Berlin, 4.10.2017/cw – Er besetzte am 9. September 1988 zusammen mit 18 Freunden aus Ilmenau die dänische Botschaft in Ost-Berlin. Unmittelbar vor dem Staatsbesuch des dänischen Ministerpräsidenten in der DDR schritt der Bürgerrechtler mit seien Freunden zur Tat. Sie stellten ihre mutige Aktion unter das Motto „In Freiheit wollen wir uns wähnen, und zwar genauso wie die Dänen“.
Heute erreichte uns die erwartete und doch unendlich traurige Nachricht: Wolfgang Mayers Herz hat aufgehört zu schlagen. Am vergangenen Montag, ein Tag vor dem Jahrestag der Wiedervereinigung, schlief er ruhig ein, begleitet von seiner Frau. Mayer, zuletzt von seiner Krebskrankheit schwer gezeichnet, konnte nach einem letzten Krankenhausaufenthalt in sein letztes Domizil in Speyer zurückkehren.
Der studierte Lehrer aus Thüringen brannte bis zuletzt für seine Überzeugungen. Am 13. September wollte er unbedingt an der letzten Protestdemo gegen den Rentenbetrug in Berlin teilnehmen, bereitete die Aktion akribisch wie immer in allen Einzelheiten vor. Kurz vor dem Aufbruch nach Berlin mußte er umkehren. Als wir wenige Tage zuvor telefonierten, war es bereits nicht mehr schwer, seinen Optimismus zu durchschauen. Mayer räumte selbst ein, dass „es schwierig werden würde“, an der Berliner Demo teilzunehmen.
Der Protest gegen den Rentenbetrug an einstigen Flüchtlingen aus der DDR war ihm letztlich zum letzten Lebenszweck geworden. Er initiierte zahlreiche Demonstrationen, kümmerte sich bis ins Detail um den ersehnten Erfolg, wozu z.B. auch die Organisation einer Pauke gehörte, auf die er vehement und unüberhörbar „einschlug“. Dabei ließ er sich auch nicht von „schmerzlichen Rückschlägen,“ als die Wolfgang Mayer übereifriges Einzelgängertum empfand, von seinem Weg abhalten. Der oft mühselige Kampf um Meinungen und Lösungen wurde für ihn nur dadurch erträglich, dass er seinen zeitweiligen Kontrahenten immer „eigene Überzeugung und Idealismus“ unterstellte. „Wir ziehen an einem Strick,“ beteuerte er immer wieder, „aber es ist anstrengend, wenn dieser Strick plötzlich zu viele Enden aufweist, an denen in unterschiedlichen Richtungen gezogen wird.“
Nach der Besetzung: Urteil, Freikauf, Ausweisung
Einen Tag nach der legendären Besetzung hatte das MfS die Botschaft geräumt und die Botschaftsbesetzer festgenommen. Auch Wolfgang Mayer wurde in die Untersuchungshaftanstalt nach Berlin-Hohenschönhausen überführt, später zu insgesamt drei Jahren Gefängnis verurteilt. Nach internationalen Protesten, die in den Medien breiten Widerhall fanden, wurde seine Strafe zur Bewährung ausgesetzt. Kurz nach seiner Entlassung wurde ihm die DDR-Staatsbürgerschaft aberkannt, folgte anschließend die Ausweisung in die Bundesrepublik. In der Folge studierte Mayer erst Politik, später Soziologie. 2002 promovierte er zum Dr. phil. an der Rheinischen Friedrich-Wilhelm-Universität Bonn. Er war u.a. als Berufsschullehrer in Thüringen und Journalist tätig. Am bekanntesten wurde sein Internet-Auftritt „Flucht und Ausreise.“, ein Titel seiner vielbeachteten Buchveröffentlichung, die 2002 erschien und in der er den Kampf um Fluchten und Ausreisen aus der DDR schilderte.
