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Interview mit Rainer Kunz, dem Verwaltungsleiter der Großen Kreisstadt Stollberg
Berlin/Stollberg, 28.03.2017/cw – Im Zusammenhang mit unserer Berichterstattung über und um die Gedenkstätte in Hoheneck/Stollberg erreichen uns immer wieder Kommentare und Anfragen. Wir haben die angesprochenen Probleme in Fragen gefasst und dem Verwaltungsleiter der Großen Kreisstadt Stollberg, Rainer Kunz, vorgelegt. Die Stadt ist Eigentümer des Areals des ehemaligen DDR-Frauenzuchthauses in Hoheneck. Gegenwärtig, d.h. seit rund zwei Jahren, wird die einstige Burg für bisher rund 10 Mio. Euro umgebaut. Wichtiger Bestandteil dieser Maßnahmen ist die Schaffung einer Gedenkstätte, die an die Leiden der rund 10.000 überwiegend politischen Gefangenen zwischen 1945 und 1989 erinnert. Der vormalige Bundespräsident Christian Wulff hatte sich bei seinem Besuch in Hoheneck im Mai 2011 energisch für eine Gedenkstätte ausgesprochen. Das nachfolgende Telefon-Interview führte Carl-Wolfgang Holzapfel.

Die Arbeiten für eine Gedenkstätte gehen zügig voran: Das ehemalige Frauenzuchthaus wird Schritt um Schritt saniert. –
Foto: LyrAg
Hohenecker Bote (HB): „Seit Jahren ist eine “ Gedenkstätte “ gefordert und geplant?“ fragt zum Beispiel unsere Leserin Edith Fiedler, eine ehemalige Hoheneckerin. Steht das denn überhaupt infrage?
Rainer Kunz (RK): Natürlich nicht. Die Gedenkstätte war und ist fester Bestandteil unserer Planungen, stand und steht darum auch nicht infrage. Darüber haben wir auch immer fortlaufend informiert. Dass die Umsetzungen, von der Planung bis hin zur Beschaffung notwendiger Finanzen, seine Zeit in Anspruch nimmt, ist einsichtig. Die Stadt Sollberg hat jedenfalls alles ihr Mögliche getan, um das nicht gerade kleine Projekt zu fördern.
HB: Vielen ist nicht bekannt wo die „Gedenkstätte“ eingerichtet werden soll. Und wo wurden die bereits ausgekehrten Gelder für die Gedenkstätte verbaut? Nicht nur Edith Fiedler hinterfragt offensichtlich den genauen örtlichen Standpunkt der Gedenkstätte. Die örtliche Stollberger Zeitung hat sicherlich schon ausführlicher berichtet, aber viele Hoheneckerinnen und damit Interessierte leben ja oft weit entfernt von Stollberg.
RK: Die Gedenkstätte entsteht im 2. OG des Westflügels unterhalb des ehem. Kirchensaales und in einem ein Teil des Südflügels. Der Südflügel selbst bleibt als Zellenhaus erhalten und wird somit in den Aktionsbereich der Gedenkstätte einbezogen, zum Beispiel für Führungen. Das Dach des Südflügels ist bereits (mit 850.000 Euro vom Denkmalsschutz gefördert) saniert worden. Nach dem Fördermittelbescheid stehen also allein für die Gedenkstätte rund 1 Million Euro an Mitteln für Baumaßnahmen und Planung zur Verfügung. Konkret ist derzeit die Entkernung realisiert, das heißt, alte und nicht mehr verwertbare Materialien und Konstruktionen (verwitterte Türen, alte Bodendielen, Fenster etc.) wurden entfernt und/oder entsprechend ersetzt.
HB: Nun verzögert sich ja die für den Sommer angestrebte Eröffnung der Gedenkstätte wegen statischer Probleme. War das nicht mit diesem Theaterprojekt voraus zu sehen, dass erhebliche bauliche Aufwendungen entstehen werden? Waren die Deckenverstärkung für die Bühne und den Saal bei der Konzeption des Theaterprojektes nicht vorhersehbar?
Theater braucht eine andere Statik
RK: Die jetzt notwendigen Änderungen in der Statik waren so nicht vorhersehbar. Das Theaterprojekt kam ja erst während der bereits in Gang gesetzten Umbaumaßnahmen ins Gespräch, war also in die bisherige Planung gar nicht einbezogen. Der bisherige Standtort des Theaters in der Stadt ist baufällig und wird ohnehin vom Landkreis für eine medizinisches Versorgungszentrum benötigt, weil es direkt neben dem Kreiskrankenhaus liegt. Daher kam der Landkreis auf uns zu, weil sich noch nicht genutzte Kapazitäten im Bereich des Projektes „Burg Hoheneck“ anboten. Natürlich braucht ein Theater eine andere Statik, allein schon für die notwendigen Bühnen-Erfordernisse.

Christian Wulff, hier 2011 vor der Wasserzelle in Hoheneck, hatte sich energisch für eine Gedenkstätte ausgesprochen –
Foto: LyrAg
HB: Werden noch weitere Probleme auftauchen und wird das nicht die letzte Verzögerung für die „Gedenkstätte“ sein? Oder gibt es für die Eröffnung bereits einen Planungstermin?
RK: Probleme tauchen bei einem so großen Projekt immer auf. So wird es allein durch die angesprochenen Umbaumaßnahmen in der Statik zwangsläufig zu Verzögerungen bis zur Eröffnung der Gedenkstätte kommen. Wir haben derzeit dafür das Frühjahr 2019 in der Absicht, ohne uns dabei jetzt schon verbindlich festlegen zu können. Das liegt eben nicht nur in unserer Hand.
HB: Es wird auch kritisiert, dass der Theaterbau „auf Kosten der Gedenkstätte“ erfolgt. Aber stand nicht von den ersten Konzeptionen an fest, dass eine Gedenkstätte nur unter der Maßgabe einer vielfältigen Nutzung des Areals möglich sein wird?
RK: Der angesprochene Theaterbau erfolgt natürlich nicht zu Lasten der Gedenkstätte. Die jetzt eingetretenen Verzögerungen stellen ja das Projekt Gedenkstätte keinesfalls infrage. Auch wird diese ja nicht durch das Theater reduziert oder eingeschränkt. In der Tat stand am Beginn unserer Überlegungen, dass ein solches umfangreiches Vorhaben nur breit gefächert umzusetzen sein wird, also durch eine mögliche Vielfalt von Angeboten. Sie selbst haben ja Teile dieser Gedanken in Ihr 2011 vorgelegtes Konzept richtigerweise eingearbeitet.
