Hoheneck/Stollberg, 11.07.2016/cw – Zu einem unvergesslichen Erlebnis wurde auf dem Aktionstag in Hoheneck die Begegnung mit der 93jährigen Anne-Rose Matz-Donath. 1948 vom sowjetische NKWD verhaftet und von einem Sowjetischen Militärtribunal zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt, verbrachte die einstige Journalistin (u.a. Deutsche Welle) fast 12 Jahre Gefangenschaft im „Roten Ochsen“ in Halle, im „gelben Elend“ in Bautzen, im ehemaligen Nazi-KZ Sachsenhausen, in Brandenburg-Görden und im Frauenzuchthaus Hoheneck.
Die Grand Dame der ehemaligen Hoheneckerinnen war eigens aus ihrem Alterssitz in Bonn zu dem Treffen in Hoheneck angereist, um im Rahmen eines Zeitzeugenforums vor ca. 60 Besuchern über das Drama aus ihrer eigenen Lebensgeschichte zu berichten.
Alter Konflikt wurde schmerzlich sichtbar
Allerdings brach hier ein alter Konflikt zwischen den einstigen SMT-Verurteilten und den späteren, durch die DDR-Justiz verurteilten Frauen aus. Matz-Donath erklärte ziemlich unverblümt: „“Ich sitze hier am falschen Tisch. Über das, was ihr hier erzählt, könnte ich fast lachen.“ Eine Äußerung, die schmerzlich die differenzierte Haltung der SMTler gegenüber den DDR-Verurteilten skizzierte und dennoch die Leiden der in den nachfolgenden Jahrzehnten inhaftierten Frauen unzulässig verharmloste.
Matz-Donath versuchte, diesen Unterschied zwischen den Haftgruppen zu begründen: Sie sei unschuldig und plötzlich verhaftet worden. Sogen. Republikflüchtlinge aber wußten, dass sie eine unter Strafe gestellte Handlung begingen und hätten sich gewissermaßen darauf einstellen können.
Während sich dieser Konflikt allein aus Altersgründen wohl nicht mehr lösen lässt, versuchten die weiteren Zeitzeuginnen Catharina Mäge, Edith Fiedler und Inge Naumann unter der Moderation von Regina Labahn, den gespannt lauschenden Zuhörern den Alltag in Hoheneck bis zum Ende der DDR zu erläutern. In anschließenden Führungen durch die im Umbau befindliche ehemalige Haftanstalt wurden diese Berichte eindrücklich an den einzelnen Orten der einstigen Gefangenschaft vertieft.
Zu Beginn des Aktionstages gedachten die Frauen am Gedenkstein vor den Toren des einstigen Frauenzuchthauses der toten, in der Haft verstorbenen Kameradinnen. Nach der sogen. Wende waren auf dem Boden der Haftanstalt diverse Urnen verstorbener Frauen aufgefunden worden, die skandalös nach dessen Tod dort deponiert worden waren. Die Urnen wurden danach in einem feierlichen Akt in einem Ehrengrab auf dem Friedhof in Chemnitz beigesetzt.
Ergebnis der durchgeführten Neuwahlen noch offen
Über die einen Tag zuvor in Zwönitz durchgeführten Neuwahlen, mit denen nach jahrelangen Auseinandersetzungen ein neuer Vorstand für den Frauenkreis der ehemaligen Hoheneckerinnen gewählt werden sollte, schwiegen sich die Teilnehmer an der Mitgliederversammlung bislang aus. Auch vom durch das Amtsgericht Darmstadt eingesetzten Notvorstand lag bis Redaktionsschluss kein Ergebnisbericht vor.
V.i.S.d.P.: Redaktion Hoheneck, Berlin, Tel.: 030-30207785 (1.132)
3 Kommentare
11. Juli 2016 um 16:50
Gustav Rust
Deinen Wünschen schließe ich mich an. Kameradin Matz-Donath müßte die 100 vollmachen!
…
Ich war mit meinen mehr als 9 Jahren wenigstens zwischendurch einmal draußen.
Endlich ist hier auch einmal die Rede von früheren, ANDEREN Frauenknästen. Nicht immer „nur“ von Hoheneck.
Kommando 5 in Bützow (in der Stadt, am Schloß gelegen), war auch Frauenknast, Görlitz ebenso…
Kameradschaftliche Grüße,
Gustav Rust
12. Juli 2016 um 16:25
Edith Fiedler
Lieber Gustav, ich stimme Dir vollständig zu. Nicht zu vergessen sei der 1. sozialistische Frauenknast in Berlin-Grünau, in dem ebenfalls tausende politische- und Misch-Delikte auf das Härteste durch Zwangsarbeit des SED-Regim’s ausgebeutet wurden. Diese Einrichtung dient bis heute der Bundesjustiz als Abschiebe-Gewahrsam für unerwünschte Ausländer. Senator Henkel (CDU) möchte es schließen lassen.
11. Juli 2016 um 09:33
Klaus Hoffmann
93 Jahre alt ist Anne-Rose Matz-Donath.
Das ist erfreulich zu lesen!
Nach fast 12 Jahren Gefangenschaft im „Roten Ochsen“ in Halle, im „gelben Elend“ in Bautzen, im ehemaligen Nazi-KZ Sachsenhausen, in Brandenburg-Görden und im Frauenzuchthaus Hoheneck hat ihr „die oberste Heeresleitung“ ein langes Leben beschert. Möge sie noch lange bei Gesundheit unter uns sein…