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Berlin, 17.08.2019/cw – In einer Erklärung haben über 40 ehemaligen DDR-Bürgerrechtler, Stasi-Auflöser und in der Aufarbeitung Engagierte die Pläne des Kulturausschusses des Deutschen Bundestages kritisiert, die Stasi-Akten ins Bundesarchiv zu überführen und die Stasi-Unterlagenbehörde (BStU) abzuwickeln, bzw. in Teilen an das Bundesarchiv anzugliedern. Die gesetzliche Grundlagen soll voraussichtlich am 26. oder 27. September vom Bundestag beschlossen werden. Die Erklärung hat folgenden Wortlaut:

„Geschichte lässt sich nicht abwickeln – Zum Plan der Regierungskoalition, die Stasi-Unterlagenbehörde abzuwickeln

Ausgerechnet im 30. Jahr des Mauerfalls und der Friedlichen Revolution planen Bundestag und Bundesrat die Abwicklung der Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU). Diese Institution gehört zu den wichtigsten Ergebnissen der Bürgerbewegungen in der DDR in den Jahren 1989/90, der vielen Runden Tische, von Demonstrationen und Besetzungen früherer Staatssicherheitsgebäude. Die Aufgabe der BStU war und ist die Sicherung der Akten und sonstigen Unterlagen der Staatssicherheit, die Einsicht für die von Stasi-Maßnahmen Betroffenen in ihre Akten und die Zurverfügungstellung der Stasi-Unterlagen für die historische Aufarbeitung und Forschung. Die Bundesregierung hingegen verfolgte schon damals den Plan, die Akten ins Bundesarchiv zu geben, um sie so unter Kontrolle zu haben. Ein Hungerstreik, Unterschriftensammlungen, Petitionen aus den Regionen und eine Resolution der frei gewählten DDR-Volkskammer verhinderten dies jedoch. Der deutsch-deutsche Einigungsvertrag sah schließlich die Sicherung der Akten in der BStU-Sonderbehörde vor.

Die Standorte in den ehemaligen Bezirksstädten (Neubrandenburg, Schwerin, Rostock, Halle, Magdeburg, Frankfurt/O, Chemnitz, Dresden, Leipzig, Suhl, Erfurt, Gera), wo couragierte Bürgerinnen und Bürger im Dezember 1989 die Stasi-Bezirksverwaltungen besetzten bzw. zu sichern halfen, sollen jetzt „umstrukturiert“ werden. Sieben Orten sollen die damals unter hohen Risiken erkämpften Akten jetzt entzogen werden. Was mit den Außenstellen insgesamt werden soll, ist vollkommen ungewiss. Obwohl unklar ist, welche Vor- und Nachteile dies mit sich bringt, wollen Bundestag und Bundesrat im Zeitraum Juni bis September dieses Jahres einen BStU-Abwicklungsplan beschließen.

Bislang wurde die Existenz der BStU-Behörde an die Geltungsdauer der Überprüfungen von Personen im öffentlichen Dienst geknüpft, die inzwischen verlängert worden ist. Politischer Hintergrund dafür war, dass diese Überprüfungen nicht Aufgabe eines Archivs, sondern die einer Behörde zu sein hätten. Es ist offensichtlich widersinnig, dass man einerseits die Möglichkeit für Stasi-Überprüfungen verlängert, zugleich jedoch die BStU abwickeln will.

Würden die BStU-Akten künftig – wie geplant – im Bundesarchiv archiviert, muss befürchtet werden, dass Überprüfungsauskünfte sowie die Akteneinsicht insgesamt politischen Interessen zu folgen haben. Die Führungsspitze des Bundesarchivs als Letztentscheider besteht gegenüber der Bundesregierung aus weisungsgebundenen Beamten, während der jetzige BStU-Bundesbeauftragte unabhängig ist und nicht der Fachaufsicht und der Rechtsaufsicht eines Ressorts untersteht.

Unklar ist auch das Schicksal historischer Forschung zur Staatssicherheit. Die entsprechende BStU-Abteilung wurde inzwischen zu einer „archivwissenschaftlichen Abteilung“ umdeklariert, um die Reste dieser Abteilung für einen Übergang ins Bundesarchiv „passfähig“ zu machen. Damit ist unklar, wo die Stasi-Forschung künftig stattfinden wird. Die derzeitige historische universitäre Forschung deckt dies u.a. wegen der Komplexität des Stasi-Unterlagenbestandes und der Nichtexistenz einer Geheimdienstforschung in Deutschland bisher kaum ab.

Die Stasi-Akten haben insgesamt einen hohen Quellenwert, da sie umfangreich Auskunft über das Wirken der DDR-Geheimpolizei geben. Sie können nicht nur ehemaligen DDR-Bürgern (darunter auch jenen, die nicht direkt verfolgt wurden) helfen, ihre Biographien zu rekonstruieren und so beispielsweise festzustellen, warum ihnen Reisen aus oder in die DDR oder auch Karrierewege versperrt blieben. Diese Unterlagen sollten in einer Sonderbehörde erhalten bleiben und weiter umfassend zugänglich sein. Die Archive in den bisherigen BStU-Außenstellen wiederum sollten archivarisch modernisiert werden.