Bisher stehen rund 10 Mio. Euro für Investitionen zur Verfügung

Rainer Kunz (Mi.) bei der Ehrung der Toten von Hoheneck im Feb.2013 (mit Landrat Frank Vogel (re.) und Jens Franz – Foto: LyrAg
HB: Welche öffentlichen Gelder sind für die „Gedenkstätte“ eingeplant, wie hoch sind diese aktuell und welche Mittel stehen dafür noch zur Verfügung, welche Mittel fehlen? Können Sie zum gegenwärtigen Zeitpunkt etwas über die finanziellen Relationen der einzelnen Projekte zueinander sagen? Und wie viele Projekte werden derzeit umgesetzt?
RK: Für erste Baumaßnahmen standen ja bereits eine Million Euro zur Verfügung. Die Ergebnisse sind ja zum Teil bereits sichtbar: Abriss und Sanierung des vorgelagerten Bereiches, Dachsanierung etc. Gegenwärtig sieht es also so aus:
Für die Phänomenia stehen 4,7 Mio., für die Gedenkstätte 1 Mio. und für das Theater 3 Mio. Euro zur Verfügung. Wobei die Mittel unter der Rubrik „Theater“ ja nicht nur den Theatersaal, sondern auch Nebenräume und Büros einschließen. Der Saal selbst kann ja auch für Veranstaltungen der Gedenkstätte genutzt werden, weil das Theater diesen ja nicht über 365 Tage im Jahr durchgängig nutzt. Da sind also auch Vorträge, Buchlesungen und dgl. möglich. Wir haben es hier also immerhin mit einer bisherigen Gesamtsumme in Höhe von fast 10 Mio. Euro zu tun. Angesichts der jahrelangen Untätigkeit auf diesem Areal, das nicht nur für die Stadt Stollberg eine hohe historische Priorität genießt, eine nicht unerhebliche Investition.
HB: Gibt es nach den erheblichen Umbauten des einstigen Frauenzuchthauses der DDR noch planungsfreie Räumlichkeiten und Flächen? Wenn ja, wie und wo sollen diese künftig einbezogen werden?
RK: Ja, es gibt noch freibleibende Möglichkeiten der Gestaltung im Erdgeschoss des Westflügels. Noch ohne Nutzungskonzept ist derzeit auch der gesamte Ostflügel, den ja die Stasi eigens im ehemaligen Zuchthaus genutzt hat. Hier stehen noch diverse Ideen im Raum, zum Beispiel die Nutzung als Übernachtungsmöglichkeit für Besucher von Veranstaltungen oder Seminarteilnehmer. Die Umsetzung braucht sicherlich noch Zeit, zumal in Thalheim, ca. 3 Kilometer entfernt, eine Jugendherberge für etwa 120 Personen existiert, die zumindest gegenwärtig ja auch in eine Frequentierung von Hoheneck einbezogen werden könnte.
HB: Wir danken Ihnen für die offenen Antworten.
© 2017 Hohenecker Bote
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Berlin, 24.03.2017/cw – Die AfD in Berlin fordert, die Aufklärung von Versäumnissen vor dem Terror-Anschlag an der Gedächtniskirche durch einen Untersuchungsausschuß im Berliner Abgeordnetenhaus klären zu lassen. Die Absicht von Innensenator Andreas Geisel (SPD), einen hauseigenen Aufklärer zu benennen, bezeichnete der innenpolitische Sprecher der Fraktion, Karsten Woldeit (AfD), als einen „Schlag ins Gesicht des Parlaments.“ Der Innensenator wolle „offenbar einen hauseigenen Ermittler einstellen, damit nur ja nicht allzu viele unangenehme Fakten über das Behördenversagen rund um den Terroranschlag an die Öffentlichkeit gelangen.“
Scharf ging Woldeit auch mit der CDU ins Gericht, deren Verhalten in dieser Sache „schlicht feige und unwürdig“ sei. Die jetzige Oppositions-Partei fürchte offenbar, „ein Untersuchungsausschuss könnte ans Tageslicht bringen, dass ihr damaliger Innensenator Henkel sich ebenfalls Versäumnisse zurechnen lassen“ müsse. Daher verweigere die CDU „die Aufklärung durch einen Parlamentsausschuss“ und lege sich dafür „sogar mit Rotrotgrün ins Bett.“
Die AfD fordert die Union auf, „doch noch Vernunft anzunehmen.“ Die Aufklärung „des schwersten Terroranschlages der letzten 30 Jahre in Deutschland“ gehöre ins Parlament und „nicht ins Hinterzimmer des Innensenators!“, so Karsten Woldeit in einer verbreiteten Presseerklärung der AfD-Fraktion im Abgeordnetenhaus.
Die Vereinigung 17. Juni in Berlin begrüßte die Forderung nach einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Es sei ein Unding, dass die Staatsanwaltschaft keinen Ansatzpunkt für Ermittlungen gegen Unbekannt sehe, während Berliner Medien „gerade in den letzten Tagen“ bis auf die Titelseiten hin „Das Versagen“ von Behörden konstatierten (z.B. Berliner Zeitung). Es sei unerträglich, so der Vorstand, wenn zum Beispiel gegen Parksünder sogar mit der Androhung von Erzwingungshaft vorgegangen werde, Behörden aber von vornherein „von oben her einen generellen Persilschein“ ausgestellt bekämen. Der Verein hatte nach dem Anschlag Strafantrag „gegen Unbekannt“ wegen des Verdachtes der Unterlassung gestellt, die Staatsanwaltschaft hatte die Aufnahme von Ermittlungen hingegen als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt.
