Berlin, 8.03.2018/cw – Auf breiter Ebene handelte sich die UOKG Absagen ein. Der Dachverband diverser SED-Opfervereine hatte Anfang des Jahres eine breite Initiative gestartet, um die (Ost-)Länder zu veranlassen, Gelder aus dem SED-Vermögen für einen vorgeblich von der UOKG zu schaffenden Härtefallfonds „Zwangsarbeit“ zur Verfügung zu stellen. In mehreren Schreiben an die verantwortlichen politischen Instanzen hatte der Dachverband entsprechende Zuweisungen (je Land 500.000 Euro) eingefordert. Grundlage war die Information, dass den „neuen“ Bundesländern erneut rund 185 Millionen Euro aus dem einstigen SED-Vermögen zufließen sollen, das in jahrelangen rechtlichen Auseinandersetzungen vor Gerichten in der Schweiz erstritten wurde. Die einschlägigen gesetzlichen Regelungen sehen allerdings lediglich eine Verwendung für „infrastrukturelle Maßnahmen“ in den betroffenen Ländern vor. Gegen diese Beschränkungen hatte nicht nur die UOKG protestiert.

Die Opferverbände, u.a. auch die Vereinigung 17. Juni in Berlin, hatten eine Einbeziehung von Anliegen der Diktatur-Opfer zum Beispiel für weitere Entschädigungen, die Erinnerungsarbeit und Denkmalspflege gefordert. Beobachter sehen  in dem jetzigen Vorstoß der UOKG einen „überprüfungswürdigen Vorgang“. So verschwieg der Dachverband gegenüber den Adressaten seiner Bittschreiben wichtige Hintergründe.

Ein von der UOKG geförderter Verein

Am 13.11.2017  wurde  der  Verein „Stiftung Haftzwangsarbeit“ beim Vereinsregister zur Eintragung angemeldet. Gründungsmitglieder lt. Protokoll vom 24.Juni 2017: Benjamin Baumgart, Dieter Dombrowski, Sibylle Dreher, Theodor Mitrup, Hildigund Neubert, Carla Ortmann, Dr. Christian Sachse. Der zum Vorsitzenden gewählte Dieter Dombrowski erklärte, Ziel des Vereins sei es, den (von der Haftzwangsarbeit) „Betroffenen Lebenshilfe zu geben“. Dazu sei die „Beschaffung erforderlicher Mittel“ erforderlich. Auch solle die DDR-Zwangsarbeit „erforscht werden“ (§ 2). Das Vereinskonto solle bei der Deutschen Bank eröffnet werden, da „hier ggf. Spendenbereitschaft besteht“ (Dombrowski).

Zur Finanzierung erklärte Benjamin Baumgart (bisher Ass.jur. und jetziger „Referent für Grundsatzfragen und Presse“ in der UOKG), dem Verein können die Restmittel in Höhe von 2.813,17 Euro aus der IKEA-Spende über 120.000 Euro zur Verfügung gestellt werden. Über die Verwendung der einstigen IKEA-Spende oder deren Restguthaben ist der Mitgliederversammlung gegenüber jedoch nie Rechenschaft gegeben worden. So stehen bisher auch ungeklärt 20.000 Euro an Anwalts- und Gerichtskosten des UOKG-Vorstandes für einen  Prozess im Raum, die angeblich aus Spenden bezahlt worden sein sollen. Auf Nachfragen von Mitgliedern hieß es dazu: „Wir halten es mit Helmut Kohl, der hat auch seine Spender nicht benannt.“ Auch die Eintragungsgebühren für den neuen Verein wurden  von der UOKG überwiesen. Bisher war die Übernahme derartiger Kosten für neu gegründete Vereine durch den Dachverband nicht bekannt, was sich nach Meinung eines von uns befragten Mitgliedes „auch schwerlich mit der Satzung in Einklang bringen“ ließe. Die Tatsache, dass von den sieben Gründungsmitgliedern sechs Mitglieder der UOKG angehören oder für diese arbeiten, „dürfte kein ausreichender Grund sein“.

Noch einmal 50.000 Euro von IKEA?

