Von Angelika Barbe*

Berlin, 19.08.2019 – Ich erlaube mir nach Studium des jüngsten Dombrowski-Briefs an die Mitglieder und Freunde des Menschenrechtszentrums Cottbus (MRZ) an dessen eigene Forderung von 2018 zu erinnern, die CDU in Brandenburg solle doch nach den Landtagswahlen mit der „rechtsidentischen SED“ (parteieigene Aussage der unter dem Tarnbegriff „Linke“ agierenden SED vor dem Landgericht Berlin) koalieren. Ich habe damals einen kleinen Artikel verfasst, den ich hier anhänge und mit „Die Auferstehung der Nationalen Front der DDR mit Hilfe der CDU“ betitelte. Der Artikel erschien auf dem Blog von Vera Lengsfeld.

Was mich vor allem empört, ist der gebrochene antitotalitäre Konsens der Demokraten. Wann kam der eigentlich abhanden? Sich niemals mit Links- oder Rechtsextremisten einzulassen, darüber war man sich einst parteiübergreifend einig. Dann kam der Verrat an dieser Einigkeit durch die Sozialdemokraten um Höppner, Ringstorff, Wowereit, Stolpe, Woidke und Co., die mit der SED paktierten, um jeweils Ministerpräsident in Sachsen-Anhalt, dann in Meck-Pomm., später in Berlin und Brandenburg werden zu können. Die vorgegebene Linie Erhard Epplers. „Erst linke Mehrheit, dann linke Regierung“ gilt uneingeschränkt und wird strikt befolgt – wie jetzt in Bremen.

Jahre vor und in den Monaten während der Friedlichen Revolution waren weder Herr Dombrowski noch Frau Wähling (Letztere Westdeutsche und nie Opfer der SED-Diktatur) vor Ort in der DDR, sondern im sicheren Westen. Das haben sie mit Herrn Höcke gemein. Allerdings rechne ich die 250.000 unschuldig politisch Inhaftierten (auch Dombrowski), die Ausreisebewegung und v.a.m. ebenfalls zu den Vorreitern der Friedlichen Revolution. Mut und Zivilcourage, den SED-Repressionen 1989 auf der Straße zu trotzen, einen klugen Widerstand zu organisieren und damit die SED-Diktatur gewaltlos zu stürzen, brachte die DDR-Opposition gemeinsam mit widerständigen DDR-Bürgern auf, die allein den Preis dafür zahlen mussten – nicht die Westdeutschen.

Wir sollten gemeinsam dafür sorgen, daß nicht Opportunisten wie Thierse, der erst im Januar 1990 wie Phönix aus der DDR-Asche stieg, nie in den Bürgerrechtskreisen gesichtet wurde (obwohl er in Pankow lebte und kein Risiko trug), nachträglich durch die „Lückenpresse“ (Norbert Bolz) zum „Bürgerrechtler“ mutieren und damit den Widerstand entwerten. Ich habe mich bei BILD-Zeitung und beim rbb über diese Geschichtsfälschung beschwert. Jedenfalls werde ich lieber gegen die Verzerrung der Zeitgeschichte eintreten, als mich dazu missbrauchen zu lassen, Kameraden, die ich achte und verehre, anzuschwärzen. Wer diese Spaltung betreibt, handelt im Sinne totalitärer Ideologen.

Übrigens gilt vor Wahlen ein striktes Neutralitätsgebot von Amtsträgern, worauf der Verfassungsrechtler Tristan Barczak von der Uni Münster hinwies. Das Grundgesetz vertraut auf die freie öffentliche Auseinandersetzung. Deshalb müssen Amtsträger im freien Wettbewerb die Chancengleichheit aller demokratischen Parteien beachten. Auch wenn sich Dombrowski jetzt scheinheilig darauf zurückzieht, als Vorstand des Vereins gehandelt zu haben (nachdem Siegmar Faust aus dem Verein ausschied oder „vergrault“ wurde? – was zu untersuchen wäre), bleibt er Vizepräsident des Landtages von Brandenburg und ist an das Recht gebunden, das ihm -anscheinend- völlig egal ist.

Solange die CDU die „Herrschaft des Unrechts“ zur offiziellen Leitlinie erhoben zu haben scheint, werde ich die CDU-Vertreter an ihre Rechtsverstöße erinnern und daran, wie wertvoll das Recht für alle ist, die im Unrechtsstaat DDR leben mussten, denn: „Die Voraussetzung für Freiheit und Demokratie ist die Herrschaft des Rechts.“ (K-A. Schachtschneider)

* Angelika Barbe (*1951) war Oppositionelle in der DDR, Mitbegründerin der SPD in der DDR, von 1990 bis 1994 MdB und Mitglied im Parteivorstand der gesamtdeutschen SPD. Seit 1996 ist Barbe Mitglied der CDU.

Anmerkung der Redaktion: Vorstehender Replik ging eine Presseerklärung des MRZ voraus: http://www.menschenrechtszentrum-cottbus.de/news/pressemitteilung-menschenrechtszentrum-cottbus-verurteilt-geschichtsverfaelschende-wahlplakate-der-afd.html sowie eine Antwort von Siegmar Faust, auf die wiederum Dieter Dombrowski und Sylvia Wähling und danach ergänzend Dieter Dombrowski in einem zweiseitigen Brief „an die Mitglieder des Menschenrechtszentrums Cottbus“ reagierte. Dieser Brief liegt der Redaktion vor, ist aber derzeit (19.08.2019, 09:30 Uhr) über die Seite des MRZ nicht abrufbar.

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