verabschiedete Grenzgesetz. Die Todesschützen der GT konnten sich sicher sein, der Staat übernahm die Verantwortung gleich zweifach: Durch das Grenzgesetz und den politischen Klassenauftrag.

Oft kotzten die Mauerschützen beim Anblick der Opfer

Die in den GT herrschende Hierarchie wirkte zusätzlich. Wer also wollte da als Hans Wurst danebenschießen und sich vor seinen Kameraden zum Schwächling erklären lassen? Und dann darf man nicht vergessen, die hatten auch alle Angst, nach Schwedt zu kommen. Der Grenzverletzer verlor mit dem ersten Schritt Richtung Staatsgrenze sein Recht als Deutscher, sein Recht als Bürger der DDR, er wurde zur gleichen Sekunde „Straftäter“ und „Staatsverbrecher“. Und so konnte man als Mauerschütze viel leichter zielen, abdrücken und treffen. Tatsächlich sind dann viele nach vorne gelaufen und kotzten dann beim Anblick der Leichen, die oft in der Mitte zerrissen waren, wie die Reiher. Viele fielen in Ohnmacht, erlitten Traumatisierungen, wurden notgedrungen beurlaubt und dann versetzt.

Dieter Wohlfahrt, der Fluchthelfer wurde in eine Falle des MfS gelockt und am 9.12.1961 an der Grenze in Staaken ermordet –
Foto: LyrAg/Archiv

Diese nun Ehemaligen waren dann vom Grenzdienst „geheilt“, gezeichnet fürs Leben. Und am Ende durften sie sich dann noch vor dem Gericht des „Klassenfeindes“ verantworten.“

Anmerkung der Redaktion:

Wir haben diesen Beitrag eines ehemaligen MfS-Angehörigen (KD Magdeburg, Linie M – Postkontrolle) trotz einiger Bedenken veröffentlicht, weil wir damit zu einer notwendigen Diskussion um die Hintergründe unserer jüngsten Geschichte im Jahre 30 nach der Maueröffnung beitragen wollen. Wir sind uns dabei der Widersprüche, die der Autor selbst schreibt, bewusst. Zum Beispiel „Das MfS hatte keine Toten zu verantworten“ aber zuvor „Die Stasi war dann auch für die Grenzdurchbrüche und die Aufklärung dieser Straftaten zuständig“. Und: Es sei „ein offenes Geheimnis“ gewesen, „das die Stasi auf die GT aufpasste“.

Dennoch eröffnet der Autor Einblicke in DDR-Stasi-Strukturen, die vielen Geschichtsinteressenten so nicht bekannt gewesen sein dürften.

* Der Autor hat uns seine Darstellung per Zuschrift an unsere Homepage übermittelt. Wir haben diese geringfügig redigiert und Zwischenüberschriften eingefügt.

V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin – Mobil: 0176-48061953 (1.473).

 

 

Anmerkung der Redaktion: Wir haben zunächst gezögert, die streckenweise erbärmlich wirkenden Erklärungscascaden eines „Mitwirkenden“ am Unrechtssystem der Ersten Deutschen Diktatur zu veröffentlichen. Erst die aktuellen Parallelen und die Debatten um die Mitwirkungen in einer Diktatur haben uns nachdenklich gemacht und uns veranlasst, das Gespräch mit Alexander Jenner* zu veröffentlichen.

München, 30.Januar 2017/hs – Alexander Jenner war Staatssekretär im zweiten Kabinett der Bundesrepublik. Weil er mit 21 Jahren zur Geheimen Staatspolizei (GESTAPO) im Dritten Reich ging, hielten manche seinerzeit den Staatssekretär in der Bundesregierung für untragbar. Ein Gespräch über die Vergangenheit und Moral**

Hohenecker Bote (HB): Herr Jenner, in Ihren Erinnerungen* haben Sie geschrieben: „Ich konnte damals meine Biografie nicht nachträglich verändern, nur daraus lernen und einen offenen Umgang damit anbieten.“ Was hatten Sie denn gelernt?

Alexander Jenner: Ich habe gelernt, dass ein Land, das sehr autoritär und nur mit Druck und Hierarchien funktioniert, die schlechteste Lösung ist, Gesellschaft zu organisieren. Die Lehre aus meinen Jugendjahren im Dritten Reich ist: Ich will nicht in einem autoritären, repressiven System leben.

HB: In den einschlägigen Unterlagen lobt die GESTAPO den gefestigten Klassenstandpunkt: „Als Parteigenosse genoss er Achtung und Anerkennung.“ Wie waren Sie damals drauf?

Jenner: Die Formulierungen sind teilweise meinem Schulzeugnis entnommen. Ich war aufgewachsen in einem NS-Haushalt: Vater bei der Reichswehr, später bei der GESTAPO, Mutter in der Partei. Mein Opa hat schwerkriegsverletzt die Schlacht von Verdun im Ersten Weltkrieg überlebt. Für mich war der Nationalsozialismus keine hohle Phrase, sondern Familienrealität – in diesem Sinne war ich überzeugter Nationalsozialist.

