Von Carl-Wolfgang Holzapfel und Tatjana Sterneberg (Recherche)

Berlin, 01.12.2017 / Die Firma „Lechleitner-Leuchten“ baut am Kaiserdamm 23 (direkt an einem der Ausgänge des gleichnamigen U-Bahnhofs) seit 1908 wertvolle Innenraumleuchten und Inneneinrichtungen. Der Mechanikermeister Wilhelm Lechleitner hatte die Firma 1905 gegründet und war drei Jahre später an den jetzigen Standort gezogen. Kundschaften bis hin zu den Herrschaftshäusern in Ostpreußen bedienten sich der Fachkunde des Hauses. 1933 fertigte Lechleitner sogar für den Palast des Maharadschas von Indore im Spezialverfahren Glasverkleidungen für Beleuchtungskörper. Die Familie Ernst von Siemens und die Firma SIEMENS selbst waren ebenso Kunde wie u.a. der Maler und Graphiker  Bruno Krauskopf (1923), für den Beleuchtungskörper in seiner Villa neben der Wohnung von Max Schmeling und seiner Anny Ondra am Scharmützelsee hergestellt wurden. (Max Schmeling erwarb das Haus des jüdischen Malers 1935 für 2.035 Reichsmark auf einer Versteigerung jüdischen Besitzes.) Bei der Firma handelt es sich also um ein gewerbliches Kleinod, das man durchaus als herausragend in der Historienkette Berlins bezeichnen kann.

Kündigung durch einen Lehrstuhlinhaber an der UNI Potsdam

Hans Ruhhammer, ein aus Bayern (München) zugereister und traditionsbewusster Mann, der bei Lechleitner seine Tätigkeit aufnahm und das Geschäft 1976 von dem Gründer übernahm, erhielt im Sommer diesen Jahres die Kündigung zum März 2018. Absender: Prof. Dr. Norbert G., Lehrstuhlinhaber an der Universität in Potsdam. Der Professor beschäftigt sich nebenbei in mindestens zwei GmbH. und erwarb (vor der Kündigung) die Gewerberäume der Firma. Das notwendige Kapital dürfte sich auf rund eine halbe Million Euro belaufen. Persönlich vorgestellt hat sich der neue Eigentümer bei Ruhhammer bisher nicht, die Kommunikation erfolgt bisher ausschließlich schriftlich.

Der Kündigung vorausgegangen war ein reges Gefeilsche um den Kaufpreis. Hans Ruhhammer wollte die Gewerberäume selbst kaufen, wurde aber durch immer höhere Forderungen schließlich ausgebremst. Der ruhig argumentierende Geschäftsmann fühlt sich eiskalt abserviert: „Es gab zu keiner Zeit eine ernsthafte seriöse Verhandlungs- oder Gesprächsbasis. Man wollte uns schlicht und einfach los werden, ohne uns auch nur eine Chance auf einen Erwerb einzuräumen.“ Die Kämpfe um sein Lebenswerk hatte für Ruhammer böse Folgen: Bei ihm wurde kürzlich eine ernsthafte Krebserkrankung diagnostiziert, die der in die Jahre gekommene Geschäftsmann nicht zuletzt auf die Aufregungen um die Immobilie zurückführt.

Recherchen unserer Redaktion ergaben, dass der Immobilien-Professor seine GmbH. (PRO Prof. G… Vermögensverwaltungs-GmbH., Gegenstand: Die Verwaltung eigenen Vermögens einschl. der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken) offenbar zur „Abwicklung“ der aufgezeigten Immobilie gegründet bzw. ins HRB hat eintragen lassen. Zumindest bietet die Gründung einer GmbH. zu diesem Zweck erhebliche steuerliche Vorteile. Offenbar will er seinen Verlag (GITO mbH. Verlag für Industrieelle Informationstechnik und Organisation), der bisher in der Detmolder Straße residiert, in den bisherigen Geschäftsräumen der Lechleitner-Leuchten unterbringen, wie die GITO-Geschäftsführerin Martina B. auf Anfrage bestätigte.

Menschen , die begehrtesten Schätze?

Das Verhalten des Potsdamer Lehrstuhlinhabers steht allerdings im deutlichen Gegensatz zu den Inhalten seiner vielfachen Vorträge, in denen er sich gerne auf das „unersetzliche menschliche Potenzial“ beruft. So referierte der Potsdamer Lehrstuhlinhaber 2014 auf den „Impulstagen für Einzelfertiger“ und führte dort u.a. aus: „ … Wir hatten die Totalplanung aller Abläufe bis auf die Schraube hinunter, … hatten auch … das Idealbild der menschenleeren Fabrik, weil die Menschen, die waren teuer, die haben nur gestört und ähnlich negative Aspekte … Inzwischen sind die Menschen ja die begehrtesten Schätze, die man sich überhaupt vorstellen kann … Insbesondere Fachleute…

Der Herausgeber der Fachzeitschrift „ERP-Management“ (GITO-mbH. Verlag) braucht hingegen unangenehme Nachfragen nach seinen nachfragewürdigen, weil sicherlich auch zeitaufwendigen Nebengeschäften z.B. durch die Universitätsleitung, nicht zu fürchten. Bereits im Juli 2014 hatte die ZEIT unter dem Titel: „Nebenverdienst von Professoren: Gelehrte Geschäftsleute“ umfangreich über die Nebenverdienste von Universitäts-Professoren als Berater, Gutachter oder sogar Firmenchefs berichtet, ohne dass sich die Hochschulen daran störten. (http://www.zeit.de/2014/29/nebenverdienst-professoren-hochschule) Richtigerweise diagnostizierten die Autoren eine „akademische Grauzone“. Und sie zitierten mehrere Leitungen, so die Präsidentin der Fachhochschule Münster, die feststellte, dass die Besoldungsstufe W 2, also (damals) 5.044 Euro mtl. „für Menschen aus der Industrie kein Anreiz ist, in die akademische Welt zu wechseln.“ Die Präsidentin räumte denn auch ein, dass sie „neue Professoren in Einstellungsgesprächen ganz offensiv mit der Aussicht auf Nebentätigkeiten“ anwirbt. „In welchem Job ist das schon möglich, einen Tag in der Woche noch etwas anderes zu machen?“

Ärger wegen seiner Nebentätigkeiten?

Ob die Universitäts-Leitung in Potsdam ähnlich verfährt, kann derzeit nur vermutet werden. Dennoch stellt sich in diesem Zusammenhang die nicht unwichtige Nebenfrage zu einem an sich anderen Thema, wie weit ein öffentlich bezahlter, womöglich sogar verbeamteter Lehrstuhlinhaber mit einer vermutlichen monatlichen Besoldung i.H.v. rund 8.000 Euro (incl. Zulagen) seine Zeit in eigenwirtschaftliche Tätigkeiten investieren darf, während anderswo hunderttausende oder gar Millionen Menschen in diesem Land jeden Monat darüber nachdenken müssen, wie sie mit ihrem erzielten Existenzminimum die nächste Miete bezahlen sollen? Jedenfalls würde ein „normal“ Beschäftigter im öffentlichen Dienst im Falle derartiger „Nebentätigkeiten“ wohl erheblichen Ärger mit seinen Vorgesetzten bekommen.

Nebenaspekt: Bevor der Professor den Zuschlag erhielt, wurde die Immobilie von einer GmbH erworben, die wiederum in 30 weiteren GmbHs (oder Briefkastenfirmen) engagiert ist (in Schönefeld sind in einem leerstehenden Reihenhaus nahe dem ehemalige Rathaus diese 30 Firmen auf drei befestigten Briefkästen abzulesen).

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