Nr.066 – Einigkeit und Recht und Freiheit – 18. 06. 2017
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Der Bismarck des 21. Jahrhunderts
Oggersheim/Berlin, 16.Juni 2017/cw – Helmut Josef Michael Kohl, so sein vollständiger Name (*3.04.1930 † 16.06.2017) darf rückblickend mit Fug und Recht als Bismarck des 21.Jahrhunderts bezeichnet werden. Otto von Bismarck (* 1.04.1815 † 30.07.1898) verdanken wir die Beendigung der Kleinstaaterei und die Zusammenfügung dieser Staaten zu einem Deutschen Reich. Er wurde so der erste deutsche Reichskanzler (1871 – 1890).
Helmut Kohl hat mit seinem beherzten Zugriff auf den „Zipfel der Geschichte“ das Ende der Teilung Deutschlands, die Wiedervereinigung der seit 1949 existierenden zwei deutschen Staaten verwirklicht. Er hat überdies durch diese konsequente Politik auch das Ende der unseligen Teilung Europas zumindest beschleunigt. Es dürfte kaum ein Zweifel mehr darüber bestehen, dass ein anderer Kanzler zu zögerlich vorgegangen wäre und wir heute vermutlich in zwei, sicherlich demokratisch legitimierten deutschen Staaten leben würden.
Durch diese entscheidende, weil entscheidungsfreudige Politik hat Helmut Kohl seinen ewigen Platz in der Geschichte erhalten. Dagegen sind die tagespolitischen Fehler, wie z.B. die unselige Spendenaffäre, über die er seine letzte politische Amtsfunktion verlor, geschichtlich betrachtet, unwesentliche Petitessen. Auch die falsche Entscheidung, den bisherigen Feiertag, der an den Volksaufstand vom 17. Juni 1953 erinnerte, durch den 3. Oktober als Gedenktag an die Wiedervereinigung zu ersetzen, wird seinen Urheber nicht lange überleben.
Der 3. Oktober ist ein Gedenktag nach Aktenlage, weil seine Festmachung an einer vertraglichen und recht willkürlich festgelegten Bestimmung über das formale Ende der DDR keinen ausreichenden Inhalt für einen „Nationalen Gedenktag“ hergibt. Die wahrscheinliche Furcht des ansonsten furchtlosen Kanzlers vor einer Debatte um den geschichtsträchtigen „9.November“ passte so gar nicht zu dem mutigen Kanzler der Einheit. Aber auch der 3. Oktober schmälert nicht seinen beschriebenen Platz in der Geschichte, weil es absehbar ist, dass dieser Tag durch eine parteiübergreifende Einigung „von Links bis Rechts“ durch den 9.November abgelöst werden wird und daher nur noch – wenn überhaupt – eine Fußnote im Geschichtsbuch sein wird.
Erster Karl-Wilhelm-Fricke Preis an den mutigen Namensgeber

Altbundespräsident Prof. Köhler überreichte der Tochter von K.W.Fricke den Freiheitspreis – Foto: LyrAg
Berlin, 15.06.2017/cw – 27 Jahre nach der Wiedervereinigung, 28 Jahre nach dem legendären Mauerfall und gar 64 Jahre nach dem Volksaufstand vom 17. Juni 1953 wurde in Berlin ein „Freiheitspreis“ verliehen. Möglich wurde dies durch die großzügige Spende des einstigen veritablen Fluchthelfers Dr. Burkhart Veigel, der aus dem Verkaufserlös eines Hauses in der Schweiz der Stiftung Aufarbeitung der SED-Diktatur 400.000 Euro für diese Preisverleihung zur Verfügung stellte. Dadurch kann für die nächsten zwanzig Jahre jährlich „zum 17. Juni“, wie der Stifter bestimmte, der mit jeweils 20.000 Euro ausgestattete Freiheitspreis verliehen werden.
Als ersten Preisträger bestimmte eine Jury den langjährigen Redakteur und Buchautoren Karl-Wilhelm Fricke (* 3.09.1929 in Hoym), nach dem auch der künftige Preis benannt sein wird. Fricke erhielt seine erste Prägung als Sechszehnjähriger, als die sowjetische Geheimpolizei seinen Vater Karl Oskar im Juni 1946 verhaftete. Frickes Vater verstarb 1953 im Zuchthaus Waldheim, nachdem er 1950 im Rahmen der Waldheimer Prozesse zu zwölf Jahren Zuchthaus verurteilt worden war.