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Vorstand, Weggefährten (Gerd Teege, 4. v.li.) ; Freunde u. der Sohn (Gerhard Gneist, 3.v.re.) gedachten der vor zehn Jahren verstorbenen Gisela Gneist. – Foto: LyrAg
Berlin, 22.03.2016/cw – „Vergesst uns nicht“, waren oft die letzten Worte sterbender Gefangener im vormaligen NS-Konzentrationslager Sachsenhausen
(Oranienburg), das von den Sowjets zwischen 1945 und 1950 als KZ für Gegner des Kommunismus weitergeführt wurde. Der Verein „Arbeitsgemeinschaft Lager Sachsenhausen 1945-1950 e.V.“ gedachte am vergangenen Mittwoch der vormaligen Mitbegründerin und Vorsitzenden, Gisela Gneist. Zu deren zehnten Todestag hatten sich Weggefährten, Freunde und die Familie am Grab auf dem Waldfriedhof Heerstraße zum Gedenken versammelt. Joachim Krüger, jetziger Vorsitzender, gedachte in bewegenden Worten seiner Vor-Vorgängerin im Vereinsvorstand. Gerd Teege, Mitglied der damaligen Wittenberger Jugendgruppe und Mithäftling in Sachsenhausen, schilderte die damaligen Zustände im einstigen KZ.
Für die Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG) legte Ursula Popiolek (Gedenkbibliothek) und Sybille Krägel (NKWD-Lager Tost) ein Blumengebinde nieder.
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Berlin, 21.03.2017/ts – Die VEREINIGUNG 17.JUNI hat heute in einem offenen Brief den neuen Bundesvorsitzenden und Kanzlerkanidaten der SPD, Martin Schulz, mit dem Verhalten seiner Partei zu ursprünglich eigenen Anträgen konfrontiert. Anlass ist die heute ab 14:00 Uhr angekündigte Demo von Betroffenen, die durch das Rentenüberleitungsgesetz (RüG) rückwirkend wieder zu DDR-Bürgern erklärt worden waren und dadurch zugesagte Rentenansprüche „als Bundesbrüger“ verloren hatten. Die SPD hatte unter Führung ihres 2013 verstorbenen sozialpolitische Sprechers der Bundestagsfraktion, Othmar Schreiner, im Jahre 2011 einen Antrag zur Korrektur des Rentenüberleitungsgesetzes eingebracht. Dieser war an der damaligen Koalition aus CDU/CSU und FDP gescheitert. Im vorigen Jahr (2016) hatten die Fraktionen von Bündnis90/GRÜNE und DIE LINKE den SPD-Antrag wortgleich erneut eingebracht. Die SPD stimmte zusammen mit der CDU/CSU im letzten Jahr gegen den eigenen Antrag.
Der in der SPD-Zentrale persönlich übergebene Brief hat folgenden Wortlaut:
„Bezug: Ihre Parteitagsrede am letzten Wochenende in Berlin
Sehr geehrter Herr Schulz,
heute demonstrieren in Berlin ehemalige DDR-Bürger, die durch die SED-Diktatur zu Republik-Flüchtlingen oder Übersiedlern in die (alte) Bundesrepublik Deutschland geworden waren. Bei ihrer Ankunft war diesen einstigen „Brüdern und Schwestern“ verbindlich zugesagt worden, dass deren Arbeitsleistungen in der DDR rentenrechtlich so bewertet werden würden, als wären diese Arbeitsleistungen in der (alten) Bundesrepublik erbracht worden. In einem eigenen Gesetz, dem Fremdrentengesetz (FRG) wurden dafür die notwendigen gesetzlichen Grundlagen geschaffen. Hintergrund war nicht zuletzt, das die einstigen DDR-Bürger alle Anrechte aus der Sozialversicherung des „Ersten Arbeiter- und Bauernstaates auf deutschem Boden“ verloren hatten und dadurch deren Alterssicherung garantiert werden sollte.
Mit dem lang ersehnten Fall der Mauer und der folgenden Wiedervereinigung änderten sich einige, zuvor als feste Grundsätze unseres Staates gesehene Koordinaten. Es wurde nicht nur der gesetzliche und arbeitsfreie TAG DER DEUTSCHEN EINHEIT abgeschafft, der an den Volksaufstand vom 17. Juni 1953 erinnerte. Immerhin war dieser Tag auf Vorschlag des einstigen Kommunisten und späteren führenden Sozialdemokraten Herbert Wehner eingeführt worden. An die Stelle dieses inhaltsreichen Gedenktages wurde ein leerer Gedenktag „nach Aktenlage“, der 3. Oktober, eingeführt. Mochte man diese „Verwaltungsakte“ im Schatten der Wiedervereinigung noch hinnehmen, weil diese keine unmittelbare Auswirkungen auf die Bürger hatte, so war diekaltschnäuzige Aberkennung der einst zuerkannten Staatsbürgerschaft in der alten Bundesrepublik und der damit verbundenen, weil fest zugesicherten Rechte in der Alterssicherung ein klarer Bruch eingegangener Verpflichtungen ggüb. einstigen Republikflüchtigen und Übersiedlern.
In einem eilig formulierten sogen. Rentenüberleitungsgesetzt (RüG) wurden die längst als Bundesbürger anerkannten einstigen Republikflüchtlinge qua Gesetz wieder zu DDR-Bürgern erklärt. Durch diesen gesetzlich verankerten Rentenbetrug verringerten sich die bis dahin garantierten Rentenansprüche hunderttausender Betroffener um mehrere hundert Euro. Die Betroffenen wurden über diese Änderungen erst mit dem Erhalt ihrer Rentenbescheide informiert, konnten sich also nicht einmal rechtzeitig rechtlich wehren.
Selbst einstige Bundestagsabgeordnete, wie z.B. Norbert Geis oder selbst der ehem. Sozialminister Norbert Blüm erklärten später, es sei nie Aufgabe des RüG gewesen, einstigen DDR-Bürgern ihre erworbenen oder zugesagten Rechte abzusprechen. Es sei vielmehr die Absicht gewesen, eine durch die Wiedervereinigung entstandene Rechtsunsicherheit zu beseitigen. Es hätte danach also ausgereicht, z.B. den 8. November 1989 als Stichtag für eine Berechnung nach dem jetzigen RüG festzulegen und damit den jetzt eingetretenen Rentenbetrug an einstigen Republikflüchtigen und Übersiedlern zu verhindern.