Der zuständige Kulturausschuss des Bundestages versucht derzeit, den Opfern der DDR-Repression die geplante Abwicklung der BStU-Behörde schmackhaft zu machen, indem man einen „Opferbeauftragten“ installieren will. Es ist in Ordnung, wenn die Opferverbände einen „Opferbeauftragten“ für sinnvoll halten; diese Ankündigung darf aber nicht zu einem Kuhhandel für die Abwicklung der BStU-Behörde führen.

Aufarbeitung ist auch politische Bildung, eine Ausdünnung wäre angesichts wachsender Politikmüdigkeit nicht nur in Ostdeutschland kontraproduktiv. Hinzu kommt, dass die BStU-Behörde inzwischen vor allem im ostmitteleuropäischen, aber auch im asiatischen Ausland „Blaupause“ für den Aufbau vergleichbarer oder ähnlicher Institutionen war. Bei einem Rückbau der BStU hätten junge Demokratien es dort künftig ungleich schwerer.

Anstatt sie zu zerschlagen, rufen wir zur Ertüchtigung der Stasiunterlagen-Behörde und ihrer Außenstellen auf. Geschichte lässt sich nicht abwickeln.“

Zu den Unterzeichnern gehören u.a.:

Thomas Auerbach, Jugenddiakon, ehem. BStU-Forschung; Marianne Birthler, Berlin, ehem. Bundesbeauftragte; Heidi Bohley, ehem. Halle Zeit-Geschichten e.V.; Dr. Martin Böttger, Zwickau, Vors. des Martin-Luther- King-Zentrums Werdau; Dr. Bastian Fromm, Stockholm; Dr. Udo Grashoff, Halle, Zeit-Geschichten e.V.; Thomas Dahnert, Berlin, Bibliotheksleiter; Christian Dietrich, Klettbach, Pfr., ehem. Landesbeauftragter Thüringen zur Aufarbeitung der SED-Diktatur; Gilbert Furian, Autor; Gerold Hildebrand, Berlin, Mitarbeiter der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen; Freya Klier, Filmemacherin, Autorin; Kal-Ludwig von Klitzing, ehem. Vor. des Runden Tisches Frankfurt/Oder; Oliver Kloss, Leipzig, IfM-Archiv; Anne Kupke, Halle, Zeit-Geschichten e.V.; Uwe Lehmann, Berlin, ehem. Arbeitskreis Solidarische Kirche, Mitbegründer von Bündnis 90; Petra Morawe, Berlin, Beiratsmitglied der BStU; Dr. Ehrhart Neubert, Pfarrer und Historiker; Hildigund Neubert, Sts. a.D. und ehem. Landesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen Thüringen; Rudi Pahnke, Pfr., ehem. Mitbegründer des Demokratischen Aufbruch; Christoph Polster, Cottbus, Pfarrer, Verein Aufarbeitung Cottbus e.V.; Ursula Popiolek, Berlin, Gedenkbibliothek zu Ehren der Opfer des Kommunismus; Frank Sonntag, Leipzig, Journalist MDR;Werner Schulz, ehemal. Mitglied des Europarlamentes; Detlef W. Stein, Berlin, Bürgerkomitee „15. Januar“; Margarita Stein, Osteuropa-Zentrum Berlin; Barbara Sengewald, Erfurt, Gesellschaft für Zeitgeschichte; Dr. Rita Sélitrenny, Bürgerkomitee Leipzig; Rolf Schwanitz, Plauen, ehem. Volkskammer- und Bundestagsabg, Staatsmin. a.D., SPD; H. Johannes Wallmann, Berlin, Komponist; Konrad Weiss, Autor u.v.a.

Interessenten, die ähnliche Zweifel an den Plänen des Kulturausschusses haben, wie die Unterzeichner der vorstehenden Erklärung, können ihre Unterschrift unter Voranstellung der Erklärung an den Kulturausschuss (kulturausschuss@bundestag.de) des Deutschen Bundestages übersenden. Zur Koordinierung sollte die Mail gleichzeitig in CC (Kopie) an das „Bürgerkomitee 15. Januar“ bueko_1501_berlin2@web.de übersandt werden.

V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin – Mobil: 0176-48061953 (1.464).

Berlin/Leipzig, 28.06.2019/cw – In selten gewordener Einigkeit empören sich Bürgerrechtler, SED-Opfer und Protagonisten der Aufarbeitung des SED-Unrechtes gegen den geplanten Auftritt von Gregor Gysi am 9. Oktober in der Peterskirche. Zu den Klängen der Leipziger Philharmoniker soll ausgerechnet der letzte SED-Chef die Festrede zum 30.Jahrestag der Leipziger Groß-Demo halten.

Gysi, dem u.a. von einem Bundestagsuntersuchungsausschuss vorgehalten wurde, IM der Stasi gewesen zu sein, hatte zwar während der SED-Herrschaft zahlreiche Oppositionelle und Bürgerrechtler vor den Schranken der zweiten deutsche Diktatur verteidigt. Es waren aber nie Vorhaltungen verstummt, dass der Rechtsanwalt dabei auch die Interessen der Stasi vertreten hätte.