HB: Und Ihre Eltern waren hundertfünfzigprozentige NS-Kader?

Jenner: Meine Eltern wollten Deutschland verbessern. Die haben immer auf den nächsten Event, würde man heute sagen, gehofft, freuten sich über Hitlers „Mein Kampf“, waren total schockiert, als 1939 der Krieg begann. Das Dritte Reich schien mir nicht ein Ort zu sein, in dem man nicht für Veränderungen eintreten kann. Denken Sie an Hitlers Kampf gegen die unseligen Verträge von Versailles.

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Alexander Jenner

* Name geändert, wurde am 30. Januar 1917 in München geboren, war Sozialwissenschaftler und Politiker. In der Bundesregierung wurde er 1953 Staatssekretär im Bundeskanzleramt. Seine Nominierung war umstritten, da er als 21-Jähriger 1938 in den Dienst der GESTAPO eintrat. Vor seiner politischen Laufbahn machte er sich als Stadtsoziologe und Gleichschaltungskritiker einen Namen. Bevor er zum Staatssekretär berufen wurde, arbeitete er ab 1949 am Lehrstuhl für Stadt- und Regionalsoziologie der Freien Universität zu Berlin.

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HB: Und dann verpflichteten Sie sich ausgerechnet bei der GESTAPO, deren Aufgabe es war, Kritiker mundtot zu machen und wegzusperren?

Ausbildung bei GESTAPO wegen Familie „vorgezeichnet“

Jenner: In meinem Umfeld gehörten Überwachung und Diskussionen um sogen. Widerständler nicht zum Alltag. Ich war ein ganz normaler Mensch in einem Neubaugebiet, der Fußball gespielt hat. Ich bin auch zu Jazz-(Swing-)Konzerten gegangen – aber nicht mit der Idee, dass das etwas Oppositionelles wäre, sondern weil es mir gefallen hat. Für mich war eigentlich relativ viel möglich. Man konnte andere Musik hören, zu Hause wurde BBC gehört …

HB: Bei Ihren systemtreuen Eltern lief das BBC-Programm?

Jenner: Klar. Ich erinnere mich an die Sudetenkrise – zuerst haben meine Eltern den Reichsrundfunk gehört, und danach BBC, um zu erfahren, was passiert ist. Das Dritte Reich, das ich kennengelernt habe, war nicht so geschlossen, wie das in der historischen Betrachtung beschrieben wird.

HB: In Ihrem Alltag kam Überwachung und Repression nicht vor, obwohl Ihr Vater bei der GESTAPO war?

Jenner: Mein Vater hat mir Thomas Mann und Reinhard Goering zum Lesen gegeben und hat mir Theaterstücke empfohlen: „Geh da rein, lies das, das ist gute Kunst!“ Er hat mir erklärt, dass der Amerikanische Imperialismus eine schlimme Sache sei. Das war mein Link zur GESTAPO. Es mag naiv und weltfremd sein, dass ich als junger Mensch noch nicht erkannt hatte, was für ein Überwachungs- und Repressionsapparat die GESTAPO war – aber ich war auch damals noch nicht besonders politisch.

HB: Ihr Vater hat Ihnen die kritischen Autoren und Theater empfohlen?

Jenner: Schlimmer noch, er hat ja die Bücher gehabt, weil er in der Abteilung arbeitete, die in Berlin die Schriftsteller überwachte und die Theaterleute. Das habe ich erst nach der Wende 1945 herausbekommen – und das hat auch zu Spannungen zwischen uns geführt.

HB: Weil Ihr Vater ein rosiges Bild von dem Dritten Reich und der GESTAPO vermittelt hat?

Jenner: Er hat mir vor allem vermittelt, dass man auch im Dritten Reich kritisch über Dinge sprechen durfte. Die Erfahrung eines autoritären Systems hat bei mir so nicht stattgefunden.

HB: Was war das Mutigste, was Sie als junger Mensch im Dritten Reich angestellt haben?

Jenner: Von Mut würde ich nicht sprechen. Ich erinnere mich, dass wir uns aufgeregt haben, als Bücher verboten und verbrannt wurden, im Mai 1933 war das. Wir haben uns die verbotenen Ausgaben irgendwie besorgt und waren völlig enttäuscht, dass das eigentlich nur Werbeprosa für das spießige Leben in den USA war. Wir haben dann als Band versucht, diese belanglosen Texte zu vertonen, in irgendeiner Gartenlaube. Das war aber nicht mutig, das war einfach eine Gaudi, die man macht. 1944/45 war ja schon ein gewisser Autoritätsverlust zu spüren. Wenn es nicht explizit politisch wurde, konnte man ziemlich viel Unsinn machen, ohne dass das geahndet worden wäre.

