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Von Christian Booß
Berlin, 7.01.2020/chBo – Das Ende der Staatssicherheit, die Ereignisse Anfang Dezember 1989 und die am 15. Januar 1990 sind vielen bekannt: Sie sind vielfach beschrieben und gehören inzwischen zum historischen Alltagsbewusstsein. Diese scheinbare Gewissheit lässt selten die Frage aufkommen, ob das was wir meinen zu wissen, sich auch wirklich so zugetragen hat. Oder ob es andere Sichtweisen und Fakten gibt, die manches in neuem Licht erscheinen lassen.
So ist der oft gehörte Satz „Anfang Dezember wurden die Bezirksverwaltungen des MfS/AfNS besetzt“ ungenau bis falsch. Gerade die Berliner Bezirksverwaltung wurde nie „besetzt“, schon gar nicht Anfang Dezember ’89. Und ob manche der Bürgerbegehungen von Kreis- und Bezirksverwaltungen wirklich treffend mit dem Wort Besetzung beschrieben ist, ist ebenso fraglich. Für die komplexen Geschehnisse, die am 15. Januar zum Ende der MfS-Zentrale führten, gibt es bis heute keine schlüssige Bezeichnung. „Erstürmung“,“ Sturm“, etc. greifen deutlich zu kurz.
Manche Ereignisse werden oft als revolutionäre Tat vor Ort beschrieben, das Handeln der Staatsseite als die der Bremser und Verhinderer. Aber wie die Motivation und Weisungslage auf Staatsseite wirklich war, ist bis heute nicht untersucht. Die Behauptung des ehemaligen Dresdener Oberbürgermeisters, Wolfgang Berghofer, wonach Ministerpräsident Hans Modrow die Stasi opferte, um sich, die SED und die DDR möglichst zu retten, sorgte für Aufregung. Schrillte Thesen von der Manipulation der Bürgerkomitee führten sogar zu einem Prozess, aber nicht zu einer wirklichen Klärung.
Der 30. Jahrestag der sogenannten „Erstürmung“ der MfS-Zentrale ist ein guter Anlass, auf die Ereignisse zurückzuschauen, kontroverse Sichtweisen zu benennen und offene Fragen zu formulieren.
Mit dem Internetauftritt www.Stasibesetzung.de haben mehrere Aufarbeitungsinstitutionen und Einzelpersonen erstmals begonnen, den Wissensstand überregional für ganz Ostdeutschland zusammenzutragen. Die Website wird mit Inhalten zum 15. Januar aktualisiert, die im Rahmen der Veranstaltung vorgestellt werden.
Der Aufarbeitungsverein Bürgerkomitee 15.Januar e.V.“ lädt aus diesem Anlass am Sonntag, 12. Januar 2020 um 11:00 Uhr in das Haus 1, Raum 614 auf dem ehemalige Stasigelände in der Ruschestr. 103, 10365 Berlin (U-Bhf. Magdalenenstraße) zu einer Matinee (Vortrag mit Diskussion) ein. Als weitere Gäste sind ehemalige Beteiligte an den „Besetzungen“ in Berlin und anderswo anwesend.
Kritik an Roland Jahn: Intelligentes Handeln – nicht Sprücheklopfen ist gefragt
Im Vorfeld der Veranstaltung hat sich der Vorstand des Vereins in einer Presseerklärung vom 5. Januar kritisch zu jüngsten Äußerungen von Roland Jahn in einem dpa-Interview geäußert. Der Bundesbeauftragte für die Stasiunterlage (BStU) hatte sich zur Rekonstruktion der Stasi-Akten geäußert und eine Verantwortung seiner Behörde von sich gewiesen.
„Der Bundesbeauftragte für die Stasiunterlagen (BStU) bemäntelt das eigene Scheitern bei der Restaurierung zerrissener Stasi-Akten,“ formuliert der Vorstand. „Bislang wurden kaum Opferakten rekonstruiert.“ Der Aufarbeitungsverein fordert den Bundestag auf, sich in einer Anhörung dieses Themas anzunehmen.
„Das Projekt, die Akten elektronisch zusammenzusetzen, ist faktisch seit Jahren beendet. Denn seit mehr als vier Jahren wird keine einzige Akte mehr mit dem vor Jahren neuentwickelten Softwaresystem zusammengesetzt. Die Behörde schiebt die Verantwortung einseitig auf die IT-Technologie (virtuelle Rekonstruktion), um von den eigenen Fehlern abzulenken.
