Asyl: Persönlich begangene terroristische Handlung für Ablehnung nicht erforderlich
Luxemburg/Brüssel, 8.02.2017/cw – Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg hat in einem jetzt bekannt gewordenen Urteil vom 31.01.2017 – C-573/14 – den Nachweis einer persönlichen Beteiligung an einer terroristischen Handlung als Voraussetzung einer Anerkennung als Flüchtling (Asyl) abgelehnt. Nach dem Urteil des höchsten Europäischen Gerichtes ist allein die Aktivität in einer terroristischen Vereinigung für eine Ablehnung ausreichend.
Im Jahr 2006 wurde der Marokkaner Mostafa L. „als führendes Mitglied“ an den Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung (islamische Gruppe marokkanischer Kämpfer, im Folgenden: GICM) vom Tribunal correctionnel de Bruxelles (Strafgericht Brüssel, Belgien) – zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Mit dem Urteil wurden weitere Delikte (Bildung einer kriminellen Vereinigung, Urkundenfälschung, etc.) geahndet. Insbesondere wurde das betrügerische Überlassen von Pässen als „Beteiligung an der Tätigkeit einer Zelle, die einer Terrorbewegung logistische Unterstützung leistet“, eingeordnet.

Real beantworten Gerichte aufgeworfene Fragen nach Konsequenzen – Foto: Lyrag (vor der Gedächtniskirche in Berlin)
Instanzen: Recht auf Asyl verneint und bejaht
L. beantragte 2010 bei den belgischen Behörden Asyl und berief sich dabei u.a. auf die Furcht vor Verfolgung als radikaler Islamist und Dschihad für den Fall, dass er in sein Herkunftsland zurückkehren müsste. Der Asylantrag wurde abgelehnt.
Dagegen bejahte der von L. angerufene „Rat für Ausländerstreitsachen“ 2011 eine Anerkennung als Flüchtling. Nachdem der Staatsrat Belgien diese Entscheidung aufgehoben hatte, bestätigte die vorige Instanz 2012 ihre Entscheidung. Der Conseil du contentieux des étrangers (Rat für Ausländersachen) vertrat die Auffassung, dass die L. konkret vorgeworfenen Tatsachen „keine terroristischen Straftaten als solche darstellten“, da die Zugehörigkeit zu einer terroristischen Vereinigung ohne Begehung einer terroristischen Handlung oder Beteiligung kein begründender Straftatbestand für die Ablehnung darstelle. Keine der vorgeworfenen Handlungen erreiche die erforderliche Schwere, um im Sinne der Richtlinie über den Flüchtlingsstatus als Handlung, „die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen … zuwider [läuft]“, eingestuft zu werden, so dass L. nicht aus diesem Grund von der Anerkennung als Flüchtling ausgeschlossen werden könne.
Fragen an Europäischen Gerichtshof
Der mit einer Kassationsbeschwerde befasste Conseil d’État legte nach einem Beschluss dem Europäischen Gerichtshof Fragen zur Vorabentscheidung vor. Damit sollte insbesondere geklärt werden, unter welchen Voraussetzungen ein Antragsteller wegen „Handlungen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufen“, von der Anerkennung als Flüchtling ausgeschlossen werden kann, wenn dieser zwar wegen der Beteiligung an den Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung strafrechtlich verurteilt wurde, aber selbst keine terroristische Handlung begangen habe.
In seiner Entscheidung stellte der EuGH fest, dass aus den Akten weder hervorgeht, dass L. persönlich terroristische Handlungen begangen hat, zu diesen angestiftet habe oder daran beteiligt war. Allerdings sei der Begriff „Handlungen, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwiderlaufen“ ist nicht auf terroristische Handlungen beschränkt. Der Sicherheitsrat (der UNO) habe in der Resolution 2178 (2014) „seiner ernsten Besorgnis über die akute und zunehmende Bedrohung, die von ausländischen terroristischen Kämpfern ausgeht“, Ausdruck verliehen. Es wurde seine Besorgnis in Bezug auf Netzwerke ausgedrückt, die von terroristischen Einrichtungen aufgebaut worden sind und über die ausländische terroristische Kämpfer und die Ressourcen zu ihrer Unterstützung zwischen den Staaten hin und her geschleust werden.

Klare Sprache: Die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung reicht aus, um ein Asyl abzulehnen. Foto: LyrAg
Daraus folgerte der EuGH, dass die Anwendung des in der Richtlinie vorgesehenen Ausschlusses von der Anerkennung als Flüchtling nicht auf diejenigen beschränkt sei, die tatsächlich terroristische Handlungen begehen, sondern sich auch auf Personen erstrecken kann, die die Anwerbung, Organisation, Beförderung oder Ausrüstung von Personen vornehmen, die in einen Staat reisen, der nicht der Staat ihrer Ansässigkeit oder Staatsangehörigkeit ist, um insbesondere terroristische Handlungen zu begehen, zu planen oder vorzubereiten.
Ausschluss von der Anerkennung gerechtfertigt
Der Gerichtshof weist in seiner Entscheidung zwar darauf hin, dass die endgültige Beurteilung des Antrags auf internationalen Schutz den zuständigen nationalen Behörden unter der Kontrolle der nationalen Gerichte obliegt. Im vorliegenden Fall stellt der Gerichtshof unter Einbeziehung der zu berücksichtigende Angaben fest, dass L. nach den Feststellungen des belgischen Conseil d’État ein führendes Mitglied einer terroristischen Vereinigung internationaler Dimension war, die 2002 in die Liste der Vereinten Nationen aufgenommen wurde. Diese Liste enthalte bestimmte Personen und Vereinigungen, gegen die Sanktionen verhängt wurden. L. war in der seither aktualisierten Liste weiterhin aufgeführt. „Seine Handlungen zur logistischen Unterstützung der Aktivitäten dieser Vereinigung haben insofern eine internationale Dimension, als er an der Fälschung von Pässen beteiligt war und Freiwillige unterstützt hat, die sich in den Irak begeben wollten“. Dem Gerichtshof zufolge können derartige Handlungen den Ausschluss von der Anerkennung als Flüchtling rechtfertigen.
Außerdem ist L. wegen der Beteiligung an den Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung rechtskräftig verurteilt worden. Dies sei im Rahmen der von der zuständigen Behörde vorzunehmenden Einzelprüfung ein Umstand „von besonderer Bedeutung“.
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2 Kommentare
10. Februar 2017 um 18:10
Rolf Draht
Ich kannte Ansi Amri als er zuerst in meiner Stadt Baden-Baden lebte, glücklicherweise redete ich nicht mit ihm (und er nur mit einem Skinhead neben mir stehend)
10. Februar 2017 um 07:38
Bernd Stichler
Auch hier wird wieder verharmlost und vertuscht. Moslemischer Terrorismus findet in Deutschland nicht nur mit Waffen, mit Sprengstoff oder mit LKW`s statt. Die tägliche moslemische Kriminalität und Gewalt wird von unseren Politikern und Medien totgeschwiegen. Nur wenn es sich wirklich nicht mehr verheimlichen lässt wird Entrüstung geheuchelt. Und das ganze Palaver über Abschiebungen ist nicht Anderes als Wahlpropaganda und wird nach dem 24. September sofort wieder vergessen sein .