Ankara/Berlin, 16.04.2017/cw – Auch wenn die Propagandamaschinerie etwas vorschnell den Sieg des neuen Diktators am Bosporus mit über 67 Prozent an den Horizont schrieb, so scheint der neue Führer Recep Tayyip Erdoğan tatsächlich mit knapp 51 Prozent die Volksabstimmung über das von ihm erdachte Präsidialsystem tatsächlich gewonnen zu haben (Stand: 20:45 Uhr MESZ). Wer also simpel geglaubt hat, der Führer sei mit Adolf Hitler am 30.April 1945 durch endlichen Selbstmord in die Ewigen Jagdgründe (oder die Hölle) eingegangen, muß wohl umdenken. Heute wurde ein neuer Führer installiert, der Führer lebt.
Machtergreifung? Zunächst wohl nicht. Denn auch Adolf H. gelangte durch „demokratische Wahlen“, die Kanzleramtsminister Altmeier etwas vorschnell via ARD der Türkei attestierte, im Januar 1933 an die Macht. Erst später wurde ihm die „Machtergreifung“, von der zunächst nur seine NSdAP sprach, im historischen Kontext zugedacht.
Die Bevölkerung am Bosporus wird sich warm anziehen müssen, aber auch wir in Europa. Der Jubel über den Sieg vom 16. April wird wohl alsbald in einem Meer von Tränen ersticken. Man wird diesen Tag „zur Hölle“ wünschen, weil der bisherige wirtschaftliche Aufschwung in einen bereits beginnenden Abschwung einmünden wird. Das war einst bei unserem „Führer“ auch so. Dem Abbau der beängstigenden Arbeitslosigkeit folgte der Aufschwung durch Arbeitsprogramme, der den Bau von Autobahnen, der (Rüstungs-) Industrie und weiterer auch propagandistisch gut verkaufter sozialer Maßnahmen vorsah. Diesem propagierten Aufschwung folgte der Auf- und Ausbau von Konzentrationslagern für die „nationalen Feinde“, die Errichtung von Vernichtungslagern durch die vom Führer proklamierten Arier für „Nicht-Deutsche“ und der direkte Weg in den vernichtenden Zweiten Weltkrieg.
Eben dies bezeichnet man als „Wiederholung der Geschichte.“ Auch wenn wir in unserer (bisher allzu stillen) Verzweiflung noch eine andere Entwicklung herbeibeten. Unsere bisherigen Deals mit Erdogan haben seine Wandlung zum Führer weder aufhalten noch verhindern können. Das war 1938 bei dem unseligen Vertrag von München ebenso. Wir gehen keinen guten Zeiten entgegen, zumal zumindest eine Million der bei uns inzwischen beheimateten Türken den Führerkult in der Türkei mit herbeigewählt haben.
Mein Zeitungshändler heißt übrigens Erdogan. Er hat nicht für den Führer gestimmt und in den letzten Tagen von der Hoffnung auf dessen Scheitern gesprochen. Wir teilen unsere gemeinsame Enttäuschung aber auch die Hoffnung auf die rund zwei Millionen türkischen Mitbürger, die sich dem Ver-Führer durch Nichtwahl oder ihre NEIN-Stimme versagt haben. Denn wir kennen das aus unserer eigenen Geschichte: Der Widerstand gegen „unseren“ Führer wurde durch die Abertausenden Emigranten belebt und gestärkt und führte schließlich zu einem anderen Endsieg, als dies von Adolf H. und seiner Gefolgschaft einst prahlerisch in die Welt posaunt wurde.
V.i.S.d.P.: Carl-Wolfgang Holzapfel, Vorsitzender der Vereinigung 17. Juni 1953 e.V. Berlin und redaktion.hoheneck@gmail.com , Tel.: 030-30207785 (1.241).
3 Kommentare
19. April 2017 um 07:49
text030
Auch wenn Zweifel am Wahlergebnis berechtigt sind, haben wir es künftig mit einer Entwicklung in der Türkei zu tun, die auch gravierende Auswirkungen auf Europa und damit Deutschland haben wird. Die inneren Konflikte der Türkei, werden zunehmend auch bei uns ausgetragen werden.
Bemerkenswert deutlich ist auch eine Stellungnahme der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM):
https://text030.wordpress.com/2017/04/18/grosse-sorgen-um-ethnische-und-religioese-minderheiten-suendenboecke-von-morgen/
17. April 2017 um 18:59
Bernd Stichler
Diese Wahlen werden sich nicht nur zu einem innertürkischen Problem entwickeln sondern auch in Deutschland weiteren Sprengstoff anhäufen . Jetzt geht es überhaupt nicht mehr um Toleranz oder Rassismus oder ähnlichen Unsinn sondern jetzt ist die nationale Existenz des deutschen Volkes bedroht. Wenn schon die Westdeutschen immer noch nichts begreifen dann sollten wenigstens die mitteldeutschen Bundesländer sich nicht vom Islam versklaven lassen . Dazu gehört aber auch ein vernünftiges Wahlverhalten im September.
17. April 2017 um 09:22
Klaus Hoffmann
Ich habe da so meine Zweifel, ob es bei dem Prozentsatz von ~ 51% EVET sauber zugegangen ist. Viele Erdogan-Paladine werden wahrscheinlich „geholfen“ haben….
Wie dem auch sei, das Ergebnis ist in der Welt.
Jetzt wird es ernst für Europa und besonders für Deutschland mit seiner türkischen Gemeinde!
Ich weiss zu wenig von der Positionierung Erdogans zu den epochalen visionären Reformen des Kemal Atatürk (1881 – 1938), dem ersten Staatspräsidenten der Türkei. Gesetz den Fall Erdogan nivelliert die laizistische Richtung, hin zu einem starken Islam-Staat, dann muss Deutschland schnell reagieren.
WEG MIT DER ZWEISTAATLICHKEIT FÜR TÜRKEN, sonst haben wir hier eine 5. Kolonne, die gefährlicher für die abendländische Kultur ist, als es die vor Wien stehenden Türken waren!
Atatürk:
„Der Wanderer muß nicht nur den Weg, sondern auch den Horizont dahinter sehen.“