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Berlin, 26.02.2016/cw – Weil sich die Bundesminister der SPD weigerten, in der letzten Kabinettssitzung einer entsprechenden Vorlage zuzustimmen, erhält der BStU-Beauftragte Roland Jahn voraussichtlich Mitte März seine Entlassungsurkunde. Die Regierung hatte am Mittwoch die letzte Möglichkeit verstreichen lassen, die Vorlage über eine zweite Amtszeit zu verabschieden. Da die erste März-Hälfte für den Deutschen Bundestag sitzungsfrei ist, kann über eine Verlängerung nicht mehr vor dem Ende von Jahns erster Amtszeit abgestimmt werden.
Die SPD will erst die Empfehlungen einer vom Bundestag eingesetzten Experten-Kommission zur Zukunft der BStU abwarten, ehe sie mit einer Personalie Fakten schafft. Nach der Kabinetts-Blockade bleibe nichts anderes übrig, als Roland Jahn die Entlassungsurkunde zu überreichen, teilte der Sprecher von Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) dem Kölner Stadt-Anzeiger auf Anfrage mit (Donnerstagausgabe). Man werde Jahn gleichzeitig bitten, sein Amt bis zu einer endgültige Entscheidung über den weiteren Umgang mit der Stasi-Behörde kommissarisch weiterzuführen.
Beratungs-Ergebnisse des Bundestags-Gremiums sollen bis Ende März/Anfang April vorliegen. In der Kommission soll aber bereits Übereinstimmung über eine Übergabe der BStU-Unterlagen an das Bundesarchiv in Koblenz bestehen. Die Möglichkeit, dass Bürger weiterhin Akteneinsicht beantragen können, soll auch hier bestehen bleiben. Danach soll Roland Jahn aber nicht arbeitslos werden. In der Kommission wird die Schaffung eines „Beauftragten“ diskutiert, der sich um das Thema DDR-Aufarbeitung und die Belange der SED-Opfer kümmern soll. Ein entsprechender Stab soll diesen Beauftragten unterstützen. Nach Insider-Informationen soll das aktuell diskutierte Konzept auf Vorschläge von Jahn selbst zurückgehen.
Dieser hatte bereits im Januar 2014 gegenüber der „Saarbrücker Zeitung“ die Fortführung der Existenz seiner Behörde, allerdings nach 2019, selbst infrage gestellt. Jahn hatte mit seinen Einlassungen offenbar auf Forderungen unter anderem des Präsidenten der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger (SPD), reagiert. Krüger hatte vor der Konstituierung des Bundestagskulturausschusses zugespitzt formuliert: „Während Vereine wie die Robert-Havemann-Gesellschaft, die wichtige Arbeit leisten, immer noch nicht stabil finanziert sind, soll eine zentrale staatliche Behörde Anrecht auf die Ewigkeit haben.“
Beauftragter ersetzt Beauftragten
Nunmehr könnte Jahn durch die Schaffung einer neuen Position mit einer vorzeitigen Auflösung der BStU leben. Worin allerdings der Unterschied zwischen der jetzigen Behörde und der Schaffung eines neuen Strukturarmes im Bundesarchiv mit der gleichen Aufgabenstellung bestehen soll und ob der im Gespräch befindliche „Stab“ zu einer weiteren Versorgungseinrichtung für verdiente Partei- und Politik- Soldaten werden soll, wird nicht nur der Kulturausschuss des Deutschen Bundestages der Öffentlichkeit zu erklären haben. Auch die mit dem Ersatz einer Beauftragten-Behörde durch eine neue Beauftragten-Behörde entstehenden Kosten – Einsparungen sind durch derartige Umstrukturierungen wohl kaum zu erwarten – sollten im Blick bleiben. Der (allerdings zahnlose) Bundesrechnungshof bekommt wohl ebenfalls zusätzliche Arbeit. Außen vor in der Diskussion bleiben einzig die betroffenen ehemaligen Verfolgten und Opfer des einstigen Ministeriums für Staatssicherheit. Deren Meinung ist nach wie vor nicht gefragt. Aber das wiederum ist nicht Neues.
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Hohenstein/Ernstthal/Erzgebirge, 24.02.2016/cw – Bekannt ist die kleine Stadt im Erzgebirge (15.000 Einwohner) im Osten des Landkreises Zwickau u.a. durch den Sachsenring, auf dem spektakulär das Deutschlandrennen der Motorradweltmeisterschaft ausgetragen wird Aber auch der weltberühmte Schriftsteller Karl May ist hier geboren worden.
Im Oktober letzten Jahres hatte die CDU-Fraktion in Hohenstein/Ernsttahl die 22 amtierenden Stadträte aufgefordert, in eine Überprüfung einer möglichen Tätigkeit für die Stasi einzuwilligen. Das sollte auf freiwilliger Basis geschehen. Wie zu erwarten, verweigerten die vier Stadträte von DIE LINKE ihre Zustimmung. Erstaunen löste hingegen die Weigerung eines Stadtrates der Pro HOT-Fraktion aus. Während seine zwei Fraktions-Kollegen dem Beschluss zustimmten, weigerte sich Rudi Stößel, sich einer freiwilligen Überprüfung zu unterziehen, 26 Jahre nach dem Fall der Mauer mache das keinen Sinn mehr. Stößel ist in der Stadt nicht Irgendwer. Er war einst bei der Wahl zum Oberbürgermeister Gegenkandidat des Kluge-Vorgängers Erich Homilius.