Demgegenüber werden Computersoftware und Scanner seit Jahren erfolgreich für internationale Institutionen zur Wiederherstellung von zerstörten Dokumenten eingesetzt. Die Stasi-Unterlagenbehörde stellte teilweise absurde technische Anforderungen an das Softwaresystem, die gegenwärtig faktisch nicht erfüllbar sind und das Projekt ineffektiv werden ließen,“ kritisiert der Vorstand.
Die Stasi-Unterlagenbehörde blockiere „seit mehreren Jahren die Finanzen, die der Bundestag für den Fortgang der Entwicklung des Projektes bereit gestellt hat.“ Auch die bisherige Vorgehensweise der BStU wird ins Visier genommen:
Die Auswahl der Akten, die zusammengesetzt wurden, sei problematisch. Es wären primär Akten von Verwaltungseinheiten (HA XX und XV) bearbeitet worden. „Anders als der BStU behauptet, wurden bisher nicht schwerpunktmäßig Akten von Personen, die die Stasi ausgespäht hat, rekonstruiert, obwohl manche seit Jahrzehnten auf ihre Akte warten.“ Bis heute gebe es keine qualifizierte Bewertung der archivarischen Ergebnisse der Aktenrekonstruktion.
Praxis der BStU die ineffektivste und teuerste Methode
Die vom BStU propagierte angeblich erfolgreiche Rekonstruktion per Hand (manuelle Rekonstruktion) sei die ineffektivste und teuerste Methode, stellt der Verein i seiner harschen Philippika fest! Diese sei nur bei besonders historisch wichtigen Akten oder für Modellvorhaben zu rechtfertigen. Die manuelle Arbeit als Ersatz für die elektronische Methode zu propagieren, sei unverantwortlich.
Schließlich appelliert der Vorstand an die Verantwortliche im Kulturausschuss des Deutschen Bundestages. Dieser sollte den 30. Jahrestag der Besetzungen der Staatssicherheit in der Friedlichen Revolution zum Anlass nehmen, sich auf breiterer Basis als bisher in einer Anhörung mit den Missständen des Projektes zu beschäftigen und Lösungsstrategien suchen.
V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin – Tel.: 0176-48061953 (1.502).
München/Berlin, 27.09.2019/cw – Joachim Gauck, vormaliger Bundespräsident und Namensgeber für die Stasi-Unterlagen-Behörde (BStU) in Berlin, die nach dem Willen des Bundestages (von gestern) eliminiert werden soll, hat sich in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin FOCUS (Nr.40/2019) für eine größere Toleranz gegenüber Andersdenkenden ausgesprochen.
Er finde es bedrohlich, so Gauck, dass Linksliberale „alles ablehnen, was rechts von der politischen Mitte ist“. Es darf aus seiner Sicht nicht sein, dass aus Angst vor Rassismusvorwürfen kritische Themen nicht angesprochen werden.
Die pauschale Ablehnung aller Argumente und Vorstellungen, die „rechts von der politischen Mitte oder rechts von der Union“ kommen, bezeichnete der Altbundespräsident als bedrohlich, wenn „viele in den linksliberalen Kreisen sehr pauschal alles ablehnen und sogar als Gefahr für die Demokratie verurteilen,“ führte Gauck aus. „Auch linksliberale Meinungsführer müssen lernen zu tolerieren, dass Teile unserer Gesellschaft anders ticken, anders denken, anders sprechen, auch wenn dies bei liberalen Eliten Kopfschütteln, Ratlosigkeit und Ablehnung“ hervorrufe.
Gauck räumte ein, dass man in einer offenen Gesellschaft mit unterschiedlichsten Meinungen nicht alles akzeptieren könne: „Aber nicht alles, was wir nicht akzeptieren, ist deshalb gleich verfassungsfeindlich“. Es erfordere „echte Toleranz,“ wenn „Altmodische, konservative oder gar reaktionäre Menschen“ nun einmal einen „nicht zu übersehender Teil unserer Gesellschaft“ seien.
Auch an der „übertriebenen Political Correctness“ übte der einstige Bundesbeauftragte für die Aufarbeitung der Stasi-Unterlagen Kritik: „Wenn man die deutsche Sprache unbedingt einer erhofften gesellschaftlichen Entwicklung anpassen will, kann das schnell zu Übertreibungen führen, die von großen Teilen der Bevölkerung abgelehnt werden.“ Gauck bezeichnet dies als „Neusprech“ oder auch „betreutes Sprechen.“ Dass man aus lauter Angst vor dem Vorwurf der Fremdenfeindlichkeit oder des Rassismus kritische Themen nicht mehr ansprechen dürfe, könne nicht sein. „Wenn die demokratische Mitte Reizthemen meidet, werden diese an den politischen Rändern zu Hauptthemen,“ sagte ein offensichtlich sehr nachdenklich gewordener Gauck.
