Berlin, 7.08.2017/cw – Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) findet sechs Wochen vor der Bundestagswahl den Weg in die Gedenkstätte Hohenschönhausen, dem einstigen Zentralen Untersuchungsgefängnis der DDR-Staatssicherheit, von vielen seinerzeitigen Häftlingen als „Stätte des Grauens“ in Erinnerung. Brutale Folter- und Vernehmungsmethoden der Stasi führten zu posttraumatischen Belastungsstörungen bei unzähligen Betroffenen.
Auch zahlreiche sogen. Republikflüchtlinge durchliefen nicht nur Hohenschönhausen, sondern in der Folge nach entsprechenden Verurteilungen wegen „versuchter Republikflucht“ zahlreiche andere Zuchthäuser, für die die Namen Cottbus, Bautzen, Hoheneck, Brandenburg und Rummelsburg stehen. Viele konnten nach ihrer Haft die „Segnungen“ des florierenden Freikaufs politischer Gefangener durch die Bundesrepublik erfahren. Anderen gelang im Alleingang oder unter Hilfe von Fluchthelfern die Flucht über, unter und durch Mauer und Stacheldraht. Alle hatten gemeinsam, dass sie von den Institutionen der (alten) Bundesrepublik herzlich und mit offenen Armen begrüßt wurden. Neben der juristischen Aufhebung der verhängten Urteile wurde den einstigen (R)Flüchtlingen eine wichtige Zusage gemacht: Deren Rentenanwartschaften in der DDR sollten so in das (west-)deutsche Rentensystem eingearbeitet werden, als ob die einstigen DDR-Bürger ihre bisherigen Arbeitsleistungen in der (alten) Bundesrepublik erbracht hätten. Im Fremdrentengesetz (FRG) wurden die Einzelheiten geregelt. Ohnehin galten die DDR-Bürger aus Sicht der Bundesrepublik im Sinne des Grundgesetzes „als Deutsche“, es gab also rechtlich „nur“ den Unterschied des aktuellen Aufenthaltes (in einer Diktatur oder Demokratie).
Wieder zu DDR-Bürgern gesetzelt
Nach dem ersehnten Fall der Mauer am 9.November 1989 und dem vertraglich vereinbarten Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes am 3. Oktober 1990 ergaben sich durchaus rechtliche Probleme in der fiskalischen Einordnung bisheriger DDR-Bürger zum Beispiel in das Rentenrecht des nun wiedervereinten Deutschland. Statt eine nachvollziehbare Regelung für die DDR-Bürger zu suchen und zu finden, die tatsächlich bis zum 2. Oktober 1990, 24:00 Uhr, Bürger der seit wenigen Monaten demokratiegewandelten Diktatur waren, wurden durch das sogen. „Rentenüberleitungsgesetz (RÜG)“ alle, also auch einstige Republikflüchtlinge, die längst auch amtlich durch Personalpapiere Bundesrepublikaner waren, wieder rückwirkend zu DDR-Bürgern erklärt. Sie verloren damit bisherige Rechte als Bürger des (bis zum Mauerfall einzigen) freien Teil Deutschlands, wurden also rentenrechtlich wieder zu DDR-Bürgern gesetzelt.
Diese gravierende gesetzliche Änderung wurde zuvor niemals öffentlich diskutiert sondern klammheimlich auf dem Verordnungsweg, also hinterrücks, bestimmt. Die meisten Betroffenen erfuhren erst durch ihren Rentenbescheid oder einer entsprechenden Rentenauskunft von dieser kalten Zusammenstreichung ihrer Rentenansprüche bis zu mtl. mehreren hundert Euro. Seither laufen sie gegen diesen brutalen Vertauensbruch einstiger Zusagen Sturm.
