Interview der Neuen Zürcher Zeitung vom 08.11.2019 mit dem vormaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck. In dem Interview äußert sich der vormalige Bundespräsident extensiv zum Thema Toleranz:
„Wir können an diesen Aktionen an den Unis Hamburg, Giessen, Frankfurt und zum Teil auch in Berlin sehen, was passiert, wenn die Guten meinen, es sei jetzt an der Zeit, die Meinungsfreiheit einzuschränken, weil diejenigen, die sie dort am Auftreten hindern, für unsere Gesellschaft zu gefährlich seien. Dabei handelt es sich bei jenen weder um Nazis noch um Nationalisten, sondern einfach um Menschen, die eine unpopuläre Sicht meist rechts von der Mitte auf die Geschehnisse in Deutschland und Europa vertreten. Dann erhält jemand schnell das Etikett «Nazi» oder «Faschist». So eine linke Orthodoxie ist ja etwas zutiefst Antidemokratisches: die Vorstellung einer gereinigten Gesellschaft. Dabei entsteht ein grosser politischer Schaden für die Demokratie, wenn abweichende Meinungen gleich als unmoralisch verurteilt und diskriminiert werden. Und Intoleranz gerechtfertigt wird zur Durchsetzung des Guten.“
Der vollständige, ungekürzte Text unter: https://www.nzz.ch/feuilleton/joachim-gauck-zum-mauerfall-es-ist-keine-gute-strategie-alles-was-abseits-von-der-politischen-mitte-ist-sofort-auf-die-seite-der-demokratiefeinde-zu-setzen-ld.1520427
3 Kommentare
22. November 2019 um 09:34
Hary Leipzig
Ausgerechnet Gauck, der Erfinder von „Dunkeldeutschland“, der genau solche Entwicklungen gefördert hat, gibt so was von sich. Widersprüchlicher geht es nicht. Und wen bitte meint er mit „die Guten“? Doch nicht etwa diese Linksextremisten?
11. November 2019 um 08:45
Matthias Herms
Auch bei Gauck, der selbst den politischen Feind in den Stasiakten aktiv über Jahre bekämpft hat, hat sich am Ende des Lebens letztendlich die Alterweisheit durchgesetzt und IM Larve ist zu E i n s i c h t e n gekommen.
…
Erstaunlich, zu welchen Einsichten man dann doch … in hohem Alter kommt. Nur … kommt diese Einsicht leider 30 Jahre zu spät …
Wie notwendig hätten wir einen Politiker im Format eines Nelson Mandela gebraucht. Aber auch heute 30 Jahre später ist niemand am politischen Horizont in Sicht …
10. November 2019 um 17:50
text030
Wo waren Gaucks klaren Aussagen zum Umgang mit Andersdenkenden, als er noch im Amt war?
Ich will es hier nicht vertiefen, empfehle aber das Buch „Magdalena“ von Jürgen Fuchs. Den Ausführungen dort schließe ich mich an.