Redaktion Hoheneck, Berlin – Mobil: 0176-48061953 (1.480).
Brandenburg/Berlin, 01.09.2019/cw – Am 6. November 2009 protestierte er in DDR-Häftlingskleidung bei der Vereidigung von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) und protestierte damit gegen die Unterzeichnung des Koalitionsvertrages zwischen der SPD und der SED, die unter dem Namen LINKE firmierte. 2019 schloss der CDU-Prominente hingegen eine Zusammenarbeit mit der Partei DIE LINKE nach den Wahlen vom 1. September nicht aus: Dieter Dombrowski (*1951).
Der für die CDU seit 2014 amtierende Vizepräsident des Brandenburger Landtages scheiterte mit 17,0 % am heutigen Sonntag als Direktkandidat im Wahlkreis IV (der neben Teilen des Havellandes auch Neustadt und Wusterhausen umfasst) hinter der Erstplatzierten Katja Poschmann (24,95 % / SPD), Kai Berger (24,00 % / AfD) und Brandenburgs Finanzminister Christian Görke (20,44 % / Linke) lt. vorläufigem amtlichen Endergebnis).
Für Dombrowski dürfte damit eine jahrzehntelange politische Laufbahn in der CDU zu Ende gehen. Das einstige nominelle Patenkind von DDR-Staatschef Wilhelm Pieck wurde am 13. August 1974 vom Bezirksgericht Schwerin wegen „ungesetzlichen Grenzübertritts“ und „staatsfeindlicher Verbindungsaufnahme“ zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Von der 20monatigen Haftstrafe verbüßte er allein 16 Monate im Stasi-Gefängnis Cottbus.
Nach seiner Entlassung aus der DDR-Staatsbürgerschaft beteiligte er sich an seinem neuen Domizil in West-Berlin mehrfach an Aktionen gegen die SED-Diktatur und trat 1977 der CDU bei. Von 1983 bis 1990 sammelte er politische Erfahrungen als Referent im Deutschen Bundestag, von 1983 – 1987 war er Landeschef der Jungen Union in Berlin. Nach der Öffnung der Mauer siedelte Dombrowski wieder in die ehem. DDR zurück und war von 1990 bis 1994 Landrat des Kreise Rathenow.
Der zwischenzeitliche Generalsekretär der Brandenburger CDU (2009 – 2012) war seit 1994 Mitglied des Kreistages Havelland und dort seitdem bis 2009 Fraktionsvorsitzender. Seit September 1999 wurde Dombrowski viermal jeweils über die Landesliste Mitglied des Brandenburger Landtages, wo er auch die Fraktion nach dem Rücktritt von Saskia Ludwig ab September 2012 (bis 2014) anführte, bis er 2014 zum Vizepräsidenten des Landtages gewählt wurde.
Ein Jahr später (2015) wurde er auf Vorschlag Roland Jahns (BStU-Chef) zum Vorsitzenden der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG) als Nachfolger von Rainer Wagner gewählt, der wegen antisemitischer und islamfeindlicher Äußerungen von dieser Funktion zurücktreten mußte.
Allerdings wußten Dombrowskis Wähler in dem Dachverband und vermutlich auch Roland Jahn nichts von dessen ebenfalls umstrittenen Vorleben. So sagte er in den achtziger Jahren als Zeuge in einem Verfahren wegen Volksverhetzung aus, nachdem Teilnehmer einer von ihm geleiteten Fahrt der Berliner JU zum Hambacher Schloss wegen Absingens des Horst-Wessel-Liedes (das seinerzeit als NS-Hymne galt) und Zeigen des Hitlergrußes aufgefallen waren. Er „habe dies nicht bemerkt“, sagte Dombrowski lt. einschlägiger Presseberichte. Immerhin wurden in dem Verfahren zwei junge Männer wegen Volksverhetzung und dem Tragen von verfassungsfeindlichen Nazi-Symbolen verurteilt. Das Gericht verwies darauf, dass erheblich mehr vorgefallen war, als das in der Anklageschrift formulierte. „Am wenigsten“, so das Gericht, hätte „die Zeugenaussage des Reiseleiters Dombrowski überzeugt“.
Auch seine Teilnahme an einer Kranzniederlegung am Sowjetischen Ehrenmal im West-Berliner Bezirk Tiergarten an der Seite von Vertretern der sowjetischen Jugendorganisation Komsomolzen wenige Jahre vor dem Mauerfall blieb erklärungsbedürftig. Seine Abrechnungsaffäre mit der Brandenburger Landtagsverwaltung führte zu strafrechtlichen Ermittlungen. Das Verfahren konnte nur durch einen Strafgeldbescheid abgewandt werden. Der Vorgang irritierte ebenfalls viele Weggefährten.