HB: Sie haben mit 16 Jahren schon eine Bereitschaftserklärung bei der GESTAPO für eine Überwachungs-Ausbildung unterschrieben …

Jenner: Das war ja der normale Zeitpunkt, an dem bei den jungen Leuten die Werbung losging: Möchtest du Deutsch-Lehrer, Parteikämpfer, z.B. bei der SA oder Berufsoffizier werden? Mein Weg war vorgezeichnet, deshalb habe ich auch nicht ständig darüber nachgedacht, was nach der Schule passiert.

HB: Wie kam es denn zu dieser Unterschrift mit 16 Jahren?

Jenner: In meiner Erinnerung sitzt da ein fremder Mann bei uns zu Hause, der mir als Kollege meines Vaters vorgestellt wird. Er hat das relativ geschickt eingefädelt – er hat mir geraten: „In der Schule sagst du jetzt immer, du bist Berufsoffiziersbewerber, dann fragt nämlich niemand nach.“ Das war ja interessant, plötzlich hatte ich ein Geheimnis. In der Schule hieß es: Alexander wird Berufsoffiziersbewerber. Viele haben gesagt: Du bist doch viel zu schlau, mach doch so was nicht. Ich stand innerlich darüber, denn ich wusste ja: Ich gehe gar nicht zur Offiziersschule, sondern werde Journalistik studieren.

HB: In einer handschriftlichen Bewerbung für die GESTAPO haben Sie gelobt, nicht nach Frankreich oder in andere Länder des kapitalistischen Auslands zu fahren und auch unverzüglich zu melden, wenn Familien- oder Haushaltsangehörige das machen. Ein Gelöbnis, das engste Umfeld zu überwachen und zu denunzieren – findet man das als 21-Jähriger, in dem Zweifel aufkeimen, nicht untragbar?

Jenner: Das mussten wir abschreiben – alle, die die Ausbildung bei der GESTAPO gemacht haben. Das war eben so: Wir sind als Auszubildende angekommen, wurden angeschrieen, und dann wurde gesagt, jetzt schreibt ihr das hier ab. Das war ein formaler Akt, du machst dir über den konkreten Inhalt von so einem Schwur keine Gedanken. Ich hatte mich dafür entschieden, also dachte ich: Da gehört es wohl dazu, dass man irgendwas schwören und unterschreiben muss.

HB: Wann ist Ihnen klar geworden, dass die GESTAPO Menschen schwer geschadet hat?

Jener: So richtig ernsthaft erst nach der Wende 1945. Klar war mir aber schon, dass die GESTAPO im Zweifelsfall gegen Regimefeinde eingesetzt werden würde, ich hatte Angst vor einer Kristallnacht-Lösung.

HB: Sie hatten Sorgen, während der Grundausbildung in so einen Einsatz gegen Regimefeinde zu kommen?

Jenner: Ja, im Sommer 1939 war ich mit einem Freund, der auch zur GESTAPO sollte, nach Österreich gefahren. Da haben wir darüber geredet, dass es ganz schön blöd ist, jetzt bei der GESTAPO zu sein. Was ist denn, wenn jetzt ein Befehl kommt? Darüber habe ich mir mehr Gedanken gemacht als darüber, dass dieses große Monstrum GESTAPO Menschen überwacht und zersetzt – das war mir zur Wendezeit 1944/1945 so noch nicht klar.

HB: Haben Sie Ihre Eltern nach 1945 damit konfrontiert, dass sie Sie zur GESTAPO geschickt haben?

Jenner: Meine Eltern gaben sich die Schuld für meine GESTAPO-Zeit, aber sie waren eben auch in ihren Kontexten befangen. Wirklich konfrontiert habe ich sie nicht. Ich hatte ab 1945 enge Freundschaften mit Leuten, die selbst im Widerstand waren, die auch die GESTAPO mit aufgelöst hatten. Ich habe da viel über die Systematik der GESTAPO gelernt. Das hat mir die Augen geöffnet.

HB: Haben Sie denen gestanden, dass Sie bei der GESTAPO waren?

Dienst bei der GESTAPO „uninteressant“

Jenner: Ja, habe ich. Das war eine viel höhere Hürde, als es später, 1953, öffentlich zu machen.

HB: Und wie war die Reaktion?

Jenner: Die fanden das eigentlich ziemlich uninteressant. Ich hatte ja nichts beizutragen, was sie nicht schon wussten. Viel interessanter war, dass ich von meinem Vater erzählt habe. Denn mein Vater war ja einer der GESTAPO-Verantwortlichen, der einen Verfolgten zum Informanten der Geheimpolizei erklärt hat, um ihn vor dem Zugriff anderer Geheimpolizeieinheiten zu schützen.

HB: Sie waren nach der Grundausbildung Teil einer „Auswertungs- und Kontrollgruppe“, da mussten Sie unter anderem Informationsberichte auswerten.