Durch seine Weigerung, in die Freie Deutsche Jugend (FDJ) einzutreten, verspielte er die Chance auf ein Studium nach dem Abitur. Als Aushilfslehrer für Russisch wurde Fricke von einer Kollegin wegen „parteikritischer Äußerungen“ denunziert. Er wurde daraufhin am 22. Februar 1949 verhaftet, konnte jedoch aus dem Polizeigewahrsam entkommen und über die innerdeutsche Grenze in den Westen fliehen. Dort studierte Fricke Politische Wissenschaften und begann bereits in dieser Zeit, journalistisch für Presse und Rundfunk zu arbeiten.
Am 1. April 1955 ließ sich Karl-Willhelm Fricke in die angebliche Wohnung eines befreundeten Journalisten locken. Fricke interessiert sich für dessen außerordentliche Biografie als Kommunist im NS-KZ und nach 1945 in einem sowjetischen Gefangenenlager. In Wirklichkeit hatte die Stasi die Wohnung verdeckt angemietet. Nachdem Maurers Ehefrau Fricke ein mit Schlaftabletten aufbereitetes Glas mit „Scharlachberg-Meisterbrand“ angeboten hatte, verlor Fricke das Bewusstsein und wurde nach Ost-Berlin entführt. Maurer hatte Fricke zwar nicht über seine eigene Biografie, wohl aber über seinen wahren Namen belogen. Er hieß tatsächlich Kurt Rittwagen und wurde von der Stasi als Mitarbeiter IM „Fritz“ geführt. Der Vorgang gegen Fricke lief unter dem Decknamen „Student.“
Nach Verhören über 15 Monate im Stasi-Untersuchungsgefängnis Berlin-Hohenschönhausen verurteilte das Oberste Gericht der DDR Fricke schließlich im Juli 1956 wegen Kriegs- und Boykotthetze“ in einem Geheimprozess zunächst zu 15, dann zu vier Jahren Zuchthaus, die er im Zuchthaus Brandenburg-Görden und in der Sonderhaftanstalt Bautzen II in Einzelhaft verbringen musste.
Nach seiner Entlassung 1959 arbeite Fricke wieder als Journalist, bis 1994 als leitender Redakteur beim Deutschlandfunk. Seine vielen Bücher gehören zu den Standardwerken über die Vorgänge im Kommunistische Machtbereich, darunter „Die DDR-Staatssicherheit“, 1989. Fricke wurde bis zum Ende der DDR vom MfS überwacht.
Aus gesundheitlichen Gründen musste der inzwischen betagte Fricke seine Anreise zum Verleihungsakt abbrechen, und so nahm seine Tochter aus den Händen des Altbundespräsidenten Horst Köhler (2004-2010) den Preis entgegen.
Der Stifter, Dr. Burkhart Veigel (1938) erklärte in einer launigen Ansprache seine Motivation für die Stiftung der hohen Geldsumme. Er wolle damit die Möglichkeit schaffen, den außerordentlichen Einsatz für Freiheit und Demokratie und die Aufarbeitung von Diktatur und Unrecht zu würdigen. Veigel nutze zugleich die Möglichkeit, etwaige Vermutungen, es handele sich um Gewinne aus seiner Fluchthilfe, auszuräumen. Er habe an der Verbringung von ca 600 Menschen in die Freiheit „keinen einzigen Cent“ verdient. Leider vergaß sowohl Veigel, Geschäftsführerin Anna Kaminsky, die souverän durch die festliche Veranstaltung im Haus der Stiftung in der Kronenstraße 5 führte und der Stiftungsvorsitzende Rainer Eppelmann, den Anlass dieser Stiftung, nämlich den Jahrestag des Volksaufstandes vom 17. Juni 1953, zu erwähnen. Eine sicherlich unterbewusste Verdrängung eines wichtigen historischen Datums deutscher Geschichte, die allerdings zunehmend um sich greift.
Umrahmt wurde der Festakt von den hervorragenden und berührenden Einlagen der Sängerin Sabra Lopes, die für das Mozart-begeisterte Ehepaar Fricke nicht nur eine Arie aus dem „Figaro“ sondern auch ein bewegendes Medley aus DDR-Musikstücken und West-Schlagern vortrug („Die Partei, die Partei, die hat immer recht …“ – „Pack die Badehose ein…“). Das Ehepaar Fricke kann diese musikalischen Einlagen wie auch die gesamte Veranstaltung auf einem eigens vorgenommenen Mitschnitt verfolgen, der dem Preisträger im Nachhinein übersandt wird.