Zum Jubiläum die Vergangenheit „verschönen“?
Foto: LyrAg

Ebenso schwer wiegen die jetzigen erneuten Vorhaltungen im Zusammenhang mit der geplanten Veranstaltung in Leipzig: Gregor Gysi hatte sich nach der Mauer-Öffnung vehement und erfolgreich gegen Anträge gewehrt, die SED aufzulösen und dies u.a. damit begründet, dass dann das gesamte Parteivermögen für die Partei verloren ginge. Nach seiner

erfolgreichen Überzeugungsarbeit war er von den frustrierten Genossen zum neuen Parteichef gewählt worden. Gysi gelang in der Folge die Metamorphose, über die Kürzel SED/PDS, PDS (1990), Die Linkspartei/PDS (2005) und nach der Fusion mit der WASG in DIE LINKE (2007) die Diktatur-Partei im demokratischen System der Bundesrepublik zu verankern. Auch das sogen. SED-Vermögen konnte weitgehend für die Arbeit der nominell gewandelten Partei gerettet werden.

Eine derartige Leitfigur der SED könnte nicht auf einer derartigen Gedenk-Veranstaltung an die Friedliche Revolution auftreten, schon gar nicht den Festvortrag halten, sagen jetzt die Kritiker, die am kommenden Montag der Öffentlichkeit einen Protestbrief zugänglich machen wollen. Bis dahin (Limit: Sonntag, 30. Juni) können sich Bürger und Institutionen diesem Protest mit ihrer Unterschrift anschließen.

Schorlemmer: Ausladung käme einer Zensur gleich

Gegen die Forderung, Gregor Gysi auszuladen, sprach sich der Wittenberger Theologe und Bürgerrechtler Friedrich Schorlemmer aus: Eine Ausladung käme einer Zensur gleich, zitiert die Leipziger Volkszeitung heute den streitbaren Theologen. Niemand sei genötigt in jenes Konzert in der Peterskirche zu gehen. Er, Schorlemmer, könne in dem Auftreten Gysis keine Verhöhnung erkennen. Schließlich sei auch Gysi durch die Friedliche Revolution „von der Einmauerung befreit“ worden. Letztere Logik hört sich für die Kritiker denn doch mehr als eine „überzogene theologische Umarmungs-Begründung“ denn als eine politisch überzeugende Argumentation an.

Beobachter gehen inzwischen davon aus, dass sich diese „Provokation von Leipzig“ nicht durchsetzen wird. Sie rechnen aufgrund der Proteste mit einer Korrektur der Programm- Gestaltung. Schließlich gäbe es genügend redegewandte Zeitzeugen und Bürgerrechtler, die diesem Jubiläum Glanz verleihen könnten.

V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin – Mobil: 0176-48061953 (1.429).

Ein Einwurf von Jörg Moll*

Berlin, 23.05.2017/jm – Der Innensenator sonnt sich im Medienrummel des aufrechten und gnadenlosen Aufräumers. Endlich greift einer durch. Endlich wird – über fünf Monate danach – untersucht, welche amtlichen Schlampereien und Versäumnisse dem Terroristen Anis Amri das weihnachtliche Attentat ermöglicht haben. Andreas Geisel (SPD) präsentiert sich als Saubermann an der Spree, als Saubermann der Nation. Durch eine Strafanzeige will er die Versäumnisse endlich aufklären lassen…

Strafanzeige? War da nicht was? 

Die meistgestellte Frage vor der Gedächtniskirche… – Foto: LyrAg

Ja, richtig. Am 27.12., also acht Tage nach dem furchtbaren Anschlag vor der Gedächtniskirche, stellte die Berliner Vereinigung 17. Juni bei der Staatsanwaltschaft in Berlin Strafanzeige gegen Unbekannt. Der Vorwurf: Unterlassung. Der Vereinsvorstand argumentierte: „Auch wenn Details seiner (Amris) Planung nicht bekannt waren, so hat man das Wissen um dessen Gefährlichkeit lange gekannt. Mithin haben sich diverse, derzeit unbekannte Personen der Unterlassung schuldig gemacht und haben insofern den Tod von Menschen inkauf genommen. Auch wenn die insbesondere für die Sicherheit verantwortlichen Personen im Nachgang eben diese Verantwortung bestreiten und dafür juristische und andere, die Verantwortung abweisende Gründe anführen, liegt hier zumindest der Verdacht auf einen Straftatbestand vor.“ Und: „Maßgeblich ist allein das Unterlassen des rechtlich gebotenen, aktiven Tuns (Wessels/Beulke/Satzger). Echte Unterlassungsdelikte begründen eine Rechtspflicht zum Tätigwerden in sich selbst.“ Der Vorstand forderte die Staatsanwaltschaft auf, „in diesem Sinne vorurteilsfrei „in alle Richtungen“ zu ermitteln. Falls den Ermittlungen das „Weisungsrecht“ möglicher politisch Verantwortlicher ggüb. der Staatsanwaltschaft entgegenstehen sollte, wäre Ihrerseits zu prüfen, inwieweit eine übergeordnete Dienststelle (z.B. Generalstaatsanwalt oder Bundesanwaltschaft) aufgefordert wird, die notwendige Ermittlungen an sich zu ziehen.“