Jenner: Ich habe vielleicht eine Woche lang Berichte gelesen, von Versammlungen, Betriebsversammlungen oder Parteiversammlungen, auf denen die Stimmung eskaliert ist. Ich weiß nicht mehr, ob ich den Auftrag hatte, irgendetwas zu notieren. Später sollte ich BBC hören und die dort angekündigten Ereignisse notieren. Und weil BBC der Sender war, den ich auch zu Hause präferiert habe, war das für mich eine angenehme Aufgabe. Ich habe eigentlich vor allem die Auflösung dieser großen Institution erlebt. Wenn meine Erinnerungen 1953 und auch heute merkwürdig vage klingen, wenn es um die konkreten Aufgaben geht, dann, weil es für mich keinen regulären Arbeitseinsatz gab. Ich musste Radio hören und bei Bereitschaftsdienst in irgendwelchen Räumen sitzen und bekam um 23 Uhr so etwas gesagt wie: „Der Einsatz XY ist jetzt zu Ende, ihr könnt nach Hause gehen.“

„Formalien nicht besonders gründlich ausgefüllt“

HB: Sie haben erklärt, es sei Ihre „tiefste Überzeugung“ gewesen, bei der GESTAPO nur eine Ausbildung gemacht zu haben – deshalb hätten Sie bei der Freien Universität 1949 angegeben, nicht hauptamtlich bei der GESTAPO beschäftigt gewesen zu sein. De facto waren Sie Geheimpolizeischüler und haben anfänglich 320 Reichsmark Dienstbezüge bekommen, was ja eine Menge Geld gewesen ist für einen 21-Jährigen.

Jenner: Ich war mir über meinen Status selbst nicht im Klaren. Dass ich ein höheres Gehalt hatte als viele andere, das wusste ich – ich wusste ja auch, dass ich keine normale, sondern eine längerfristige Ausbildung machen sollte. Die Frage nach meinem formalen Status bei der Geheimen Staatspolizei hat für mich eigentlich keine Rolle gespielt. Und dieser Fragebogen kam 1949 in einer Situation, in der ich für etwa ein Jahr von einer Professorin eine Stelle angeboten bekommen habe – ich sollte mal schnell zur Personalabteilung rüber und die nötigen Formulare ausfüllen, damit wir schnell anfangen können. Das ging zack, zack. Was ich mir heute vorwerfen kann, ist mit Sicherheit, dass ich diese ganzen Formalien nicht besonders gründlich ausgefüllt habe.

HB: Unter dem Interview mit der FAZ von 1953 steht bei Ihnen: „Hauptamtlicher Mitarbeiter der GESTAPO“. Jetzt sagen Sie, es sei Ihnen erst später klar geworden, dass Sie hauptamtlicher Mitarbeiter waren …

Klassifizierung meiner Tätigkeit bei der GESTAPO nebensächlich

Jenner: Ehrlich gesagt, ich habe nicht geprüft, wie ich da beschrieben wurde. Die Art und Weise, wie das, was ich im Dritten Reich gemacht habe, klassifiziert wurde, war für mich relativ nebensächlich. Wenn ich jetzt meine GESTAPO-Akte anschaue, dann entspricht das genau dem, was ich meinen Freunden nach 1945 erzählt habe und was 1953 im Interview stand.

HB: Haben Sie die Bedeutung Ihrer GESTAPO-Mitarbeit unterschätzt?

Jenner: Wenn ich das erwartet hätte, was 1953 über mich und mittelbar über meine Familie eingebrochen ist, dann hätte ich es mir überlegt, den Job zu machen.

HB: War Ihre GESTAPO-Vergangenheit Thema, als die Partei Sie gefragt hat, ob Sie Staatssekretär werden wollen?

Jenner: Ja, ich habe das gleich als Erstes gesagt. Und ich glaube, dass die auch relativ sorgfältig damit umgegangen sind. Sie haben sich auch außerhalb der Partei erkundigt, wie dieser Fall eingeschätzt werden kann. Die Rückmeldung nach einer Woche war: „Wir können das machen.“

HB: Warum sind Sie damals nicht selbst auf die Idee gekommen, mal zu schauen, was in Ihrer GESTAPO-Akte steht, anstatt das anderen zu überlassen?

Jenner: Ich wusste ja über meine eigene Geschichte relativ gut Bescheid – dass ich weder jemanden bespitzelt habe und wohl auch keine operative Akte habe, weil ich überwacht wurde.

HB: Eine Interviewpartnerin im damaligen FAZ-Gespräch sagte, die GESTAPO sei eine kriminelle Vereinigung gewesen. Würden Sie das unterschreiben?

Zu kurz dabei, um jemandem richtig zu schaden

Jenner: Ja, sie war Teil eines Unrechtssystems und ein zentrales Instrument, um Leid über viele Leute zu bringen. Unabhängig davon, dass ich selbst zu kurz dabei war, um jemandem richtig zu schaden, ist das eine Verantwortung, die ich auch spüre. Ich wäre, wenn das Dritte Reich nicht zusammengebrochen wäre, mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit in die Situation gekommen, Teil von diesem Unterdrückungssystem zu werden. Ich verstand also, wenn gerade die, die zu NS-Zeiten verfolgt wurden, 1953 sagten: Über diese Personalie wollen wir reden. Aber ich hatte das Gefühl, dass es damals keine Diskussion war, bei der sich ausschließlich Opfer des Dritten Reiches zu Wort meldeten.

