„Kompromiss zwischen Ja und Nein gibt’s keinen“
Berlin/Cottbus, 14.06.2018/cw – Der durch einen Artikel in der Berliner Zeitung (Autor: Markus Decker) in die Kritik geratene Schriftsteller und ehemalige politische Häftling (Cottbus) Siegmar Faust hat seinen sofortigen Rücktritt aus dem Vorstand des Vereins „Menschenrechtszentrum Cottbus“ erklärt. Der bisherige Beisitzer im Vorstand war auf einer Sitzung am 12. Juni von der „weiteren Mitarbeit in Cottbus“ ausgeschlossen worden. Damit schloss sich der Verein dem Verdikt der Stasi-Gedenkstätte Hohenschönhausen an, die Faust ohne Rücksprache mit dem langjährig als Zeitzeugen tätigen Faust aufgrund der Medien-Veröffentlichungen von der weiteren Mitarbeit in der Gedenkstätte ausgeschlossen hatte (siehe auch unsere Berichterstattung).
Dieter Dombrowski, Vorsitzender des Vereins, erklärte nach der Sitzung in Cottbus unter anderem: „Der Vorstand des Menschenrechtszentrums distanziert sich aufgrund der Äußerungen von Faust.“ Faust sei durch seine Äußerungen „nicht mehr befähigt, Schülern und Besuchern pädagogisch Lern- und Wissensinhalte über die SED-Diktatur in der DDR zu vermitteln.“ Dombrowski, der sich selbst in den achtziger Jahren in einem Gerichtsverfahren mit Vorwürfen, wie das Absingen der Nazi-Hymne „Horst-Wessel-Lied“ und dem Zeigen des Hitler-Grußes auf einer Fahrt der Jungen Union nach Hambach auseinandersetzen mußte, hatte sich bereits als Beiratsvorsitzender der Stasi-Gedenkstätte positioniert und den Bann gegen Faust bestätigt. Insofern erscheint die jetzt gefällte Entscheidung in Cottbus eher als reine Formalie als ein Ringen um eine sachlich gerechtfertigte Entscheidung gegen einen „Aktiven der ersten Stunde“. Faust hatte einen wesentlichen Anteil am Aufbau der Cottbusser Gedenkstätte.
Die Rücktrittserklärung von Faust:
„Es sei hier an einen der bedeutendsten Staatsrechtler des 20. Jahrhunderts erinnert: Carl Schmitt. Gegen alle Versuche, die fundamentale Scheidung von Freund und Feind zu umgehen, wie sie vor allem in Deutschland nach 1945 üblich wurden, behauptete Schmitt, dass ein Volk nur durch Verleugnung seiner eigenen politischen Identität dahin könne, die Entscheidung zwischen Freund und Feind vermeiden zu wollen. In seinem berühmten, zuerst 1927 erschienenen Essay Der Begriff des Politischen hieß es:
„Solange ein Volk in der Sphäre des Politischen existiert, muss es, wenn auch nur für den extremsten Fall – über dessen Vorliegen es aber selbst entscheidet – die Unterscheidung von Freund und Feind selber bestimmen. Darin liegt das Wesen seiner politischen Existenz.“
Da ich mich als Christ verstehe, versuche ich noch in persönlichen Fehden, wo es nicht direkt um Leben und Tod geht, das abgemilderte Wort Gegner vor dem Feind einzuführen, also eine Trinität, die auch an „Glaube, Hoffnung, Liebe“ (Kor. 13) erinnert, die dann von den Linken in Frankreich durch die absurde Formel „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ ersetzt wurde.
Den Holocaust geleugnet?
In meinem Fall hat sich also die Mehrheit des Vorstandes für diesen linken Journalisten Markus Decker entschieden, dem Ihr mehr glaubt als mir, auch wenn zugegeben wurde, dass ich kein Antisemit sei. Aber Ihr glaubt dennoch, dass ich den Holocaust geleugnet habe und Sympathie oder Mitleid mit dem verrückten Horst Mahler verspüre. Als Christ müsste man vielleicht sogar Mitleid mit einem solchen Extremisten aufbringen, was mir äußerst schwer fallen würde. Mahler hat als Linksextremist und Mitbegründer der RAF wegen Bankraubs und Gefangenenbefreiung schon fast zehn Jahre bis 1980 im Knast gesessen, zurecht wie ich meine. Dann wandelte sich dieser Linksanwalt zum Rechts-Anwalt und wurde ab 2004 mehrfach für „Meinungsdelikte“, wie sein linksextremer, später dann gemäßigter SPD-Bundesminister Otto Schily schrieb, verurteilt und sitzt seitdem als alter, kranker Mann im Gefängnis.
Freilich sind die Haftbedingungen überhaupt nicht vergleichbar mit denen, die wir unter den Realsozialisten erleiden mussten. Dennoch ist es die Diskrepanz zu dem Urteil des Mehrfachmörders Erich Mielke, die jeden normalen Menschen mit normalen Gerechtigkeitsempfinden auf die Palme bringen müsste. Nicht nur, dass er viel zu gut wegkam, sondern dass er dann auch noch Haftentschädigung bekam, lange bevor sich der Bundestag entschieden hatte, uns, den echten Diktatur-Opfern und Widerständlern eine schäbige „besondere Zuwendung“ zu gönnen, die dann als „Opferrente“ bekannt wurde.