Vereinigung 17. Juni 1953: Vorstand bestätigt
Berlin, 16.06.2017/cw – Die Vereinigung 17. Juni 1953 hat auf ihrer jüngsten Mitliederversammlung satzungsgemäß Neuwahlen zum Vorstand durchgeführt. Die bisherigen Vorstände Carl-Wolfgang Holzapfel (Vorsitz) und Tatjana Sterneberg (Schatzmeisterin) wurden einstimmig bzw. bei jeweils einer Stimme Enthaltung in ihre Funktionen wiedergewählt. Für den aus privaten Gründen im Frühjahr diesen Jahres zurückgetretenen Joachim Fritsch wurde André Rührung zum Geschäftsführer gewählt. Der BVG-Mitarbeiter hatte dieses Amt vor Joachim Fritsch bereits über zehn Jahre ausgeübt. Die Amtszeit läuft satzungsgemäß bis zum Juni 2020.
Neuer Beirat: Helmut Müller-Enbergs
Berlin, 16.06.2017/cw – Der Vorstand der Vereinigung 17. Juni hat den Historiker und langjährigen BStU-Experten, Prof. Dr. Helmut Müller-Enbergs (*1960), in den Beirat des Vereins berufen. Nachdem Müller-Enbergs die Berufung angenommen und die Mitgliederversammlung formal zugestimmt hat, wird die Berufungsurkunde am 3. Oktober d.J. auf der Jubiläumsveranstaltung des Vereins überreicht. Am diesjährigen 3. Oktober jährt sich zum 60. Mal die Eintragung des ursprünglichen, 1953 als „Komitee 17. Juni“ gegründeten Vereins unter dem jetzigen Namen in das Vereinsregister.
Müller-Enbergs studierte von 1985 – 1989 Politologie (Westf. Wilhelms-Universität Münster und Otto-Suhr-Institut FU Berlin). Der einstige Pressesprecher der Fraktion Bündnis 90 im Landtag Brandenburg und wissenschaftliche Mitarbeiter im Stolpe-Untersuchungsausschuss promovierte 2007 bei Eckhard Jesse zum Dr.phil. und war von 2007-2008 Gastwissenschaftler an der University of Michigan (USA). Von 2008/09 hatte er eine Gastprofessur an der geisteswissenschaftlichen Fakultät der Syddansk Universitet in Odense (Dänemark) inne, seit 2010 ist er dort Honorarprofessor. Müller-Enbergs ist ebenfalls seit 2012 Honorarprofessor an der historischen Fakultät der Högskolan pa Gotland in Visby (Schweden), wo er von 2011/12 eine Gastprofessur inne hatte.
Seit 1992 ist Müller-Enbergs wissenschaftlicher Referent beim Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen (BStU). Er ist Mitverfasser des Behördengutachtens über Gregor Gysi (1996) für den Immunitätsausschuss des Deutschen Bundestages. Von 2003 bis zu ihrer Auflösung 2005 leitete Müller-Enbergs die Forschungsgruppe „Rosenholz“, 2004 war er Referatsleiter für Öffentlichkeitsarbeit beim Landesamt für Verfassungsschutz in Brandenburg.
Seine wissenschaftlichen Schwerpunkte sind Grundlagenforschungen zu inoffiziellen Mitarbeitern der Hauptverwaltung Aufklärung (HVA) des MfS sowie zu Spionage und Nachrichtendienstpsychologie. Müller-Enbergs machte u.a. vor einigen Jahren die IM-Tätigkeit des Ohnesorg-Todesschützen Karl-Heinz Kurras bekannt.
Er war ebenfalls seit 2010 gewähltes Mitglied der Kommission zur Überprüfung der Abgeordneten des Landtags Brandenburg auf Kooperation mit dem MfS sowie der Enquete-Kommission zur Aufarbeitung der Geschichte und Bewältigung von Folgen der SED-Diktatur und des Übergangs in einen demokratischen Rechtsstaat im Land Brandenburg.
Der neue Beirat Helmut Müller-Enbergs hat bisher über 14 Publikationen herausgegeben oder daran mitgewirkt.