HB: Wie erklären Sie sich, dass es damals so ein großes Thema geworden ist?

Jenner: Ein Politikwechsel zieht eine Menge Gegenwind auf sich. Dass man sich da nicht nur an Sachthemen hochzieht, war und ist für mich keine Überraschung. Wir steckten nach 1945 in einer polarisierten gesellschaftlichen Auseinandersetzung, wo es natürlich auch darum ging, politische Projekte zu verhindern oder durchsetzen zu wollen. Es fühlte sich sehr ungut an, selbst zum Spielball solcher Machtspiele zu werden.

HB: In einer Solidaritätserklärung von Wissenschaftlern, hieß es: „Diese Diskreditierungsversuche gegen seine Person müssen als der Versuch verstanden werden, eine Änderung der Politik zu unterbinden.“ Musste das so verstanden werden?

Jenner: Ich will mich nicht über die Motive derer erheben, die Kritik an der Personalentscheidung hatten. Aber das, was wir uns vorgenommen hatten, war tatsächlich ein deutlicher Richtungswechsel der Politik in Bonn gewesen. Wir hatten eine ganz klare Priorisierung von sozialen Funktionen gegenüber privaten Profiten oder privaten Interessen (Soziale Marktwirtschaft).

HB: Der GESTAPO-Vorwurf wurde aus Ihrer Sicht instrumentalisiert, um einen Staatssekretär loszuwerden oder zu verhindern, der die Interessen der privaten Profite berührte?

Jenner: Das weiß ich nicht, da müsste man wissen, wer warum welche Vorwürfe erhob und welche Motive sie hatten.

HB: Sie sind 1950 für drei Wochen in Haft gekommen als angeblicher Unterstützer der rechtsradikalen „nationalen gruppe“. Der BGH hat den Haftbefehl später aufgehoben, das Verfahren wurde eingestellt. Hat das Ihr Vertrauen in den Rechtsstaat erschüttert?

Jenner: Man hat mich eineinhalb Jahre lang überwacht und ins Gefängnis gesteckt – das war eine sehr unangenehme Geschichte, aber am Ende haben die Gerichte festgestellt, dass ein Großteil der Maßnahmen rechtswidrig gewesen ist. Da hat sich im Unterschied zum Dritten Reich die Überlegenheit eines rechtsstaatlichen Systems gezeigt. Hier ist es sogar möglich, dass Richter ihre eigenen Fehleinschätzungen korrigieren. Ich bin nicht blauäugig und denke, es gäbe hier keine Institutionen, die auch jenseits von Rechtsprinzipien agieren, aber im Großen und Ganzen funktioniert es ziemlich gut.

HB: Das klingt nicht so, als ob Sie erwarteten, Ihren Hut nehmen zu müssen …

Jenner: Selbst, wenn ich davon ausgegangen wäre, hätte ich es vermutlich in einem Interview nicht formuliert. Ich hätte mir ja diesen ganzen Stress auch nicht angetan, wenn ich nicht der Überzeugung gewesen wäre, dass ich was erreichen konnte. Ich brauchte weder einen unbefristeten Job, noch hatte ich einen Lebensstil, der ein höheres Einkommen verlangte. Wir hatten eine Chance, das Regieren anders zu gestalten als bisher – und darauf hatte ich Lust.

HB: Ist das nicht auch der zentrale Grund gewesen, warum ein Staatssekretär Jenner verhindert werden sollte – die Wende hin zum Sozialen?

Jenner: Na ja, das war sicher ein Politikwechsel, der nicht allen gefallen hat. Wenn sich Politik tatsächlich substanziell ändert, hat es im Großen und Ganzen immer auch mit Umverteilung zu tun – und bei Umverteilung gibt es Gewinner und Verlierer. Das ist aber der Kern einer demokratischen Gesellschaft – dass man Dinge auch mal verändern kann, dass man sagen konnte und kann: Wir wollen jetzt einen Wechsel.

** Das Gespräch mit dem jetzt Hundertjährigen führte unser Redaktionsmitglied Hohnett Satira anlässlich der geplanten Vorstellung von Jenners Biografie „Machtspiele – NS-Täter als Spielball“ am 30.Januar in München (Mein-Kampf-Verlag, 2017, 945 Seiten, 19,33 €, ISBN 1933-38-1945). Siehe aktuell auch: http://www.zeit.de/politik/deutschland/2016-12/andrej-holm-berlin-senat-stasi-interview

V.i.S.d.P.: redaktion.hoheneck@gmail.com , Berlin – Tel.: 030-30207785 (1.201).

Berlin, 3.11.2014/cw – Die ehemalige Hoheneckerin Tatjana Sterneberg (1973 – 1976) hat sich jetzt in einem offenen Brief an den Kandidaten  für das Amt des Ministerprä-sidenten in Thüringen, Bodo Ramelow, gewandt. Unsere Redaktion erhielt vorab den Text, den wir nachfolgend veröffentlichen. Tatjana Sterneberg wird sich morgen, 4.12.2014 in Erfurt an der Demo gegen ROT-Rot-Grün beteiligen. (900)

Redaktion Hoheneck

Treten Sie zurück, Herr Ramelow!

