Berlin, 17.02.2018/cw – Klaus Gronau wurde am 10. März 1937 mitten in Berlin (Friedrichshain) geboren. Durch die zunehmenden Bombenangriffe auf Berlin wurde Klaus Gronau der übliche Schulbesuch in Berlin versagt. Seine Familie wurde zum Jahreswechsel 1943/44  evakuiert, wo  Gronau in Krakau den Schulunterricht beginnen konnte. Im Winter 1944/45 erzwang die Kriegsentwicklung die Rückkehr der Mutter mit Sohn Klaus in das schon stark zerstörte Berlin; die beiden älteren Brüder waren bereits zum Militärdienst eingezogen worden.

Zwischen den Ruinen der in vier Sektoren aufgeteilten, nun ehemaligen Reichshauptstadt suchte der Heranwachsende die Normalität des Lebens. Nach Beendigung der Schule begann er 1953 eine Lehre als Lebensmittelfachverkäufer in der HO (Handelsorganisation) im sowjetisch besetzten Sektor, der nach Gründung der DDR (Deutsche Demokratische Republik) am 7. Oktober 1949 von den SED-Machthabern als „Hauptstadt“ bezeichnet wurde. Klaus Gronau war einziger Lehrling in einem Milchfeinkostgeschäft. Er erinnerte sich:

„Nach dem Tode Stalins am 5. März 1953 musste ich ein riesengroßes Stalinbild mit Trauerflor in die Auslagen stellen.“ Dabei verspürte der Lehrling ein „großes Unbehagen“, denn unter vorgehaltener Hand wünschten sich die Menschen im sowjetisch besetzten Sektor „mehr Freiheit und Wohlstand“ nach Stalins Tod. Dieses Bild Stalins mit Trauerflor ließ den Sechzehnjährigen Jahrzehnte nicht mehr los, wurde ihm zum Sinnbild einer verlogenen Politik, die sich an den Realitäten propagandistisch vorbeimogelte.

Der 17. Juni 1953

Der Volksaufstand in Mitteldeutschland bedeutete auch für Gronau eine wichtige Wende in seinem Leben. Der Zeitzeuge sah sich nach der Veröffentlichung seiner Biografie durch den Vorsitzenden der Vereinigung 17. Juni in „Blackbox DDR – Unerzählte Leben unterm SED Regime“ (Ines Geipel u. Andreas Petersen, MARIXVERLAG, 2009, ISBN-10: 3865392113 – ISBN-13: 978-3865392114 http://www.kulturbuchtipps.de/archives/573 ) zunehmend als „Kämpfer“ und „aktiver Teilnehmer“ am Volksaufstand.

In dieser Reihe stand er allerdings nie isoliert. Besonders nach dem Fall der Mauer mutierten viele Bürger zu aktiven Widerstandskämpfern gegen die DDR-Diktatur. Gronau war immerhin Zeitzeuge und darauf war er – mit einigem Recht – stolz. Die Erinnerungen an diese wichtigen Ereignisse im Leben eines Sechzehnjährigen kamen allerdings erst relativ spät. Als der Maueraktivist Carl-Wolfgang Holzapfel am 17. Juni 2005 seinen neuntägigen Hungerstreik vor dem Finanzministerium begann, um gegen die Abnahme der Fototafeln zu protestieren, die über Jahre an der Fassade des Ministeriums an den 17. Juni 1953 erinnerten, besuchte Klaus Gronau diesen regelmäßig vor Ort und erzählte von seinen Erinnerungen an den Volksaufstand. Im Ergebnis wurde er noch im selben Jahr Mitglied in der gleichnamigen Vereinigung, die sich nach dem Volksaufstand in Westberlin begründet hatte. 2007 ernannte der Vorstand Gronau zum „Berlin-Beauftragten“ des Vereins, um die Bemühungen um die Erinnerung an den Aufstand vor Ort besser vertreten zu können. Der Vorstand war zu diesem Zeitpunkt ausnahmslos in Bayern wohnhaft. Seit 2007 demonstrierte die Vereinigung mit dem Vorstand zu den jeweiligen Kranzniederlegungen vor dem Ministerium und forderte die Benennung des Areals in „Platz des 17. Juni 1953“.

Bundesverdienstkreuz für einen Unermüdlichen

Als 2013, zum 60.Jahrestag des 17.Juni 1953, schließlich mit großem Getöse die Benennung in „Platz des Volksaufstandes von 1953“ erfolgte, wurde CDU-Mitglied Gronau von der CDU als der Initiator des Platzes groß gefeiert. Er hatte zuvor – nach nur fünf Jahren Mitgliedschaft – die Vereinigung 17. Juni wieder verlassen und sich auf die Seite einer inszenierten Verleumdungskampagne gegen den Verein gestellt.

In den folgenden und – wie wir heute wissen – letzten Lebensjahren wurde es ruhiger um den in der CDU Charlottenburg Umtriebigen, wo er viele Jahre als „Bürgerdeputierter“ der BVV wirkte. Der Erinnerungs-späte Kämpfer um die deutsche Einheit starb wenige Wochen vor der Vollendung des 81. Lebensjahres am 9. Februar in Berlin. Die Vereinigung 17. Juni bedauert die vertane Chance einer Aussöhnung zu Lebzeiten mit einem Mann, der immerhin auf seine Weise bemüht war, sich in das Gemeinwohl einzubringen. Das wurde auf Vermittlung der CDU vor rund sechs Jahren mit der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes gewürdigt, das er seither stolz auf dem Revers trug.

Ein Beisetzungstermin war bei Redaktionsschluss noch nicht bekannt.

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