Wanderwitz: Eingeständnis ohne juristische Folgen
Der Bundestagsabgeordnete Marco Wanderwitz (CDU), der auch dem Stadtrat angehört, äußerte sich dazu eher trocken/sachlich: „Wird einem Stadtrat eine Mitarbeit für das MfS nachgewiesen, hat er allerdings keine juristischen Konsequenzen zu befürchten.“ Der einstige Bürgerrechtler Jörg Hilbig, der heute als Beigeordneter des OB im Rathaus von Aue arbeitet, meint dazu: „Ja, das ist ein Manko, dass eine Stasi-Mitarbeit keine Auswirkungen hat.“

Die Opfer der zweiten Diktatur: Noch längst nicht alle Fragen beantwortet – z.B. nach den Toten von Hoheneck. Cover: Das letzte Buch von Ellen Thiemann
Nachdem sich auch im Stadtrat herumgesprochen hatte, dass für eine Überprüfung keine Freiwilligkeit Voraussetzung ist, kam Bewegung in die Sache. Jetzt soll der Stadtrat im März einer entsprechenden neuen Vorlage zustimmen, wonach sich alle Mitglieder des Stadtrates einer Stasi-Überprüfung stellen sollen. CDU, GRÜNE, SPD und FREIE WÄHLER haben bereits Zustimmung signalisiert.
Angesichts dieser neuen Konstellation in der Überprüfungsdebatte zog Stadtrat Stößel jetzt Konsequenzen und erklärte sich gegenüber der FREIEN PRESSE. In dem gestern verbreitetem Interview gab der Pro-HOT-Stadtrat zu, seit 1982 für die DDR-Staatssicherheit gearbeitet zu haben. Er sei „als 21-Jähriger während meines Maschinenbau-Studiums in Dresden“ dazu angesprochen worden. „Ich habe mir dabei nichts Schlimmes gedacht, sodass ich einer Mitarbeit zustimmte.“ Aus heutiger Sicht sei dies ein Fehler gewesen.
Stößel verharmloste nach Auffassung einstiger Stasi-Opfer in gewohnter Manier seine Tätigkeit. Er habe als Leiter in einem großen Studentenklub in Dresden gearbeitet. Da sei ihm die „Aufgabe“ gestellt worden, „über die Veranstaltungen zu berichten und einer bekannten Zahl an Stasimitarbeitern den Zutritt zu den Veranstaltungen zu gewähren.“ Für seine Tätigkeit habe er in gewissen Abständen Geld bekommen. Und: „Sonstige Vorteile wurden mir nicht versprochen.“ Es folgte die in vergleichbaren Fällen übliche Behauptung: Er habe mit seiner Tätigkeit für das MfS auch „keinen Menschen geschadet.“
Stadtrats-Antrag Versuch, dreckige Wäsche zu waschen
Auch zum Zeitpunkt seiner jetzigen Offenbarung erklärte sich der einstige OB-Kandidat: „Wir sollten in einer früheren Stadtratssitzung eine Erklärung abgeben, welche die Formulierung enthielt, man habe „zu keiner Zeit als inoffizieller oder hauptamtlicher Mitarbeiter (der Stasi) gearbeitet. Das wäre eine Falschaussage gewesen.“ Immerhin.
Zur aktuellen Debatte im Stadtrat hat Stößel eine dezidierte Meinung: „Ich habe das Gefühl, dass hier einige Personen versuchen, dreckige Wäsche zu waschen und einzelne Ratsmitglieder in Misskredit zu bringen.“ Für den Stadtrat, für den sein spätes und wohl nicht ganz freiwilliges Bekenntnis nach seiner Meinung „keine Folgen“ hat und der darum auch sein Mandat nicht niederlegen will, macht es keinen Sinn, „nach so langer Zeit dieses jetzt wieder aufzurufen.“
Und abschließend: „Sollten Verstöße gegen die Menschlichkeit aufgetreten sein, dann hätten die Behörden schon viel früher reagiert.
Kommentar:
Schluss der Debatte!
Es macht keinen Sinn, nach so langer Zeit die Vergangenheit wieder aufzurufen, meint der Hohensteiner Stadtrat Rudi Stößel. Er liegt damit im Dauertrend der Ewiggestrigen, die stereotyp nach einem Ende der „unsäglichen Debatte“ um die Verbrechen im „Ersten Arbeiter und Bauernstaat“ rufen. Und die selben eigenwilligen Vergangenheitsbewältiger, die die verbrecherische Vergangenheit der DDR „nach 26 Jahren“ endlich aus dem öffentlichen Diskurs verbannen wollen, werden nicht müde, auch 71 Jahre nach dem endlichen Zusammenbruch des Nationalsozialistischen Staates die immerwährende Aufarbeitung des Nazi-Unrechtes zu fordern. Das liegt durchaus im Trend gewisser Geschichts-Ideologen: Was Verbrechen, was Unrecht war, bestimmen wir. Basta.