„Waren es nicht die Ausreisewilligen, die oppositionelle Verhaltensweisen in einem Umfang entwickelten, der es rechtfertigt, von einer tatsächlich politischen Kraft zu sprechen? Von einer Kraft, die ausreichte, das System zu verändern oder gar zu stürzen? Die Ausreisebewegung muß eindeutig auch als eine Bürgerrechtsbewegung gewertet werden!“
Dieses Credo setzte er seiner Seite im Internet voran. Es beschreibt am Dichtesten die Überzeugung eines Menschen, der bis zuletzt für seine Ideale lebte und im buchstäblichen Sinn kämpfte. Sein Sohn, so sagte er mir in unserem letzten Telefonat, würde seine Internetseite weiter betreuen. Nicht nur dort wird er also mit seinen Gedanken weiterleben.
Wolfgang Mayer, (erst) 1950 im Vogtland geboren, wird uns trotzdem schmerzlich fehlen. Der Verlust ist unersetzlich. Für seine Frau Marika. Für seine Familie. Für uns.
V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin – Tel.: 030-30207785 (1.293).
5 Kommentare
5. Oktober 2017 um 18:44
Bernd Stichler
Wolfgang , gegen deinen Namensvetter Wolfgang Mayer bist Du ein Waisenknabe . Dein blinder und übereifriger Aktionismus sowie deine offensichtliche Sympathie zum Islam und deine sich verstärkende politische Anpassung lassen Dich stetig weiter hinter Wolfgang Mayer zurückfallen !Der hat jedes Wort freigeschaltet , vor dem Du dir in die Hose scheißt !!!!!!
Bernd Stichler
5. Oktober 2017 um 12:50
Bruni Grabow
Mein aufrichtiges Mitgefühl und Beileid zum Ableben von Wolfgang Mayer möchte ich hiermit bekunden. Wolfgang Mayer hat immer versucht allen Anforderungen einzelner Auseinandersetzungen gerecht zu werden. Die Erinnerung an ihn wird sicher nicht verloren gehen.
Bruni Grabow
5. Oktober 2017 um 06:23
karlschippendraht
Das Ableben unseres Kameraden Wolfgang Mayer reißt eine spürbare Lücke in den Kreis der SED-Opfer. Gerade als er die beruflich bedingte politische Abhängigkeit hinter sich gelassen hatte spürte man deutlich, dass sich sein politischer Ton verschärfte, was sich auch im Forum in erfreulicher Weise niederschlug. Gerade vor dem Hintergrund seiner Erkrankung, von der er sich nichts anmerken ließ und von der vermutlich nicht jeder wusste, hat sein politisches Engagement eine besondere Würdigung verdient! Persönlich erinnere ich mich gern an unsere gemeinsamen Aktionen vor dem Schloss Bellevue in Berlin, wo ich Wolfgang Mayer vor 15 Jahren als guten Kameraden kennenlernte. Er wird mir auch als guter Kamerad in Erinnerung bleiben.
Bernd Stichler
4. Oktober 2017 um 22:13
Edith Fiedler
Verlässt uns eine tapfere Seele auf Gottes Ratschluss, bleibt uns die Achtung, mit ihr in Verbindung zu bleiben. In stillem Gedenken
Edith Fiedler
4. Oktober 2017 um 20:17
Felix Heinz Holtschke, VOS-Landesvorsitzender NRW
Eine wahrlich traurige Nachricht vom Tod unseres unermüdlichen und unerschrockenen Kämpfers für die Opfer des SED-Regimes. Ich habe ihn stets bewundert, mit welchem Elan, aber auch mit welchem Humor er trotz seines bedenklichen (und ihm sehr wohl bekanntem) Gesundheitszustand unsere gemeinsamen Dinge vorantrieb. Wir alle haben einen vorbildlichen und grossen Kämpfer für die Interessen der Opfer des SED-Regimes verloren. Dieser Verlust sollte uns zu mehr Einigkeit in der Sache anspornen. Möge er in Frieden ruhen. RIP Wolfgang