Die SPD ließ einstige Zusagen sterben
Während die einstige CDU/CSU-FDP-Koalition diesen Vertauensbruch als „notwendig und gesetzeskonform“ verteidigte, stellte sich die SPD-Opposition vehement auf die Seite der Betrogenen. Der seinerzeitige sozialpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Ottmar Schreiner, geißelte in einer nächtlichen Sitzung des Bundestages 2011 den praktizierten Vertrauensbruch der Regierung und kündigte die Revision durch die SPD für den Fall einer Übernahme der Regierungsgeschäfte an. Diese seinerzeit glaubwürdig vorgetragene Zusicherung der SPD ist inzwischen genauso tot wie ihr einstiger sozialpolitische Sprecher. Die in der Regierung stehende SPD bezieht sich noch nicht einmal auf eine sonst argumentativ übliche „Erpressung“ durch den Koalitionspartner CDU/CSU, sondern verteidigt inzwischen ebenso vehement das RÜG mit seinen fatalen Auswirkungen auf rund 300.000 Betroffene als absolut gesetzeskonform. Wen wundert es da, dass die unermüdlichen Protestanten gegen diesen Betrug kein Vertrauen mehr in Zusagen derzeitiger Politiker haben? Dass sich kritische Distanz auch gegenüber den Versprechungen von Bundnis90/GRÜNE und LINKE breit macht, die sich – wie weiland die SPD – aktuell vehement hinter die Forderungen der ehemaligen Flüchtlinge stellen. Was, wenn diese (jetzigen) Oppositionsparteien in die Regierungsverantwortung gelangen?
Merkel spricht laut Protokoll nur mit einem SMT-Opfer
Am 11.August wird die Bundeskanzlerin die Gedenkstätte Hohenschönhausen besuchen, die Ausstellung besichtigen und sogar einen Kranz am dortigen Gedenkstein für die Opfer des Stasi-Terrors niederlegen. Danach wird sie mit EINEM ehem. SMT-Verurteilten sprechen, so der offiziell verbreitete Plan des Protokolls.
Einige der vom Rentenbetrug betroffenen ehemaligen DDR-Bürger wollen nun die Gelegenheit nutzen, durch ihren Protest vor Ort die Bundeskanzlerin zu einem Gedankenaustausch über ihre berechtigten Anliegen zu animieren. Sie hoffen auf ein zumindest visuelles Einlenken von Angela Merkel anlässlich der bevorstehenden Bundestagswahl, zumal auch in Hohenschönhausen mehr durch die DDR-Verfolgung betroffene Personen einsitzen und leiden mussten, als einstige durch die Sowjetische Militär-Adminstration (SMT) Verfolgte und Verurteilte. Ein Sprecher der Demonstranten sagte ggüb. der Redaktion Hoheneck, man sei „irritiert über einen einzigen Gesprächspartner Angela Merkels aus dem Kreis einstiger Untersuchungsgefangener an diesem Ort“ und setze auf eine „angemessene demokratische Erweiterung der vorgeplanten Gesprächsrunde“, um der Bundeskanzlerin die „Sorgen und Nöte der vom Rentenbetrug Betroffenen endlich einmal aus erster Hand vortragen“ zu können.
Spontane Demonstration
Interessenten an dieser spontanen Demonstration treffen sich nach Mitteilung eines Sprechers der Betroffenen am 11.August um 9:00 Uhr vor dem Hotel „Kolumbus“, Ecke Genslerstraße (18).
V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin – Tel.: 030-30207785 (1.266).
6 Kommentare
10. August 2017 um 08:43
Springer
Liebe Freunde und Kameraden, es gab – und gibt – keine „Haftendschädigung“.
Das wurde über Jahrzehnte bei der Bundesbehörde – sprich Versorgungsamt gesagt. Es sei lediglich eine „Anerkennung“ – weil die Bundesrepublik nicht das anerkennen/endschädigen kann, was sie nicht verbrochen hat! Das stimmt ja auch! Erst nach dem Mauerfall wurde die Formulierung/Begründung verändert!
8. August 2017 um 21:37
gusru
Peter Trawiel,
ich hatte mich geirrt. Bei den Kerzenträgern der sog. „Volkskammer“ und der Opferpension sowie dem schmallippigen Kinkel ging es NICHT um die erst sehr viel später beschlossene Opferpension sondern um die Haftentschädigung. Auch bei den Entschädigungs-Beträgen pro Haftmonat irrte ich mich:
Klaus Kinkel, damaliger Justizminister, wollte zwar den in der „DDR“ gebliebenen Ex-Polit-Knastern 550,- DM/Monat geben, aber uns, die wir im Westen gelandet waren, nur lumpige 300,- DM pro Haftmonat.