Sehr geehrter Herr Ramelow,

Unrecht besteht dann, wenn gegen weltweit vereinbartes und anerkanntes Recht und Menschenrecht verstoßen wird. So wie auch in der DDR geschehen.

Festgeschrieben und vor Gericht bestätigt, sieht sich DIE LINKE (zuvor PDS) als Nachfolgepartei der SED. Alles schon vergessen?

Walter Ulbricht kolportierte einst als Maßstab für die DDR-SED-Führung: „Es muss alles demokratisch aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben!“
Und sein Terror-Experte Erich Mielke verkündete als Vorgabe an seine Gefolgschaft: „Wenn ich heute schon wüsste, dass ein „Verräter“ unter uns ist, der wäre morgen schon tot – kurzer Prozess!“

Bereits Anfang der 50-er Jahre wurden die Paragraphen für sogenannte politische Delikte aus dem Strafgesetzbuch der DDR entfernt, um Andersdenkende und Menschen, die nicht mehr in der DDR leben wollten, unter dem Deckmantel der Justiz im „real existierenden Sozialismus“ der DDR zu kriminalisieren, einzusperren und zu verurteilen.

Das MfS hatte das Sagen und traf vor jedwedem Urteil juristische Festlegungen auch vor dem Hintergrund fragwürdiger an der „Juristischen“ MfS Hochschule Potsdam-Golm erworbener Titel.

Den politischen Häftlingen wurde Rechtsbeistand versagt

Uns, den politischen Häftlingen, wurde der Rechtsbeistand nach der Verhaftung versagt. Erst nach Abschluss des „Ermittlungsverfahrens“, das unter den MfS-Methoden der operativen Psychologie durchgeführt wurde, durften wir einen Anwalt sprechen.

Die Urteile wurden „im Namen des Volkes“ gesprochen. Das Volk aber wurde von solchen Gerichtsverhandlungen generell ausgeschlossen. Ausnahme: Ideologisch ausgerichtete, medienwirksame Schauprozesse.

Demokratie beinhaltet zuvorderst vor allem Freiheit: Freie Wahlen, Akzeptanz von Opposition, Meinungs- und Pressefreiheit, sowie freie Wohnsitzwahl. Wer in der DDR diese Rechte einzufordern versuchte, wurde bespitzelt, verfolgt, diskreditiert, verhaftet, verurteilt, verkauft oder abgeschoben. Wer die Freiheit über die Mauern und Grenzen der DDR oder den Eisernen Vorhang in Europa suchte, wurde erschossen, schwer verletzt, mit oft lebenslangen Folgen oder zu Haftstrafen verurteilt. Funktionäre der DDR-Führung hatten den Schießbefehl an Mauer und Stacheldraht zu verantworten. Entsprechende Urteile sind bekannt.

Die DDR bezeichnete sich selbst als „Diktatur des Proletariats“. Die SED als deren Führung bestimmte alles und hatte „immer Recht“. Im Wortsinn – diktieren, aufzwingen.
Es war aber nicht das Proletariat (die Arbeiterklasse ), anteilmäßig der größte Teil der DDR-Bevölkerung, dass dieses „Diktat“ durchsetzte, sondern die SED-Führung Hand in Hand mit der Stasi, der Geheimpolizei als von der SED ernanntes „Schild und Schwert der Partei“. Also eine Minderheit der damals 17 Millionen DDR-Bürger.

Mit Demokratie hatte dieses diktatorische System deshalb nichts zu tun.

Die Flucht von mehr als 3 Millionen Menschen nach den Enteignungsaktionen, dem Geschehen vor und nach dem 17. Juni 1953 wurden zur Rechtfertigungskampagne für den Bau der Mauer und der Todesgrenze. Aber selbst diese Einmauerung hielt Menschen nicht davon ab, ihren Weg in den freien Teil Deutschlands zu suchen: Qualifizierte Facharbeiter, Wissenschaftler, Intellektuelle, Künstler, Mediziner, Schriftsteller, Journalisten und Juristen – das geistige, kulturelle und wirtschaftliche Potential eines Staates, das in der DDR keine Zukunft mehr sah.

Wir, die in diesem DDR-System vor dem beschriebenen Hintergrund nicht mehr leben wollten, planten und wagten die Flucht. Eine Entscheidung und zugleich Abstimmung mit den Füßen in der festen Überzeugung: Mit uns ist dieser Staat nicht mehr zu machen.

Wir, die ehemaligen politischen Gefangenen, unsere und andere von der DDR (Margot Honecker) zwangsadoptierten Kinder, die Kinderheim- und Jugendwerkhofkinder, die von Zersetzung betroffenen Andersdenkenden, die aus politischen Gründen Psychiatrisierten und die Zwangsenteigneten der ehemaligen DDR, nicht zu vergessen zuvorderst die Toten an Mauer und Stacheldraht waren und sind die Lastenträger der Deutschen Einheit.