Sachsen: Zukunft der Gedenkstättenarbeit
Dresden 14,06.2017/cw – Zu einem Fachgespräch „Zukunft der Gedenkstättenarbeit – Auf dem Weg zu einer Entwicklungskonzeption der Stiftung Sächsische Gedenkstätten“ hatte die Fraktion Bündnis90/GRÜNE im Sächsischen Landtag eingeladen. Nach Meinung der Fraktion sei es u.a. „Aufgabe der Stiftung Sächsische Gedenkstätten, die Entwicklung der sächsische Gedenkstättenlandschaft in ihrer Vielfalt im Blick zu haben und sie bei der zeitgemäßen Aufgabenerfüllung und der Weiterentwicklung von Orten, Themen und Formen des Gedenkens bestmöglich zu unterstützen“.
In einem Antrag vom 14.05. (Drs. 6/9610) hat die Fraktion ihr Anliegen bereits im Parlament eingebracht. Dort heißt es u.a.: „Bestehenden Ungleichgewichten soll die Stiftung mit eigenen Impulsen und nachhaltiger Begleitung begegnen, insbesondere durch die Unterstützung bürgerschaftlicher Initiativen und von Opferverbänden“. In dem Fachgespräch sollten die der Einladung gefolgten Verbände eigene Anregungen und Wünsche zur Verbesserung der Gedenkstättenarbeit vortragen.
In der lebhaften Diskussion wurden unterschiedliche Aspekte beleuchtet, aber auch auffällig deutliche Kritik an der jetzigen Praxis der Stiftungsleitung vorgetragen. So gab Detlef Garbe (GedSt. KZ Neuengamme Hamburg) zu bedenken, dass „wir es mit einem bedrohlichen „Verlust der Zeitzeugen“ zu tun haben“, die Gedenkstätten dürften trotzdem nicht zu Gedenkstätten-Agenturen verkommen.
Herbert Lappe, Vertreter der Jüdischen Gemeinden in Sachsen, kritisierte die ungeklärte „politische Aussage“ am Eingang der Gedenkstätte Torgau. Die Stiftung (Sächsische Gedenkstätten) „murkelt sich durch die Kritik so durch. Ein Projekt „beginnt mit Diskussionen“, da fange Erziehungsarbeit an.
Bernd Müller-Kaller, VOS Sachsen, betonte die Involvierung seines Verbandes in die Aufarbeitung und kritisierte u.a. Ausstellungen, die ohne Bezug zur Praxis erstellt werden würden.
Lutz Rathenow, Landesbeauftragter für Stasi-Unterlagen, wies auf die „ungeheure Disparität“ (bezeichnet ein Nebeneinander von Ungleichem. Übersetzen lässt er sich mit Verschiedenheit oder Anderssein) von Interessen in der Stiftung hin. Dies mache deren Arbeit so schwer. Die Stiftung benötige eine „bessere personelle Ausstattung, um den Direktor der Stiftung zu entlasten“.
Daniel Gäde (Erkenntnis durch Erinnerung e.V.) betonte, dass es aus seiner Sicht um die Jugend ginge. Es sollten grundsätzliche Fragen, wie Freiheit und Diktatur, keine nationalen Fragen behandelt werden.
Hugo Hirschfeld (Theologische Hochschule / Ausbildung von Sozialarbeitern), forderte in seinem Beitrag eine „Entstaatlichung der Gedenkkulturen“, es brauche „eine Bildung von unten“ und eine „stärkere Unterstützung von Initiativen“.
Siegfried Reiprich (Direktor Stiftung Sächsische Gedenkstätten) ging engagiert auf diverse kritische Wortbeiträge ein und bemühte sich, Korrekturen aus seiner Sicht anzubringen. Die Besucherzahlen in den Gedenkstätten würden sich ständig steigern, da könne nicht alles falsch laufen. Die gegenwärtige Zusammensetzung der Stiftung mit z.Zt. 22 Planstellen und 40-45 Stiftungsbeiräten belasteten die Effektivität der Arbeit.
Dr. Claudia Maicher (Kulturpolitische Sprecherin der Fraktion und Leiterin des Fachgespräches) bat Reiprich um Zurückhaltung bei der Kommentierung von Wortbeiträgen. Diese sollten „erst einmal gesammelt und dann beantwortet“ werden.
Klaus-Dieter Müller (Früherer ltd. Mitarbeiter in der Stiftung Sächsische Gedenkstätten) bemängelte, dass es „nach wie vor keine Stiftungs-Konzeption“ gäbe. Ansätze gab es dazu aus „seiner Zeit um 2009“. Die aufgeworfenen Fragen erfordern historische Studien.
Uwe Ullrich (Geschf. Dresdner Geschichte) bemängelte, dass die Betrachtung „beider Diktaturen nebeneinander her“ laufe. Wir müssen uns intensiver um die Generationen kümmern. Der „Dialog anstelle von Belehrungen“ sei wichtig.