Zuletzt hatte Dombrowski seitens der UOKG mit seiner Stimme an der nach wie vor in der Szene umstrittenen Absetzung von Hubertus Knabe als langjährigen Leiter der Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhausen mitgewirkt.
Wenn sich der nunmehr mandatslose umtriebige Politiker nicht überraschend mit einer Funktion in einem Kabinett der SPD/CDU/Grüne oder SPD/Grüne/LINKE des Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (*1961) wiederfindet, wird er sich nunmehr mit ganzer Kraft seinen Funktionen als UOKG-Chef und Vorsitzender des Menschenrechtszentrums in Cottbus widmen können. Da er seine Ehefrau bereits in den Führungs-Etagen der UOKG integriert hat, wird ihm diese wohl tatkräftig zur Seite stehen.
Unabhängig von den vielfältigen Strudeln um den Brandenburger CDU-Politiker bedauern engagierte Vertreter der Verfolgten-Szene, daß mit dem Ausscheiden von Dieter Dombrowski aus einer wichtigen politischen Funktion erneut eine Stimme für die Vertretung von Interessen einstiger SED-Unrechts-Opfer entfalle. Das sei „im Jahr 30 nach der Maueröffnung durchaus ein schmerzlicher Prozess,“ so ein Verbandsvertreter ggüb. der Redaktion.
Beitrag redigiert am 2.09.2019, 10:25 Uhr
V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin – Mobil: 0176-48061953 (1.472).
Erklärung des Vorstandes des Aufarbeitungsvereines Bürgerkomitee 15. Januar e.V. Berlin
Berlin, 26.06.2019/ChrB – Der Ausschuss für Kultur und Medien des Deutschen Bundestag hat heute einen Antrag mit den Stimmen der Regierungskoalition beschlossen, der das Ende der Behörde des Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen herbei führen soll. Nach Plänen der Koalition soll das Plenum des Bundestages dem Antrag nach der Sommerpause zustimmen, dass die Akten in das Bundesarchiv überführt werden, obwohl es für fast alle wesentlichen Probleme keine Lösung gibt. Eine solche Entschließung des Bundestages ohne das Kleingedruckte zu kennen, wäre nach Auffassung des Aufarbeitungsvereins Bürgerkomitee 15. Januar e.V. fahrlässig und unverantwortlich.
Außenstellen in Ostdeutschland hängen in der Luft
Nicht geklärt ist die Zukunft der 12 Außenstellen des BStU. Sie befinden sich in ehemaligen Bezirksstädten der DDR, wo couragierte Bürger im Dezember 1989 die Stasi-Dienststellen besetzten und die Akten sicherten. Nach Vorstellungen der Koalition sollen 7 Außenstellen die Akten weggenommen und in je einer Landesstelle archiviert werden. Welche Orte das sein werden, ist vollkommen unklar. Unklar ist auch das Schicksal der 7 Außenstellen. Sie sollen Öffentlichkeitsarbeit und politische Bildungsarbeit machen. Das Bundesarchiv hat in einer Anhörung aber schon klar zu erkennen gegeben, dass es sich nicht für politische Bildungsarbeit in der Fläche verantwortlich fühlt. Es fehlt dem BArch auch die nötige Kompetenz. Somit ist die Zukunft der Außenstellen, die gerade in ostdeutschen Regionen mit wenig Aufarbeitungsinitiativen eine wichtige politische Bildungsarbeit leisten, vollkommen ungewiss.
Zusammenarbeit mit Aufarbeitungsinstitutionen im Mittelosteuropa ungewissNicht geklärt ist, wie der Arbeitsverbund mit den vergleichbaren Aufarbeitungsinstitutionen in Mittelosteuropa aufrechterhalten werden soll. Die Gauck-Behörde war ein Vorbild für diese Institutionen, eine Abwicklung des BStU lässt nach bisherigen Erfahrungen negative Auswirkungen auf den Aufarbeitungs- und Demokratisierungsprozess in diesen und anderen postdiktatorischen Ländern befürchten.
Ende der Stasi-Forschung
Nicht geklärt ist die Zukunft der Stasiforschung. Der Bundesbeauftragte hat die bisherige Forschungsabteilung einfach zu einer archivwissenschaftlichen Abteilung umdeklariert, um ein Hindernis auf dem Weg zum Bundesarchiv auszuräumen. Damit droht die Stasi-Geheimdienstforschung abgewürgt zu werden, obwohl es viele weiße Flecken gibt und es an keiner Universität eine etablierten Schwerpunkt zur Geheimdienstforschung gibt.