Gerechtigkeit, Respekt und Würde
Sie, sehr geehrter Herr Schulz, haben auf dem SPD-Bundesparteitag am letzten Wochenende erneut Ihren Anspruch postuliert: „Bei unserem Programm wird es um Gerechtigkeit, um Respekt und um Würde gehen.“
Der leider zu früh verstorbene sozialpolitische Sprecher Ihrer Partei im Deutschen Bundestag, Ottmar Schreiner, hat in einer furiosen und engagierten Rede zu nächtlicher Stunde – übrigens in Anwesenheit der Unterzeichner dieses Schreibens – den Antrag Ihrer Fraktion begründet, diesen Rentenbetrug zu korrigieren. Mit der damaligen Mehrheit von CDU/CSU und FDP wurde dieser notwendige Antrag abgelehnt. Auf skeptische Nachfrage des Linksunterzeichneten, ob denn die SPD auch bei einer Regierungsübernahme zu ihrem Antrag stände, wurde fast empört versichert, die SPD stände zu ihren Anträgen, „auch und gerade bei einer Regierungsübernahme.“
2016 wurde der SPD-Antrag wortwörtlich von den Bundestagsfraktionen Bündnis90/GRÜNE und DIE LINKE im Plenum erneut eingebracht und mit Mehrheit der CDU/CSU und der SPD abgelehnt. Wir möchten Sie offen fragen: Ist das die Gerechtigkeit, der Respekt und die Würde, mit der Sie von offensichtlichem Unrecht Betroffenen begegnen wollen? Welche Änderungen sind in dieser Hinsicht von Ihnen tatsächlich zu erwarten? Oder werden auch Sie sich, wie leider viele Ihrer Vorgänger, nach einer erfolgreichen Wahl darauf berufen, dass leider nicht alle Versprechungen, die man vor einer Wahl mache, umgesetzt werden können?

Wird Martin Schulz auf die vorgetragenen Sorgen antworten? Brief mit Eingangsstempel vom 21.03.2017 – Foto: LyrAg
Sie haben auf Ihrer viele beachteten Rede auf dem Sonderparteitag auch gesagt, sie seien viel herumgereist, „um zuzuhören und zu lernen und daraus die notwendigen Schlüsse zu ziehen, was unsere Schwerpunkte für die nächsten Jahre sein müssen“. Werden Sie auch den vom Rentenbetrug Betroffenen Ihr Ohr und Ihre Aufmerksamkeit leihen und die notwendigen Schlüsse ziehen? Sind Sie bereit, nicht nur die Agenda 2010, sondern ggf. auch die fatale Abkehr Ihrer Partei von ihrem eigenen Antrag 2016 im Deutschen Bundestag zu korrigieren? Wären Sie bereit, eine Gruppe der Betroffenen zu einem baldigen Meinungsaustausch, also noch vor der Bundestagswahl, zu empfangen?
Sehr geehrter Martin Schulz, Sie haben viele Hoffnungen und damit verbundene Erwartungen geweckt. Nicht zuletzt resultieren diese Erwartungen aus tiefen Enttäuschungen ggüb. alten bisherigen politischen Bindungen, denen sich gerade viele Opfer der Diktatur verpflichtet wussten. Hier ist nicht der Raum, die vielen Enttäuschungen anzuführen. Aber zu diesen Enttäuschungen gehört eben auch der Wortbruch Ihrer Partei im letzten Jahr gegenüber den ehemaligen Bundesbürgern, die qua Gesetz wieder zu DDR-Bürgern gestempelt wurden. Die damit verbundene Skepsis gegenüber wohlfeilen Bekenntnissen, die vorerst mit Ihrem Namen verbunden sind, werden Sie wohl nachvollziehen können. Diese Bekenntnisse werden aber letztlich – im positiven aber möglicherweise auch im negativen Sinn – an Ihrer Partei kleben bleiben.
Mit sehr nachdenklichen Grüßen gez.: Carl-Wolfgang Holzapfel; Vorsitzender, ehem. Bautzen-Häftling – gez.: Tatjana Sterneberg, Schatzmeisterin, ehem. Hoheneckerin“
Aktualisierung 22.03.2017: MDR „UMSCHAU“: http://www.mdr.de/mediathek/mdr-videos/c/video-92124.html – Auch in YOUTUBE: https://www.youtube.com/watch?v=pXm2vH3MAYk – PRESSE: MOZ 22.03.2017 http://www.moz.de/artikel-ansicht/dg/0/1/1561042 mit Video.
V.i.S.d.P.: VEREINIGUNG 17.JUNI 1953 e.V., Berlin (f.d.Inhalt) und redaktion.hoheneck@gmail.de – Berlin, Tel.: 030-30207785 (1.233).
Nr.063 – Einigkeit und Recht und Freiheit – 15. 03. 2017
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Erinnerung: Vor zehn Jahren starb Gisela Gneist
Oranienburg-Sachsenhausen/Berlin, 15.03.2017/cw – Vor zehn Jahren, am 22.März 2007, starb die langjährige Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Lager Sachsenhausen von 1945 – 1950 e.V. Gisela Gneist nach langer schwerer Krankheit in Berlin (Wannsee). Die Familie und ihre Freunde hatten Jahre zuvor auf eine Überwindung der Krebserkrankung gehofft. Gisela Gneist selbst hatte nach dieser ersten Krise optimistisch wieder an Sitzungen der UOKG teilgenommen und sich kämpferisch wie eh und je für die Interessen der Überlebenden des Lagers und ihres Vereins eingesetzt.

Gisela Gneist (re.) mit Benno Prieß auf der Feier zum 50. Jahrestag des 17. Juni 1953 in Berlin-Zehlendorf – Foto: Archiv/G.Rust
Gisela Gneist (geborene Dohrmann; * 11.01.1930 Wittenberge) wohnte während des Zweiten Weltkrieges bei ihren Großeltern in Wittenberge, wo sie auch das dortige Gymnasium besuchte. Wegen der schweren Bombenangriffe zog sie kurz vor Kriegsende nach Plau am See in Mecklenburg-Vorpommern. Dort erlebte die gerade Fünfzehnjährige, wie sowjetische Soldaten die Wohnung durchwühlten und eine im Haus wohnende Flüchtlingsfrau misshandelten. Zur Landarbeit auf einem Gut verpflichtet, wurde sie bereits nach wenigen Wochen freigestellt. Von sowjetischen Soldaten überwacht und zur schnelleren Arbeit angetrieben hatte Gisela sich dagegen gewehrt, von ehemaligen russischen Zwangsarbeitern als „deutsches Schwein“ bezeichnet zu werden. Gemeinsam mit ihrer Mutter besuchte sie die Großeltern in Wittenberge, wo sie fast alle Freunde wiedertraf und sich entschloss, wieder in die vertraute Stadt zu ziehen.