Bereits am 17. Januar teilte die Staatsanwaltschaft dem Verein mit, dass sie keine Anhaltspunkte gesehen habe, entsprechende Ermittlungen aufzunehmen. In einer Beschwerde an den zuständige Generalstaatsanwalt vom 3.02.2017 argumentierte der Verein gegen die Ablehnung von Ermittlungen u.a.: „Der Tod von 12 Menschen und die Verletzung weiterer 50 Menschen durch einen solchen terroristischen Anschlag kann aber nicht einfach aus wie immer gearteten Bequemlichkeiten heraus zu den Akten gelegt werden. Hier ist die Staatsanwaltschaft  v e r p f l i c h t e t ,  jeglichem Verdacht auf eine mögliche strafbare Handlung nachzugehen.“

Unterschiedliche Verantwortlichkeiten

Zuständige Behörden und Institutionen hätten geäußert, sie würden „gewissenhaft jeder Möglichkeit unterschiedlicher Verantwortlichkeiten nachgehen, um entsprechende – auch strafrechtliche – Konsequenzen ziehen zu können.“ Unter diesem Gesichtspunkt sei die Entscheidung der Staatsanwaltschaft zumindest voreilig gefällt worden. Der Verein befürchtete durch die staatsanwaltliche Entscheidung eine Legitimation anderer Institutionen des Staates, „die weitere Untersuchung möglicher Verantwortlichkeiten unter Hinweis auf die Entscheidung der Staatsanwaltschaft Berlin einzustellen.“ Es könne und dürfe nicht Sinn und Zweck einer Strafverfolgungsbehörde sein, möglichen Verantwortlichen oder gar Tätern im strafrechtlichen Sinn im Voraus einen Persilschein auszustellen, ohne nicht zuvor entsprechende Ermittlungen anzustellen.

Wundern sie sich, das auch der Generalstaatsanwalt keinen Grund sah, die beantragte Aufhebung des Einstellungsbescheides zu vollziehen? Dann haben sie sicherlich übersehen, das die Staatsanwaltschaft weisungsgebunden ist. Selbst wenn ein Staatsanwalt wollte könnte er sich nicht „Weisungen“ übergeordneter Stellen widersetzen. Es ist aber müßig, jetzt darüber zu debattieren. Denn jetzt hat der Innensenator höchst persönlich Strafanzeige erstattet. Und nach dem dadurch ausgelösten Medienrummel haben es die für die Strafverfolgung zuständigen Instanzen zumindest schwerer, erneut Ermittlungen abzulehnen. Es bleibt also zumindest durch die jetzige mediale Hype zu hoffen, dass Verantwortlichkeiten endlich ernsthaft geklärt, mögliche Versäumnisse notwendige Konsequenzen „ohne Ansehen der Person“ nach sich ziehen und die jetzige Anzeige letztlich nicht als purer Spree-Klamauk in die Analen der Hauptstadt eingeht. Auch der beginnende Wahlkampf darf nicht den Blick auf die Familien verstellen, die so sinnlos ihre Liebsten vor dem Fest der Liebe verloren haben oder schwerverletzte Angehörige noch heute in Krankenhäusern besuchen müssen.

An dieser Stelle ein Dank an die Bürgerrechtler von heute, die sich lange vor einem Senator veranlasst sahen, zumindest den Versuch einer Aufklärung zu unternehmen und die Verantwortlichen einschließlich der Staatsanwaltschaft an ihre Pflichten zu erinnern.

* Der Autor ist Vorsitzender der Vereinigung der Opfer des Kommunismus – Deutschland e.V., (VOK) in Wolfenbüttel und war zuvor um die Jahrtausendwende Bundesvorsitzender der Vereinigung der Opfer des Stalinismus (VOS), deren Ehrenmitglied er seither ist.

V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin – Tel.: 030-30207785 (1.249).

 

 

 

 

Titel HB 2014

Nr.052Einigkeit und Recht und Freiheit15. 04. 2016

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Merkel knickt ein: Demokratischer Samba oder Totentanz?

Ade, du schöne Zeit voll Glück

die Freiheit geht verlor´n

Der Schrecken sitzt jetzt im Genick,

der Sultan sprüht vor Zorn.

Einst hat man bei uns aufgetrumpft

und ließ die Freiheit zu.

Jetzt sind wir wieder eingeknickt:

Was machen wir denn nun?

Stimmung, es lebe die Mauerfall-Zeit

denn nun wird diese zur Nach-Wende-Zeit.

Und weil wir bei uns der Freiheit nicht mehr trau´n

wird auf die Macht-Pauke gehau´n.

