Kommentar von Bruni Grabow*
Berlin, 13.01.2018/bg – Anerkannte politische Verfolgte erhielten vor der Wende den C-Ausweis. Das war auch ein Sozialticket für Freifahrten usw. sowie auch für weitgehende Vergünstigungen ( z.B. Kleinkredit mit niedrigen Prozenten und Steuerfreiheit für drei Jahre für Selbstständige, Berlingeld. Und für Ostpaketsendungen bekam man viel Geld zurück ) Auch damals gab es schon für Berliner mit kleinem Geldbeutel diese Vergünstigungen. Keiner war beleidigt, wenn neben andere Berliner SED-Verfolgte dieselben Vergünstigungen erhielten.
Wieso müssen sich SED-Betroffene immer so abgrenzen und eine Extrawurst fordern? Vielleicht sollten einige mal umgedreht denken. Andere Bürger fragen sich, mit welchem Recht wollen SED-Opfer für sich allein „Tantiemen“ einfordern? Das wenn jemand genügend Geld zum Leben hat, und keine Vergünstigungen bekommt, ist es auch ok. So funktioniert nun mal die Verteilung von Sozialleistungen.
Es stimmt auch nicht, dass die Zuwendung (Opferrente, die keine Rente ist) nur Arme bekommen, wie man hier in Kommentaren zu der Meinung der Vereinigung 17. Juni liest. Der Hartz IV Empfänger erhält den normalen Sozialregelsatz (409 €). Die Zuwendung (Opferrente) wird für Verheiratete auf den 4-fachen und für Ledige den 3-fachen Regelungssatz hochgerechnet. Zusätzlich gibt es noch einen Differenzbetrag als Ausgleich in der Höhe. Alle Renten auch die nach dem BVG und Sozialleistungen sowie Kindergeld werden als Einkommen nicht angerechnet. Ich kenne eine Menge Betroffene, die zwischen 2000 und 4000 € monatliches Einkommen haben und trotzdem die Zuwendung bekommen. Das liegt daran, dass andere Einkommensarten auf Null gesetzt sind. Das die Zuwendung alle erhalten sollten, die in Haft waren, wäre auch meine Meinung, ist aber wohl nicht machbar. Trotzdem können wir nicht nur von armen SED-Opfern reden, die diese Leistungen bekommen. Wer heute Hartz IV bekommt, ist nicht automatisch ehemaliger DDR Bürger oder SED-Opfer .
Jeder kann sich heute politisch engagieren, ohne das er/sie wegen eigener politischer Meinung eingesperrt wird. Das heißt auch, jeder kann Abgeordneter werden oder eine leitende Stellung erabeiten, um ein höheres Gehalt zu erzielen. Wer psychisch und körperlich krank ist, kann das natürlich nicht, deshalb muss er aber nicht arm sein. Ich wundere mich nur, dass viele SED-Verfolgte, die angeben, psychisch krank zu sein, sich politisch sehr engagieren. Das macht ein SED-Opfer nicht unbedingt glaubhaft.
Ich hoffe, niemanden damit auf die Füße getreten zu haben. Aber es wird deutlich, dass Anstrengungen, die von jemanden gemacht werden, um zu helfen, immer in Einzelteile zerlegt werden. Und ich glaube, dass Leute, die sich bemühen, in Zukunft überlegen, ob sie sich weiterhin engagieren sollen oder wollen. Man darf ja noch nicht mal seine Meinung schreiben, dann hauen alle drauf, wie ich auf diesem Forum der Vereinigung 17. Juni bereits mehrmals erlebt habe. Das ist nicht in Ordnung.
* Die Autorin hat über viel Jahre privat das Forum „SED-Opferhilfe“ betrieben. Sie konnte vielen Betroffenen auf dem Weg durch den üblichen Behörden-Dschungel helfen.
© 2018 Bruni Grabow, c(o Redaktion Hoheneck, Berlin – Tel.: 030-30207785 (1.343).
4 Kommentare
25. Januar 2018 um 09:49
Jens Thiemke
Den Berlinpass mit dem C-Ausweis gleichzusetzen, da fehlt es mir an Fantasie. Der C-Ausweis war ein politisches Dokument, eine Anerkennung!
Der Berlinpass stellt in keiner weise dies da. Hier werden die ehemaligen politischen Häftlinge auf eine Stufe mit denen gesetzt, die diesen wirklich nötig haben. Das ist ganz eindeutig eine Verwässerung der politischen Geschichte und garantiert auch so gewollt. Kein Kassierer wird danach fragen, warum ich einen Berlinpass habe.
Jens Thiemke
25. Januar 2018 um 10:26
Vereinigung (AK) 17juni1953 e.V.
