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Berlin/Potsdam, 26.05.2018/cw – Der Autor Dr. Christian Booß, Vorsitzender des „Bürgerkomitees 15. Januar“, liest am 28. Juni 2018 um 18.00 Uhr im Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Jägerallee 9-12, 14469 Potsdam aus seinem im Juni 2017 erschienenen Buch (Vandenhoeck & Ruprecht, ISBN-10: 3525351259 – ISBN-13: 978-3525351253 , 616 S., 45,00 €). Es handelt sich um eine gemeinsame Veranstaltung des Verfassungsgerichtes und der Beauftragten des Landes Brandenburg zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur in Kooperation mit dem Landgericht Potsdam.
Booß, der sich bereits einen Namen als kritischer Medienberichterstatter (TV und Print-Medien) und als Pressesprecher der BStU gemacht hat, schildert in seinem spannenden Buch u.a. die Verstrickungen von Rechtsanwälten der DDR, die als prominent gewordene Persönlichkeiten in den Umbruchzeiten nach dem Mauerfall während der Friedlichen Revolution unter Stasi-Verdacht gerieten. Diese „Enthüllungen“ haben bewusst oder unbewusst das Bild der DDR-Anwälte bis heute geprägt, weil eine wissenschaftliche Analyse der DDR-Anwaltschaft auf breiter Quellenbasis bisher aussteht.
Idealbild „Sozialistischer Anwalt“
Der Autor untersucht die Tätigkeit der Verteidiger in den politischen Prozessen insbesondere der Honecker-Ära, wozu er sich durch über 1000 Prozess- und Ermittlungsakten arbeitete. Die Booß-Arbeit greift jedoch weit über diese Prozesse hinaus, um diese Akten überhaupt interpretieren zu können. So werden die Umstrukturierung der Anwaltschaft in Ostdeutschland seit 1945, die Ausbildung der Anwälte und die Versuche von SED, Justizapparat und Stasi, sie im Sinne des Idealbildes vom »sozialistischen Anwalt« zu beeinflussen, gründlich beleuchtet. Unter Anwälten der DDR war die Zahl der inoffiziellen Mitarbeiter höher als in anderen Berufsgruppen. Dennoch wurde interessanterweise oft auf anderen Wegen versucht, das Verhalten der Anwälte im Prozess zu beeinflussen.
In den meisten Verfahren wurden zum Beispiel Personen, die unter dem Verdacht der beabsichtigten Republikflucht verhaftet und angeklagt worden waren, von der Kanzlei Wolfgang Vogel vertreten, was nach Booß zur Verkümmerung der Prozesskultur beitrug. Die engen Handlungsspielräume der DDR-Anwaltschaft waren auch ein Symptom für die Einschränkung der Freiheit des Einzelnen in der DDR und besonders der Angeklagten in politischen Strafverfahren, analysiert der Autor.
Justiz auch heute (noch) politisch beeinflusst?
Aktuelle Brisanz erhält der Vortrag durch die Tatsache, das der Justizminister Brandenburgs, Stefan Ludwig (DIE LINKE), jüngst eine Anzeige gegen die Arbeits- und Sozialministerin Diana Golze (LINKE), die Präsidentin des LaGeSo, Liana Klocek und den Vorsitzenden Richter der 11. Kammer des VerwGer. Potsdam, Fabian Eidtner, an den Generalstaatsanwalt übermittelt hat (Mai 2018).
Hintergrund der Anzeige ist die Auseinandersetzung eines ehemaligen, aus politischen Gründen verurteilten Häftlings, der bisher erfolglos juristisch gegen Entscheidungen geklagt hatte, dass die Verrechnung der sogen. „Opferrente“ mit dem erstrittenen Berufschadensausgleich rechtens sei. Die angezeigten Personen hatten sich mit ihrer Haltung bzw. Entscheidung gegen eine Rechtsanweisung des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) aufgrund des Ergebnisprotokolls der Länderbesprechung vom 4.09.2007 (Durchführung und Vollzug des StrRehaG) gestellt, obwohl dieses Protokoll als verbindlich von allen Ländern, einschließlich dem Land Brandenburg, unterschrieben worden war. Mithin stellt sich anlässlich des Vortrages die Frage, inwieweit (auch) heute politische Vorgaben Auswirkungen auf Entscheidungen diverser Instanzen, auch der Gerichte, haben. Nach Recherchen der Redaktion ist das Land Brandenburg, oft als „kleine DDR“ bezeichnet, das einzige Bundesland, dass dieses Ergebnisprotokoll der Bund-Länderbesprechung nicht in die Praxis umsetzt. Nach diesem Protokoll „werden nachweisliche Leistungen auf Berufsschadensausgleich (BSA) und Ausgleichsrenten nach §§ 30 und 32 BVG als vergleichbare Leistungen im Sinne des § 17a, Abs.2, Satz 2, zweiter Halbsatz StrRehaG n i c h t als zu berücksichtigendes Einkommen bei der Zumessung der „Opferrente“ gewertet. Bei ihrer Ablehnung der Umsetzung des Ergebnisprotokolls beruft sich das von einer linken Koalition geführte Land auf die „Unverbindlichkeit“ von Bund-Länder-Besprechungen, diese hätten also keinen Einfluss auf die eigenständigen Vorgehensweisen der Länder.
V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin – Tel.: 030-30207785 (1.386).
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