Daraufhin gingen wir mehrmals auf die Straße, forderten und erreichten, daß jeder 600,- DM/Monat Haftentschädigung bekommt.
Heute ließ sich wieder einmal Flaschensammler Silvio bei mir sehen, der noch 1989 in Bautzen I saß. Auch er ist nicht organisiert und wußte nichts von den Demos gegen den (Alters-)Rentenbetrug, besitzt aber ein Smartphone…
Bei dieser Gelegenheit gleich noch etwas:
Ich schrieb hier irgendwo etwas von „unserer Misere“ (wegen des Rentenbetruges) und möchte mich selbst ausdrücklich von der „Misere“ ausnehmen… Inzwischen bekomme ich knapp über 900,- EUR Altersrente wovon allerdings 123,- EUR auf den Berufsschadenausgleich entfallen. Das ist zwar auch nicht viel, dazu kommen aber zwei Unfall-Renten (Atomkraftwerk Biblis, Generator von Block A und ein Arbeitsunfall in der Daimler-Benz Motoren AG, Berlin-Marienfelde)… Weiter besuchte ich hier, im Westen, kaum Kneipen und soff nicht wie in der Jugend… Hätte ich nicht die zwei Unfallrenten, ja dann wäre ich finanziell auch „ganz unten“. „Ganz unten“ hieß ein Machwerk des total links angehauchten Günter Wallraff. Seine Romanfigur hieß Ali und war (natürlich!) Türke, jedenfalls ein armer Moslem, der hier die Drecksarbeit bei einem Verleiher (in Berlin volkstümlich „Sklavenhändler“) verrichten mußte. Dieser verkommene Linke! Ich war etwa ein Jahr bei Krupp in Tempelhof, dann etwas länger bei Peiner Stahlbau Berlin und seit 1978 nur bei Verleihern. AUCH WIR DEUTSCHEN mußten jede Drecksarbeit machen und wurden sofort entlassen, wenn keiner von uns ausgeliehen werden konnte! Wallraff ist ein typisch linker Heuchler..
Kameradschaftliche Grüße allerseits, http://www.gustav-rust-berlin.de
(neue Weltnetz-Seiten).
8. August 2017 um 20:32
Peter Trawiel
Gustav Rust,
„was willst Du denn? Die Opferpension wurde versprochen und auch gehalten. Wir bekommen sie doch!“
Es gibt keine Opferpension für DDR-Geschädigte!
Wie man ein paar alte Schuhe einen anderen andrehen kann, mit dem Zusatz, wenn man nur sagt, die hat Theo Lingen nur einmal getragen, so hat man einigen Diktaturgeschädigten eingeredet, sie erhalten eine Opferpension. Es gibt keine Opferpension für DDR-Geschädigte, oder meinst Du das schäbige Almosen, dass man von 250 dann auf 300 € angehoben hat? Das ist nur eine Sozialleistung, die einige Wenige, wenn eine besondere Beeinträchtigung ihrer wirtschaftlichen Lage besteht, erhalten. https://www.lds.sachsen.de/soziales/index.asp?ID=6103&art_param=565 .
Keinen der Täter oder sonstigen Wendehälse hätte man bei ihren Pensionen/Renten oder sonstigen finanziellen Zusatzleistungen, wie es noch im Gesetz heißt, für ihre Lebensleistungen so ein Almosen anbieten können.
Eine Ehrenpension beginnt für mich bei einer Schmerzgrenze ab 900,00 Euro monatlich, für Haft- und Zersetzungsopfer der Stasi, ohne Begrenzung einer Zeit oder zu seinen Rentenbezügen.
Und nicht vergessen, gehorsam … die Bundestagsabgeordneten wählen, die dieses Almosengesetz verabschiedet haben, damit sie sich weiter mindestens 26,5 Millionen Euro nebenher einstecken können http://www.zeit.de/politik/deutschland/2017-08/nebeneinkuenfte-bundestag-abgeordnete Deine Wählerstimme sichert weiter ihren Platz am Futtertrog des Volkes. Ob wer demonstriert oder nicht geht ihnen am A…… vorbei. Vielleicht hilft eine neue Oppositionspartei, die noch nicht so versaut ist.
