Washington/Berlin, 10.11.2016/cw – Die Überheblichkeit deutscher „Fachleute“ wird als eine der herausragenden Feststellungen der Wahlnacht des 8./9. November 2016 in den USA in Erinnerung bleiben. Den Gewissheiten über den feststehenden, wenn auch (möglichen) knappen Sieg von Hillary Clinton folgte die Bestürzung der medialen Auguren über das tatsächliche Wahlergebnis. Dabei hat Trump das Glück, nicht in Deutschland zu leben. Denn hier wäre er längst als Hitler-Duplikat und zumindest Neo-Nazi klassifiziert worden. Da aber die USA als demokratisches Vorbild gelten, wird zähneknirschend „die demokratische Entscheidung“ eingeräumt, gefolgt von den aufgetürmten „Bedenken“ gegen den großen politischen Unbekannten.
Meinungsfreiheit Andersdenkender – Wie bitte?
Die Enttäuschung ist zweifellos besonders in Deutschland groß. Man hatte sich daran gewöhnt, Wahlergebnisse nur dann zu akzeptieren, wenn sie den Vorgaben einer längst eingespielten Meinungsdiktatur entsprachen. Getreulich den Vorgaben der untergegangenen DDR wurden und werden grundsätzlich Andersdenkende in übernommener Manier als Neonazis und Faschisten diffamiert und damit gesellschaftlich ins Abseits gestellt.
Bislang funktionierte das. In Deutschland und in Assoziationen hin zu den Betrachtungen über Frankreich (Le Pen), den Niederlanden (Geert Wilders), Ungarn (Viktor Orbán) und (in Ansätzen) Polen (Jaroslaw Kaczynski), von Österreich ganz zu schweigen. Gegenüber den USA funktioniert diese (deutsche) Katalogisierung (noch) nicht.
Die Bundeskanzlerin hat in gewohnter (und politisch erforderlicher) Manier bislang sachlich auf das Wahlergebnis in den Staaten reagiert. Die Aufzählung selbstverständlicher Grundlagen für die politische Zusammenarbeit zwischen Deutschland und den USA wurden gleichwohl als „Bedingungen der Kanzlerin“ für ein künftiges Verhältnis zum Nachfolger Obamas interpretiert (wobei wir noch immer nicht in der Lage sind, einer Weltmacht Bedingungen zu diktieren, was keiner besser weiß und politisch berücksichtigt, wie Angela Merkel). Bemerkenswert war in Merkels Ausführungen die letztgenannte „Bedingung“: die „Meinungsfreiheit politisch Andersdenkender“. Wie bitte? (Siehe zuvor, Abs. 2.)
Arroganz gegenüber sozial schwachen Schichten
Bereits vor knapp einem Jahr (15.12.2015) stellte die Frankfurter Rundschau zu Polen fest: “Der Westen wundert sich über einen Rechtsruck in Polen. Beim näheren Hinsehen hat die PiS jedoch nur die Arroganz gegenüber den sozial schwachen Schichten gnadenlos und populistisch ausgenutzt“. Ob „gnadenlos und populistisch“ sei dahingestellt. Aber Tatsache ist, dass es (populistische) Politiker gibt, die den sich als Underdogs fühlenden und offensichtlich politisch vernachlässigten Teilen der Bevölkerung eine Stimme geben, zumindest diesen Teilen der Bevölkerung gegen das inzwischen vielfach „verhasste“ weil arrogant gewordene Establishment vermeintliche oder tatsächliche Alternativen aufzeigen.
Nein, wir müssen nicht die Geschichte umschreiben. Hitler war und bleibt neben oder mit Stalin, Mao und Pol Pot einer der größten Verbrecher der Weltgeschichte. Nicht unbedingt wegen seiner (Mit-)Verantwortung für den Zweiten Weltkrieg. Kriege unterliegen immer zeitgeschichtlichen Deutungen, die – je weiter diese vom geschichtlichen Horizont entfernt sind – den jeweiligen Forschungsergebnissen und Erkenntnissen angepasst werden. Das nicht mehr wegzudiskutierenden oder gar zu ignorierende Verbrechen Hitlers liegt im Holocaust begründet. Punkt. Diese Tatsache darf aber nicht verhindern, über die Bedingungen, die Hitler den Weg an die Macht geebnet haben, neu nachzudenken. Die seinerzeitigen Wähler der NSdAP haben in ihrer Mehrheit weder die folgenden Verbrechen gewollt oder gar gefordert und wohl auch nicht in der Mehrheit Hitler als verantwortlichen Politiker gewollt. Die Mehrheit der seinerzeitigen Wähler waren des Establishment überdrüssig, fühlten sich von einer politischen Kaste in der Weimarer Republik ignoriert und abgehängt. Da wurde und war fast jedes Mittel recht, es „denen da oben“ zu zeigen, sich gleich wie endlich Gehör zu verschaffen. Insoweit war Hitler der erste Populist der neueren Geschichte (ehe er im Gefolge zum nach wie vor unfassbaren Verbrecher wurde). Aus der Tatsache seiner verübten Verbrechen einfach zu folgern, jeder Populist (in der heutigen Zeit) sei ein Nazi, ist nicht nur unzulässig, sondern kommt einer Diffamierung gleich, die für sich selbst schon in die Nähe eines politischen Verbrechens gerückt werden kann.
