Berlin, 10.10.2018/cw – Die Proteste gegen die Entlassung von Hubertus Knabe als Leiter der Gedenkstätte Hohenschönhausen reißen nicht ab. Jetzt haben die prominenten Beiratsmitglieder Heidi Bohley, Zeit-Geschichte(n) e.V. Halle a.d.Saale, Freya Klier, Schriftstellerin und Dokumentarfilmerin, Berlin, und Prof. Dr. Barbara Zehnpfennig, Politikwissenschaftlerin, Passau, in einem Brief „an den Stiftungsrat der Stiftung Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen“ ihre Ämter als Beiratsmitglieder mit sofortiger Wirkung niedergelegt.

Hubertus Knabe (2.v.li.) begrüßte am 13.08.2016 die Demo ehemaliger politischer Häftlinge von der Vereinigung 17. Juni am Brandenburger Tor – Foto: Lyrag

In dem Schreiben, das der Redaktion vorliegt, begründen die bisherigen Beiratsmitglieder ihren Schritt mit der „1. Amtsanmaßung des Beiratsvorsitzenden Dieter Dombrowski“, der „2. Vorenthaltung von Informationen; 3. Undurchschaubaren Strukturen“ und „4. Verlorenes Vertrauen.“

Dombrowski sagte Sitzung „eigenmächtig“ ab

In der konkreten Begründung führen die Briefschreiber zu den angeführten Punkten aus:

1. „Fristgemäß und in Übereinstimmung mit der Geschäftsordnung § 6 des Beirats hatten die Unterzeichnerinnen für die turnusmäßige Beiratssitzung am 11.10.18 eine Aussprache mit dem z.Zt. freigestellten Stiftungsdirektor Hubertus Knabe als eigenen Tagesordnungspunkt angemeldet.“ Die Aussprache sei „vom Beiratsvorsitzenden Dieter Dombrowski verhindert“ worden, indem dieser „die Sitzung, zu der er bereits geladen hatte, eigenmächtig absagte, wozu ihn die Geschäftsordnung nicht ermächtigt.

Stattdessen wurden die Beiratsmitglieder für den 19.10.2018 in das Haus des Kultursenators Lederer bestellt, allerdings ohne den von uns angemeldeten Tagesordnungspunkt aufzunehmen, nämlich den Betroffenen, Hubertus Knabe, einzuladen und ihm Gelegenheit zu geben, seine Perspektive vorzutragen. Eine kontroverse Diskussion, die die Kenntnisse der Standpunkte beider Seiten erforderte, ist also nicht nur nicht erwünscht, sondern wird auch aktiv unterbunden.“

Austausch „über alternative Lösungen“ wurde verhindert

Kultursenator Klaus Lederer begrüßte die Demonstration gegen den Rentenbetrug vor der Gedenkstätte HSH am 11.08.2017: „Gut, dass Sie hier sind!“ – Foto: LyrAg

Unter 2. beziehen sich die Briefschreiberinnen auf die Fragestunde im Abgeordnetenhaus vom 27.09.2018, in der Kultursenator Klaus Lederer erklärt hatte, „er habe als Stiftungsratsvorsitzender die übrigen vier Ratsmitglieder, also auch unsere Vertreter in diesem Gremium, über einen längeren Zeitraum fortlaufend über den Stand der Ermittlungen zu den vermuteten Missständen in der Gedenkstätte informiert.“

Dies bestreiten die Briefautoren energisch: „Wir Beiratsmitglieder wurden von unseren Vertretern im Stiftungsrat zu keiner Zeit informiert. Stattdessen wurden wir ganz plötzlich mit der bereits vollzogenen Entlassung des Direktors konfrontiert.“ Dadurch sei verhindert worden, „sich vor dieser Entscheidung des Stiftungsrates im Beirat über anstehende Probleme in der Gedenkstätte und alternative Lösungswege auszutauschen.“

Personalangelegenheiten zur Beratung „nicht vorgesehen“

Unter Punkt 3. des Schreibens werden die „Undurchschaubaren Strukturen“ beklagt. So habe der Stiftungsratsvorsitzende zwar in seinem Antwortschreiben auf den ersten offenen Brief am 5.10.2018 auf § 7, Abs.1 des Stiftungsgesetzes hingewiesen, wonach der Beirat den Stiftungsrat und den Vorstand „in allen inhaltlichen und gestalterischen Fragen“ beraten solle, Personalangelegenheiten also nicht zur Beratung vorgesehen seien. Dann aber stelle sich die Frage, „wieso die Beiratsvertreter (bisher) im Stiftungsrat über Personalfragen abstimmen können, wenn eine Befassung damit für den Beirat gar nicht vorgesehen ist.“ Dies würde bedeuten, das der Stiftungsrat „über Herrschaftswissen gegenüber den eigentlich gleichgestellten Beiratsmitgliedern“ verfügt und damit eine Kompetenz wahrnimmt, „die dem Beirat selbst gar nicht zukommt.“

Dieter Dombrowski (CDU) muss sich heftiger Kritik stellen – Foto: LyrAg

Vertrauen zum Beiratsvorsitzenden verloren

Unter 4. betonen die Absender, sie hätten „das Vertauen in den Beiratsvorsitzenden Dieter Dombrowski verloren, weil uns nicht klar ist, wessen Interessen er eigentlich vertritt: Er (Dombrowski) hat zugestimmt, den Direktor Hubertus Knabe, der nachweislich immer für die Interessen der DDR-Opfer eingetreten ist, umstandslos zu entlassen, entzieht sich aber danach einer dringend geforderten Aussprache mit ihm.“

Auch würde es Dombrowskis Glaubwürdigkeit „in unseren Augen“ nicht erhöhen, wenn sich dieser als CDU-Politiker „zuerst für eine Zusammenarbeit mit der Partei DIE LINKE“ ausspreche und „anschließend gemeinsam mit einem LINKEN-Politiker an der Entlassung des schärfsten Kritikers eines solchen Zusammengehens mitwirkt.

Resümierend stellen Heidi Bohley, Freya Klier und Barbara Zehnpfennig fest: „Aus den genannten Gründen beenden wir unsere Mitarbeit im Beirat.

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