Zunächst aber hat der neue Verein offenbar Schwierigkeiten mit der Eintragung in das Vereinsregister, obwohl sich dieser bereits regelwidrig (nicht gesetzeskonform) als „e.V.“ (eingetragener Verein) der Öffentlichkeit präsentiert (http://www.ddr-zwangsarbeit.info/team_gesamt.htm).  So hat das Registergericht den Vereinsgründern bereits mitgeteilt, dass die Benennung als „Stiftung“ im Vereinsnamen nur  n a c h  dem Eingang einer entsprechenden Spende möglich sei. Daraufhin teilte die UOKG dem Vereinsregister mit, dass IKEA eine Spende über (weitere) 50.000 Euro zugesagt hätte. Bisher ist diese allerdings nicht eingegangen (Stichtag 7.03.2018). Unter diesem Gesichtspunkt ist der überaus freundliche Nachruf des UOKG-Vorsitzenden auf den jüngst verstorbenen Profiteur aus der Haftzwangsarbeit auch Politischer Gefangener, IKEA-Gründer Ingvar Kamprad (+27.01.2018), nachvollziehbar. Dieter Dombrowski hatte  namens der UOKG die Hoffnung ausgedrückt, er sei nach dem traurigen Tod von Kamprad davon überzeugt, „dass sich nichts an der guten Zusammenarbeit mit IKEA ändern wird.“

Möglicherweise hat der UOKG-Vorsitzende aus den Turbulenzen um seine Abrechnungseskapaden im Land Brandenburg nichts gelernt. Der Landtagsvizepräsident hatte sich nur durch eine Zahlung von 7.500 Euro von weiteren Ermittlungen oder einem möglichen Strafverfahren wegen dubioser Abrechungen mit dem Landtag befreien können. Sein jetziger Umgang mit anvertrauten Geldern des Dachverbandes zugunsten eines neu gegründeten Vereins (der unter der UOKG-Anschrift firmiert: http://www.ddr-zwangsarbeit.info/Kontakt.htm) oder auch die Beschäftigung der eigenen Frau innerhalb des Verbandes („Koordinatorin Vorstand und Verbände“) wirken zumindest nicht seriös (Vetternwirtschaft?).

Nachdenkenswerter Umgang mit Personalien

Auch andere Personalien sind offenbar „von oben“ entschieden worden. So wurde nicht nur kurzfristig ein Pressesprecher namens Joshua Acheampong (24) lanciert und nach dem Potsdamer Abrechnungsskandal ebenso schnell wieder entsorgt. Der „Vorstandsbeauftragte“ Dr. Christian Fuchs (und amtierender Vorsitzender der „Christen in der AfD“) war noch unter Dombrowski-Vorgänger Rainer Wagner offiziell auf der Homepage als „Direktor“ betitelt worden, ehe er seine jetzige Funktionsbezeichnung erhielt. Das oberste Vereins-Organ, die Mitgliederversammlung, ist zu keiner Zeit zu diesen oder anderen Personalien befragt, konsultiert oder gar um Zustimmung gebeten worden. Allerdings haben auch nur einzelne Mitglieder versucht, diese Vorgänge zu hinterfragen. Haben einige Diktatur-Opfer Nachholbedarf in Sachen Demokratie?

In den selben Rahmen gehört wohl die Vergabe der Arbeiten an einem neuen (und interessanten) Internet-Auftritt der UOKG (http://www.uokg.de/). Hier wurde eine Firma namens „Gebrüder-Rundblick“ beauftragt. Inhaber: Sebastian Sachse. Bisheriger mit der Neufassung befasster UOKG-Mitarbeiter: Dr. Christian Sachse. Dass überdies überwiegend Fotos von Veranstaltungen des Menschenrechtszentrums Cottbus (Vorsitzender ebenfalls Dieter Dombrowski) für die neue Seite verwendet werden, fällt zumindest auf. Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Dass Dieter Dombrowski ein Tausendsassa im Vereins- und Privilegienrecht ist, dürfte nicht erst seit gestern bekannt sein. So gründete der agile Vereins-Profi um 2011 mit Freunden zusammen den Verein „SED-Opferhilfe e.V.“, der sich zum Ziel setzte, Opfern der SED u.a. durch die Gewährung von Rechtsschutz die Möglichkeit zu eröffnen, „die Partei DIE LINKE als politischer und juristischer Nachfolger der SED auf Wiedergutmachung zu verklagen.“ Der ausgewiesene Vorsitzende und Hotel-Besitzer Dr. Werner Molik unterzeichnete seinerzeit selbst kein Vereinsdokument.

„Unrecht durch SED nicht eindeutig nachgewiesen“

Bereits am 10.09.2013 lösten vier anwesende Mitglieder, unter diesen Dieter Dombrowski, den Opfer-Verein wieder auf. Als Begründung wurde im Protokoll festgehalten, dass es in den vergangenen zwei Jahren nicht gelungen sei, den Vereinszweck zu erfüllen. „Es wurden keine Opfer ermittelt, die eine Klage gegen die SED erfolgreich führen könnten, so dass ein staatliches Unrecht durch die Partei der SED nicht eindeutig nachgewiesen werden konnte.“ Die vorhandenen Mittel sollten satzungsgem. der Stiftung Aufarbeitung zufließen. Allerdings wurde der Wunsch angemerkt, diese „für ein Projekt im Menschenrechtszentrum Cottbus zu verwenden.“ Ein Lobbyist versteht sich als Lobbyist (Sprichwort).

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