Tatjana Sterneberg (ehemalige Hoheneckerin) beklagte engagiert die „vermuddelte Kommunikation“ mit der Stiftung. Man habe rechtzeitig ein Gedenkstättenkonzept vorgelegt, das Herr Reiprich noch nicht einmal kommentiert oder beantwortet hätte.
Carl-Wolfgang Holzapfel (Vereinigung 17. Juni 1953) kritisierte am Beispiel Hoheneck die „unheilvolle und mit seinen Aufgaben nicht übereinstimmende Rolle“ des Stiftungs-Direktors. So habe dieser zunächst die nach dem Bundespräsidentenbesuch 2011 angeregte Gründung eines Fördervereins begrüßt, diesen aber nach der Gründung ggüb. Stollberger Mitgliedern boykottiert und diese zum Verlassen des Vereins aufgefordert. Der angeregte Nachfolgeverein liege nicht zuletzt aufgrund „dieser unseligen Einmischung“ ebenfalls am Bodenn wie der einst intakte Frauenkreis ehemaliger Hoheneckerinnen. In der wichtigen Phase des Gedenkstättenaufbaus in Hoheneck gäbe es so „keine Mitsprache von unten“ mehr, diese läge vielmehr in einer „provozierten und hinterlassenen Trümmerlandschaft“.
Siegfried Reiprich erwiderte, dies sei nicht der Fall. Die Gedenkstätte sei ja gegenwärtig im Aufbau und die Stiftung hätte diesen Ausbau tatkräftig unterstütz. Im Übrigen „dürfen wir Antragstellern nicht die Häppchen reichen, das dürfen wir nicht“.
Tatjana Sterneberg erwiderte spontan, dass die Darlegungen Reiprichs nicht stimmten. Die Stiftung weigere sich „bis heute“, die Kosten für die Planung der Gedenkstätte zu begleichen, geschweige denn den Ausbau finanziell zu fördern. Dadurch trete der Fortgang auf der Stelle.
Daniel Gäde führte ein Beispiel für die angesprochene Problematik an: Ein Auto bleibt stehen. Darauf der Mechaniker: Das liegt am Getriebe. Der Fahrer meint: Der Tank ist leer. Dann kommt der IT-Spezialist: Alle aussteigen und wieder einsteigen.
Uwe Ullrich stellte die Frage, welche Vergangenheit braucht die Zukunft?
Zum Abschluss wies Siegfried Reiprich darauf hin, dass er in bald 18 Vereinen Mitglied sei und er sich nicht vorhalten lassen wolle, zu wenig engagiert zu sein.
Claudia Maicher, die zusammen mit Jan Keilhauer die Beiträge registrierte, bedankte sich für die „konstruktive Gesprächsrunde“, die man gerne bei Gelegenheit fortsetzen wolle.
Rainer Kunz: Ein engagierter Lotse verlässt das Verwaltungsschiff
Stollberg, 11.06.2017/cw – Rainer Kunz, bisheriger Amtsleiter im Rathaus der Großen Kreisstadt Stollberg, verlässt nach seinem 65.Geburtstag seine bisherige Wirkungsstätte. Nach Ansicht von Beobachtern verliert nicht nur der Bürgermeister Marcel Schmidt und die Stadt einen überaus engagierten Vertrauten, sondern auch die Protagonisten des Umbaus der einstigen Frauenstrafanstalt in Hoheneck in eine Gedenkstätte und zahlreiche andere Standorte (die bereits fertige PHÄNOMENIA, das im Bau befindlicher Theater u.a) einen wichtigen Unterstützer.
So erinnert sich die ehemalige Hoheneckerin Tatjana Sterneberg gerne an “die einmalige und hervorragende Unterstützung bei der Vorbereitung und Durchführung des Bundespräsidentenbesuches im Mai 2011“ durch Rainer Kunz. Ohne dessen Mitwirkung und eingebrachtes Engagement wäre der Besuch von Christian Wulff nicht so glanzvoll verlaufen.
Kunz hingegen hat dem HB gegenüber betont, sich „im Rahmen der nun beschränkten Möglichkeiten“ auch weiterhin für die Verwirklichung der Gedenkstätte in Hoheneck engagieren zu wollen.