Ja, es stimmt, dass ich damals den immerhin deutschlandweit bekannten Mahler, weil er unter anderem auch in Cottbus verurteilt worden war, irgendwie mit in die Ausstellung integrieren wollte, aber nur um Aufmerksamkeit auf unsere Ausstellung zu lenken, jedoch keinesfalls um ihm etwa einen Ehrenplatz einräumen zu wollen, wie Frau Wähling (Redaktionelle Einfügung: Geschäftsführerin des Menschenrechtszentrums) mir bösartig unterstellte. Es gab gar keinen langen Streit, denn das Gegenargument, dass wir damit falsche Besucher, also Rechtsextremisten anlocken könnten, leuchtete mir sofort ein. Das aber nur nebenbei.
Da die Lage nun für mich Spitz auf Kopf steht, hat sich bestens geklärt, wer echte Freunde und falsche sind. Mit falschen Freunden zusammen zu arbeiten, das muss ich mir nicht mehr antun, sodass ich meine Vorstandsarbeit, was ich beim Verlassen der Sitzung am 12. Juni schon sagte, hiermit sofort beende, also aus dem Vorstand austrete. Siegmar Faust“
Siehe auch: MDR, 14.06.2018, 22:05 Uhr: „Gesinnungsdiskussion in der Gedenkstätte Hohenschönhausen?“ https://www.mdr.de/tv/programm/video-205736_zc-12fce4ab_zs-6102e94c.html
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6 Kommentare
16. Juni 2018 um 19:38
Hartmut Jäschke
Ich finde das Vorgehen gegen ,meinen Haftkameraden, S.Faust unerhört!
16. Juni 2018 um 16:55
Felix Heinz Holtschke, VOS-Landesvorsitzender NRW
Die Revolution frisst ihre Kinder! Es ist beschämend und skandalös zugleich, dass Funktionäre der Opferorganisationen jetzt schon auf linkslastige Schreiberlinge hereinfallen und damit den so dringend erforderlichen Zusammenhalt im Kampf um unsere Rechte konterkarieren. Wir hätten ein eindeutiges Statement zugunsten Siegmar Faust erwartet!
16. Juni 2018 um 08:52
Detlef Wengel
Es ist eine riesengrosse Sauerei! Die Gedenkstätte trennt sich von einem Zeitzeugen, der von einem linken Journalisten aufs Übelste aufs Kreuz gelegt wurde. Jahrelange Arbeit zur Aufarbeitung wird einfach so gestrichen, man hat ein Opfer gefunden. Schämen sich die Verantwortlichen nicht ein wenig.
Andererseits biedern sich z.B. ein Ex-Fremdenlegionär, ein gebürtiger Westberliner, der nie etwas mit politischer Verfolgung zu tun hatte, bei der Gedenkstätte als „Zeitzeugen-Beschaffer“ an. Dieser prahlt damit, den Verantwortliche der Gedenkstätte „Geschenke aus Budapest“ mitzubringen und etwas später schickt er mehreren ehem. pol. Verfolgten Emails, welche mit dem Gruss „Heil Hitler“ gezeichnet sind.
Wäre es nicht sinnvoller, solche Elemente aus dem Umkreis der Gedenkstätte zu entfernen, Menschen, die ehem. Verfolgte, ohne diese persönlich zu kennen als Kriminelle bezeichnen und im Internet dazu aufrufen, diese anzuzeigen. Die sich sogar erdreisten, Namen und Adressen diese Verfolgten dazu ins Internet zu setzen?
Damit verliert die Gedenkstätte erheblich an Glaubwürdigkeit. Bis jetzt wurde hervorragende Arbeit zur Aufarbeitung geleistet und es ist schade, dass die Verantwortlichen jetzt die Glaubwürdigkeit mit solchen Aktionen anzweifeln lassen.-
Menschen … die es sich zur Lebensaufgabe gemacht haben, unsere Jugend aufzuklären, damit es nie wieder eine Diktatur wie in der DDR gibt, werden damit sabotiert, ihre Glaubwürdigkeit wird somit genauso angezweifelt.
Die Gedenkstätte sollte ihren Laden mal richtig ausmisten und nicht nach der Pfeife eines linken Schreiberlings tanzen. Ich bin masslos enttäuscht!
15. Juni 2018 um 22:48
tout lieu
Der Siegmar Faust war 40 Jahre rechts, nicht erst 2018. Und 10 Jahre prominenter Geschäftsführer und authentischster Zeitgenosse der Cottbuser Gedenkstätte. Opportunistisch, wenn er plötzlich „entdeckt“ wird. Damit sind im Cottbuser Vorstand die polit. Häftlinge, früher Träger der Initiative, auf einen einzigen geschrumpft: den VSSpr Dombrowski. Griechische Tragödie?
15. Juni 2018 um 08:07
Dirk Jungnickel
Die Mitarbeit in der Gedenkstätte Hohenschönhausen ist auf AUF EIS gelegt, also nicht definitiv beendet. So ein Sprecher der Gedenkstätte in einem Beitrag von „artour“ des MDR vom 14.6.18, der im Übrigen schon insofern manipulativ ist, weil er die üblichen Holocaust – Fotos in den Kontext mit Fausts angeblicher Relativierung desselben stellt.
DIrk Jungnickel
16. Juni 2018 um 09:24
Franka
Er ist überall ausgetreten und das zeigt Charakter! Was hier abgezogen wurde und wie Herr Faust aufs Eis gelegt wurde von den Gedenkstätten ist eine Farce! Auf der Seite der Gedenkstätte Hohenschönhausen werden Linke, ehemals Vopos, ehemalige Stasi geduldet mit ihrer Meinung, die dem Fass den Boden ausschlägt, niemand reagiert! Was hier abgeht ist widerlich. Wenn ein Dombrowski sich dazu äußert wohl noch mehr.