Einst war´n wir endlich frei,

jetzt sind wir entsetzt:

Wir dienern vor der großen Türkei,

sind von der Demokratur besetzt.

Lieb Vaterland, magst ruhig sein,

das hatten wir ja alles schon:

In Weimar ließen wir es ganz allein,

da war dann Hitler unser Lohn.

Bald haben wir dann Einsamkeitsgefühle,

der Widerspruch wirkt sehr antik.

Nur wenige machen sich dann noch Mühe.

Kein Wunder nach des Sultans Sieg.

 

Achtung: Satire! © 2016 LyrAg

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Nach Toresschluss: Betroffene sollen endlich gehört werden

Berlin, 15.04.2016/cw – Ulrike Poppe, Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur in Brandenburg, will, jetzt – quasi in letzter Minute – den Betroffenen dieser Diktatur die Möglichkeit geben, zu den beabsichtigten Änderungen der BstU Stellung zu nehmen und eigene Vorstellungen vorzutragen. Der Deutsche Bundestag hatte am 5.04. d.J. seinen Bericht zur Zukunft der BstU abgeschlossen und am 12. April dem Bundestagspräsidenten übergeben. Einzig Hildigund Neubert hatte in einem Minderheitenvotum wesentliche Aussagen der Expertenkommission widersprochen. Betroffene, wie ehemalige politische Gefangene der Diktatur oder Flüchtlinge waren zu keinem Zeitpunkt zur Mitwirkung eingeladen oder z.B. in durchaus möglichen Anhörungen um ihre Meinung gebeten worden. Anzunehmen ist, dass der Bundestag die Einbindung „anerkannter Bürgerrechtler“, die vielfach zu „Parteisoldaten“ mutiert waren oder von Funktionären der Aufarbeitungsindustrie als ausreichend angesehen hat, das komplexe Thema zu bewältigen.

Bei den zitierten Betroffenen hingegen genießen die Bürgerrechtler bis auf wenige Ausnahmen nicht den besten Ruf. Waren sie doch meist zu einem sehr späten Zeitpunkt in den Jahren 1988 und 1989 auf den in Fahrt gekommenen historischen Zug aufgesprungen. Dabei wird deren zweifelloser Verdienst um die Beschleunigung des Auflösungsprozesses nicht infrage gestellt, andererseits aber auch entgegen gehalten, dass die Bürgerrechtler zunächst vielfach für eine Vernichtung der Stasi-Akten gestimmt hatten, um das Land „zu befrieden“. Auch sei deren Ziel zunächst eine Erneuerung der DDR und keinesfalls deren Beseitigung oder gar Wiedervereinigung gewesen. Vielmehr waren es die Millionen Flüchtlinge und Widerständler, die der DDR die Existenz-Grundlagen durch beharrlichen Widerstand entzogen hätten. Auf diesem Hintergrund erklärt sich auch, dass die Expertenkommission die „demokratische Kräfte der Friedlichen Revolution von 1989“ mehrfach besonders hervorhebt, denen die „Sicherstellung eines großen Teils (!) der Akten“ zu verdanken sei.

In ihrer Einladung an die „Lagergemeinschaften, Opferverbände und -vereine und Aufarbeitungsinitiativen im Land Brandenburg“ lädt die Landesbeauftragte „zur Verständigung über eine gemeinsame Stellungnahme zum Bericht der Expertenkommission über die Zukunft der Behörde des BstU“ ein. Das „außerordentliche Treffen“ soll am 21. April 2016 von 11:00 – 13:00 Uhr „wie immer in der Dienststelle der Landesbeauftragten, Hegelallee 3, in Potsdam“ stattfinden.

Wenn auch der eingeräumte Zeitraum von einer Woche (zwischen Veröffentlichung/Übergabe) für das Studium der Empfehlung für die meisten Verbände zu kurz sein dürfte, eine kritische Beurteilung oder gar Alternativen zu erarbeiten und die angesetzten zwei Stunden für eine ernsthafte Beratung kaum ausreichend sein dürfte, ist der erkennbare gute Wille der Landesbeauftragten zu würdigen, die unmittelbar Betroffenen wenigstes „kurz nach Toressschluss“ einzubeziehen. Der Dachverband jedenfalls kam nicht auf diese Idee.

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Demo ehemaliger DDR- Heimkindern vor dem OLG Brandenburg

von Lutz Adler

Recht haben und Recht bekommen ist, so die Feststellung der ehemaligen Heimkinder der ehemaligen DDR, selbst 26 Jahre nach der Wende offensichtlich wieder zweierlei. Das war der Grund für den vom DEMO Landesverband Hessen e.V. organisierten Protest vor dem OLG Brandenburg am 11.04.2016.