Hoheneck: Ehemalige treffen sich nach Jahren zu einem Aktionstag
Stollberg/Hoheneck, 18.06.2017/cw – Einige ehemalige Hoheneckerinnen treffen sich zum nächsten Wochenende zu einem „Aktionstag“ in Hoheneck. Das mit 3.800 Euro von der Stiftung Aufarbeitung unterstützte Projekt soll u.a. Gespräche zwischen Zeitzeuginnen und Schülern ermöglichen. Damit bemüht sich der neue Vorstand unter Regina Labahn und Catharina Mäge nach Jahren des durch heftige vereinsinterne Auseinandersetzungen bedingten Stillstandes die bisher erfolgreiche Arbeit des Frauenkreises neu zu beleben.
Am Rande des Aktionstages ist die Durchführung einer Mitgliederversammlung geplant, auf der u.a. zwtl. vakant gewordene Vorstandsfunktionen neu besetzt werden sollen. Der Verein hatte zu Zeiten der seinerzeitigen Vorsitzenden und jetzigen Ehrenvorsitzenden Margot Jann 104 Mitglieder.
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2 Kommentare
20. Juni 2017 um 08:39
gusru
„Der Bismarck des 19. Jahrhunderts hat die Sozialversicherung eingeführt.
Der Bismarck des 20. Jahrhunderts bescherte uns einen Rentenbetrug…“.
Hahaahh… Wie treffend, lieber Bernd!
Ein Kanzler kann sich zwar nicht um alles kümmern, aber es war damals alles abgesprochen und ist es heute… Was war und ist mit seinen Stasi-Akten? Was ist mit Wolfgang Schäuble, der ja auch zum Kabinett Kohl gehörte und die Stasi-Akten vernichten wollte als wären sie nur ein altes Hemd, das man wegwirft wenn sich eine Reparatur nicht mehr lohnt?
40 Jahre Bolschewismus sollten wir einfach so „vergessen“, zumindest die schriftlichen Belege… Solche Vorschläge konnten nur von einem westzonalen Minister kommen, gleich, welcher Partei er angehört. Baden-Württemberg, das Saarland etc. lagen weit von der Zonengrenze entfernt. Was interessierte den westzonalen Spießbürger nach Jahren die Teilung? Er war von der Freßwelle überrollt worden, von der Motorisierungswelle u.s.w. und sah im Fernsehen meist Fritz Schenck mit seinen Bämbeln, Wim Tölke und anderen Schrott (hoffentlich schrieb ich die Namen richtig).
Weil ich schon wieder dabei bin, mich „auszukotzen“:
Der Rudolf-Wilde-Platz war schwarz von Menschen, als ein Teil der Opfer des 17. Juni 1953 aufgebahrt wurden und späer, als Kennedy dort sprach.
Irgendwo las ich, in Berlin würden (noch) etwa 7000 Opfer der SED-Justiz leben. Wo sind diese? Sie können doch nicht alle im Pflegeheim vor sich hindämmern… Wo sind sie z.B. bei den Demos gegen den (Alters-)Rentenbetrug? Und das ist nur Berlin, von Westdeutschland ganz zu schweigen. Wegen einer Demo kann natürlich nicht jeder extra nach Berlin kommen, alles klar. Obwohl man per Mitfahrerzentrale einigermaßen billig reisen kann, nicht eingezwängt in einen Zug der Bundesbahn. Bei Mitfahrerzentralen werden von allen die Personalien festgehalten. Es muß also niermand Angst haben, ausgeraubt zu werden. Und für Frauen, die von uns Männern lieber Abstand halten, gibt es Extra-Frauen-Mitfahrerzentralen… Genug für heute. Ich muß in dieser Hitze zum Mahnmal und die Blumen an den Kränzen gießen. Den Kranz für die Helden des 17. Juni 1953 finanzierte ich vom Spendengeld, die Schleife besorgte Kamerad Holzapfel von unserer Vereinigung… Einen zweiten Kranz ließ das Haus am Checkpoint Charlie bringen. Wir können nur hoffen, daß das Grünflächenamt die Kränze nicht (wieder) abräumt wie früher…
Kameradschaftliche Grüße,
Gustav Rust
19. Juni 2017 um 07:12
Bernd Stichler
Der Bismarck des 19. Jahrhunderts hat die Sozialversicherung eingeführt.
Der Bismarck des 20. Jahrhunderts bescherte uns einen Rentenbetrug.
Auch diese Tatsache darf nicht verschwiegen werden!!! Auch nicht vor dem Hintergrund seiner staatsmännischen Leistung der Wiedervereinigung denn der Rentenbetrug ist ein Teil der Wiedervereinigung.