Das Antifa-Büro wurde von einem HJ-Führer geleitet
Nachdem an den Schulen wieder ab Oktober 1945 unterrichtet wurde, besuchte sie weiter das Gymnasium. Viele der alten Lehrer waren entlassen worden. Die neuen Lehrer versuchten, die Schüler nunmehr im Sinne der „Diktatur des Proletariats“ zu unterrichten. Gleichzeitig wurden bestehende Parteien, die sich meist nach dem Krieg neu- oder wiedergegründet hatten, in einem Antifaschistisch-Demokratischen-Einheitsblock organisiert. Auch die Jugendlichen wurden zunehmend bedrängt, sich aktiv in Antifaschistischen Jugendgruppen zu organisieren. Kritisch bemerkte Gisela, dass das Büro der sogen. Antifa von einem vormaligen HJ-Führer geleitet wurde. Nach diesem zweifelhaften Erlebnis und der Verhaftung mehrerer Jugendlicher stand ihr Entschluss fest, keiner wie immer gearteten kommunistischen Organisation beizutreten. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Heranwachsende allerdings kaum Kenntnisse über den „Kommunismus“. Sie war aber zunehmend über ihre realen Wahrnehmungen verstört und verärgert. So hatten sowjetische Soldaten über ihrer Wohnung ein Bordell eingerichtet, wurden immer häufiger Andersdenkende verhaftet. Trotzdem ignorierte sie die Gefahr, wenn man sich für freie Meinungsäußerungen einsetzte. Schließlich trug sich Gisela in eine Liste ein, die als Grundlage und Willenserklärung für eine Parteigründung dienen sollte.
Neun Angeklagte wurden vom SMT zum Tode verurteilt
Mehrere Mitglieder der Liste wurden um das Weihnachtsfest 1945 verhaftet. Gisela Dohrmann (spätere Gneist) wurde am 30. Dezember 1945 um 5:30 Uhr von deutschen Polizisten abgeholt und ins Wittenberger Gefängnis gebracht. Nach eintägigen Beschimpfungen und Verhören wurde sie dem sowjetischen NKWD übergeben und nach Perleberg gebracht. Ab 5. Januar 1946 war sie in Brandenburg an der Havel interniert. Die Verhältnisse dort beschrieb sie später als unmenschlich. Schon der Besitz eines Bleistiftstummels wurde hart bestraft.
Am 5. Februar 1946 wurde gegen die „konterevolutionäre Wittenberger Gruppe“ die Verhandlung vor einem Sowjetische Militärtribunal (SMT) eröffnet. Zuvor waren die Ergebnisse nächtelanger Verhöre einschließlich Folter und Misshandlungen in einer Anklage gem. Artikel 58 des Strafgesetzbuches der RSFSR gegen Dohrmann (Gneist) und die anderen Wittenberger konstruiert worden. Neun (!) Angeklagte wurden zum Tode, neunzehn Angeklagte (unter ihnen Dohrmann) zu zehn Jahren und ein Angeklagter zu sieben Jahren Arbeitslager verurteilt. Zunächst im Altstrelitzer Gefängnis inhaftiert, wurden die zu Arbeitslager Verurteilten im September 1946 in das Speziallager Nr. 7 Sachsenhausen verlegt. Dabei handelte es sich um das Gelände und die Einrichtungen des ehemaligen NS-KZ, das ein Jahr zuvor von den sowjetischen Truppen befreit worden war.
Erst am 21. Januar 1950 wurde Gisela, neun Tage nach ihrem zwanzigsten Geburtstag, entlassen. Ihre Großeltern in Wittenberge hatten aufgrund der Kontaktsperre für Lagerinsassen jahrelang nichts von ihr gehört. Eine angebotene Ausbildung zur Lehrerin kam nicht zustande, weil sich Gisela weigerte, in die SED einzutreten. Mit falschen Papieren reiste sie nach Hamburg in den freien Teil Deutschlands, wo Gisela zunächst ohne weitere Unterstützung in einem Barackenlager wohnte und später bis zur Geburt ihres Sohnes 1958 in der Radio-Röhrenfabrik Valvo arbeitete. Hamburg wurde zu ihrer zweiten Heimat. Dort lernte sie ihren Mann und ihre beste Freundin Renate Weiss kennen, die im letzten September verstarb.
Nach ihrer Scheidung 1968 war sie wieder arbeitssuchend. Ihr wurde eine Umschulung verweigert, weil sie wegen ihrer Haftzeit keinen Berufs- und Schulabschluss hatte. Nach vorübergehenden Tätigkeit in der Sozialbehörde der Hansestadt war sie ab September 1969 für die restliche Zeit ihres Berufslebens Sekretärin von Johannes Kleinstück (*28.02.1920 Dresden, +07.08.1992), Seminardirektor an der Universität in Hamburg.
Zu den Unfasslichkeiten der Realitäten in der Bundesrepublik gehört die anfängliche Ablehnung einer beantragten Entschädigung für das erlittene Unrecht. Begründung: Gisela Gneist hätte durch einen Eintritt in die SED eine Lehrerausbildung erhalten können und sei somit selbst schuld an ihren wirtschaftlichen Verhältnissen.
Gisela Gneist war seit der Gründung der Arbeitsgemeinschaft Lager Sachsenhausen 1945-1950 e.V. in dieser aktiv und über Jahrzehnte als deren Vorsitzende tätig. Die Erinnerung an die vielen Unschuldigen, die durch die menschenunwürdige Behandlung in den kommunistischen Lagern verstorben waren, war ihr ein stetes und engagiertes Anliegen. Unvergessen ihre Dispute mit dem Leiter der Gedenkstätte Prof. Dr. Günter Morsch, dem sie Ignoranz ggüb. den über 12.000 Toten des Lagers nach 1945 vorwarf. Alle Mitglieder der „Wittenberger Gruppe“ wurden 1995 von der Generalstaatsanwaltschaft der russischen Föderation rehabilitiert. Für ihr Engagement erhielt Gisela Gneist am 3. Oktober 2006 das Bundesverdienstkreuz am Bande. Ihre aufgekeimte Hoffnung trog, der besiegt geglaubte Krebs kehrte zurück und zwang sie 2007 in den Tod.