Vor dem OLG in Brandenburg fand am 11.04.2016 eine Demo engagierter ehem. Heimkinder statt - Foto: LyrAg

Vor dem OLG in Brandenburg fand am 11.04.2016 eine Demo engagierter ehem. Heimkinder statt – Foto: LyrAg

Die Vereinigung DEMO ist ein Zusammenschluss von ehemaligen Heimkindern der DDR bzw. ehemaliger Insassen von JWH und Spezialkinderheimen. Diese können, so will es der Gesetzgeber nach dem Strafrechtlichem Rehabilitationsgesetz, ihre Rehabilitation für die zu Unrecht erlittene freiheitsentziehenden Maßnahmen beantragen. Allerdings sind bereits im Gesetz immer klarer zutage tretende Ungereimtheiten verankert. Dieses Gesetz ist offenbar nicht für minderjährige und strafunmündige Kinder gemacht worden.

Diese Verfahren werden, und das ist eine erhebliche Fehlentwicklung in der Umsetzung dieses Gesetzes, als ausschließlich schriftliche Verfahren geführt. Die Kammern haben  die Praxis entwickelt, diese Verfahren ohne Öffentlichkeit und ohne Anhörung der Betroffenen zu führen. Selbst die Entscheidungen „Im Namen des Volkes“ werden ohne dieses verkündet. Das ist der derzeitige Stand zumindest beim OLG Brandenburg.

Aufgrund dieser Praxis kann Niemand überprüfen, welche Verfahren die Gerichte und die einzelnen Kammern  durchführen. In einer Rüge des Bundesverfassungsgerichtes, die das OLG Brandenburg im Dezember 2014 bezüglich eines solche Verfahrens erreicht hat, hat das BVG bewusst den Begriff „veranstalten“ gewählt . In der besagten Rüge (AZ.: 2 BvR

Forderungen ... Foto: Adler

Forderungen …
Foto: Adler

2063 /11) ist weiter die Rede von „ineffektiven Verfahren“, von einer „Nicht-Erfüllung der Ermittlungspflicht von Amtswegen“, die das Gesetz eindeutig vorschreibt, und weiter von „der Verweigerung des rechtlichen Gehörs“, auf das jeder Bürger laut GG-Artikel der Bundesrepublik einen Anspruch hat.

Verfahrenszeiten von mehr als fünf Jahren

Als wäre diese juristische Ohrfeige nicht schon schlimm genug, trifft ein weiterer Vorwurf die Vorsitzende des zweiten großen Strafsenates des OLG Brandenburg, Frau Pisal. Die im Gesetz explizit herausgestellte „besondere Fürsorgepflicht“ gegenüber den Antragstellern, alle samt und sonders im fortgeschrittenen Lebensalter, scheint bei der Vorsitzenden vollkommen unter die Räder der Justiz gekommen zu sein. Wie sind sonst Verfahrenszeiten von mehr als fünf Jahren zu erklären? Derzeit sind allein fünf Fälle bei diesem OLG anhängig. Der Verdacht drängt sich förmlich auf, das diese Kammer offensichtlich mit dieser Aufgabe überfordert zu sein scheint.

Alle Teilnehmer der Demo vor dem OLG, auch ich, (mit einer Kunstaktion „Offizieller Gerichtstag“) achten die unbedingte Unabhängigkeit der Richter und Gerichte in einer Demokratie. Dies bedarf keiner ausdrücklichen Betonung. Das kann aber nicht dazu führen, das wir als Betroffene stillschweigend zusehen, wie man uns unserer Rechte beraubt. So ordnet die genannte Vorsitzende die Erstellung und Beschaffung von „Vollbeweisen“ in Form von Gutachten an, die schnell mehrere tausend Euro kosten können. Sie beruft sich dabei offenbar nach einer Rüge auf die Ermittlungspflicht von Amtswegen. In einem Verfahren soll ein überklebtes Zeugnis in einem aufwändigen Verfahren vom Unterblatt getrennt werden, wofür eigens die Generalstaatsanwaltschaft und ein Gutachter eingeschaltet wurden. Auch das ist im Gesetz (StrehaG) eindeutig anders geregelt. So heißt es in der zitierten Rüge an das OLG Brandenburg: „An die Darlegung durch den Antragsteller sind keine allzu hohen Anforderungen zu stellen“.

Einstimmung auf die Kunstaktion... Foto: Adler

Einstimmung auf die Kunstaktion…
Foto: Adler

Es entsteht der Eindruck, so auch der Präsident des Brandenburger Verfassungsgerichtes, Herr Möller, auf einer Veranstaltung der UOKG im Landtag vor ca. drei Wochen, dass diese Vorsitzende am OLG das Gesetz offensichtlich entweder nicht gelesen oder mindestens nicht verstanden hat. Eine freie Beweiswürdigung, so schreibe es das StrehaG vor, ist oft mehr als 50 Jahre nach diesen Vorgängen vom Gesetzgeber verständlich und nicht von ungefähr sachangemessen vorgesehen. Hier einen Vollbeweis erbringen zu wollen oder von den Betroffenen einzufordern, die meist noch heute unter schweren traumatischen Folgen der menschenverachtenden Behandlungen in diesen Einrichtungen leiden, steht im krassen Widerspruch zu der vorhin erwähnten „Fürsorgepflicht“.

