Hamburg/Berlin/Potsdam, 26.09.2018/cw – Der langjährige Vorsitzende und jetzige Ehrenvorsitzende der UOKG, Horst Schüler (94) hat jetzt in einem OFFENEN BRIEF an seinen Nach-Nachfolger Dieter Dombrowski (67) eine außerordentliche Hauptversammlung des Dachverbandes gefordert. Auf dieser Versammlung solle eine von Dombrowski in den Raum gestellte bzw. unterstützte Zusammenarbeit der CDU mit der einstigen SED und jetzt als DIE LINKE firmierende Partei offen diskutiert werden.

Zeitzeugen-Veteranen unter sich: Margot Jann, Ehrenvors. des Frauenkreise der ehem. Hoheneckerinnen und Horst Schüler, Ehrenvors. der UOKG – Foto: LyrAg
Dombrowski, Vizepräsident des Landtages von Brandenburg, hatte unlängst eine künftige Zusammenarbeit mit der einstigen SED „unter den geänderten Verhältnissen“ befürwortet und damit Brandenburgs CDU-Chef Ingo Senftleben (44) unterstützt, der eine „künftige Koalition“ mit der LINKEN nicht ausgeschlossen hatte. Gegenüber dem rbb-Magazin KONTRASTE (13.09.2018) hatte der UOKG-Vorsitzende gesagt: „Wenn andere Konstellationen nicht möglich sind, dann muss die CDU nicht nur gesprächs-, sondern auch zusammenarbeitsfähig sein, auch mit der Linken.“
„Täter rehabilitiert – Opfer werden diskreditiert“
Zehn Jahre zuvor war Dombrowski noch in einstiger Häftlingskleidung im Landtag von Brandenburg erschienen und anklagend formuliert: „Es ist heute ein Tag, an dem die Täter rehabilitiert und die Opfer diskreditiert werden. Von daher, die Menschen, die am meisten haben leiden müssen unter SED und Stasi, für die ist das heute ein Schlag ins Gesicht.“ Auf diese Äußerung von KONTRASTE angesprochen, sagte der Landtags-Vize: „Das ist ’ne lange Zeit und eine ganze Generation von Ganoven aus der SED, die gibt es nicht mehr. Und natürlich hat sich auch die jetzige Linkspartei hineingefunden in unsere Demokratie.“
In einem vorhergehenden Interview mit der Lausitzer Rundschau (17.08.2018) hatte Dombrowski ausgeführt: „Was ich nicht richtig finde, ist, dass man aufgrund alter, berechtigter Kampfbegriffe von vor 30 Jahren heute noch so tut, als wäre die Linkspartei noch immer die Partei von Erich Honecker und Erich Mielke.“
Nicht nur Horst Schüler ist mit diesem in der UOKG nicht zuvor debattierten Sinneswandel nicht einverstanden. Auch Schüler-Nachfolger und Dombrowski-Vorgänger Rainer Wagner (67) meldete auf seiner Facebook-Seite Kritik an und forderte von seinen Usern eine „Offene Diskussion.“ Schüler schrieb in seinem auf der Blog-Seite der „Lagergemeinschaft Workuta“ am Dienstag dieser Woche veröffentlichten Offenen Brief (http://www.workuta.de/aktuelles/index.html), man dürfe sich zwar „darüber wundern,“ was er als Politiker der CDU sage, doch dies müsse Dombrowski letztlich gegenüber seiner Partei verantworten. Er sei „aber auch Vorsitzender der UNION DER OPFERVERBÄNDE KOMMUNISTISCHER GEWALTHERRSCHAFT,“ und in dieser Funktion gewinnen „Ihre Aussagen deutlich an Gewicht.“
Der ehemalige Hamburger Journalist, dessen Vater bereits von den Nationalsozialisten verfolgt worden war, erinnert den UOKG-Vorsitzenden auch daran, daß sich im Dachverband auch Mitglieder befänden, die „Terrorherrschaft und unsägliche Folter erlitten haben“ und dass diese „vielen ihrer ermordeten Kameradinnen und Kameraden nachtrauern.“ Die UOKG sei einst gegründet worden, um „deren Andenken zu bewahren und unsere bitteren Erfahrungen nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.“ Es sei also „kein Wunder, wenn uns die Aussagen des jetzigen Vorsitzenden der UOKG so bestürzen, zumal Sie ja auch selbst unter der kommunistischen Herrschaft gelitten haben.“ Dombrowski war politischer Gefangener in Cottbus und ist dort seit vielen Jahren auch Vorsitzender des Menschenrechtszentrums.