Zu Jens Thiemke: Endlich berlinpass –
Wir hatten seinerzeit (2014) vorgeschlagen, den SED-Diktatur-Opfern einen eigenen Ausweis zu verschaffen, der neben der sichtbaren Anerkennung zum Beispiel zur Freifahrt auf den öffentlichen Verkehrsmitteln berechtigen sollte. Dieser Vorschlag hat sich nur zum Teil (berlinpass) durchgesetzt. Aber die letzten 50 Überlebenden der Widerständler gegen die SED-Dikatatur dürfen hoffen. Ihnen wird stellvertretend für alle verstorbenen Diktatur-Opfern alle denkbare Anerkennung „wenn auch sehr spät, aber nicht zu spät“, wie es dann heißen wird, zuteil. Das kostet nicht viel und ist dann eine wahrscheinlich umfangreich publizierte Ausrede der Verantwortlichen
in Politik und Staat für deren dann zurückliegendes Versagen. Vereinigung 17. Juni 1953 e.V.
16. Januar 2018 um 11:25
Mario.K.
Also so simpel wie Sie das darstellen ist das ja nicht. Das die „besondere Zuwendung“ wie es exakt nach § 17 StrRehaG heißt ein Geschmäkle hat ist unbestritten. …das viel SED Verfolgte,die angeblich…..also das ist eine Aussage die man so nicht stehenlassen kann. Das ist sehr fragwürdig u. mit Verlaub wenig qualifiziert. Wenn Sie geschrieben hätten das viele, die so im öffentl. Rampenlicht auftauchen, suspekt sind, kommt das eher hin. Ich will mich zu diesen „Freiheitskämpfern“ nicht weiter äußern. Sie können davon ausgehen das ein Großteil von echten Gegnern der ehemaligen DDR (echte ehemal. polit. Häftlinge, quasi Überzeugungstäter) sich weder hier noch anderswo engagieren. Es gäbe zu Ihren Artikel noch viel zu schreiben.–Aber wozu ? Man kann dieses ganze Treiben nur mit Abscheu betrachten.
Es grüßt Sie freundlich aus dem Ausland
Mario
20. Januar 2018 um 12:01
Bruni Grabow
Hallo Mario,
Warum sollte ich schreiben, dass viele im öffentlichen Rampenlicht stehenden „Helfer“ mir suspekt sind? Sicherlich kann man meckern, aber bitte keine beleidigenden Phrasen, wenn man keine Ahnung von der Materie hat.
Eine Menge von Leuten haben in ihrer Freizeit und über Jahre viel für diese Gemeinschaft getan. Es ist nun auch nicht so, dass die Gesetzgeber und die ausführenden Behörden der Länder genau das machen, was von Verbänden und Ehrenamtlern gefordert wird. Es geht leider immer „step by step“. Fakt ist auch, dass die SED-UnBerG gut gemacht sind, nur die Umsetzung bei den Ländern läßt Kritik aufkommen. Und genau daran arbeiten viele Ehrenamtler und Opfervereine. Das ist nicht so einfach und sollte doch wenigstens mit Respekt von den Betroffenen honoriert werden.
Ich respektiere zwar Ihre Meinung, dennoch finde ich den Text ohne beweisbare und begründende Ausführung, schäbig. Wenn Sie so anmaßend sein wollen, müssen Sie auch konkrete Angaben darüber machen, wer was vielleicht falsch gemacht hat.
Auch Ihre Meinung, dass nur echte ehemalige politische Häftlinge sich der weitreichenden Arbeit annehmen sollten, ist fraglich. Einige machen das zwar schon, aber viele sind aus gesundheitlichen und beruflichen Gründen garnicht in der Lage, sich weitgehend mit dem Thema zu beschäftigen.
Ich würde Ihnen recht geben, wenn im Text stehen würde, dass ehemalige Stasimitarbeiter sich an Entschädigungen laben wollen. Auch die kleinen Spitzel IM in den ehem. Haftanstalten sind heute der Meinung, sie wären in den Fängen der Stasi gewesen und wurden zum Denunzieren gezwungen. Dagegen sollten sich echte Betroffene aufregen. Diese IM’s outen sich heute als „Opfer“ und kassieren auch die Opferrente und das sind Hunderte, weil sie bei den Ämtern falsche Angaben machen.
Über das Thema „Entschädigung“ oder „Besondere Zuwendung § 17a StrRehaG“ wurde bereits viel geschrieben. Ich empfehle hier ein gutes Sachbuch von Ulrike Guckes Titel“ Opferentschädigung nach zweierlei Maß ? “ ISBN 978-3-8305-1535-7
Unsere Meinungen gehen nun in andere Themen über, dabei geht es hier um eine gute Sache (Berlinpaß) für SED-Verfolgte, dass andere Bundesländer auch einführen sollten.
Bruni Grabow