Speyer/Berlin, 4.03.2017/cw – Zu einer erneuten Demonstration gegen die von betroffenen als RENTENBETRUG bezeichnete nachträgliche Änderung im Rentenrecht für ehemalige Flüchtlinge und Übersiedler aus der DDR haben mehrere Organisationen ehem. politisch Verfolgter aufgerufen. In einer heute verbreiteten Presseerklärung des für die Organisation verantwortlichen Dr. Wolfgang Meyer heißt es:
„Mehr als 300.000 DDR-Übersiedler, die vor dem Zusammenbruch des SED-Regimes Bundesbürger mit allen Rechten und Pflichten in der Bundesrepublik Deutschland geworden waren, sind aufgrund des falsch ausgelegten Rentenüberleitungsgesetzes (RÜG) über Nacht wieder zu DDR-Bürgern gestempelt worden.
Flüchtlinge und Übersiedler aus der DDR wurden bei ihrer Ankunft sofort im Rahmen ihrer Eingliederung nach den Regeln des Fremdrentengesetzes (FRG) in das bundesdeutsche Renten-System eingegliedert. Dieses Integrationsprinzip galt von 1959 bis zum Staatsvertrag zwischen der Bundesrepublik und der DDR vom 18. Mai 1990. Der Einigungsvertrag vom 30. August 1990 enthält keine Aussage über die in der alten Bundesrepublik Deutschland eingegliederten DDR-Altübersiedler und „Republikflüchtigen“.
Nach der Wiedervereinigung wurde diese Integration für alle nach 1936 Geborenen heimlich aufgehoben. Über diese Manipulation wurde nicht informiert! Die Rentner sollten erst bei Rentenbeginn davon erfahren, dass ihre Altersbezüge oft schlechter ausfallen als die ihrer ehemaligen Kollegen im Osten. Für diese Manipulation der Anwartschaften hat im 12. Bundestag niemand die Hand gehoben. Kein Abgeordneter wusste davon! Selbst der damals hierfür zuständige Minister Norbert Blüm erfuhr angeblich erst von den Betroffenen, was hier passiert ist.
Die Umsetzung der Manipulation der Anwartschaften erfolgt durch die Rentenversicherung auf Veranlassung des zuständigen Ministeriums für Arbeit und Soziales, weil es das entsprechende Gesetz bewusst falsch auslegt.
Die Manipulation der Anwartschaften ist durch kein einziges Gesetz gestützt; sie ist daher ungesetzlich!
Zahlreiche Mitarbeiter der Rentenversicherung können nicht verstehen, was da passiert ist. Ein möglicher Täter-Kreis ist überschaubar: Bei der Wiedervereinigung wurden mehr als einhundert Mitarbeiter der DDR-Rentenversicherung in das bundesdeutsche Sozial-Ministerium übernommen. Diese Menschen sind die einzigen, die ein Motiv gehabt hätten.
Den Betroffen stellt sich der Rechtsbruch als ein Racheakt dar!
Die ungesetzliche Anwendung des RÜG auf einstige Flüchtlinge bedeutet, dass auch Zahlungen in die „freiwillige Zusatzversicherung der DDR“ bewertet werden. Eine solche Versicherung wäre aber für Flüchtlinge, die unter großen Opfern die DDR verlassen wollten, vollkommen sinnlos gewesen. Schließlich begehrten die Flüchtlinge keine Rente von der DDR.
Nachgewiesen ist inzwischen, dass viele Betroffene dadurch deutlich unter die Armutsgrenze sinken. Das trifft auch für Menschen mit hohen Qualifikationen zu, wobei die finanziellen Auswirkungen sehr unterschiedlich sind. Am härtesten trifft es Ehepaare mit Rentenverlusten bis zu 800 Euro. Die Renten der betroffenen DDR-Altübersiedler fallen durch diesen Betrug an den einstigen Republikflüchtigen und anerkannten Bundesbürgern viel niedriger aus als die jener Menschen, die – aus welchen Gründen auch immer – in der DDR geblieben sind. Es gibt kein einziges Gesetz, das diese Zurückstufung der Übersiedler legitimiert.“
Die Veranstalter rufen daher dazu auf, sich aus Gründen der Gerechtigkeit an der Demonstration am 21.März 2017, ab 14:00 Uhr auch dann zu beteiligen, wenn man nicht unmittelbar von diesem RENTENBETRUG betroffen ist: „Es geht hier um das Selbstverständnis unseres Rechtsstaates, der im Gegensatz zu Diktaturen nicht willkürlich und betrügerisch, sondern nach Recht und Gesetz handelt “ oder handeln sollte (Anmerkung).
Die Demonstration beginnt vor dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales, 10117 Berlin, Wilhelmstraße 49, wird vor dem Bundesministerium für Finanzen, „Platz des Volksaufstandes von 1953“ fortgesetzt und führt über den Deutschen Bundestag zum Bundeskanzleramt – 10557 Berlin, Willy-Brandt-Straße 1. An allen vier Orten werden Kundgebungen durchgeführt, die Wegstrecke hat eine Länge von ca. 3 Kilometern.