Straßenbenennung trotz Beschluss bisher nicht beantragt
Gisela Gneist wurde unter großer Anteilnahme von Diktatur-Opfern und Weggefährten am 10. April 2007 in Berlin beerdigt. Die Lagergemeinschaft Sachsenhausen wird ihrer einstigen Vorsitzenden am 22.03.2017 um 11:00 Uhr in Sachsenhausen anlässlich der Errichtung eines neuen Kreuzes auf den Dünen gedenken. Anschließend ist ein Besuch an ihrem Grab auf dem Waldfriedhof Heerstraße nahe dem Berliner Olympiastadion vorgesehen.
Der 2013 von der Mitgliederversammlung einstimmig angenommene Antrag (des Vorsitzenden der Vereinigung 17. Juni), bei der Stadt Oranienburg eine Straßenbenennung nach Gisela Gneist zu beantragen, wurde aus ungeklärten Gründen vom Vorstand nicht weiter verfolgt, wie Recherchen der Redaktion in der Stadtverwaltung und beim Verein ergaben. Ob der Vereinsvorstand nunmehr den 10.Todestag zum Anlass nehmen wird, diesen Antrag der Stadt vorzutragen, war bei Redaktionsschluss nicht bekannt.
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Personalien
Ex-UOKG-Chef im Prediger-Ruhestand
Rainer Wagner, biblizistischer Prediger aus Neustadt a.d.Weinstraße, ist am 1. Januar als ordinierter Prediger in den Ruhestand getreten. Laut einer Mitteilung durch Wagner führt er dieses Amt jedoch „bis zur Stellung eines Nachfolgers ehrenamtlich weiter“. Wagner war 2015 von allen weltlichen Ämtern „aus gesundheitlichen Gründen“ wegen Vorwürfen zurückgetreten, er habe gegen andere Religionen gehetzt („Auch Juden sind Knechte Satans“; „Allah ist eine Erfindung“, „Mohammed ist ein Mörder“ u.a.) Der ehemalige langjährige Vorsitzende der UOKG und kurzfristig auch der VOS wird unter der Hand allerdings wieder für Funktionen gehandelt. So wurde in dem Hausblatt der VOS bereits im Dezember vorigen Jahres über die Verbesserung seines Gesundheitszustandes spekuliert und die Hoffnung gestreut, Wagner würde vielleicht wieder für eine Funktion in der VOS zur Verfügung stehen.
Nach abgeschlossener Insolvenz neuer VOS-Chef?
Detlef Chilla (1960), seit zwei Jahren Mitglied des ältesten und bislang größten Opfervereins, tritt im Frühjahr als Kandidat für den seit dem 2015 erfolgten Rücktritt Rainer Wagners vakanten Posten des VOS-Bundesvorsitzenden an. Laut einer Veröffentlichung in der letzten Ausgabe der Vereinszeitung Freiheitsglocke (Jan./Feb.2017) steht bisher kein weiterer Kandidat für die Mitgliederversammlung in Friedrichroda (voraussichtlich im April) zur Verfügung. Ob Rainer Wagner wie „Phönix aus der Asche“ der Mitgliederversammlung erneut zur Wahl zur Verfügung stehen wird, ist z.Zt. „reine Spekulation“, wie ein Insider der Redaktion auf Anfrage mitteilte. Man könne allerdings auch nicht ausschließen, dass die jetzt ins Spiel gebrachte Kandidatur Chillas ein Schachzug des Geschäftsführers und Multifunktionärs, der “grauen VOS-Eminenz“ sei, um gegen den der Versammlung unbekannten Kandidaten Chilla ein „langjähriges und bekanntes Mitglied“ zu präsentieren, das zudem bereits „aus dem Stand“ VOS-Bundesvorsitzender war.
Der Mitgliederversammlung, welche über die Geschicke der VOS noch immer durch zuvor bestimmte Delegierte entscheidet, wird nunmehr ein Kandidat präsentiert, der erst jüngst – wie einst einer seiner Vorgänger vor dessen Eintritt in die Führungs-Etage der VOS – eine Insolvenz hinter sich gebracht hat (Amtsgericht Detmold, 10 IK 458/10, 13.01.2017). Die sogen. Wohlverhaltenszeit war am 11.01.2017 abgelaufen. Der Insolvent wäre damit – nach unterbliebenem Einspruch durch seine Gläubiger – schuldenfrei.
Ob dieser Vorlauf die Akzeptanz eines Kandidaten in einem Verein erhöht, der gerade selbst die Gefahr einer durch seine Graue Eminenz verursachte Fast-Insolvenz abwenden konnte, wird sich in Friedrichroda zeigen.
UOKG-Vorstandsbeauftragter bei der AfD
Wolfgang Christian Fuchs, seit 2014 (auch-)Präsident der „Internationalen Assoziation ehem. politischer Gefangener und Opfer des Kommunismus (Inter-Asso)“ und zuvor überraschend installierter „Vorstandsbeauftragter“ der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft (UOKG) hat offenbar ein neues Betätigungsfeld als Beirat im Vorstand der „Christen in der AfD“ gefunden. Fuchs arbeitet bereits im Landesfachausschuss (LFA) „Demografie“ der Partei in Berlin mit und bringt dort – wie in der UOKG – vermutlich seine beachtlichen Erfahrungen als einstiger Mitarbeiter im Bereich Sicherheit des Bundesinnenministeriums und dem „Institut für Strategie-, Politik-, Sicherheits- und Wirtschaftsberatung“ ein. Das ergaben Recherchen unserer Redaktion.
Der bisher „leise und unauffällig“ in der UOKG auftretende Fuchs blickt auf eine zwanzigjährige Tätigkeit im BMI, davon mehrere Jahre im Polizeibereich und drei Jahre im Leitungsbereich zurück, war ein Jahr Leiter des Büros des Innenministers von Thüringen, fünf Jahre an der Ständigen Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der NATO in Brüssel, ca. sieben Jahre bei einem deutschen Nachrichtendienst (Terrorismus-Bekämpfung und Spionageabwehr) und als Dozent von 2010 bis 2013 an der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) in Berlin tätig. Die Dozenten und Mitarbeiter werden ausschließlich durch das BMI und das Bundesverteidigungs-ministerium bestimmt.
Außerdem ist der zweifellose Ämter-Patron Ancien (Altgedienter) des NATO-Defense-College in Rom (Kurs 2010), Mitglied im Vorstand des Freundeskreises der Bundesakademie für Sicherheitspolitik und überdies Vorsitzender der „Freunde und Förderer der Stiftung Kulturwerk Schlesien e.V.“
Warum sich Wolfgang Christian Fuchs in herausragende Positionen (UOKG und Inter-Asso) hat einsetzten oder wählen lassen, ist derzeit nicht nachprüfbar. Eine Delegierung in die Verbände wie u.U. auch in die AfD „von Oben“ kann vor seinem beruflichen Hintergrund und angesichts „turbulenter Entwicklungen“ zum Beispiel in der UOKG (siehe Rainer Wagner) durchaus vermutet werden.