Politisierung der Akten droht
Nicht geklärt sind die rechtlichen Probleme. Der Vorschlag, das Stasi-Unterlagengesetz für den Sonderbestand der Stasi-Akten dem Bundesarchivgesetz anzugliedern, ist nicht durchdacht. Es sind zwei systematisch vollkommen gegensätzliche Gesetze, was auch verfassungsrechtlich bedenklich ist. Bisher hat ein unabhängiger Bundesbeauftragter das Letztentscheidungsrecht darüber, welche Akte „nach draußen“ gegeben werden kann. Künftig würde diese Aufgabe dem Präsidenten des Bundesarchivs zukommen, der als weisungsabhängiger Beamter der Fach- und Rechtsaufsicht des zuständigen Ressorts der Bundesregierung untersteht. Der Streit um die Rechtsauffassung bei der Herausgabe von MfS-Akten von Personen der Zeitgeschichte in den Jahren 2000-2005 hat gezeigt, dass es massive Versuche von Seiten der Regierung gab, auf die Frage der Aktenherausgaben von Personen der Zeitgeschichte Einfluss zu nehmen. In mittelosteuropäischen Staaten, wo es dieses Unabhängigkeit bei der Entscheidung über Aktenzugänglichmachung nicht gibt, wurden die Akten zum Spielball der jeweilige Regierung, die der Versuchung unterlag, die Akten parteipolitisch zu nutzen.
Stasi-Überprüfung wird politisiert
Nicht geklärt ist, wie die geplante Fortsetzung der Möglichkeit Stasi-Überprüfungen von Abgeordneten und Mitarbeitern öffentlicher Institutionen, vom Bundesarchiv durchgeführt werden kann. Die Herausgabe von Material an die überprüfende Stelle ist faktisch immer ein Präjudiz, da die Behörde vorab entscheiden muss, ob das vorliegende Material belastend im Sinne des § 6 des StUG ist. Wie diese präjudizierende Entscheidung von einer weisungsabhängigen Behörde vorgenommen werden kann, bleibt eine ungeklärte Frage.
Von Koalitionspolitikern im Kulturausschuss wurde im Vorfeld der Eindruck erweckt, der Bundestag habe 2016 für die Überführung der Akten ins Bundesarchiv gestimmt. Dies trifft nicht zu. Der Bundestag hat dem Bundesbeauftragten und dem Präsidenten des Bundesarchivs damals nur den Auftrag erteilt, einen Vorschlag vorzulegen. Der Kulturausschuss will diesem Vorschlag jetzt folgen, obwohl alle wichtigen Fragen offen geblieben sind.
Der Antrag behauptet, dass es dem Interesse der Opferverbände entspräche, dass die Stasi-Unterlagenbehörde aufgelöst wird. Aus vielfältigen Kontakten ist uns demgegenüber bekannt, dass viele der in der DDR politisch Verfolgten und Repressierten keineswegs das vom Ausschuss vorgelegte Konzept begrüßen.
Ansprechpartner: Dr. Christian Booß, bueko_1501_Berlin@web.de – Mobil: 0171-5311140
Berlin, 23.06.2019/cw – Nach dem Skandal um die Abberufung des langjährigen Direktors der Gedenkstätte. Hubertus Knabe, startet die Gedenkstätte offensichtlich wieder durch. Am 17. Juni war die Berufung des Abteilungsleiters in der BStU, Helge Heidemeyer (56), als Knabe-Nachfolger bekannt geworden. Er soll sein neues Amt im Herbst 2019 antreten.
Am Sonntag, 7. Juli, gibt der Liedermacher und Lyriker Wolf Biermann im Rahmen eines TAGES DER OFFENEN TÜR (10:00 – 17:00 Uhr) live ein Open-Air-Konzert (14:00 -15:00 Uhr), anschließend spricht er mit Marianne Birthler, der ehemaligen Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, über seine Erfahrungen in der DDR. Birthler hatte an der Abberufung von Hubertus Knabe mitgewirkt und kurzfristig die Führung der Gedenkstätte übernommen.
Die Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen (Genslerstr. 66) wurde 1994 begründet und befindet sich auf dem Gelände der ehemaligen zentralen Untersuchungshaftanstalt der Staatssicherheit der DDR im Berliner Bezirk Lichtenberg. Das ursprünglich sowjetische Gefängnis wurde 1951 an die Geheimpolizei der DDR übergeben.
V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin – Tel.: 0176-48061953 (1.424).
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