OLG Naumburg: Schwere Menschenrechtsverletzungen

Als Richterin "Frau Pi" Heike E. vor dem OLG. - Foto: Adler

Als Richterin „Frau Pi“: Heike E. vor dem OLG.
– Foto: Adler

Dass es auch anders geht, beweist derzeitig die Kammer für Rehabilitation am Oberlandesgericht von Sachsen–Anhalt in Naumburg. Dort hat man offensichtlich die prekäre Situation des StrehaG und auch die Mängel des Gesetzes erkannt. Hier sind inzwischen zwei Entscheidungen zu Gunsten der Antragsteller ergangen. In diesen wurde umfassend den damaligen schweren Menschenrechtsverletzungen und der unwürdigen Behandlung der Betroffenen Rechnung getragen (AZ.: 2 Ws ( Reh) 45/15 vom 03.12.2015 und 2 Ws ( Reh) 8 /16). Hier hatten die Richter offensichtlich das Gesamtbild und auch die Belastungen, die ein solches Verfahren für die Antragsteller bedeutet, im Auge. Weiterhin bemerkenswert ist der Leitsatz der erst genannten Entscheidung: „Die Einweisung in ein Spezialkinderheim ist in der Regel unverhältnismäßig, wenn der Betroffene sich nicht gemeingefährlich verhalten oder erhebliche Straftaten begangen hatte.“

Drei Richter, die offensichtlich nicht nur das Gesetz gelesen, sondern es auch verstanden haben. Drei Richter, die ihrer vom Gesetz vorgeschriebenen „Fürsorgepflicht“ nachkommen und drei Richter, die mit ihren Entscheidungen gegen den bundesweiten Strom schwimmen und den Betroffenen endlich 26 Jahre nach der Wende eine Anerkennung ihrer Leiden zusprechen. Der Deutsche Bundestag hatte schon im Sommer 2011 in öffentlicher Sitzung klar erklärt: „Wir wollen den Betroffenen nun endlich Glauben“ zuteil werden lassen!

Gerne hätten wir während der DEMO vor dem Haus diesbezügliche Fragen an den derzeitigen Präsidenten gestellt. Aber da standen wohl nicht nur terminliche Hindernisse im Weg. Ist es nicht auch für das OLG Brandenburg längst an der Zeit, die eigene Haltung zu überdenken und im Sinne eines Gesetzes zu handeln?

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Workutaner: Hansgeorg Wagner am 1. April 2016 verstorben

Ein Nachruf von Werner Gumpel

Wieder ist einer der besonders liebenswerten Workuta-Kameraden von uns gegangen: Hansgeorg Wagner, der zuletzt in Feucht bei Nürnberg gelebt hat, ist am 1. April 2016 nach langer Krankheit verstorben. Tapfer hat er jahrelang versucht gegen die mit seinem Leiden verbundene Atemnot anzukämpfen, hat aber am Ende doch diesen Kampf verloren. Immerhin: Trotz seines oft schweren Lebens hat er das 91. Lebensjahr erreicht und damit bewiesen, dass er zu kämpfen versteht: Er verlor seine ostpreußische Heimat, er überstand zwei Jahre Kriegsgefangenschaft bei den Amerikanern.

Danach verschlug es ihn nach Döbeln in Sachsen. Seine Kontakte zu der von den Kommunisten gehassten „Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit“ und seine Proteste gegen die Verhaftung von liberalen Lehrerkollegen führten zu seiner Verhaftung durch den Staatssicherheitsdienst, der ihn nach wenigen Tagen an die Russen übergab. Ein sowjetisches Militärtribunal in der Dresdener Bautzner Straße verurteilte ihn wegen „antisowjetischer Propaganda“ und „Gruppenbildung“ (Artikel 10 und 11 des StGB der RSFSR) zu 25 Jahren Zwangsarbeit. Ebenso wie einige tausend andere politische Oppositionelle wurde er in ein Zwangsarbeitslager im Gebiet Workuta, 160 Km. nördlich des Polarkreises, verbracht. Nach vier Jahren wurde er nach Deutschland entlassen. In der Bundesrepublik begann er ein neues Leben, aus dem er nun gerissen wurde.

Hansgeorg Wagner hat sich tapfer durch die Zeit der Gefangenschaft geschlagen und sich stets als guter Kamerad bewährt. Trotz der vielen negativen Erfahrungen, die er schon frühzeitig in seinem Leben machen musste, ist er Optimist geblieben. In der Freiheit hat er den Kontakt zu vielen seiner ehemaligen Kameraden aufrechterhalten, die es stets geschätzt haben, mit ihm zusammenzutreffen. Die ihn gekannt haben, werden ihn in angenehmer Erinnerung behalten.

