Ein Einwurf von Helfried Dietrich*
Die Öffnung der Mauer am 09. November 1989 gilt zu Recht als entscheidendes Ereignis zum Zustandekommen der Wiedervereinigung.
In der öffentlichen Darstellung und Wahrnehmung gelten die Montagsdemonstrationen in Leipzig, später in Berlin und anderswo, als initialer Auslöser für den Mauerfall. Der Hintergrund, der zu den Montags-demonstrationen und der Grenzöffnung geführt hat, wird jedoch oft übersehen.
Die ARD (MDR) hat in ihrer Sendung „Fakt“ vom 2.07.2019 „Wie die Stasi spionierte“, Sendeminute ab 13:44,
aufgezeigt, dass Ausreiseantragsteller, die sich unter dem Schirm des Friedensgebetes regelmäßig Montags in der Nikolaikirche trafen, die Initialzündung gesetzt haben. Sie sind aus dem Schirm und damit auch der Obhut der Kirche hinausgetreten auf die Straße und haben ihr Ausreisebegehren lautstark öffentlich artikuliert.
Erst nachdem deutlich wurde, dass die DDR-Staatsmacht nicht einschreitet, haben sich andere hinzugesellt, die eine Veränderung der DDR forderten. Dies hat zu der Massenbewegung geführt. Aber diese hat weiterhin nur Veränderungen in der DDR gefordert.
Erst die Grenzöffnung, die unter dem jahrelang anwachsenden Druck der Ausreisebewegung in der DDR, der Grenzöffnung in Ungarn und den Botschaftsbesetzungen in Prag und Warschau erfolgte, war das entscheidende Ereignis, das die Entwicklung zur Wiedervereinigung einleitete.
* Der Autor ist stellv. Vorsitzender der IEDF
V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin – Mobil: 0176-48061953 (1.437).
4 Kommentare
24. Juli 2019 um 10:22
Klaus Plätzsch
Die oppositionellen Gruppen meist junger Leute, die im kirchlichen Raum operierten, waren überwiegend links gesinnt und wollten die DDR verändern, nicht abschaffen. Mehr als Nadelstiche konnten sie dem Staat nicht zufügen.
Die Ausreisantragsteller hatten den verbrecherischen Charakter der Ideen der deutschen und internationalen Linken erkannt und wollten nur noch ´raus´ aus dem „Arbeiter-und-Bauern-Paradies“. Die Stasi erkannte, dass sie den gefährlicheren Teil der Staatsgegner waren, weil sie die Mehrheit der Volksmeinung vertraten.
22. Juli 2019 um 21:12
Felix Heinz Holtschke
Dies historisch unwiderlegbaren Fakten wurden in der Sondersitzung des Deutschen Bundestages am 06. Juni 2019 von allen Parteien ignoriert, so auch in den Resolutionen der CDU und FDP anlässlich des 30. Jahrestages der friedlichen Revolution in der ehemaligen DDR. Eine unentschuldbare Geschichtsverdrehung. In diesem Kontext kann es auch niemanden mehr verwundern, wenn im Organisationskomitee 30 Jahre Mauerfall die Opferverbände nicht vertreten sind!
Felix Heinz Holtschke
Landesvorsitzender der VOS NRW
22. Juli 2019 um 20:44
cayhner
Nur schade, daß so wenige Menschen diese Ursachen des Mauerfalls / Einigung Deutschlands würdigen. Die Flucht und Ausreise- Bewegung entstand spätestens am 17. Juni 1953.
Millionen verließen bis zum 13. August 1961 die SBZ / ddr.
Es gab immer ddr – Ausreisende, sie waren immer da und wurden immer mehr. Deshalb auch bes. in Leipzig die vielen konspirativen Wohnungen der Stasi. Die Leipziger Messe war ein EinfallsTor des Klassenfeindes! Oppositionelle und Regime- Kritiker wie Schirdewan, Havemann,
Bahro, Biermann und Freunde und viele Solidarisierende sollen hier genannt werden.
Und Ausreise-Wellen gab in den 80-er Jahren, insbesondere 1984.
Die Würdigung dieser Ausreise – Bewegung, ideell und materiell, steht seit der Wiedervereinigung aus.
Das „Museum Runde Ecke“ sollte diese Thematik einmal zum Thema machen !
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23. Juli 2019 um 08:32
text030
„Die Würdigung dieser Ausreise – Bewegung, ideell und materiell, steht seit der Wiedervereinigung aus….“ Sie ist auch nicht gewollt! Im Interesse der Geschichtsklitterung wurden nunmehr 30 Jahre viele Zeitzeugen und Themen ausgegrenzt.
Daran wird sich auch künftig nichts ändern. Leider.