Berlin, 24.04.2016/cw – Harriet Tubman, Afroamerikanerin (1820 Maryland) und Fluchthelferin für Hunderte von Sklaven, soll jetzt die Vorderseite der 20-Dollar-Note der US-Amerikanischen Notenbank zieren. Tubman konnte weder lesen noch schreiben, war einfach nur Mensch in einer teilweise unmenschlichen, seinerzeit vielfach rassistisch ausgerichteten, sich als Herren-Menschen gerierenden Gesellschaft. Nun soll eine Freiheitskämpferin, die als Sklavin von ihrem sadistischen „Besitzer“ schon als Kind geschlagen und ausgepeitscht wurde, den Sklaventreiber und siebten Präsidenten der USA, Andrew Jackson, ersetzen. Dass das Vorhaben der Notenbank nicht nur auf Zustimmung stößt, verwundert nicht, zumal bisher auf den Noten Männer dominierten.
Die in Berlin ansässige Vereinigung 17. Juni 1953 e.V. hat das Vorhaben der US-Notenbank aufgegriffen und sich in einem Schreiben an den Deutschen Bundestag dafür ausgesprochen, „in baldiger Zukunft“ den Hitler-Attentäter von Stauffenberg auf einer Euronote zu würdigen. Deutschland könne – wie jedes EU-Land – eine Seite der Geldscheine selbst gestalten und damit die Chance haben, einen wesentlichen Grundbezug des emmitierenden Landes zu vermitteln.
Die Verschwörer gegen Adolf Hitler wurden in der alten Bundesrepublik vielfach noch als „Verräter“ gebrandmarkt, in der frühen DDR als „preußische Junker“ diffamiert, für die der Erhalt ihrer Besitztümer über den als verloren gegebenen Krieg hinaus vorrangiger Anlass gewesen sei, gegen den Diktator zu putschen. Erst später habe ein vorsichtiges Umdenken eingesetzt, sei die Rolle des Widerstandes offensiv als hehres Beispiel für den „Aufstand des Gewissens“ vermittelt worden. Die DDR mußte sich letztendlich diesem Bild in der als „neofaschistisch“ bezeichneten BRD anpassen, wollte sie nicht jede Glaubwürdigkeit als „Antifaschistische Bastion“ in Deutschland verlieren.
Heute, so argumentiert die Vereinigung, deren Ursprung auf den Volksaufstand von 1953 zurück geht, gehöre das Attentat vom 20. Juli 1944 quasi zum „Gründungsmythos unserer Republik.“
Stauffenberg sei zuvor vom Verräter zum – heute unbestrittenen – Helden geworden. Die Sichtbarmachung dieses Helden auf einer durch ganz Europa gereichten Note wäre ein eindeutiges Symbol „für die Verankerung unserer Republik in den Grundwerten Recht und Freiheit, eine Absage an jeglichen Versuch der Wiederbelebung diktatorisch ausgerichteter Staats- und Gesellschaftsformen. Es entspräche der Sichtbarmachung unseres Grundgesetzes für jedermann/Frau in Europa“, heißt es abschließend in dem Schreiben an den Bundestagspräsidenten.
V.i.S.d.P: VEREINIGUNG (AK) 17.JUNI 1953 e.V., Berlin, Tel.: 0176 – 4806 1953 (1.111)
5 Kommentare
26. April 2016 um 10:48
Harald Beer
Damit bin ich nun wahrlich nicht dieser Ansicht. Für mich handelte Stauffenberg als General unmoralisch, bis es ihm klar wurde, dass Hitlerdeutschland den Krieg verlieren würde. Er handelte unverantwortlich, als er die Falschmeldung vom Tod Hitlers weitergab und damit alle echten Widerstandskämpfer dem Tode auslieferte. Er handelte feige, an seinem Leben hängend, als er es versäumte, sich selbst vom gelungenen Anschlag zu informieren.
Stauffenberg ist zu einer Ikone aufgerückt, so wie auch andere ungerechter Weise zu Helden aufrücken konnten.
Ich hoffe, dass trotz dieser Meinungsverschiedenheit unsere Freundschaft keinen Schaden nimmt.