„Verbrechen der SED nicht persönlich anlasten“
Schüler kritisiert Dombrowskis Äußerungen, wonach „den jüngeren Mitgliedern der Linkspartei die politisch-moralische Verantwortung für die Verbrechen der SED nicht persönlich anzulasten“ seien und fragt den CDU-Politiker, was er wohl sagen würde, wenn „man solch entschuldigendes Argument auch gegenüber jungen Neonazis anwenden“ würde?
In seiner bekannten ruhigen und eher zurückhaltenden Art unterstellt Schüler dem Brief-Empfänger, dass dieser „in der Hast und Eile eines Interviews“ seine Aussagen „nicht so recht bedacht“ habe. Dennoch möchte Schüler von Dombrowski gerne wissen, ob dieser sich „mit den anderen Verantwortlichen in der Führung der UOKG vor dem Interview abgesprochen“ habe. Abschließend merkt der UOKG-Ehrenvorsitzende an, „dass der Vorgang in einer außerordentlichen Hauptversammlung der UOKG behandelt werden sollte.“
Eine Reaktion von Dieter Dombrowski lag bei Redaktionsschluss noch nicht vor. Der Politiker hält sich zur Zeit in seiner Eigenschaft als Vizepräsident des Brandenburgischen Landtages im Gefolge des Brandenburgischen Ministerpräsidenten und der Landtagspräsidentin in China auf.
V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin – tel.: 030-30207785 (1.431).
5 Kommentare
26. September 2018 um 22:39
Felix Heinz Holtschke, VOS-Landesvorsitzender NRW
Ausdrücklich möchte ich mich der Argumentation von Horst Schüler anschliessen und die Einberufung einer Ausserordentlichen HV der UOKG unterstützen! Fragwürdig ist zudem nicht nur Dombrowskis Haltung zu einer Koalition mit den Linken in Brandenburg (und vielleicht auch im Bund). Als Mitglied im Stiftungsrat der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen hat D. wohl auch für die Entlassung von Dr. Hubertus Knabe gestimmt. Die Informationen hierüber, die bisher in die Öffentlichkeit gelangt sind, halte ich persönlich jedoch für diffus und daher als Kündigungsgrund ohne juristische Prüfung für völlig überzogen. Auch Dombrowskis Rolle bei der Ausschaltung von Sigmar Faust als Mitarbeiter der Gedenkstätte Hohenschönhausen erscheint in diesem aktuellen Kontext mehr als klärungsbedürftig.
Die SED-Opferorganisationen müssen jetzt handeln, ehe uns das Heft von interessierten reaktionären Kreisen völlig aus der Hand geschlagen wird!
26. September 2018 um 19:01
Dirk Jungnickel
Möge er doch in China bleiben. Vielleicht kann er dort seine Erinnerungen
an die Diktatur auffrischen. Versagt hat Dombrowski schon seinerzeit, als
er die Zeitzeugen der Pseudo-Gedenkstätte Potsdam Leistkow-Strasse im Stich ließ.
Dirk Jungnickel
26. September 2018 um 16:58
Bernd Stichler
Kenner der Materie haben bereits zeitig gespürt, wer Herr Dombrowski wirklich ist .
„…… den jüngeren Mitgliedern der Linkspartei die politisch-moralische Verantwortung für die Verbrechen der SED nicht persönlich anzulasten“ seien und fragt den CDU-Politiker, was er wohl sagen würde, wenn „man solch entschuldigendes Argument auch gegenüber jungen Neonazis anwenden“ würde?……..“
Eine sehr gute Argumentation von Horst Schüler .
Für den aufmerksamen Beobachter stellt Dieter Dombrowski sogar noch eine Steigerung von Rainer Wagner dar.
26. September 2018 um 15:54
Dörfert
Kameraden/in,
Diese Haltung von Dombrowski spricht doch Bände. Wer sich mit den Henkern von gestern ins Bett legt, läuft Gefahr, selbst der Täter von morgen zu sein.
Mit kameradschaftlichen Gruß
Dipl.Klaus Helmut Dörfert
26. September 2018 um 15:20
text030
„„unter den geänderten Verhältnissen“ …“! Ja, die Verhältnisse haben sich geändert und ähneln täglich mehr denen, die Fluchtgründe aus der ehem. DDR waren.
Und auch die Linke hat noch viel Aufarbeitung zu leisten. Die Aussage von Herrn Dombrowski kann nur irritieren. Als Chef der UOKG ist er nicht tragbar.
Die Entlassung von Dr. Knabe (Direktor der Gedenkstätte Hohenschönhausen) steht damit zwar in keinem direkten Zusammenhang, ist aber Ausdruck des aktuellen Gesellschaftszustandes und der Missachtung der Anliegen von Betroffenen der DDR-Diktatur.