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Neues Drehbuch von Kristin Derfler
cw/ Kristin Derfler, Drehbuchautorin aus Berlin (u.a. der Hoheneck-Film „Es ist nicht vorbei“, 2011/ARD) schreibt an einem neuen Thriller. Wie der SWR mitteilte, soll im Frühjahr 2017 nach dem Drehbuch Derflers der Dreh für den geplanten Zweiteiler „Brüder“ beginnen.
Der Film erzählt die Gegenläufigkeit zweier Lebenslinien: Vom deutschen Informatikstudenten zum Salafisten, vom syrischen Arzt zum Verfassungsschützer. Jan und Tariq sind Freunde, teilen sich eine Wohnung in Stuttgart. Der Student Jan nähert sich auf einer Sinnsuche immer mehr dem radikalsalafistischen Islamprediger Abadin Hasanovic. Sein Freund Tariq dagegen bemüht sich um eine Stelle als Assistenzarzt und versucht, seine aus Syrien geflüchtete Familie nach Deutschland zu holen. Jan schafft es, gegen Geld an Hasanovic seinem Freund Tariq die Reise durch das vom sogenannten Islamischen Staat kontrollierte Kriegsgebiet nördlich von Aleppo zu vermitteln. Dadurch zieht Jan die Aufmerksamkeit von Terrorfahndern des Landeskriminalamtes auf Tariq und sich. Schließlich wird Tariq als Informant vom LKA angeworben. Er soll die salafistische Szene um Hasanovic und schließlich auch Jan beobachten. Die Freunde brechen unter diesen Vorzeichen nach Syrien auf. Es beginnt eine Reise, die ihr Leben für immer verändern wird.
Eventprogrammierung mit Dokumentation
Der Politthriller wird von dem deutschen Filmregisseur und Filmproduzenten Züli Aladag (*1968, Van/Türkei, kurdischer Abstammung) inszeniert und entsteht als Produktion des SWR für Das Erste (ARD). Nach der Ausstrahlung des ersten Teils (geplant für den Herbst 2017) soll die Dokumentation „Stefan wird Salafist – Wie ein junger Deutscher sich zum Islamisten entwickelt“ gezeigt werden.
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Ein „Pastor der Unfreiheit“
In dieser Woche verlässt Joachim Gauck (*1940 Rostock) seinen präsidialen Amtssitz (und seine Dienstvilla im Grunewald). Der Not-Kandidat nach dem durch Intrigen erzwungenen Rücktritt von Christian Wulff (*1959 Osnabrück) war stets heftig umstritten, wurde von seinen Anhängern beharrlich als „Bürgerrechtler“ in der gescheiterten DDR und von Kritikern ebenso beharrlich als „Trittbrettfahrer der friedlichen Revolution“ bezeichnet. Sein Nachfolger Frank-Walter Steinmeier (*1956 Detmold) gilt hingegen als von allen Parteien tolerierter Politikus im Schloss Bellevue.
Jana Hensel und Jakob Augstein formulierten am 8.03.2012 in der Augstein-Zeitung derFreitag die Kritik an dem damals zukünftigen Staatsoberhaupt und jetzt baldigen Ex-Präsidenten: Dieser sei ein „Pastor der Unfreiheit“ gewesen. Der Artikel war gut recherchiert und fasste die wesentlichen Kritikpunkte zusammen.
Ausgangspunkt war der vielzitierte „Kirchentag von unten“ 1988 in Rostock. Gauck soll diesen nach Akten aus dem Archiv der DDR-Staatssicherheit verhindert haben. Ein Jahr zuvor hatten sich 1987 rund 600 Leute am Rande des offiziellen Kirchentages der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg in der Friedrichshainer Pfingstgemeinde getroffen, um einen anderen, einen „Kirchentag von unten“, abzuhalten. Die Frankfurter Rundschau: „Dieser Akt zivilen Ungehorsams machte das Christenfest in der Hauptstadt zu einem wichtigen Datum in der Verfallsgeschichte der DDR“.
Gauck: „Kirchentags-Gäste haben sich einzuordnen“
1988 nun, nur ein Jahr später, durfte sich ein solches Szenario nach Meinung der Staatsmacht nicht mehr wiederholen. So erhielt Joachim Gauck als Vorsitzender des Kirchentagsausschusses 1988 in Rostock die wichtige Aufgabe, den Kirchentag im Sinne der Kirchenleitung unter Vermeidung von möglichen Konflikten mit dem SED-Regime zu organisieren. Nach Unterlagen der BStU, die den Autoren vorlagen, hat Gauck „maßgeblich eine erneute „Kirche-von-unten“-Veranstaltung verhindert“.
Der „Bürgerrechtler“ Gauck gehörte vor dem Herbst 1989 keiner oppositionellen Gruppierung an. Die von der Staatssicherheit über seine Person angelegten Akten zeigen hingegen, wie der Pastor „dem Druck staatlicher Stellen nachgegeben“ hat. Dabei behinderte er die Arbeit seines Freundes und theologischen Bruders Heiko Lietz erheblich. In einem IM-Bericht vom 2.11.1987 wird Gauck zitiert: „…dass ,wir‘ keinen sogenannten Kirchentag von unten haben wollen und es in Rostock nicht zu solchen Ausschreitungen wie in Berlin kommen wird“. Er lasse „keine Missbrauchshandlungen zu … Rostock ist nicht Berlin – Gäste haben sich zu fügen und einzuordnen.“
Im April 1983 war bereits ein operativer Vorgang (OV) durch die Staatssicherheit angelegt, Gauck der Name „Larve“ gegeben worden. In Rahmen dieser Aktion kam es wiederholt zu „sogenannten Informationsgesprächen zwischen Mitarbeitern der Staatssicherheit und Joachim Gauck.“
Im Gegensatz zu Gauck gründete Heiko Lietz, mit dem er seit gemeinsamen Schulzeiten und Theologiestudium befreundet war, neben Hans-Jochen Tschiche und anderen das DDR-weite Netzwerke der Friedensgruppen, Frieden konkret. Lietz war deswegen bereits 1981 aus dem Kirchendienst entlassen worden.