Harald
25. April 2016 um 12:03
Bernd Stichler
……..Oder nicht erstaunlich?……
Überhaupt nicht erstaunlich, weil logisch. Oder ist hier jemand überzeugt, dass der Adel – egal in welchen Ländern – jemals an Demokratie interessiert gewesen wäre? Dann wäre ja die französische Revolution überflüssig gewesen, oder!!!
25. April 2016 um 04:46
karlschippendraht
Meine ganz persönliche Wahrnehmung, die nicht nur auf Stauffenberg allein zutrifft :
Zuerst kräftig mitmachen und dann, wenn es schwierig wird die Seite wechseln . Persönlich sehe ich Stauffenberg nicht als überzeugten Demokraten sondern als Spross des Adels. Und Dieser wiederum war weitgehend noch kaiserlich-monarchistisch orientiert. Hitler war denen schon zu bürgerlich und auch zu sozial. Der Adel hing weitgehend den alten Privilegien der Kaiserzeit an und war daher gegen den nicht standesgemäßen Emporkömmling Hitler. Das Attentat Stauffenbergs sehe ich persönlich vor diesem Hintergrund nicht als einen Versuch, in Deutschland durch den Tod Hitlers eine Demokratie zu erstellen sondern als den Versuch, durch Hitlers Tod eine Gelegenheit zu schaffen, den Krieg zu beenden und die Gesellschaftsverhältnisse des Kaiserreiches und somit die Privilegien des Adels zu retten und wieder herzustellen.
25. April 2016 um 07:35
Vereinigung (AK) 17juni1953 e.V.
Zu den Einlassungen von K.Sch. zum Thema Stauffenberg:
Erstaunlich ist diese Einstellung nicht, gibt diese doch die ursprünglich von der DDR über viele Jahre vertretene Geschichtsauffassung bezüglich der Attentäter wieder. Erstaunlich allerdings, dass diese selbst von der späteren DDR als überholt angesehnene Meinung von einem einstigen Bundesvorsitzenden der VOS im Jahre 2016 vertreten wird. Oder nicht erstaunlich?
Redaktion Hoheneck
24. April 2016 um 14:54
Klaus Hoffmann
Als Mitglied der Vereinigung 17. Juni 1953 e.V gebe ich hier meine Meinung wieder, die sich vom Standpunkt unserer „obersten Heeresleitung“ unterscheidet.
Mit diesem Vorgehen will ich in erster Linie beispielhaft demonstrieren, dass wir Vereinsmitglieder kein „Abnickverein“ sind. In der Vereinigung 17. Juni 1953 e.V. werden immer wieder einmal unterschiedliche Auffassungen zu politischen Themen ausgetragen – ohne das stigmatisierende Klischees vergeben werden. Dieser Umgang hat unseren zahlenmäßig kleinen Verein in der öffentlichen Wahrnehmung groß werden lassen!
Zur Sache selbst:
Ich gehöre zu der Generation, die mit den Zeitzeugen des III. Reichs älter geworden ist. Aus meinen Erinnerungen kann ich nicht streichen, dass Männer und Frauen im Glauben, für Volk und Vaterland letztlich bis zum bitteren Ende nicht die Stellung verlassen haben, in die sie das Schicksal gestellt hatte. Ich rede von Persönlichkeiten, die über jeden Zweifel an persönlicher Schuld erhaben waren. Die Person Stauffenberg als Pseudonym für die Attentätergruppierung des 20. Juli 1944 galt bei den Zeitzeugen als Verräter. Dieses Vermächtnis kann auch heute nicht aus dem Bewustsein unseres Volkes gestrichen werden.
Ich stimme mit der Auffassung von Holzapfel überein, dass Stauffenberg als „Gründungsmythos unserer Republik“ gesehen wird. Dazu ist er aber geschrieben worden. Als „Aufstand des Gewissens“ kam das (mitglückte) Attentat zu spät!
Nach dem Krieg gab es m. E. einen eindeutig einzuordnenden Mann, der für Recht und Freiheit Deutschlands steht. Ernst REUTER, ohne dessen Ruf an die Welt: „Völker der Welt, schaut auf diese Stadt“ Berlin in den Machtbereich der Kommunisten gefallen wäre. Die Luftbrücke für Berlin hat Deutschland frei bleiben lassen!