Peter Trawiel
8. August 2017 um 08:50
gusru
Peter Trawiel,
was willst Du denn? Die Opferpension wurde versprochen und auch gehalten. Wir bekommen sie doch! Wenn auch erst nach Jahr und Tag… Wer ist denn überhaupt schuld an der Misere? Die Kerzenträger, die, gemischt mit jeder Menge Partei-und Stasi-Leuten, in der sog. „Volkskammer“ saßen. Diese Volkskammer beschloß zwar eine Ehrenpension o.ä., überließ aber die Höhe Bonn! Wer war damals Justizminister? Der schmallippige Herr Kinkel. der bestimmte, daß die, welche in der „DDR“ geblieben waren, 600,- DM/Monat bekommen und wir, die legal ausreisten oder flüchteten, nur 550,- DM/Monat. Er wandte das römische Prinzip an „divide et impera“ – „Teile und herrsche“. Als ihm Reporter das Mikrofon hinhielten und nach dem WARUM des Unterschieds fragten: „Wer im Westen gelandet ist, hatte die Gelegenheit, sich eine neue Existenz aufzubauen“! Mit anderen Worten, liegt im Westen das Geld auf der Straße. Man muß es nur aufheben…
Wir gingen damals desöfteren auf die Straße, bis endlich eine finanzielle Gleichstellung erfolgte…
Jetzt müssen wir wegen des (Alters-)Rentenbetrugs auf die Straße gehen. Jetzt, wo jede Menge Kameraden verstorben sind! Am Betrug, davon bin ich überzeugt, ändert sich nach Jahr und Tag auch nichts mehr.
Ich finde es aber trotzdem gut, weil wir damit zeigen, daß wir auch noch da sind! Wir bringen uns damit in Erinnerung… Der Marsch müßte wöchentlich stattfinden wie seinerzeit die Bellevuegruppe! Es ist natürlich vielen nicht zuzumuten, aus den entfernstesten Ecken nach Berlin zu kommen. Aber, wo warst Du? Bist Du mitmarschiert? Von Kyritz aus ist es ja nicht so sehr weit.
Mich ärgert nur, daß die Bierbäuche von Opfern aus Berlin, von denen, wie ich las, es etwa 7000 gibt, kaum am Marsch teilnehmen. Sie wissen einfach nichts davon weil sie nicht organisiert sind und die Medien diese Protestmärsche gegen den (Alters-)Rentenbetrug totschweigen! Ständig hängt ein Plakat am Mahnmal, das ich nur immer wegend es Datums aktualisieren muß. Aber, WER von den 7000 Opfern aus Berlin verirrt sich zum Reichstag und zum Mahnmal „Weiße Kreuze“?
Genug für heute. Ich muß … zum Mahnmal.
Kameradschaftliche Grüße, http://www.gustav-rust-berlin.de
7. August 2017 um 10:23
Peter Trawiel
Peter Trawiel
Merkel-Besuch in Stätte einstigen Grauens: Gespräche mit einstigen DDR-Flüchtlingen?
Anzumerken ist die Glaubwürdigkeit der zwölfjährigen Kanzlerschaft von Merkel wenn es um DDR-Geschädigte geht.
Merkel 2005 – „Wir halten an dem Ziel fest, für Menschen, die durch DDR-Willkür geschädigt worden sind, eine Opferpension einzurichten.“
(Regierungsprogramm 2005 – 2009 der CDU, Seite 22 http://www.hss.de/fileadmin/migration/downloads/BTW_2005-09-18_01.pdf )
Merkel – CDU – Versprochen gebrochen! Die SPD stand zu Merkels Wortbruch im Bundestag 2007 Pate!
Ganzen Artikel lesen, wozu Politiker und ihr Mainstream schweigen http://www.sed.stasiopferinfo.com/phpBB2/viewtopic.php?t=1211&start=1280
7. August 2017 um 07:47
a.k.
Diese Frau Merkel ist mit ihrem Einfühlungsvermögen einer Spreewaldgurke unerträglich! Was noch schlimmer ist, sie hat mehr Mitleid und mehr Geld für jeden Anderen als für ihre eigenen Landsleute.
Auf keinen Fall wird es besser werden und die Zeit vergeht…………..