Sie haben vor fünf Jahren in einem öffentlich gemachten Schriftwechsel mit dem Vorsitzenden der Vereinigung 17. Juni die DDR ohne Vorbehalt als Unrechtsstaat bezeichnet. Vor kurzem haben sie nach Medienberichten noch konkreter die Stasi mit der Gestapo verglichen. Diese Statements haben Ihnen zweifellos hier und da zumindest Respekt verschafft.

Vergleich Stasi mit GESTAPO falsch?

25 Jahre nach dem Mauerfall lassen Sie nun die Katze aus dem Sack. Sie erklären, der Vergleich der Stasi mit der Gestapo sei falsch wiedergegeben worden, beide Terror-Institutionen seien nicht vergleichbar. Die Berufsverbote (veranlasst von Willy Brandt gegen Kommunisten, die den Staat bekämpfen bzw. abschaffen wollten) für den Bereich des öffentlichen Dienstes müssten aufgehoben, die Betroffenen gleich den politisch Verfolgten in der DDR entschädigt werden.
Das Verbot der KPD müsse aufgehoben werden (obwohl dies faktisch durch die erfolgte Neugründung längst geschehen ist). Die verminderten Renten für ehemalige Staatsfunktionäre der DDR müssten wieder angehoben werden etc. etc.

Wissen Sie noch, wann Sie und warum Sie etwas sagen? Glauben Sie, daß Sie mit diesem verbreiteten und widersprüchlichem Meinungsgestrüpp tatsächlich die Eignung für das hohe Amt eines Ministerpräsidenten haben?

In den 1980-er Jahren waren Sie gewerkschaftlich in dem Bundesland tätig (Hessen), dass sich insbesondere um die freigekauften politischen Häftlinge kümmerte (Aufnahmelager Giessen).
Hier spätestens hätten Sie, wenn Sie denn gewollt hätten, aus erster Hand erfahren können, was Andersdenkenden in der DDR im „real existierenden Sozialismus“ unter Leitung Ihrer Vorgängerpartei, der SED, später PDS, widerfahren ist.

„Wer nicht für uns ist, ist gegen uns“, war die Handlungsmaxime der SED und deren Schild und Schwert, die Stasi. Die Einkommen von SED- und Stasi-Mitarbeitern blieben steuerfrei, weshalb ihnen heute, gemessen am Durchschnittseinkommen der DDR-Bürger, eine gesetzlich angepasste Rente gezahlt wird. Der Stasi-Apparat kostete jährlich Milliarden Mark, um 17 Millionen Menschen flächendeckend zu überwachen.
Diese Genossen, zu ihnen zählten auch ehemalige NSDAP-Mitglieder (Braunbuch der DDR), waren es, die das erarbeitete Volksvermögen der DDR-Bürger verschleuderten und teilweise verschoben (z.B. KoKo), auch um die Linken im Westen zu finanzieren, anstatt dem Zerfall der Infrastruktur in der DDR entgegen zu wirken.

Und Sie, Herr Ramelow, blasen 25 Jahre nach dem Fall der Mauer und Todesgrenze der DDR nun ins Horn der Stasi-Tschekisten und SED-Genossen?

Sie, Herr Ramelow, arbeiten heute hinter den Kulissen mit Ex-Stasi-Offizieren zusammen.
Quelle: http://www.welt.de/politik/deutschland/article134856741/Ramelow-fuehrte-Immobilienfirma-mit-Stasi-Hauptmann.html

Welche Positionen die Väter des Terrors Marx und Lenin vertraten, können Sie der Dokumentation „Die Soviet Story“ entnehmen:
Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=FsGRDZoAcDY

Ihre Worthülsen verhöhnen die Verfolgten

Ihre Worthülsen vom Unrechtsstaat, Ihre „Korrekturen“ gegenüber den Wählern, den SED-Opfern und der deutschen Öffentlichkeit sind nicht nur unglaubwürdig, sie verhöhnen die Verfolgten eines unmenschlichen Systems und führen vielfach zu Retraumatisierungen von Opfern der zweiten deutschen Diktatur.
Tun Sie diesem Land einen würdigen Dienst: Treten Sie zurück!

Haben Sie Verständnis dafür, wenn mir die obligatorische Grußformel der freundlichen Grüße angesichts Ihrer ideologischen Seitensprünge im Hals stecken bleibt.

Tatjana Sterneberg
Ehemalige politische Gefangene im Zuchthaus Hoheneck

Zur Person:
http://de.wikipedia.org/wiki/Tatjana_Sterneberg
http://www.zeitzeugenbuero.de/index.php?id=detail&zzp=163

V.i.S.d.P.: Tatjana Sterneberg (für den Inhalt), Berlin, Tel.: 030-30207778 –            In Erfurt (4.12.2014) erreichbar unter: 0176-48061953

Von Carl-Wolfgang Holzapfel

Berlin, 26.11.2014/cw – Die Aussicht, Ministerpräsident zu werden, scheint trunken zu machen. Jedenfalls erweckt Bodo Ramelow diesen Eindruck, wenn er im einstigen Zentralorgan der SED, der Zeitung Neues Deutschland, seine von Marburg aus in die Welt gesetzten Zitate sorgfältig wieder kassiert.