Kirchentag zum Feiern, nicht zum Demonstrieren
Wenige Tage vor dem Kirchentag wurde Lietz, dem erst nach energischen Protesten eine Mitarbeit zugestanden worden war, als Leiter einer Arbeitsgruppe abberufen und durch den staatsnahen Pfarrer Dietmar Prophet ersetzt, der nach dem Mauerfall ebenfalls als IM enttarnt worden war. In einer Aktennotiz der Stasi über ein Vorbereitungstreffen vom 9. Mai 1988 heißt es: „Wörtlich äußerte Gauck: ‚Der Kirchentag 1988 ist zum Feiern da und nicht zum Demonstrieren!‘ “ Die staatlichen Behörden jedenfalls waren mit der Art, wie Joachim Gauck den Kirchentag organisierte, zufrieden. In einer Tonbandabschrift vom 27. Juli 1988 ist vermerkt, „… immer wieder bekräftigt Gauck, dass er mit dem Herrn Lietz nichts gemein habe, dass er schon mehrere Gespräche mit Herrn Lietz geführt hat, dass dieser Mann keine Chancen hat, einen Kirchentag von Unten zu organisieren… Im Nachhinein lässt sich eindeutig aussagen, dass die Versprechen, die Gauck gegeben hat, auch von Herrn Gauck verwirklicht wurden.“
Erst im Herbst 1989 entwickelte Joachim Gauck offenbar „seinen Mut“, die Stimme gegen jenen sozialistischen Staat zu erheben, den er in seinem Innern „so verabscheut habe“. Der nunmehrige Pastor der Freiheit und beginnende Bürgerrechtler formulierte in nun allseits bekannter Gauck-Rethorik in der Rostocker Marienkirche seine Träume: „Ich gehe zur Arbeit und kann sagen, was wahr ist. Ich sitze in der Kneipe, rede, schimpfe und lache und sehe mich nicht um nach der ‚Firma‘. Ich betrete Chefetagen und Ämter der Volkspolizei und werde behandelt wie ein mündiger Bürger.“ Für diese Träume allerdings haben andere gekämpft, nämlich Menschen wie Heiko Lietz oder unzählige unbekannte Frauen und Männer, die dafür zu Zeiten der DDR Jahre ihres Lebens in den Zuchthäusern von Brandenburg, Bautzen, Cottbus oder Hoheneck zubringen mussten.
Der scheidende Bundespräsident hat zu seiner Wahl oder anlässlich seiner Amtseinführung kein Wort über die einstigen Verfolgten der Zweiten Deutschen Diktatur verloren. Trotz vieler pastoral wirkender Reden hat er den im Dunkel der DDR-Diktatur verschwundenen Menschen die notwendige Aufmerksamkeit und Zuwendung versagt. Dieser Makel haftet seiner Amtszeit ebenso an wie der schmähliche, weil vermiedene Umgang mit einstigen Freunden.
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Termine
„Gegen den Strom“ – Warum Theologen aus dem Westen in die DDR übersiedelten
Die Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde lädt zum vorgen. Thema zu einem Vortrag und Zeitzeugengespräch am Donnerstag, 23. März 2017, 19:00 Uhr ein. Nicht erst seit der 1954 erfolgten Übersiedlung der Eltern von Angela Merkel (*Hamburg) in die DDR werden über die Motive und Gründe Vermutungen angestellt, die Theologen zum Umzug in die DDR veranlassten. Der Vater Merkels, als Horst Kazmierczak (Horst Kasner) am 6.08. 1926 in Berlin geboren, erhielt schnell die Zuordnung als „roter Kasner“, weil er im gegründeten Pastoralkolleg in Templin den theologischen Nachwuchs auf eine „Kirche im Sozialismus“ vorbereitete. Kasner selbst bezeichnete sich gerne als den Erfinder dieses Begriffs.
Im Einladungs-Fleyer des Veranstalters heißt es u.a.: „In den DDR-Krichen herrschte zu Beginn der 1950er jahre ein akuter Mangel an Pfarrern. Die theologische Ausbildung war nicht erwünscht, daher studierten viele angehende Theologen in der Bundesrepublik. Die Krichenleitungen in Ost und West warben um ihre Rückkehr in die DDR.“
Der Vortrag: Prof. Dr. Claudia Lepp, LMU München „Wege in die DDR. West-Ost-Übersiedlungen im kirchliche Bereich“
Zeitzeugen: Bischof i.R. Dr. Heinrich Rathke, Schwerin und Gisela Iskraut, Berlin. Moderation: Dr. Jacqueline Boysen.
Gera: „Christen in Leningrad unter Stalins Terror“
Im Rahmen der Erinnerungen an 100 Jahre Oktoberrevolution und an den Stalinistischen Terror lädt die Evangelische Gemeinde zu einem Gesprächsabend mit Dekan Klaus Schreiter im Evangelischen Gemeindehaus Gera, Talstr.30 am Donnerstag, 23.03.2017, 19:00 Uhr ein. Der Glauben und das Leben von Christen in Leningrad unter dem Terror Stalins soll thematisiert werden.
Dekan Klaus Schreiter vom katholischen Pfarramt St. Elisabeth in Gera berichtet von einer ökumenischen Besuchsreise nach Petersburg und von den interessanten Begegnungen mit katholischen und evangelischen Glaubensgeschwistern vor Ort. Unter anderem kam die Besuchergruppe mit Edith Müthel zusammen, die wegen ihrer Überzeugung Jahrzehnte in Straflagern verbringen musste und erst in den siebziger Jahren nach Petersburg zurückkehren durfte.
UOKG-Mitgliederversammlung fällt aus
Nach einer Mitteilung des UOKG-Vorstandes fällt die turnusmäßige Mitgliederversammlung des Dachverbandes, die für März 2017 vorgesehen war, aus. Künftig sollen danach nur noch zwei Mitgliederversammlungen im Jahr durchgeführt werden. Die nächste ordentliche Versammlung wird danach erst im Juni stattfinden. Die Mitgliederversdammlungen fanden ursprünglich vier mal im Jahr statt. Bereits unter Rainer Wagner war der Turnus auf drei Versammlungen reduziert worden. Der Vorstand beruft sich zur Begründung der erneuten Reduzierung auf die geänderte Satzung.
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