Selbstherrliche Bestimmung, wer Demokrat, wer Nazi ist
Solange wir selbstherrlich bestimmen, wer Demokrat und wer (zum Beispiel) Nazi ist und dabei, der entstandenen Meinungsdiktatur folgend, Extremisten von links als „Linke Autonome“ bezeichnen, Verherrlicher der SED-Diktatur als Nachweis demokratischer Gesinnung ignorieren, ehemalige Stasi-Funktionäre in vorgeblich gemeinnützigen Vereinen agieren lassen und die Zulassung „Kommunistischer Strukturen“, ob als Verein oder gar Partei, goutieren, solange müssen wir zulassen, dass „an diesem System“ Zweifel aufkommen, weil auf normalem Weg wegen der offensichtlichen Verästelungen mit dem machtausübenden Establishment keine Änderungen zu erwarten sind. Das war Ende der Zwanziger, Anfang der Dreißiger Jahre so, das zeichnet sich seit einiger Zeit in Europa und jetzt in den USA ab.
Diese Überheblichkeit, die offenbar auch dazu geführt hat (nach allem, was uns bisher an Informationen zugänglich ist), dass man nicht einmal erwogen hat, seitens der Regierung über den nächsten Präsidenten der USA rechtzeitig Informationen einzuholen, weil man eine Wahl dieses „Banausen“ eh nicht für möglich hielt, diese Überheblichkeit könnte uns in Deutschland erneut zum politischen Stolperstein werden – mit weitreichenden und ernstzunehmenden Folgen. Das ist unser Problem, nicht Donald Trump.
Populismus lässt sich nicht durch Diffamierungen bekämpfen. Diffamierungen befördern jede Form des Populismus. Das alte (und linke) Rezept greift nicht mehr, politisch Andersdenkende in die Nazi- und Extremistenecke zu stellen. Die Wähler dieser alternativ Andersdenkenden fühlen sich nicht ernst genommen und zu Unrecht in politische Ecken vertransportiert, in denen sie niemals standen und auch nicht stehen wollen. Trump hat mit seinem verbal-brutalen Wahlkampf den sich zurückgesetzt Fühlenden eine Stimme gegeben, hat ihnen zumindest kurzfristig einen Teil der legendären Hoffnungen, die Amerika geprägt haben, zurückgegeben. Er hat die Chance verdient, als Demokrat ernst genommen zu werden und sich an seinen Taten messen zu lassen.
Wieder „mehr Demokratie wagen“
Wir in Deutschland sollten unsere aufgekommene Vermessenheit deutlich reduzieren und – innenpolitisch gesehen – die Wende einleiten und wieder „mehr Demokratie wagen“ (Willy Brandt). Dazu gehört die Akzeptanz aufgekommener und zwischenzeitlich in den politischen Alltag (teilweise) eingezogener Alternativen wie der diffamierungsfreie politische Diskurs auch mit vorgeblichen Populisten. Außenpolitisch sollte die selbstverständliche Tolerierung jeweils innenpolitischer Entscheidungen (und Wahlen) verfolgt werden und auf den Vorhalt (aktuell gar nicht so) beispielhafter demokratischer Gepflogenheiten in Deutschland verzichtet werden. Demut statt der Postulierung, dass am deutschen Wesen die Welt genesen solle (und müsse) wäre angebracht.
* Der Autor ist Vorsitzender der Vereinigung 17. Juni 1953 in Berlin.
V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin – Tel.: 030-30207785 (1.174)
5 Kommentare
13. November 2016 um 14:22
wreinerschoene
Die immer mehr um sich greifende Überheblichkeit Deutschlands gegenüber der restlichen Welt ist inzwischen schon wieder zur Normalität geworden. Deutschland gibt das politische Denken vor und alle Anderen haben sich danach zu richten. Das Trump gewonnen hat ist deswegen ein herber Schlag für Deutschlands Regierende. Denn nun hat diese Überheblichkeit einen Dämpfer bekommen, und muß sich wieder mehr oder weniger nach den Vorgaben der USA richten. Allein die Tatsache, das eine Kanzlerin der ältesten Demokratie der Welt Vorschriften macht, über Freiheit und Demokratie, ist ein Lacher schlechthin, aber auch sehr anmaßend für ein kleines Deutschland, das ja bekanntlich aus der Geschichte lernen sollte, wie sie selbst immer hervorhebt.