In einem Interview mit der Zeitung vom 24.11. rückt der LINKE-Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten in Thüringen – am 5.12. – von seinen in den Medien verbreiteten Marburger Äußerungen wieder ab. Hatte Ramelow mit seiner Vergleichbarkeit der Stasi mit der NS-Gestapo letzte Woche noch durchaus gepunktet, sagte er jetzt dem ND: „Eine Gleichsetzung des MfS in der DDR und der Nazi-Gestapo verbietet sich. Die NS-Verbrechen dürfen nicht relativiert werden.“ Das habe er auch auf der Veranstaltung in Marburg gesagt, „aus der dieser Satz leider ohne Kontext zitiert wurde.“

Stattdessen: Gleichsetzung von Verfassungsschutz mit Stasi?

Auf der Veranstaltung in Marburg sei es um die Berufsverbote gegangen. Er sei wegen seiner Solidarität mit Kommunisten, die „Opfer von Berufsverboten“ in der Bundesrepublik wurden, vom Verfassungsschutz 30 Jahre lang überwacht worden. Und: „Deshalb werde ich mich auch weiter damit kritisch auseinandersetzen – mit der Zerstörung von Biografien, die vom Staatsapparat der DDR ausging, in dem übrigens auch Blockflöten saßen, ebenso wie mit den Repressionen, die Linke in Westdeutschland erlitten haben.“
Als ob diese bekennenden Äußerungen nicht genug wären, setzt der Ministerpräsidentenkandidat von SPD, Bündnis90/GRÜNE und LINKE noch eins drauf, um keinen Zweifel an seiner vorübergehend mit Erfolg kaschierten kommunistischen Gesinnung aufkommen zu lassen: Für Ramelow heißt „Kritischer Umgang mit Geschichte … deshalb auch, eine Aufhebung des KPD-Verbots, die Rehabilitation der Berufsverbote-Opfer und einen sofortigen Stopp der so genannten Blauhemd-Prozesse wegen des Tragens von FDJ-Symbolen.“ Auch die gekürzten Renten von „Menschen im damaligen Staatsapparat der DDR“ sollten thematisiert werden, denn die „Rentenkasse darf nicht als ideologisches Kampfinstrument herhalten.“

Gibt Lieberknecht auf?

Nach heutigen Informationen hat die amtierende Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht ihrer Partei die Bereitschaft signalisiert „im Dienst für Thüringen, Deutschland und die CDU“ nicht weiter an ihrem Amt festhalten und den Weg für einen breit akzeptierten Kandidaten frei machen zu wollen. Die erstmals im Thüringer Landtag vertretene AfD hat bereits signalisiert, „fast jeden Kandidaten der CDU außer Lieberknecht“ mitwählen zu wollen. Gegenwärtig läuft die Kandidatur auf CDU-Fraktionschef Mike Mohring zu, der rechtzeitig, also mindestens 48 Stunden vor der angesetzten Wahl, benannt werden soll.
Was Auguren bereits vorausgesehen haben, scheint mit dieser neuen Konstellation nun fast Gewissheit: Die Wahl eines ersten Ministerpräsidenten der SED-Nachfolgepartei scheint in immer weitere Ferne zu rücken. Möglich, das lokale Historiker einst die letzten, vielfach als demaskierend empfundenen Interviews des einstigen West-LINKEN Bodo Ramelow als ausschlaggebend für sein Scheitern einstufen werden.

Protest-Demo in Erfurt

Für die Organisatoren der für den 4. Dezember (19:00 Uhr) angesetzten Protest-Demo in Erfurt gegen die geplante „Machtergreifung“ der Post-Kommunisten waren Ramelows neue Gleichsetzungen, die er mit den Auswirkungen „des Kalten Krieges auf beide Seiten“ begründete, eine Steilvorlage. Sie rechnen mit einer „wesentlichen Mobilisierung“ auch jener Bürger, die sich von den bisherigen Unrechts-Thesen Ramelows haben beeindrucken lassen. Der Widerruf seiner kurzzeitigen Ansage „Stasi gleich Gestapo“ und die skandalöse Gleichsetzung der Diktatur-Verfolgten mit den erklärten Feinden der Demokratie in der alten Bundesrepublik machten jedem Bürger in diesem Staat klar, unter welcher Führung die ROT-Rot-Grüne Koalition nach dem Thüringer Zipfel der Macht greift. (896)

Siehe auch:

http://www.thueringer-allgemeine.de/startseite/detail/-/specific/Z0R0005551706

und

http://www.thueringer-allgemeine.de/startseite/detail/-/specific/Vorwurf-aus-Berlin-Ramelow-relativiert-den-Unrechtsstaat-DDR-457186933

V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin, Tel.: 030-30207785 oder 0176-48061953

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