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Hinweis: Die bisherigen Ausgaben des Hohenecker Boten können unter http://www.17juni1953.de abgerufen oder direkt bei der Redaktion gegen Kostenbeitrag bestellt werden (Redaktion: Siehe Impressum). Die Vereinigung 17. Juni 1953 e.V. hat der Redaktion Gastrecht auf der Homepage eingeräumt, der Verein ist für die Inhalte nicht verantwortlich. Namentlich gezeichnete Artikel geben die Meinung des/der Verfasser/Verfasserin wieder.
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Redaktion: Carl-Wolfgang Holzapfel (cw) – verantwortlich; redaktion.hoheneck@gmail.com; Kaiserdamm 9, D-14057 Berlin, Tel.: 030-302077 85 oder 0176-48061953; Fax: 030-30207786 (derzeit außer Betrieb). Anzeigen auf Anfrage.

von Dr. Wolfgang Mayer*

Sie sehen nicht aus wie Zombies; aber als beerdigt galten sie eigentlich schon, die DDR-„Bürgerrechtler“ aus vergangener Zeit. Immerhin 47 der gefühlt acht Millionen von ihnen – darunter unzählige merkelsche FDJ-Agitatoren wie gauck-schorlemmersche Protestanten – unterschrieben jetzt einen (selbstverständlich Offenen) Brief an die Bundeskanzlerin höchstpersönlich.

Vom Stile her liest der sich etwas anders als der Aufruf „Für unser Land“ von Ende 1989, als uns die DDR als „sozialistische Alternative zur Bundesrepublik“ erhalten bleiben sollte. Heute freilich erscheinen sie entschieden mutiger und wollen mehr, viel mehr, die „Bürgerrechtler“; etwas wesentlich Größeres nämlich. Mit ihren Intentionen unterscheiden sie sich kaum noch von den damaligen Reformkommunisten: Sie wollen nicht bloß keine Mauer(n) mit Stacheldraht, nein, sie wollen ein richtig gutes, sozialistisches Europa errichten, in dem möglichst alle Platz haben. Also auch die Menschen, die sich zurzeit auf der Flucht aus dem Süden befinden und sich einer Völkerwanderung gleich in Richtung Mitteleuropa, insbesondere zu uns nach Deutschland bewegen. „Das ist das Land, in dem wir leben wollen, von dem wir geträumt haben!“ huldigen sie der Bundeskanzlerin, und gemeint ist Multikulti. Das muß gut gehen, denken sie, denn mit einer harten Währung schafft man natürlich mehr als dies damals die dürre DDR-Mark bringen konnte – ungeachtet dessen, daß es kaum noch jemanden gibt, der über die beängstigende Zwei-Billionen-Euro-Staatsverschuldung der Bundesrepublik Deutschland spricht.

Wie bereits vor dem schmachvollen Zusammenbruch des SED-Regimes, als die viel zu lange in ihren Nischen ausharrenden „Bürgerrechtler“ – aufgerüttelt durch die wirklichen Dissidenten der Flucht- und Ausreisebewegung – den ablaufenden politischen Veränderungen beschämend visionslos nacheilten, handelt es sich einmal mehr um einen Realitätsverlust, den man nur kopfschüttelnd zur Kenntnis nehmen kann. Wie groß dieser Realitätsverlust ist: Dreist behaupten sie, die „Zäune … selbst vor mehr als 25 Jahren niedergerissen“ zu haben.

Ein bedeutender Unterschied im Verhalten dieser Briefschreiber – von damals ist nur noch Ulrike POPPE dabei; einige werden sich wohl noch hinzugesellen – besteht allerdings: Während sie 1989 einer überschaubaren Minderheit hinterher hechelten, möchten sie heute dem denkenden Großteil des Volkes voraus eilen. Vorauseilenden Gehorsam nennt man das; womöglich direkt von der Machtzentrale, dem Bundeskanzleramt angeregt. Daß sie dabei nicht nur den alarmierenden Brandbrief von 215 nordrhein-westfälischen Bürgermeistern an MERKEL ignorieren, sondern dem genannten, „besorgten“ Teil des Volkes den Rücken kehren, kümmert sie wenig. Dank der gleichgeschalteten Mainstream-Medien („Lügenpresse“) brauchen sie allzu harsche Kritik, falsch zu handeln, nicht befürchten. Denn nur bei einer objektiven Berichterstattung durch die Medien würde sie rasch hinweggefegt sein, die selbstgerechte Bundeskanzlerin mit ihren sorglosen Beratern und den völlig neben dem Volke laufenden Kabinettsmitgliedern.

Zurück zum Offenen Brief der „Bürgerrechtler“: Roland JAHN, der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, brauchte oder wollte (noch) nicht unterschreiben, denn seine MERKEL-Loyalität („mein großes Vorbild“) ist längst bekannt. Aber wundern darf man sich schon, weshalb damalige Widerständler wie beispielsweise Christoph WONNEBERGER oder der Politologe Ilko-Sascha KOWALCZUK, Ehemann von Susan ARNDT, ihre Unterschrift unter dieses beschämende Papier setzten. (1.050)

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___________________________________________________________________________* Der Autor ist pensionierter Berufsschullehrer und betreibt seit Jahren das Internet-Portal Flucht und Ausreise. Im Herbst 1988, also ein Jahr vor dem Zusammenbruch des SED-Regimes, besetzte er mit weiteren 17 Thüringern die dänische Botschaft in Ostberlin.

V.i.S.d.P.: Dr. Wolfgang Mayer, Speyer – c/o Redaktion Hoheneck, Berlin, tel.: 030-30207785

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