Anmeldungen, An- und Rückfragen an die Organisatoren/Veranstalter:
Volker Hilgert renten-demo@iedf.de Tel. 0511 8250606 Dr. Wolfgang Mayer wol.mayer@web.de Tel. 0163 2498184
Permanente Hinweise, Aktualisierungen oder Änderungen zur Demo wie zum Komplex selbst gibt es fortlaufend in dem Internet-Forum „FLUCHT UND AUSREISE“ (siehe Button unter „Links“ auf dieser Seite oder): http://www.flucht-und-ausreise.de/ unter „Disskussionsforum“.
Kommentar:
(cw) – Gerät der Rechtsstaat ins Wanken? Während landauf, landab gegen politische Protestbewegungen als „Gefährdung unserer Demokratie“ medial protestiert wird, werden tatsächliche Unterhöhlungen des Rechtsstaates schlichtweg ignoriert. Der Rentenbetrug stellt eine solche schleichende Unterhöhlung dieses Rechtsstaates dar. Die SPD, damals noch in Opposition zu CDU/CSU und FDP, hat durch einen 2011 im Bundestag eingebrachten Antrag den Rentenbetrug von 1992 als solchen bezeichnet und u.a. in Anwesenheit von Betroffenen durch eine furiose Rede ihres verstorbenen sozialpolitischen Sprechers Othmar Schreiner begründet. Die damalige Frage, ob die SPD denn bei einer Regierungsübernahme weiterhin zu ihrem (abgelehnten) Antrag stände, wurde fast schon empört zurückgewiesen: Das sei doch selbstverständlich!
Fünf Jahre später stimmte die selbe SPD gegen einen von den Fraktionen Bündnis90/GRÜNE und DIE LINKE eingebrachten w o r t g l e i c h e n Antrag. Was schert mich mein Geschwätz von Gestern? Nicht durch Kritik wird der Rechtsstaat unterhöhlt und abgeschafft, die ist sein wichtigstes Lebenselixier. Schleichend abgeschafft wird der Rechtsstaat durch Mauscheleien, wie der stillschweigenden Streichung gültiger Rechtsregeln hinter dem Rücken von Abgeordneten, wie hier durch den ausgewiesenen Rentenbetrug. Wenn dieser Einstieg in den Ausstieg aus dem Rechtsstaat unwidersprochen bleibt müssen wir uns nicht wundern, eines Tages (wieder) in einem anderen Staat aufzuwachen. Dann allerdings käme jede Kritik zu spät, weil diese dann wieder direkt in die polit-kriminellen Einrichtungen von Bautzen, Cottbus oder Hoheneck führt…
V.i.S.d.P.: redaktion.hoheneck@gmail.com – Berlin, Tel.: 030-30207785 (1.229).
6 Kommentare
7. März 2017 um 20:40
Peter Kämpfe
Recht herzlichen Dank, Herr Reiner Schöne, für diesen sehr aussagekräftigen Kommentar zum Demonstrationsaufruf am 21.03.2017 in Berlin, wo es um den schäbigen Rentenbetrug durch die Regierung um Kanzlerin Merkel geht.
8. März 2017 um 10:21
wreinerschoene
Bitte sehr, ich selbst bin 86 raus aus der DDR, nachdem ich 12 Jahre gewartet habe. Ob ich dazu gehöre – zu den Betrogenen – weiß ich nicht. Ich hoffe nur und das aus tiefster Überzeugung, das dieses Problem und auch die Aufarbeitung, die in meinen Augen noch lange nicht abgeschlossen ist, endlich angegangen wird.
8. März 2017 um 22:07
Peter Kämpfe
Lieber Herr Schöne, wenn Sie 1986 rausgekommen sind und nicht FZR in der DDR gezahlt haben, sind Sie vom Rentenbetrug betroffen. Außerdem müssen Sie nach 1937 geboren sein! Sie können sich auf http://www.iedf.de bestens informieren oder aber sich direkt an mich wenden.
9. März 2017 um 09:58
wreinerschoene
Recht vielen Dank, Herr Kämpfe. Ich dachte es betrifft nur die Übersiedler und Flüchtlinge die kurz vor 89 oder lange vor 86 in die Bundesrepublik kamen. Aber danke für Ihr Angebot, werde mich gern an Sie wenden.
6. März 2017 um 14:31
wreinerschoene
Hat dies auf nachtgespraechblog rebloggt und kommentierte:
Rentenbetrug oder schon ein links-grünes Machtbekenntnis? Mein Verdacht legt nahe, da es im die Wiedervereinigung ging, beide Seiten schon die neue Richtung der neuen Bundesrepublik ausarbeiteten und DDR Flüchtlinge nicht mehr als Flüchtlinge anerkannten. jetzt wird diese Angelegenheit verschleppt, solange bis nur noch wenige auszuzahlen sind. Denn auch heute wieder zeigt keiner mehr Interesse an der Diktatur DDR.
4. März 2017 um 16:21
Thiemke
Na dann sollte man doch gleich den ehemaligen Europaabgeordneten und anstrebenden Bundeskanzler Herr Schulz fragen. Der setzt sich doch ganz groß für Gerechtigkeit ein!
Viele Grüße
Jens Thiemke