11. November 2016 um 19:00
text030
Während Frau Merkel Herrn Trump schon mal etwas Nachhilfe in Sachen Demokratie gibt, ist das Glückwunschtelegramm der AfD inhaltlich reifer, weil eine wichtige Hoffnung angesprochen wurde (im Übrigen muss gerade das Bundeskabinett nicht auf Demokratiedefizite aufmerksam machen, die In Deutschland nach dem Ende der DDR nie größer waren).
Hier das Telegramm:
https://text030.wordpress.com/2016/11/11/we-are-confident-that-you-will-readjust-the-transatlantic-relationship-and-end-the-wars-in-syria-and-ukraine-by-mutual-agreement-with-russia/
10. November 2016 um 23:26
Hans Penner
Mein Brief an den Herrn Landesbischof Prof. Dr. Heinrich Bedford-Strohm, Ratsvorsitzender der EKD
Sehr geehrter Herr Professor Bedford-Strohm,
die aus einer Diktatur stammende und Diktatur praktizierende Angela Merkel (siehe hier) hat dem US-Präsidenten herablassend eine Zusammenarbeit unter demokratischen Bedingungen angeboten. Sie selbst haben „den Ausgang der Präsidentschaftswahl mit einer gewissen Fassungslosigkeit aufgenommen“ (siehe hier). Präsident Trump vertritt folgende Positionen:
– Trump ist gegen einen Konflikt mit Rußland.
– Trump engagiert sich für das Lebensrecht des Staates Israel.
– Trump engagiert sich für das Lebensrecht ungeborener Kinder.
– Trump ist gegen den Klimawahnsinn, weil Kohlendioxid-Emissionen klimaschädlich sind.
– Trump lehnt den Islam ab, der die UN-Menschenrechte-Charta bekämpft.
Das sind also die Dinge, die einem deutschen Bischof mißfallen!
Sie wollen angeblich keine Spaltungen, aber Licht und Finsternis kann man nicht miteinander mischen. Die Bürger in Deutschland sind gespalten. Sie werden als EKD-Ratsvorsitzender von verantwortungsbewußten Bürgern strikt abgelehnt aus folgenden Gründen:
– Ihre Reformationsbotschafterin hat das Apostolische Glaubensbekenntnis für falsch erklärt.
– Sie haben sich von den Prinzipien der Reformation verabschiedet.
– Sie wollen einen flächendeckenden Islamunterricht an öffentlichen Schulen. Den Schülern soll beigebracht werden, daß der Christusglaube Gotteslästerung sei.
– Sie wollen ein großes antichristliches islamisches Zentrum bauen.
– Sie haben auf dem Jerusalemer Tempelberg gezeigt, daß Sie vor Mohammed mehr Respekt haben als vor Jesus Christus.
Sie können sicher viele Bürger täuschen, aber nicht alle. Die US-Wahl hat Theologen, Politiker und Medien-Redakteure demaskiert. Wer über den Wahlausgang schockiert war, will ein islamisches Deutschland!
Zunehmend erkennen Bürger, daß sie mit der Kirchensteuer die Islamisierung Deutschlands finanzieren. Dieses Schreiben kann verbreitet werden. Siehe auch http://www.fachinfo.eu/bedford.pdf.
Mit besorgten Grüßen
Hans Penner
10. November 2016 um 15:26
Klaus Hoffmann
In der „DDR“ kündigte sich mit dem Ruf: „GORBI, GORBI“ die personifizierte System-Veränderung an. Jetzt haben wir in den USA einen hemdsärmeligen, burschikosen amerikanischen Präsidentenbewerber erlebt, wie wir Älteren den Typ des Amerikaners aus den Nachkriegsjahren in Erinnerung haben. Der Mann ist gegen das Lobbyisten-Sytem der politischen Elite angetreten. Das TRUMP die Wahl niemals wird gewinnen können, wurde in Deutschlands von der politischen Elite an die Medien als 24-stündige Tagesparole weitergereicht! Wider der konzertierten Propaganda, TRUMP hat gesiegt, ist Präsident, ist an der Macht…..
Was sagt uns das?
Der Veränderungsdruck wächst wie die Frucht am Baum und eines Tages wird geerntet – auch in Deutschland!
10. November 2016 um 12:49
Graetz, Wolfgang
Einer „aufkommende Überheblichkeit“, so im letzten Abschnitt des Textes,muß ich energisch widersprechen. Diese Überheblichkeit, insbesondere unter unseren politischen Führungsgrößen, festzustellen, ist bereits mehr als deutlich in den letzten Jahren zu verzeichnen. Dies wird nicht nur gegenüber dem Ausland gezeigt, nein, auch gegenüber der eigenen Bevölkerung.
Wie heißt es doch:“ Jedes Volk sucht sich seine Politiker selbst aus“ (o.s.ä.).