Auch so kann man – als ANTIFA, als LINKE oder als kleiner Stadtrat aus dem Erzgebirge – eine Wiederbelebung der angeblich bekämpften Neo-Nazi-Ideologie befördern. Was einstigen Dienern der Mauer-Mörder Pflicht war, darf den Dienern der Nazi-Mörder nicht Unrecht sein. Schluss der Debatte(n)? Niemals! cw
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Berlin, 17.02.2016/cw – Er ist seit 2014 der „Mann vom Brandenburger Tor“; Ronald Wendling, ehemaliger politischer Gefangener in der DDR, u.a. in Cottbus. Wendling führt seit über einem Jahr kontinuierlich jeden Donnerstag der jeweiligen Woche vor der Russischen Botschaft (Unter den Linden) nahe dem Brandenburger Tor eine mehrstündige Mahnwache durch. Dabei halten ihn weder Hitze im Sommer, noch Schnee (oder Regen) im Winter ab. Denn nur durch Beständigkeit, Ausdauer und unerschütterliche Geduld lässt sich etwas ändern, sagt er.
Es geht um diese Frau, Nadiya Savchenko, Mitglied des ukrainischen Parlaments (Rada) sowie Mitglied der ukrainischen Delegation zur Parlamentarischen Versammlung des Europarates. Die bislang einzige Jet-Pilotin der Ukraine wurde am 17. Juni 2014 durch vom Kreml unterstützte Kämpfer gefangen genommen und entführt. Sie befindet sich bereits seit Ende Juni 2014 in russischer, illegaler Gefangenschaft. Seit Monaten wird ihr ein sehr fragwürdiger Prozess gemacht. Zu diesem Zweck wurde kürzlich ihre Untersuchungshaft um weitere Monate (vorerst bis April 2016) verlängert.
Gegen die seit 17 Monate andauernde Haft, die nicht nur Ronald Wendling für Rechtsbeugung, also illegal hält, führt der über 50jährige seine Mahnwachen durch. Er weiß sich dabei in solidarischer Verbindung mit Aktionisten in diversen Ländern, z.B. USA, Großbritanien, Frankreich, natürlich der Ukraine aber auch Russland, die ebenfalls diverse Aktionen für die unverzügliche Freilassung von Nadiya Savchenko durchführen. Die Ukrainerin befindet sich zudem aktuell in einem zweiten Hungerstreik, der bereits seit über zwei Monaten anhält. Ihre Freunde in aller Welt, besonders die Mutter und Schwester, machen sich nun ernsthafte Sorgen um die Gesundheit und das Leben der jungen Frau.
Am morgigen Donnerstag, 18.Februar, werden in aller Welt Solidaritäts-Hungerstreiks für Savchenko durchgeführt. Auch Ronald Wendling wird sich einen Tag lang in Berlin vor der besagten Russischen Botschaft diesem Hungerstreik anschließen. Von 13:00 – 19:00 Uhr wir er überdies mit Freunden die Mahnwache vor der Botschaft durchführen.
Es geht ihm dabei auch um die vielen anderen Ukrainer die nach Russland verschleppt wurden, um Sentsov, Kolchenko, Dzemelev, Karpyuk, Afanasyef, Shur, Lytvinov, Chyrniy und viele andere. Savchenko ist der bekannteste Fall politisch motivierter Verfolgung, „daher wird hier symbolisch für alle Betroffenen um ihre Freiheit gekämpft,“ sagt Wendling. Es geht ihm aber auch um den Protest gegen den aus der Aktualität nahezu verschwundenen Krieg, den Putin gegen die Ukraine führt.
Bekommt er Unterstützung vom Menschenrechtszentrum Cottbus, deren aktives Mitglied er seit Jahren ist? Unterstützt ihn die Ukrainerin Alexandra Hildebrandt, die über einige Ressourcen als Direktorin des von ihrem verstorbenen Mann Rainer Hildebrand gegründeten Museums „Haus am Checkpoint Charlie“ verfügt? Roland Wendling zögert mit der Antwort, ringt um Worte: „Wir können Niemanden zur Solidarität zwingen, das ist immer freiwillig. Aber natürlich würde man sich über jedwede Unterstützung freuen, die es leichter macht, dem Protest Ausdruck zu verleihen.“ Immerhin war schon die Mutter von Nadiya Savchenko auf einer seiner Mahnwachen. Auch der Botschafter der Ukraine hat sich sehen lassen.
Wendling hat neben der Anfertigung unzähliger Plakate einen symbolischen Käfig gebaut und Fahnen Russlands und der Ukraine gekauft. Natürlich kostet das alles Geld: „Das geht oft an die eigene schmale finanzielle Substanz.“ Aber: „Die Hoffnung stirbt zuletzt. Wenn ich nicht an das letztlich Gute im Menschen glauben würde, hätte ich wohl wenig Kraft, diesen Protest durchzustehen,“ sagt er. Dann fertigt er weiter Transparente für den morgigen Tag (1.077).
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