von Carl-Wolfgang Holzapfel*
Berlin, 26.07.2017/cw – Nach dem Grundgesetz soll jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt haben. Zwar lässt sich daraus generell keine juristische Pflicht zur Stellenausschreibung im öffentlichen Dienst ableiten. Andererseits ist die Stellenausschreibung in bestimmten Fällen beamtenrechtlich gesetzlich vorgeschrieben. Unabhängig davon stellt sich die Frage, ob eine Stellenausschreibung für das Amt zur Aufarbeitung einer Diktatur so falsch wäre?
Wer hat etwas gegen Tom Sello?
Der Regierende Bürgermeister hat Tom Sello in den letzten Tagen angerufen und ihm die Führung der bisherigen Gutzeit-Behörde angeboten, so diverse Presseberichte. Wir unterstellen, dass dieser einstige Bürgerrechtler mehr Freunde als Feinde hat. Was soll also gegen die Nominierung des bereits mehrfach geehrten und ausgezeichneten Mitarbeiters der Robert-Havemann-Gesellschaft (u.a. 2009 Verdienstorden des Landes Berlin und 2013 das Bundesverdienstkreuz am Bande) zum neuen Landesbeauftragten „zur Aufarbeitung der SED-Diktatur“ (wie diese Noch-Gutzeit-Behörde künftig heißen soll) sprechen? Und: Wer hat etwas gegen Tom Sello?
Es ist – wieder einmal – der Geruch interner Kungelei, der hier stört. Hier geht es um die Besetzung einer Behörde, die sich der Aufarbeitung einer Diktatur (der Zweiten Diktatur auf deutschem Boden im 20. Jahrhundert) widmen soll. Passt dazu die Besetzung der Leitung im Wege eines Dekretes? Zwar wird der Landesbeauftragte „auf Vorschlag des Senates“ – vermutlich nach „interner Klärung“ – vom Abgeordnetenhaus gewählt. Aber stände es diesem wichtigen Amt nicht an, seine Führung öffentlich auszuschreiben und in der Findungsphase über mehrere Kandidaten zu diskutieren, also der einstigen Diktatur bewusst ein demokratisches Verfahren gegenüberzustellen?
Signal vor der Bundestagswahl wichtig
Der vielfach aufgekommene Unmut über „die da Oben“ rührt auch aus dem gedankenlosen Umgang mit den Instrumenten der Demokratie: Man hat sich (oben) daran gewöhnt, Posten, die man vorher – wie gewohnt oder „immer schon“ intern „abgeklärt“ hat, zu besetzen. Gerade vor der anstehenden Bundestagswahl wäre ein Signal wichtig, das dem Wähler vermittelt: Wir haben (dazu) gelernt, wir beziehen den Bürger so weit als irgend möglich in unsere Entscheidungsfindungen mit ein. So bekämpft man aufkommende Staatsverdrossenheit, nicht durch Wahlkampfparolen, für die sich nach der Wahl kein Mensch mehr interessiert.
Das hier beschriebene wichtige Amt hat einen breiten Diskurs um BewerberInnen verdient (von denen es eine Reihe von Persönlichkeiten gibt). Ein s o in das Amt gelangende(r) BewerberIn, auch wenn dieser letztlich Tom Sello heißen würde, hätte den genügenden und überzeugenden Hintergrund, dieses verantwortliche Amt auszufüllen und sowohl ggüb. dem Parlament wie ggüb. den Opfern und Verfolgten der Zweiten Deutschen Diktatur nachdrücklich und glaubwürdig zu vertreten.
* Der Autor ist seit 2002 Vorsitzender der Vereinigung 17. Juni 1953. Er hat seinerzeit dem Ministerpräsidenten von Brandenburg die Namensgebung „Landesbeauftragter zur Aufarbeitung der SED-Diktatur“ für das mit 20 Jahren Verzögerung neu geschaffene und mit Ulrike Poppe als erster Landesbeauftragten 2010 besetzte Amt vorgeschlagen. Die vom Landesparlament in Potsdam beschlossene Benennung lautete dann „Landesbeauftragte für die Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur“.
V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin – Tel.: 030-30207785 (1.264).
3 Kommentare
26. Juli 2017 um 15:26
gusru
Lieber Kamerad Felix,
herzlichen Dank für Deine erfrischenden Zeilen, besonders die Kungelei der Sozis um Posten betreffend.
Betrifft den „Tagesspiegel“ vom 24.07.2017 – Teil des Untertitels:
„…Die Aufarbeiten soll auf die gesamte SED-Diktatur ausgeweitet werden.“ von Robert Ide
… Letzter Satz des Tagesspiegel-Artikels vom 24.07.2017:
„…Sello bringt hierfür die richtigen Voraussetzungen mit: In der DDR war er für oppositionelle Friedensgruppen aktiv und half mit bei der Aufdeckung der gefälschten Wahlen.“
Also einer der diversen „Kerzenträger“, wie einige Kameraden diese Bürgerrechtler zu nennen pflegen. Hinter Gittern war er nicht…
Mit kameradschaftlichen Grüßen http://www.gustav-rust-berlin.de
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Lieber Carl-Wolfgang,
nun hast Du wieder etwas von mir, das Du verstümmeln kannst „…“
Ich werde mich um ein eigenes Gästebuch oder Forum kümmern. Es wäre dann das vierte! Die drei früheren Foren wurden durch Zersetzung (Falcke und Konsorten) geschlossen.
Kameradschaftliche Grüße,
Gustav Rust
25. Juli 2017 um 21:12
Felix Heinz Holtschke, VOS-Landesvorsitzender NRW
Von diesem Mann Tom Sello habe ich in der Vergangenheit noch nie etwas gehört. Das muss vielleicht nichts heißen. Jedenfalls werde ich mir seine erbrachten Leistungen zur Wiedererlangung der Demokratie im vereinten Deutschland in den nächsten Tagen einmal ergoogeln, sofern relevant bzw. vorhanden. Doch seine Ernennung ist vergleichbar mit derjenigen des Herrn Schulz als Kanzlerkandidat der SPD. Diese Partei hat grosse Erfahrung im Hinterzimmer-Gekungel um Posten und Pöstchen. Der Regierende Bürgermeister Müller kommt aus dem gleichen Stall. Das hat er wieder einmal eindrucksvoll bewiesen!
1. August 2017 um 10:27
Edda Sperling
das war auch mein erster Gedanke zu der Personalie Tom Sello….seit 28 Jahren kämpfen wir Opfer der 2. Diktatur um Rentenbetrug und Anerkennung von Haftfolgeschäden und die sogenannten Bürgerrechtler fallen uns reihenweise in den Rücken….siehe Arnold Vaatz in der Super Ilu wo er ehemalige politischen Häftlinge und Flüchtlinge denunziert und demütigt